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Sozialismus - Fortsetzung aus dem Vogelgrippenthread

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Ich überlege ob ich ein 1:0 ausrufen sollte oder ob ich weiterhin daran glauben sollte, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt, als Kirschkernweitspucken und Klingeltöne.
Da stimme ich dir jederzeit und sofort zu und selbst wenn wir uns über den Nutzen von Michael Ballack unterhalten, dann werden wir einen Konsens finden, aber spätestens, wenn wir eine Umfrage unter Fanclubs des FC Bayern machen oder gar unter Fußballfans insgesamt, und das wären dann auch ein paar Millionen Leute, dann würden wir vermutlich ganz anderes zu hören kriegen. Frag doch mal nur die unter 25 jährigen zum Thema Klingeltöne, ich mein irgendwer kauft den Scheiß doch und niemand haut sein Geld raus, wenn dadurch nicht irgendeinen Trieb befriedigt sieht.
Das sind wohlgemerkt alles nur Beispiele, aber ich denke, sie reichen aus, um zu zeigen, daß man ganz schnell auf ganz dünnem Eis ist, wenn man versucht so etwas allgemeingültig festzulegen.

Meine Selbstreflektion behauptet, dass ich nich objektiv sein könne aber irgendeine Ecke meines Hirns ist sich sicher, dass es irgendetwas ausserhalb dieser ganzen kapitalistischen Schlachtfelder gibt - mit höchster Wahrscheinlichkeit, lässt sich das aber nicht nach kapitalistischen Regeln erklären.
Das hat imho noch lange nix mit Kapitalismus zu tun. Es gibt genug ganz einfache und nicht kapitalistische Kulturen, wo sich Menschen um des gesellschaftlichen Status Willen an den Rande des Ruins oder gar um die Gesundheit bringen.
 
B

Booth

Gast
Michael Ballack hat einen enorm hohen gesellschaftlichen Nutzen. Er befriedigt ein Bedürfnis. Das Bedürfnis von Millionen von Fussballfans nach einem Fussballidol.

Diese Millionen von Fans schauen sich den Fussball im TV an, informieren sich darüber sowohl im TV als auch in Zeitungen, gehen zu Fussballspielen hin, kaufen Fussballartikel, reden stundenlang am Montag auf der Arbeit über das Geschehen am Wochenende.

Wenn jemand etwas daran nicht sinnvoll findet, daß durch Werbemillionen, die durch die massenhaften Zuschauer generiert werden, Fussballer wie Ballack so viel Geld verdienen, ist das meines Erachtens keine Kritik an Ballack oder den Kapitalismus, sondern an den Millionen Fussballfans, die es teilweise wichtig finden, sich stundenlang jede Woche um eine Mannschaft und Fussballer zu kümmern, die eigentlich nicht das geringste mit ihrem Leben zu tun haben - teilweise sogar ihr eigenes Leben vernachlässigen zu Gunsten des Fussballs dieser eigentlich fremden Personen.

Für mich ist diese Kritik eine Kritik an den Menschen, die dazu beitragen, daß der Fussball wirtschaftlich so wichtig ist.

gruß
Booth
 

morgenroth

Geheimer Sekretär
6. September 2003
685
Bei aller Liebe - ich bin auch Fussball-Fan (Schalke 04)- aber die Summen, mit denen heutzutage im Fussball jongliert werden sind absolut übertrieben. Sie haben m.E. jede Verhältnismäßigkeit verloren. Das hat nur noch sehr wenig mit Sport zutun als nur noch mit reiner Geschäftsmacherei.
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Naja und? Wenn´s keinen interessieren würde, dann wäre die Werbeminute nix wert, dann wären die Banden im Stadion nix wert, dann könnte man nicht Bayern-Trikots noch in Japan kaufen und folglich könnte auch kein Verein so hohe Gehälter zahlen. Als das zielt auf die Fans die harten wie die gelegentlichen und die sind es doch, die die Summen den Jongleuren erst in die Tasche stecken.
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
morgenroth schrieb:
Bei aller Liebe - ich bin auch Fussball-Fan (Schalke 04)- aber die Summen, mit denen heutzutage im Fussball jongliert werden sind absolut übertrieben. Sie haben m.E. jede Verhältnismäßigkeit verloren.

Das denkst du nur, weil du an der Illusion festhaelst, dass es eine objektive Verhaeltnissmaessigkeit gibt.

Das ist wie Menschen, die von der Unnatuerlichkeit von Plastik reden. Was macht Plastik unnatuerlicher als Holz? Dass wir es gemacht haben?

Wer hat dir als Kind erzaehlt, dass die Welt gerecht ist? Wer auch immer es war, finde ihn und gib ihm eins auf den S*ck. Vielleicht hoert er dann auf solche Luegen zu verbreiten. :wink:
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Das ist wie Menschen, die von der Unnatuerlichkeit von Plastik reden. Was macht Plastik unnatuerlicher als Holz? Dass wir es gemacht haben?

Dass es in der Natur so nicht vorkommt, so wie Stahl, Aluminium, Nappaleder und äh... Glas. :wink:
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Was ist "die Natur" und wieso beinhaltet sie nicht Plastik? Scheint mir eine willkuerliche Definition deinerseits zu sein. :wink:

Um mal meinen Lieblings-Stand-Up-Comedian George Carlin zu zitieren:

"The planet will be here for a long, long, LONG time after we're gone, and it will heal itself, it will cleanse itself, 'cause that's what it does. It's a self-correcting system. The air and the water will recover, the earth will be renewed, and if it's true that plastic is not degradable, well, the planet will simply incorporate plastic into a new pardigm: the earth plus plastic. The earth doesn't share our prejudice towards plastic. Plastic came out of the earth. The earth probably sees plastic as just another one of its children. Could be the only reason the earth allowed us to be spawned from it in the first place. It wanted plastic for itself. Didn't know how to make it. Needed us. Could be the answer to our age-old egocentric philosophical question, "Why are we here?" Plastic...asshole."
 
B

Booth

Gast
morgenroth schrieb:
Bei aller Liebe - ich bin auch Fussball-Fan (Schalke 04)- aber die Summen, mit denen heutzutage im Fussball jongliert werden sind absolut übertrieben. Sie haben m.E. jede Verhältnismäßigkeit verloren. Das hat nur noch sehr wenig mit Sport zutun als nur noch mit reiner Geschäftsmacherei.

Völlig richtig - aber Du als Fussballfan trägst mir dazu bei, daß diese Summen bezahlt werden können.

Es gibt zwei wesentliche Faktoren in der Marktwirtschaft, die zu Erfolg führen. Rarität und Masse.

Entweder ist ein Produkt sehr rar, aber es gibt dennoch einige, die sich dafür interessieren, und schon kann der Preis extrem nach oben gehen.
Oder ein Produkt ist für die Masse geeignet. Millionen interessieren sich dafür, und sind bereit dafür in irgendeiner Form zu bezahlen.

Mein Vater motzt auch immer über die Gehälter herum, aber hat gleichzeitig zu Hause abonniertes Premiere herumstehen, und gerade die TV-Lizenzgebühren tragen ja erheblich dazu bei, daß die Fussballunternehmen (ich nenne sie bewusst nicht "Vereine") so viel Einnahmen verbuchen können.

Was kaufst Du alles? Welche Sendungen schaust Du so? Welche Zeitungen? Du trägst als Fussballfan direkt dazu bei, daß diese Gehälter bezahlt werden können. Und gerade weil so viele Fussballfans sich auf so wenige Fussballer konzentrieren, und offenbar nur so wenige Idole brauchen, können diese wenigen Idole eben soviel an Gehältern kassieren.

Wenn jeder seine Idole in der eigenen Kreisklasse suchen würde, wär es vielleicht anders ;)

gruß
Booth
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Fortsetzung aus dem Naziaufmarsch....Thread
agentP schrieb:
Zitat:
Anderseits liesse sich natürlich durchaus diskutieren, ob der Sozialismus oder der Kommunismus per se in der Praxis nicht zwangsläufig zu totalitären Strukturen führen muß und die Haltung "Sozialismus / Kommunismus aber bitte mit Demokratie" nicht reichlich naiv ist. Ich glaube nämlich auch eher, daß beides recht unvereinbar ist.

Würd mich ja interessieren, warum du das glaubst, aber führt das dann zu weit ab?

Namaste
Lilly
Ich glaube das deshalb, weil ich einfach überzeugt bin, daß die Menschen nicht gleich sind. Sie haben unterschiedliche Interessen, Fähigkeiten, sind unterschiedlich ehrgeizig, etc. Ein sozialistisches System will aber erklärterweise alle Menschen gleich machen, zumindest was die materiellen Dinge anbelangt und das geht letzenendes nur indem man Zwang ausübt. Du musst die die vorpreschen bremsen und die die zurückbleiben antreiben. Das würde vermutlich aber immer erfordern Maßnahmen zu treffen, die unpopulär sind. Manche bei wenigen, manche auch bei mehreren und solche Entscheidung dürften in einer Demokratie sehr problematisch durchzusetzen sein.
Das haben ja nicht nur die Kritiker solcher Systeme erkannt, sondern auch deren Vordenker, weswegen ja in der Regel erstmal eine "Diktatur des Proletariats" errichtet wurde um erstmal die gesellschaftlichen Veränderungen durchzusetzen, die sich das Volk in einer Demokratie wohl niemals selber aufbürden würde.
 

sillyLilly

graues WV- Urgestein
14. September 2002
3.269
Ok, dann hier weiter..

Ich glaube das deshalb, weil ich einfach überzeugt bin, daß die Menschen nicht gleich sind. Sie haben unterschiedliche Interessen, Fähigkeiten, sind unterschiedlich ehrgeizig, etc. Ein sozialistisches System will aber erklärterweise alle Menschen gleich machen, zumindest was die materiellen Dinge anbelangt und das geht letzenendes nur indem man Zwang ausübt.
Das alle Menschen gleiche Rechte und Pflichten haben, heißt für mich nicht automatisch, dass alle gleich gemacht werden. Das würde ich Gleichmacherei nennen.
Gleiche Rechte zu haben, kann manchmal unterschiedlich aussehen und ist manchmal eine ganz schwierige Gratwanderung.
Ich nehm jetzt mal ein spontanes Beispiel.
Einem Behinderten ein gleiches Recht einzuräumen am öffentlichen Nahverkehr teilnehmen zu lassen könnte man so oder so betrachten.
Gleiches Recht für alle könnte bedeuten, dass halt kein Fahrstuhl eingebaut wird, wenn jedem gleiches zugeteilt werden soll. Wenn man nach rein Materieller Einteilung geht, wird von der Gemeinschaft für jeden das gleiche aufgewendet und gut.
Aber gleiches Recht für alle sehe ich in dem Fall etwa so (und wahrscheinlich würde mir da fast jeder zustimmen) Jemand mit Behinderungen sollte die Möglichkeit eingeräumt werden genauso am Leben teilzunehmen und damit die gleichen Rechte eingeräumt bekommen, auch wenn damit einige wenige, einen höheren Kostenaufwand für die Gemeinschaft verursachen.
Gleiches Recht für alle Menschen in einer Gesellschaft bedeutet meiner Meinung nach immer differenzierte Betrachtungsweisen und nicht nur einfache Gleichmacherei.
Ich nenne es lieber Sozialismus, weil ich mit Kommunismus immer diese "Diktatur des Proletatiats" verbinde. Ich weiß nicht ob das mit der Begrifflichkeit so richtig ist.




Gerade weil "gleiches Recht für alle" so differnzierte und manchmal schwierige Betrachtung nach sich zieht, kann das gar nicht von einem kleinen Gremium, dass erstmal die Gleichheit überwacht, geleistet werden. Das würde immer zu Ungerechtigkeiten führen. Ich glaube nicht an die Theorie, dass eine Zwangsphase geben muss. Dann schon eher daran, dass man sich dem nur annähren kann und es nie erreichen wird.

Da fällt mir noch was ein.
Sozialdemokraten sind darum bemüht in Entscheidungsgremien auch ein sogenanntes Minderheitenvotum mitzubeachten. Das zum Beispiel Listenplätze von Vertretern aus verschiedenen Bereichen belegt werden. (Vertreter für Arbeitnehmerfragen, über 60 , Juso, Frauenfragen usw.) Das könnte man als undemokratisch ansehen. Denn die Listen werden damit nicht nur nach reinem Wählervotum zusammengestellt. Ich finde es eigentlich recht sinnvoll. Und sehe darin einen Wunsch demokratisch die Rechte aller Menschen vertreten zu wissen.
Die Idee des Sozialismus braucht meiner Meinung, nach die Demokratie, damit sich die Menschen die darin leben auch darin wiederfinden können.


Du musst die die vorpreschen bremsen und die die zurückbleiben antreiben. Das würde vermutlich aber immer erfordern Maßnahmen zu treffen, die unpopulär sind. Manche bei wenigen, manche auch bei mehreren und solche Entscheidung dürften in einer Demokratie sehr problematisch durchzusetzen sein.
Das haben ja nicht nur die Kritiker solcher Systeme erkannt, sondern auch deren Vordenker, weswegen ja in der Regel erstmal eine "Diktatur des Proletariats" errichtet wurde um erstmal die gesellschaftlichen Veränderungen durchzusetzen, die sich das Volk in einer Demokratie wohl niemals selber aufbürden würde.
Ich denke das es nicht über Zwang geht, da dies zwangsläufig auf ein totalitäres System herausläuft und die ganzen bekannten Nebenwirkungen des realexistierenden Kommunismus damit einhergehen.
Ich habe mal von dem Begriff Graswurzelrevolution gelesen. Wenn ich mich richtig errinnere ist die Theorie dabei, dass es nur aus einem Wachstum von unten heraus die Veränderungen zum wirklich gerechteren System geben kann. Naja .... ich weiß es hört sich ein bisch utopisch an. ;)
Was nun noch nicht so richtig fertig ist an meiner Theorie, welche Mittel genau eine Gesellschaft und alle ihre Mitglieder in den Stand versetzt, dass sie aus dem Verständnis heraus nicht nur die eigenen Interessen sehen, sondern in größerem Maße die gemeinschaftlichen Verflechtungen schätzen und schützen.

so weit erstmal

Namaste
Lilly
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
@ Lilly:

Im Sozialismus ging's aber gar nicht um Rechte -- die waren schnell geregelt: weniger Rechte für alle, ausser der KP-Füghrung und dem Kader an Zentralkommittee, Funktionären etc., die alle Rechte bekommen haben.

Was im Sozialismus geregelt werden soll, ist die Verteilung von Besitz und Geld. Das hat mit Rechten nichts zu tun. Halt, doch: es verletzt das Recht auf Eigentum.

(Dass diese ganze Gleichmacherei die fett absahnenden Parteibonzen nie selbst betroffen hat, muss ich nicht hinzufügen, dass versteht sich von selbst, oder?)
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Das alle Menschen gleiche Rechte und Pflichten haben, heißt für mich nicht automatisch, dass alle gleich gemacht werden. Das würde ich Gleichmacherei nennen.
[...]
Gerade weil "gleiches Recht für alle" so differnzierte und manchmal schwierige Betrachtung nach sich zieht, kann das gar nicht von einem kleinen Gremium, dass erstmal die Gleichheit überwacht, geleistet werden. Das würde immer zu Ungerechtigkeiten führen. Ich glaube nicht an die Theorie, dass eine Zwangsphase geben muss. Dann schon eher daran, dass man sich dem nur annähren kann und es nie erreichen wird.
Genau um diese Gleichmacherei geht es aber im Sozialismus, wie man auch dem entsprechenden wikipedia-Artikel entnehmen kann:

Im Unterschied zum Liberalismus bezieht sich die sozialistische Theorie nicht allein auf Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz, sondern auf die materielle Gleichheit im Ergebnis (gleiche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums), im Idealfall mit dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft. Freiheit wird als Möglichkeit zur Emanzipation verstanden, die sich nur durch eine soziale Integration aller Menschen in die Gesellschaft erreichen lasse.

Gleiche Rechte gibt es ja dann eben nicht, denn wie Aphorismus schon angedeutet hat, musst er Staat ja dazu zum Beispiel manche ("die Burgeoisie") anders behandeln als die anderen ("Arbeiter").

Das könnte man als undemokratisch ansehen. Denn die Listen werden damit nicht nur nach reinem Wählervotum zusammengestellt.
Das könnte man nicht nur, das kann man sogar. :wink:
Genauso wie man überhaupt streiten könnte ob die indirekten Mandate überhaupt wirklich einer strengen Auslegung von Demokratie entsprechen. Allerdings nimmt man das hier in Kauf zugunsten des Minderheitenschutzes. Gäbe es nur Direktkandidaten, dann waren alle Bürger in einem Wahlkreis, die auf die Verlierer gesetzt haben gar nicht repräsentiert.
 

sillyLilly

graues WV- Urgestein
14. September 2002
3.269
@aphorismus
ich bin in meinen Gedanken nicht vom real existierenden Sozialismus ausgegangen.
Meines Wissens nach gibt es unterschiedliche sozialismustheorien.
Ich bin nicht so gut in der Begrifflichkeit, weil ich keine überzeugte Sozialistin bin.
ausgehend von der Frage, ob Demokratie und Sozialismus miteinander vereinbar sind oder sich ausschließen, ist der Kommunismus, wie er bis jetzt praktiziert wurde für mich nicht der Maßstab, weil er totalitär aufgedrückt wurde. Stalinismus ist meiner Meinung nach gar kein Sozialismus, eher eine pervertierte Verzerrung dessen.

Damit wir uns nicht missverstehen, muss ich mich noch mal im internet umschauen, weil ich mir bei einigen Begriffen nicht so sicher bin.

@agentP
Sozialistische Theorien beinhalten meines Erachtens nach mehr als nur
"gleiche Verteilung des Gesellschaftlichen Reichtums"
Denn wenn es nur in dem Satz zusammengefaßt wird, dann könnte man daraus in dem Beispiel bei meinem letzten Post folgern.... dass laut sozialismus keine Fahrstühle gebaut werden würden.

Ich muss mir den Wikipedia text noch mal in ruhe durchlesen. Ich hatte ihn nur mehr überflogen. Will jetzt so nicht aus dem Zusammenhang gerissen dazu was schreiben.
Melde mich dann wieder. Solange habe ich schon mal etwas für euch zum lesen ;) gleiches Recht für alle ;)

http://www.marxists.de/theory/berlin/svu.htm

Namaste
Lilly
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Sozialistische Theorien beinhalten meines Erachtens nach mehr als nur
"gleiche Verteilung des Gesellschaftlichen Reichtums"
Öhm, ja natürlich beinhalten sie unter Umständen mehr, aber doch niemals weniger, sonst wäre es imho kein Sozialismus mehr.
Der entsprechende Lexikoneintrag bei wissen.de bringt genau das recht gut auf den Punkt:

Der Sozialismus fand sehr unterschiedliche Ausprägungen. Doch forderten fast alle Richtungen Beseitigung des arbeitslosen Einkommens durch Umgestaltung der Eigentumsordnung: Beschränkung des Erbrechts, Überführung der Produktionsmittel und -grundlagen in Gemein- oder Staatseigentum, zumindest staatliche Kontrolle der Produktionsmittel.


Hast du den Text über den "Sozialismus von unten" gelesen? 8O
Ich darf mal daraus zitieren:
Die eine nannte er »Sozialismus von oben«. Das bedeutet: Die Welt wird verändert, indem wir unser Schicksal in die Hände einer weisen und wohlwollenden Führung legen. Sie wird die richtigen Entscheidungen treffen, und wir werden ihre Beschlüsse ausführen und ihre Weisheit bewundern.

Diese Vorstellung vom Sozialismus ist geprägt von dem Gefühl der Ohnmacht, das einige tausend Jahre Klassenherrschaft geschaffen haben. Sie ist elitär und bürokratisch. In Drapers eigenen Worten:

Es ist das immerwährende Versprechen. das jede herrschende Macht abgibt, uni die Leute bei den Oberen nach Schutz suchen zu lassen, anstatt bei sich selbst nach Befreiung. Es hat den unschätzbaren Vorteil, den sicheren Weg darzustellen anstelle des Weges der Kühnheit. den vorsichtigen Weg anstelle des Weges der Aktion. Keine Freiheitsbewegung ist jemals in Gang gekommen. bevor sie nicht diese Haltung überwunden hatte.

Das Gegenstück dazu ist »Sozialismus von unten«. Er wächst aus den Kämpfen der Unterdrückten und Ausgebeuteten. Sein Motto ist der erste Satz aus den Statuten dem Arbeiter-Internationale von 1864, »... daß die Emanzipation der Arbeiterklasse durch die Arbeiterklasse selbst erobert werden muß
[...]
Bernsteins Theorie [also die Idee die Macht auf demokratischem Weg zu erreichen]war im Grunde ein Rückgriff auf jene alten Ideen, die im Sozialismus die Verwirklichung einer erdachten gerechten Ordnung sahen. Wir haben solche Ideen weiter oben als elitär und bürokratisch bezeichnet. Das sind auch die herausragenden Merkmale des sozialdemokratischen Reformismus bis auf den heutigen Tag. „Wählt uns und laßt Euch in eine bessereZukunft führen!“ ist die Botschaft dieser Form des „Sozialismus von oben“.

Also dieser "Sozialismus von unten" will nicht, daß demokratisch gewählte Politiker von oben etwas durchsetzen, das wird als bürokratisch und elitär bezeichnet, sondern er wird aus den "Kämpfen der Unterdrückten und Ausgebeuteten" also von den Arbeitern "selbst erobert".
Und du denkst hier ist die Rede von Demokratie?
 

sillyLilly

graues WV- Urgestein
14. September 2002
3.269
Hatte den Text zwar gelesen, aber anscheinend nicht so intensiv wie du :roll:
Hatte es eigentlich vorher so verstanden dass es demokratisch umgesetzt werden kann oder sollte und eben nicht durch Zwang von oben.... mit der von dir vorher genannten Zwangsphase von Selbstbeschränkung.
Sozialismus von unten kann nur durch das Selbstbewußtsein und die Selbstorganisation der arbeitenden Menschen entstehen.
Utopien können im besten Fall eine Anregung sein, über die „Sachzwänge“ der bestehenden Gesellschaftsordnung hin auszudenken. Aber ein Sozialismus, der im Sinne Rosa Luxemburgs „von den Massen gemacht“ wird, der bedeutet, daß die arbeitenden Menschen ihr Schicksal in ihre eigenen Hände nehmen, kann und wird sich nicht an vorgefertigten Modellen orientieren.
Aber berechtigter Einwand von dir. Den letzten Absatz den du zitiert hast habe ich aber noch nicht im Text gefunden.

Muss ich noch mal intensiver duchlesen.

will aber noch kurz anmerken, dass ich gerade so beschäftigt bin und deswegen noch nicht weiter etwas dazu schreiben konnte.
Hoffe das ich vielleicht heute abend noch mal Zeit dazu finde.

Namaste
Lilly

edit: habe hier übrigens mal den Artikel von Hal Draper, von dem in dem text die Rede war, herausgesucht.
http://www.anu.edu.au/polsci/marx/intros/2seelen.htm
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Den letzten Absatz den du zitiert hast habe ich aber noch nicht im Text gefunden.

Das findest du unter:
Der Reformismus wird zur Theorie
Der Einschub in eckigen Klammern stammt von mir, aber wofür Bernstein stand wird ein paar Zeilen weiter oben erklärt.

Der Artikel beruft sich ja ausserdem ständig auf Rosa Luxemburg eine erklärte Gegnerin Bernsteins. Dazu nochmal wikipedia:
Dagegen bestand Rosa Luxemburg darauf, dass kommende Wirtschaftskrisen den Gegensatz von Kapital und Arbeit zuspitzen würden, so dass Sozialismus nur durch eine Machtübernahme des Proletariats und eine revolutionäre Umgestaltung der Produktionsverhältnisse zu erreichen sei.
 

sillyLilly

graues WV- Urgestein
14. September 2002
3.269
wie soll denn eine machtübernahme des proletariats geschehen und weitergeführt werden, wenn nicht demokratische Strukturen immer wieder sicherstellen, dass Volkes Stimme auch transportiert wird?
Ich kann mich in diesem Punkt nicht auf die Theorie von jemandem berufen, sondern habe da jetzt einfach mal meine Logik zugrundegelegt.

Das Rosa Luxemburg Bernsteins Theorien nicht richtig fand lag meines Wissens nach daran, dass Bernstein sich dafür aussprach im System - also dem Kaiserreich - zu beteiligen und durch reformbewegung etwas zu erreichen. Sozusagen von innen heraus. Sie stand meines Wissens nach hinter dem Gedanken der Revolution.

morgendliche solidarische Grüsse ;)

Namaste
Lilly
 

morgenroth

Geheimer Sekretär
6. September 2003
685
Ich weiß garnicht, was das mit der "Gleichmacherei" soll. Das klingt gerade so, als wenn sich der Mensch ausschließlich über den Besitz definiert oder identifiziert. Das mag bei Menschen mit stark ausgeprägtem kapitalistischem Gedankengut so sein aber doch sicher nicht bei allen.
 

sillyLilly

graues WV- Urgestein
14. September 2002
3.269
Der Streit zwischen Sozialismus von oben und von unten ist anscheinend schon so alt wie die sozialistischen Ideen. Dieser Text "Die zwei Seelen des Sozialismus" finde ich interessant und aufschlußreich.



leite ich doch mein posting mal mit Marx ein:

"Wir sind keine Kommunisten, welche die persönliche Freiheit vernichten und aus der Welt eine große Kaserne oder ein großes Arbeitshaus machen wollen. Es gibt freilich Kommunisten, welche es sich bequem machen und die persönliche Freiheit, die nach ihrer Meinung der Harmonie im Wege steht, leugnen und aufheben wollen; wir aber haben keine Lust, die Gleichheit mit der Freiheit zu erkaufen. Wir sind überzeugt ..., dass in keiner Gesellschaft die persönliche Freiheit größer sein kann als in derjenigen, welche sich auf Gemeinschaft gründet ... Legen wir alle vereinigt Hand ans Werk ..., um einen demokratischen Staat zu errichten, in dem jede Partei suchen kann, durch Wort und Schrift die Majorität für sich zu gewinnen ..."

agentP schrieb:
Also dieser "Sozialismus von unten" will nicht, daß demokratisch gewählte Politiker von oben etwas durchsetzen, das wird als bürokratisch und elitär bezeichnet, sondern er wird aus den "Kämpfen der Unterdrückten und Ausgebeuteten" also von den Arbeitern "selbst erobert".
Und du denkst hier ist die Rede von Demokratie?

Die Theorie das eine kleine Gruppe den Sozialismus überwachen müsse und über das Volk und alles bestimmt, steht meines erachtens im totalen Widerspruch zum eigentlichen sozialistischen Gedanken.
Meines Wissens nach stand Bernstein zum Kaiserreich und dem Gedanken, den Anstoß von unten zu geben ... aber die Durchführung des Sozialismus von oben dann durchführen zu lassen. Insofern steht er nicht wirklich für Sozialismus von unten.

"Marx war es, der schließlich die beiden Vorstellungen von Sozialismus und Demokratie aneinanderkettete", (2) weil er eine Theorie entwickelte, die diese Synthese zum ersten Mal ermöglichte. Der Kern der Theorie ist diese These: Es gibt eine gesellschaftliche Mehrheit, die das Interesse und die Motivation hat, das System zu ändern, und dass das Ziel des Sozialismus in der Schulung und Mobilisierung dieser Mehrheit bestehen kann. Dies ist die ausgebeutete Klasse, die Arbeiterklasse, von der letztendlich die Triebkraft der Revolution ausgeht. Daher ist ein Sozialismus von unten möglich auf der Basis einer Theorie, die das revolutionäre Potenzial der breiten Massen sieht, auch wenn sie zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten rückständig scheinen. Das Kapital ist letzten Endes bloß die Demonstration der wirtschaftlichen Basis dieser These.

Nur eine solche Theorie des Arbeitersozialismus macht die Fusion des revolutionären Sozialismus und der revolutionären Demokratie möglich. Im Moment diskutieren wir noch nicht unsere Überzeugung, dass dieser Glaube gerechtfertigt ist, sondern bestehen nur auf der Alternative: Alle Sozialisten oder Möchtegernreformer, die diese Alternative verwerfen, müssen zwangsläufig bei irgendeiner Art des Sozialismus von oben enden, sei es die reformistische, utopische, bürokratische, stalinistische, maoistische oder Castro'sche Spielart. Und das tun sie auch.

Die Vorstellung, dass das Volk eine Art Umerziehung brauche um sich nach einer Zeit in dem Sozialismus wiederzufinden, der dann gerecht sei, finde ich persönlich paradox.
Denn das geht von dem Gedanken aus, dass das Volk dumm ist.
Wenn ich aber davon ausgehe das das Volk dumm ist und nur durch zwangsumerziehung zu einem Verständnis von Solidarität kommen kann, dann widerspricht das dem Prinzip von Freiheit und Gleichheit meines Erachtens.

Nur das gemeinsame Erarbeiten und Erleben von Gemeinschaft schafft meines Erachtens ein Verständnis dafür.

In der Erziehung meiner Kinder habe ich mich oft auf kleinster Ebene mit diesen Gedanken auseinanderegesetzt.
und habe zwar aus bequemlichkeit oft auf Diktatur gesetzt, aber ab einem gewissen Alter die Erfahrung gemacht, dass die Auseinandersetzung und das Ringen miteinander der einzige Weg war, ein wirkliches Verständnis von Gemeinschaft zu schaffen. Gemeinsam entwickelte Regeln und Abmachungen, die immer wieder mal infrage gestellt werden mußten und vielleicht auch angepaßt werden mußten.
Wie wäre das anders möglich in einer so großen Gemeinschaft wie einem Staat, als durch demokratische Strukturen?

Namaste
Lilly
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
SillyLilly schrieb:
Die Vorstellung, dass das Volk eine Art Umerziehung brauche um sich nach einer Zeit in dem Sozialismus wiederzufinden, der dann gerecht sei, finde ich persönlich paradox.
Denn das geht von dem Gedanken aus, dass das Volk dumm ist.

Vielleicht hat "das Volk" auch einfach mehrheitlich keine Lust dazu mitzumachen und muss deshalb "umerzogen werden"?

Da steht's doch:

Der Kern der Theorie ist diese These: Es gibt eine gesellschaftliche Mehrheit, die das Interesse und die Motivation hat, das System zu ändern, und dass das Ziel des Sozialismus in der Schulung und Mobilisierung dieser Mehrheit bestehen kann.

Die Mehrheit will also laut dieser Theorie gesellschaftliche Veränderung. (Halte ich bereits für fragwürdig.) Und damit diese Mehrheit sich auch ja den Sozialismus aussucht, muss sie "geschult" und "mobilisiert" werden. Wenn das mal nicht wieder ganz schön stark nach Planungsstab, Zentralkommittee und Steuerung des Sozialismus durch eine kleine Elite klingt... :roll:

Da kommt durch die Hintertür genau das wieder rein, was durch die Vordertür rausgeworfen worden ist. Nur, dass jetzt anstatt den mit der Situation zufriedenen Menschen notorisch unzufriedene Möchtegern-Besserwisser an die Macht kommen, die dem Volk zeigen sollen wo der Frosch die Locken hat.

morgenroth schrieb:
Ich weiß garnicht, was das mit der "Gleichmacherei" soll.

Dann zieh nach Kuba oder Nord-Korea und finde es raus. Diese Gleichmacherei soll das Leben der Menschen verbessern - de facto verschlechtern sich die Lebensverhältnisse für alle. (Von Dingen wie persönlicher Freiheit, Pressefreiheit in verstaatlichten Medien usw. usf. gar nicht erst zu sprechen.)

morgenroth schrieb:
Das klingt gerade so, als wenn sich der Mensch ausschließlich über den Besitz definiert oder identifiziert.

Wie du das da reininterpretieren kannst verstehe ich zwar nicht, trotzdem sollte dir klar sein, dass gerade der Sozialismus Menschen -- oder genauer: das Glück von Menschen -- über ihren Besitz definiert. Ist ja gerade der Kern des Sozialismus zu behaupten, dass wenn alle gleich viel haben es allen gleich gut gehen wird, worunter der Sozialist soviel wie "Gerechtigkeit" versteht. Natürlich ungeachtet der Tatsache, dass es zwar allen gleich, aber eben auf Grund der Unwirtschaftlichkeit dieses Systems nicht gleich gut, sondern gleich schlecht geht.
 

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