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Das Neuropolitische Manifest

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
Bevor es hier losgeht noch eine bemerkung in eigener sache (auch an die moderatoren )
Die hier von mir im weiteren gepostete thematik rund um das neuropolitische manifest dient nicht der bewerbung eines buchproduktes, einer kommerziellen internetseite oder ähnlichem. In beiden fällen ist dergleichen nicht vorhanden. Es gibt also keinerlei quellen die in bezug auf das neuropolitische manifest gesetzt werden könnten. Die einzigen quellenangaben die von zeit zu zeit von mir reingereicht werden beziehen sich auf zeitgenössische autoren und thematiken rund um das manifest.
Das neuropolitische manifest hat keine feste form und ist nirgendwo anders existent im moment außer in diesem thread und in diesem forum. Es entwickelt und organisiert sich quasie selbst und wird angereichert durch beiträge und eine offene diskussion (wie es sich für ein forum gehört).
Von zeit zu zeit wird es von mir durch eigene beiträge angereichert, die nur einen einzigen Zweck haben sollen - sie sollen stimulieren. Zu anfang wird es davon ein paar mehr geben, um einen einstieg in die thematik zu erleichtern.


Das Neuropolitische Manifest

Ich hatte schon vor etwas längerer Zeit in einem anderen Thread
http://www.weltverschwoerung.de/mod...opic&t=7926&postdays=0&postorder=asc&start=15
über ein angebliches geheimes Buch meine Vermutungen geäußert und mich nebenbei auch noch mit Dimbo ein wenig gefetzt. Hierbei nannte ich den Namen eines Buches und bezeichnete es mit dem Namen „Neuropolitisches Manifest“. Ich erklärte aber gleichzeitig auch noch das ich davon ausginge das es sich nicht um ein Buch handeln würde sondern um Aufzeichnungen die ich im Internet gelesen hätte.
Heute will ich die Sache richtig stellen.


Die Geschichte des Neuropolitischen Manifestes:
Das Neuropolitische Manifest ist ein utopischer Entwurf und eine lose Zusammenschrift von Texten, Essays verschiedenster Autoren. Entstanden ist es vor etwa 14 Jahren, kurz nach dem Fall der Mauer. Ich lernte bei einigen Touren einen Haufen, nennen wir es mal Querdenker kennen. Jeder schwelgte ein wenig in seinen unterschiedlichsten Erfahrungen und auch Ansichten und dachte über die Gesellschaft der Zukunft nach. Es war eine Zeit des Neuanfangs und des Aufbruchs; auch wenn dies vielleicht für einige etwas verkitscht klingen mag. Aber es entstand über die weiteren vier Jahre bis 1993 eine ausreichende Korrespondenz, in dem wir alle unsere Gedanken immerwieder durch die politischen Ereignisse (auch die des zweiten Golfkrieges) und auch durch die neuen Möglichkeiten der Kommunikationsgesellschaft zusammenfassten. Wir gaben dem ganzen den Namen „Neuropolitisches Manifest“. Dieses Kunstwort ist sicherlich geprägt durch den learyischen Begriff „Neuropolitik“.
Am Anfang war es noch ganz konventionell als Buch geplant. Aber als wir schließlich merkten das Aspekte ins Spiel kamen wie mögliche Visualisierungen/Veranschaulichungen und andere Formen der Darstellungen die über eine reine Textbeschreibung hinaus gingen und die zu der Zeit nicht möglich waren bzw. uns nicht zur Verfügung standen, geriet das ganze Vorhaben langsam in Vergessenheit. An den Texten wurde über die Jahre hinaus nie weitergearbeitet, aber die multimedialen Möglichkeiten wurden ausgelotet. Das Internet begann zu wachsen und somit auch die Möglichkeit dem Manifest eine völlig neue Form der Präsentation zu geben. Vor etwa drei Jahren entstanden wieder lose Kontakte die sich aber nur auf E- Mail Korrespondenzen beschränkten. Es ging uns nun darum die weitere Vorgehensweise zu beraten und unserer Selbstverständnis auf das damals Verfasste zu überprüfen. Matrix lief gerade in den Kinos und wir merkten wie die Thematik dadurch eine wenn auch oberflächliche, aber gesellschaftliche Akzeptanz erhielt.
Wir haben uns aber seit diesem ersten Treffen vor 14 Jahren nie wieder gesehen und es ist auch kein weiteres Treffen geplant. Das ist einer der wichtigsten Aspekte des Neuropolitischen Manifestes und seiner Quellen – absolute Anonymität.
Dieser nicht unwichtige Aspekt hat sich erst beim Erstellen des Entwurfes, über die Jahre hinweg herausgebildet und hat nur den Zweck die inhaltliche Bedeutung des Manifestes in den Vordergrund zu stellen und nicht diesen durch persönliche Identifikation oder Repräsentation nach Aussen zu verwässern.
Ich versuche nun in einer relativ kurzen Erläuterung die wesentliche Bedeutung und Inhalte des Manifestes zusammenfassen.
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
Was ist das Neuropolitische Manifest ?

Bevor ich versuche zu Erläutern was das Manifest ist, erkläre ich erstmal was es nicht ist oder sein sollte.
- Es ist keine Illuminatenschrift (auch wenn das Wort in verändert Form auftaucht)
- Es ist kein politisches Pamphlet ( auch wenn es sich einmal in seinem ersten Entwurf als Kampfschrift für das 21. Jahrhundert bezeichnete). Es ist also auf der Basis aktueller, politischer Ansätze nicht diskutabel.
- Es ist keine gebundene Niederschrift. Es gibt auch keine Quellen. Googeln nützt also nichts.
- Die darin diskutierten, theoretischen Ansätze sind keine Wahrheiten, sondern von jederman formbare Entwürfe.

Also was ist das Manifest ?
Es ist im Grunde genommen nicht ein Manifest, sondern setzt sich aus drei einzelnen Schriften zusammen. Das Neuropolitische Manifest setzt sich aus einem kulturkritischen Teil (1. Manifest) und zwei naturphilosophischen Teilen (2.Manifest - vitalistisch/ 3. Manifest – neuroplitisch) zusammen.
Sie (die Utopie) ist im klassischen Kontext der Utopien wie „Nova Atlantis“ oder Campanellas „Sonnenstaat“; die eher als weiße/positive Utopien (Eutopien) zu bezeichnen sind, oder den klassischen neuzeitlichen schwarzen/negativen Utopien(Dystopien) wie Orwell oder Huxley, vollkommen neutral. Sie versucht kein paradisisches Shangri La, oder gar eine matrixsche Zukunftshölle von alles beherrschenden Maschinen zu entwerfen, sondern einen sicherlich nicht wertfreien aber dennoch hoffnungsvollen Blick in die Zukunft zu ermöglichen.
Das Manifest ist eine Synthese aus mehreren Disziplinen. Es enthält Elemente aus Kunst, Wissenschaft, Philosophie und auch Magie. Es gibt Querverbindungen zu zeitgenössichen und auch älteren Autoren. Stanislaw Lem beispielsweise; Niklas Luhmann und Talcott Parson aus dem Bereich der Systemtheorie, Paul Virillio, Rousseau und Charles Fourier’s Prinzip der leidenschaftlichen Anziehung

Der magische Aspekt des Manifestes ist einer der entscheidensten Aspekte und ich möchte ihn versuchen kurz darzulegen.
Die eigentliche Grundidee des Manifestes basiert auf einer Erzählung des magischen Realismus von J. L. Borges – „Tlön, Uqbar, Orbis Tertius“. Ich würde diese Erzählung als die Mutter des Neuropolitischen Manifestes bezeichnen. In ihr imaginieren einigen Wissenschaftler und Philosophen eine utopische Welt quasie aus dem Nichts heraus. Sie diskutieren, imaginieren, meditieren und entwerfen, bis eines Tages ein unbekannter Gegenstand (eine Uhr) mit einem rätselhaften Ziffernblatt vor ihnen liegt. Sie folgern schließlich daraus:

„Die Berührung und der Umgang mit Tlön haben die unsere Welt zersetzt........Man hat die Numismatik, die Arzneikunde, die Archälogie reformiert. Ich halte es für ausgemacht, daß die Biologie, und die Mathematik ebenfalls ihrer erneuerten Gestalt harren.... Englisch, Französisch und sogar Spanisch werden dann von unserem Planeten verschwunden sein.
Und die Welt wird Tlön sein. „


Dieser dort beschriebene Prozess der bloßen „Imagination ohne jeden Zweifel“ ist vergleichbar mit dem alchymischen Prozess den die alten Alchemisten beschrieben und vielleicht auch betrieben. Das Trigneum Igneum, das feurige Dreieck aus dem Welten enstehen können. Der Homonculus, der Golem der aus bloßen Lehm zum Leben erweckt wird. Das Tote lebendig machen; nichts anderes ist auch die Verwirklichung des utopischen im Neuropolitischen Manifest. Das Manifest ist ein unbeirrbarer Imaginationsprozeß, es ist das Gefäß in dem das golemsche Wesen zum Leben erweckt wird.
Warum ich das hier so genau erkläre hat folgenden Grund. – Demnach gibt es keine Tat, keine Handlung die das Manifest zusätzlichen ergänzen muß. Das bedeutet das es keine Organisation im Hintergrund gibt, oder auch Gruppe die gegründet werden muß. Es gibt keine Person oder Personen die nach außen hin irgendetwas davon repräsentiert, beschreiben oder ergänzen muß. Wenn es das gibt oder auch geben sollte, dann mag das so sein. Auf den utopischen Prozess selbst hat dies keinerlei Einfluss.
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
Was genau will das Neuropolitische Manifest ?

Hier machen wir einen Sprung in das dritte Neuropolitische Manifest. Das Kernprinzip des gesamten Manifestes und seine Zielvorstellung ist das „Unternehmen Prometheus“.
Im „Unternehmen Prometheus“ wird frei von den vorherigen philosophischen und theoretischen Ansätzen die tatsächlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesellschaft und ihr zukünftiges Zusammenleben beschrieben.
Das Ziel des Unternehmen Prometheus ist die Illumination und Reinigung des Planeten. Diese Ziel ist nur zu erreichen in dem die menschliche Rasse sich vollkommen neu organisiert und den Boden ihres jahrtausendelangen Wirkens verläßt. Sie wird ihre Städte verlassen und ihr Leben in der „Pannation“ fortsetzen.
Die Pannation besteht aus 62 sogenannten Hemessphärenkomplexen (Neuropolis 1-62) die sich gleichmäßig über das neuralgische Kristallgitternetz des Planeten verteilen. Die HEME‘s (High Energy Mini Earth ) sind kleine kompakte Minierden (nicht ganz unähnlich der Form des Atomiums in Brüssel ) in denen die Menschen in nicht allzu ferner Zukunft leben werden. Das Leben dort wird in zwei streng voneinander getrennten Bereichen stattfinden. In der phantoma- tologischen Welt einer Simulation einerseits, und in der realen Welt von Neuroplis – dem Cyberia andererseits. Anders als in der Welt des Filmes „the Matrix“ in dem die Menschen dauerhaft an die Simulation angeschlossen sind, bilden hier beide Welten ein logisches, folgerichtiges Miteinander. Mensch und Maschine leben in einer Art friedlichen Koexistenz miteinander. Warum das so ist und für die Zukunft unabdingbar sein wird hatte ich an andere Stelle schon einmal versucht zu erklären. In diesem Thread ging es selbstverständlich um die matrix:

http://www.weltverschwoerung.de/modules.php?name=Forums&file=viewtopic&t=7686&start=0

Hier ein Auszug:
„Lem hat zwar in seinen roman nicht mit der, wie er es nannte "phantomatologie"(cyberspace) gearbeitet sondern dadurch das seine protagonisten pillen schluckten und so in die scheinwelten tauchten Aber lem hat schon in essays aus den sechzigern genau diesen effekt bzw. die technik die dahintersteht vorausgesagt.
Und er hat noch etwas viel wichtigeres vorausgesagt. Und zwar das die menschen irgendwann sich in einem stadium befinden werden in der sie den effekt den die phantomatologie hervorruft irgendwann nicht mehr von dem geschehen ihrer realen alltagsumwelt unterscheiden werden können. Da kann es dann schon einmal zu so unliebsamen ereignissen kommen wie die, das der user in seiner spielwelt gerade seinem gehassten chef den kopf weggeblasen hat und dann in der "wirklichkeit", die er leider auf grund des hohen authentizitätgrades der virtuellen realität nicht mehr auseinanderhalten kann, kurzum zur tat schreitet. Dagegen ist dann erfurt ein heile märchenwelt, weil dann wirklich kein zugang mehr zur persönlichkeit existiert - quasie eine art trancezustand.
Der killer von erfurt hätte und hat ja auch irgendwann aufgehört, nachdem er bzw. jemand anderes seine moral abgefragt hat. Irgendwann wird das nicht mehr möglich sein.
Das problem ist aber nicht unbedingt der virtuelle raum/cyberspace sondern die tatsache das im großen und ganzen die virtuelle realität bzw. beide welten sich nicht im großen maßen mehr voneinander unterscheiden werden. Die fantasie oder imagination von fremden welten so wie sie die meisten spiele heute vielleicht noch propagieren, wird mit einem erhöhten realismus der spielewelten und der allmählichen aufhebung des user-interfaces verschwinden. Es wird dann vielleicht spiele geben in der wir unsere eigenen welten designen können. Bis dahin ist aber unsere eigene imagination so abgstumpft und ausgetrocknet das wir nur in der lage sein werden eine kopie von unserem alltag zu erzeugen.
Das ist dann der punkt an dem wir unter bestimmten umständen gefangene der matrix werden. Die physikalischen gesetze werden von uns diktiert und aufgehoben, und die moral dort ist auch auf unserer seite. In der matrix rechnen wir mit unserem gescheiterten alltag ab, und in der tatsächlichen realität geht es dann damit weiter. „


Das Szenario, die Umgebung ausserhalb der Simulation ist in Neuropolis vom Prinzip her vergleichbar mit der Umgebung aus „Matrix“. Sie unterscheiden sich beide in ihrem Erscheinungsbild von der Welt ihrer Matrix grundlegend. Dennoch gibt es einen gravierenden Unterschied. Die Welt der „Befreiten“ in Matrix ist hoffnungslos durch vorhergehende Kriege zerstört - das klassische Cyberpunkszenario. Die Umgebung der Bewohner Neuropolis ist von einer Art klinischen Reinheit und Sterilität – also wie in einem Krankenhaus. Die ist keine Frage der Ästethik, sondern eine Frage der Notwendigkeit.
Warum ? Weil der Authentitizitätsgrad der Simulation nur deshalb aufgefangen werden kann, weil die „andere Umgebung /Wirklichkeit“ prinzipiell sich von der der Simulation unterscheiden muß. Die Wirklichkeit von Neuropolis wird in keiner der Simulationen zu erfahren sein.
Neo kann nach der Einnahme seiner Wirklichkeitspille erst deshalb die neue Wirklichkeit als real akzeptieren, weil sie ja gerade prinzipiell von der Erfahrung des New Yorks von 1999 unterscheidet.
Ein weiterer gravierender Unterschied ist die Simulation selbst. Wo sich in Matrix die Welt der Simulation in einem New York von 1999 abspielt, in dem es keine Vergangenheit und auch keine Zukunft mehr gibt, so gibt es in Neuropolis nicht eine simulierte Welt wo sich alle unter Umständen treffen, sondern es gibt Myriaden von Welten. Die Anzahl der Welten ist deshalb nicht zählbar weil sie sowohl von der Anzahl der Einwohner abhängig ist, als auch von der individuell auf den Einzelnen abgestimmten und erforderlichen Stimulation. Jede psychische Dissonanz, jeder im Einzelnen stattfindender Konflikt erfordert eine auf ihn abgestimmte durch die Simulation wiedergegebene Thematikwelt.
Wenn sich eine Thematikwelt deshalb beispielsweise im Frankreich des 17 Jahrhunderts abspielt, dann deshalb weil das persönliche Thema dort am ehesten aufgelöst werden kann.
Man sieht vielleicht hier schon das die Pannation mit seinen 62 Hochernergieminierden, in Wirklichkeit eine Art hyperdimensionales Therapiezentrum ist. Krankheiten werden so auf ein Minimum reduziert und gestorben wird erst durch den Alterstod.

Der wichtigste Aspekt ist und bleibt allerdings die Illumination und Reinigung des Planeten. Der Mensch wird auf Grund seiner Vergangenheit und der von ihm anvisierten Zukunft aus seiner planetaren Verantwortung und somit auch aus der Möglichkeit des selbständigen Handelns genommen. Versteht dies wie einen Schwerkranken den man auf eine Intensivstation verlegen muß. Auch diesem ist für eine gewisse Zeit die Möglichkeit des selbständigen Handelns genommen worden. Er wird somit in Kolonien verlegt die riesigen Bienenwaben ähneln (über das architektonische Prinzip von Neuropolis und der Pannation an sich, an anderer Stelle ).
Jetzt wird man zurecht die Kritik äußern das man keinen Menschen zu so einer Umsiedlung zwingen kann. Die Entwicklung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden allerdings die Abhängigkeit von der technischen Entwicklung in der Kommunikationsgesellschaft weiter anwachsen lassen. Der Mensch in der Gesellschaft von Morgen wird, wenn er nicht in den magischen Kanälen des technisch/kommunikativen Apparates eingebunden ist, quasie aufhören zu existieren. Er wird im gesellschaftlichen Sinne nicht mehr vorhanden sein.
Das Medium Internet wird weiter auf die menschliche Psyche einwirken, und nicht nur auf dessen Psyche sondern auch auf dessen körperliche Beschaffenheit. Durch den Umgang mit dem Medium Internet kann der menschliche Körper in bestimmter weise transformiert werden. Schädigungen der Hals- und Rückenwirbelsäule durch noch längeres sitzen am PC, Sehnenscheidenentzündung am (rechten) Unterarm durch das Anklicken der links beim surfen, etc. in diesem Zusammenhang spricht Marshall Mcluhan vom Menschen als Servomechanismus des Mediums und verdeutlicht dies an einem Indianer als Servomechanismus seines Kanus, das auch zu einer bestimmten Formung seines Körpers beigetragen hat.
Die Reizschwelle die der Virtuell Industrielle Komplex (eine zusammenführungen verschiedenster Gesellschaftlicher Subsysteme - diese setzen sich hauptsächlich aus der Game/Film Industrie, dem Militärkomplex, sowie verschiedenster Wirtschaftsbereiche zusammen) dem gesellschaftliche Rezipienten durch die technischen Möglichkeiten verabreicht werden einerseits immer komplexer und feiner abgestimmt, anderseits werden die Folgeerscheinungen immer schwerer abzusehen sein. Schon heute gibt es genügend Berichte von Menschen die im Simulationsrausch eines PC Spieles, nach Tagen die Akzeptanz ihrer Realitäten vertauscht haben und noch immer den kämpfenden Street – Fighter mimen. Oft ist dieser Effekt ziemlich offensichtlich zu beobachten, wie im Falle dieses Italienischen Jungen vor zwei Jahren, meistens aber bleibt diese Dissonanz im Hintergrund anderer komplexer, sozialer Zusammenhänge verborgen. Das Erfurter Massaker ist ein gutes Beispiel dafür. Wir werden in den nächsten Jahren mit Sicherheit gehäuft immer wieder solche Berichte in den Medien zu hören bekommen, wo von Menschen berichtet wird deren Handlungen ihrer eigentlichen Charakterstruktur zuwiderläuft.
Der zentrale Entwurf im zweiten Neuropolitischen Manifest „Die Auflösung des freudschen Antimoralismus im virtuellen Raum“ wird diese Thematik weiter zur Grundlage haben.

wird fortgesetzt........
 

Woppadaq

Großmeister-Architekt
2. August 2003
1.228
Das Erfurter Massaker ist ein gutes Beispiel dafür. Wir werden in den nächsten Jahren mit Sicherheit gehäuft immer wieder solche Berichte in den Medien zu hören bekommen, wo von Menschen berichtet wird deren Handlungen ihrer eigentlichen Charakterstruktur zuwiderläuft.

Bist du sicher, daß das Attentat von Erfurt Steinhäusers Charakterstruktur zuwiderläuft ?

Amokläufe hat es früher auch gegeben, und auch in nicht-problembehafteten Familien. Ich glaube nicht, daß das Massaker von Erfurt eine Folge der VR ist.
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
In der phantoma- tologischen Welt einer Simulation einerseits, und in der realen Welt von Neuroplis – dem Cyberia andererseits.

erinnert mich an aristoteles und platon

beide setzten die existenz einer zweigeteilten welt (zweiweltenlehre) voraus:

die welt der ideen und die welt der wandelbaren realität

und der mensch hat über die vernunft anteil anteil an den ewigen ideen die er dann in der idealen gesellschaft, der polis, umsetzt.
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
Bist du sicher, daß das Attentat von Erfurt Steinhäusers Charakterstruktur zuwiderläuft ?

Amokläufe hat es früher auch gegeben, und auch in nicht-problembehafteten Familien. Ich glaube nicht, daß das Massaker von Erfurt eine Folge der VR ist.

Sicherlich nicht das paradebeispiel, da magst du recht haben.
Das beispiel das ich glaube ich vor zwei jahren am rande der nachrichten mitbekam fand ich wesentlich interessanter. Der italienische junge den man wild fuchtelnderweise auf der strasse fand und bei dem man herausfand das er wohl einige tage lang street-fighter durchspielte. Ich kenne den medizinischen fachausdruck dafür nicht. Aber er muß sich in einer art starre befunden haben.
Das ist sicherlich das extrembeispiel für den effekt den ich im zusammenhang mit der VR meinte. Auf solche fälle sollte man aber auch in den nächsten jahren vermehrt achten.
Wer also berichte, studien oder ähnliches aus dem bereich der medizin oder psychologie kennt oder gefunden hat - immer her damit.
 

dimbo

Meister vom Königlichen Gewölbe
30. September 2002
1.434
Danke für die Texte, innerdatsun. Ich habe sie noch nicht komplett durch, aber damit hat man jetzt immerhin etwas in lesbarer Pixel-Form, statt der Suche nach einem Phantom, vor sich.
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
hi dimbo,

nett das du mich nicht in bausch und bogen verdammst.
Die hier ersteinmal geposteten texte sind "nur" eine zusammenfassung. Als nächstes werde ich mit den eigentlichen urtexten beginnen.
Und zwar mit dem eigentlichen vorwort.
"Das neuropolitische manifest - ein literarischer homonculus ? oder eine kurze gebrauchsanaleitung zur aufzucht und pflege einer utopischen welt"

Wichtig ist nur nochmal zu verstehen, das egal woher bestimmte textpassagen auch kommen mögen. Das neuropolitische manifest ist, und muß ständig im wandel bleiben, und es ist egal wer es wann und wo schreibt und noch weiterschreiben wird.
Das war vor mehr als ein jahrzehnt schon so und wird auch in zukunft so bleiben.
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
@ morgenroth

danke für die einfache und entwaffnende frage. Ich versuche, da sie auch meine ganz persönliche motivation anspricht zuersteinmal auch so darauf zu antworten.
Ersteinmal war sie ja so in der form kein alleiniger gedanke sondern entsprang und entspringt immer noch dem bedürfniss einer bestimmten gruppe. Dennoch gibt es bei jeden von uns eine ganz persönliche motivation. Mit den jahren hat sich da in der hinsicht viel verselbständigt.
In grunde ist die antwort darauf schon wieder zu simpel, aber sie muß sich in ihrer grundmotivation auch mit den allen anderer menschen decken.
Mit einer gegebenen situation nicht zufrieden zu sein
Dabei hat das noch nichteinmal immer etwas mit dem persönlichen leben und werdegang zu tun. Aber ich will nicht ausschließen das dies selbstverständlich auch mit hineinspielt. Aber es kommt jetzt leider keine triefende leidensgeschichte eines ach so verkorksten lebens. Und wenn es sie geben würde, hätte sie hier und auch nirgendwo anders irgendetwas zu suchen. Weil irgendwann auch persönliche motivationen zurückgestellt werden.
Und außerdem:Wenn ich mich in einer bestehenden welt heimisch fühlen würde, würde ich sie nicht verändern wollen.

Dennoch gibt es einen unterschied in der auswirkung, weshalb es eine utopie ist und keine revolution.
Einer revolution fehlen die zukunftsweisenden visionen. Und damit meine ich nicht die zeit direkt nach einer machtübernahme oder nach der zerstörung bestehender verhältnisse, sondern damit meine ich die finale zielvorstellung. Ein freiheit und ein brüderlichkeit als alleiniger maßstab kann nicht ausreichen. Dies sind nicht utopische, noch nichteinmal realistische, sondern paradisische vorstellungen.
Bevor ich also das alte zerstöre muß ich etwas neues aufgebaut haben. Da das alte und das neue aber nicht in nebeneinander, zeitge- schichtlich existieren können, muß das neue, utopische bild woanders enstehen. Dieser entwurf muß nachvollziehbar und folgerichtig sein und eine feste größe in der imagination haben.
Dabei behilft sich der utopist eines tricks !
Er tut so als würde diese welt schon längst existieren. Er stellt sie in keinem augenblick als finale wirklichkeit in frage (von detailfragen mal abgesehen). Er versucht sie gerade nicht von der momentanen wirklichkeit zu trennen, sondern sie miteinander zu vermischen; so daß sich beide miteinander befruchten und somit etwas neues entsteht. Es ist also gerade keine flucht von dieser welt, solange er sie immer mit ihr konfrontiert.
Das ist es was wir hier machen.
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
Wie schon angekündigt nun die veröffentlichung der ersten textpassagen aus dem "neuropolitischen manifest."
Hierbei handelt es sich um das vorwort des manifestes, oder man könnte es auch einen "prolog" nennen. Die darin behandelten themen sind für das weiter verständnis dieser utopie von absolut elementarer bedeutung.
Es geht hier weniger um die inhaltliche bedeutung des manifestes/oder der utopie, sondern vielmehr um dessen inneren prozess.
Des besseren verständnisses und überblickes wegen, werde ich die dreizehn seiten des vorwortes in einzelne abschnitte nach und nach hier reinstellen.
Es darf selbstverständlich schon zwischendurch (auch wenn es noch nicht fertig veröffentlicht wurde) kommentiert und diskutiert werden.

P.S. Noch ein hinweis. Es soll hier nicht die gesamten texte veröffentlicht werden, sondern nur wichtige und entscheidende passagen die den entwurf helfen zu verdeutlichen und das diskutieren erleichtern.




TEIL 1
Das Neuropolitische Manifest-
ein literarischer Homonculus ?
oder
eine kurze Gebrauchsanleitung zur Aufzucht
und Pflege einer utopischen Welt


Legt man der Erstellung eines schriftstellerischen Werkes wie beispielsweise diesem hier, den alchemischen Wandlungsprozeß zu Grunde, so müßen wir hierbei zwei grundsätzliche Phasen unterscheiden. Da wäre ersteinmal die Phase der Kreation, welches in der Sprache der Alchemisten als das Material bezeichnet werden kann. In dieser Phase des Prozeßes wird mit den sogenannten Ingredienzen das spätere Werk vorbereitet, welches dann durch die Projektion psychischer Inhalte auf den zu bearbeitenden Stoff, in die Phase der Realisation mündet. Die Zielvorstellungen in der Alchemie sind es eben nicht nur aus dem toten Material, dem Blei, Gold zu gewinnen, sondern grundsätzlich allen toten Dingen neues Leben einzuhauchen, wie es sich beispielsweise in der Geschichte der Literatur in der Idee von dem Golem der aus Lehm erschaffen worden ist, oder in der Kreatur des Frankenstein widerspiegelt. Im Falle Nova Utopias und des Neuropolitischen Manifestes, wird die reine literarische Fiktion, durch ein Experiment mit den verschiedenen Dimensionen und Qualitäten der Wirklichkeit ersetzt. Es geht dabei nicht nur um die Belebung einzelner toter Gegenstände oder auch Wesen, sondern um die Erschaffung einer kompletten, bis in das letzte Detail hin, ersonnenen und imaginierten Welt. Der eigentliche Schlüßel zu der Idee und der Magie dieses Vorhabens liegt in dem Werk J. L. Borges verborgen. Speziell Borge's Miniutopie " Tlön,
Uqbar, Orbis Tertius", sowie das Werk Silas Haslam's ( 1804 - 1865 ) " Die Architekten von Zürn " und "Der Pavillion der vergessen Utopien " sind die eigentlichen geistigen Ziehväter des Neuropolitischen Manifestes.

Dieses Buch arbeitet mit der Vorstellung, daß die Zeit und ihre verschiedenen Qualitäten nicht in einer ständig konstanten Abfolge von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abläuft und vergeht, sondern diese in einer Art multiplen Mehrdimensionalität von Vergangenheiten, Gegenwarten und Zukünften, parallel ständig gleichwertig nebeneinander existieren. Genauso wie die Zeit, so ist auch der Raum in seinen verschiedenen zeitlichen Aspekten, schon heute im hier und jetzt quasie existent.
Genauso wie die mittelalterlichen Alchemisten das Geistige im Wandlungsprozeß aus der Materie herausdestillierten, so kann mit der richtigen Methodik nicht nur die geistige, sondern auch die materielle Realität des utopischen Ideals, aus dieser unsere Gegenwart herausgefiltert werden.

Hiermit möchte ich nun eine praktische Anleitung geben, die es ermöglicht durch den Akt bloßer Meditation und Imagination, eine neue Realität im Hier und Jetzt entstehen lassen zu können. Wir beginnen mit einer ziemlich einfachen Übung. Einem Beispiel, das einem im Verhältnis zur späteren Aufgabenstellung, keine besonderen imaginierenden Fähigkeiten abringt. Stellen sie sich nun einen bestimmten Gegenstand vor. Beispielsweise eine Münze. Sie können sie sich aus einem Katalog heraussuchen und den Schwierigkeitsgrad dadurch erhöhen, daß diese Münze einen gewissen Seltenheitswert besitzt. Für eventuelle Zweifler an der Wirklichkeit der Durch-führung, sowie den späteren Resultaten dieses Versuches, besteht nun noch die Möglichkeit den Schwierigkeitsgrad ins scheinbar unermeßliche dadurch zu erhöhen, daß sie sich eine Münze vorstellen die vielleicht noch gar nicht existiert. Aber im Prinzip macht dieser Umstand für die weitere Durchführung unseres Experimentes keinen Unterschied.
Beginnen sie nun damit, sich diese Münze in ihrem Gedächtnis fest einzuprägen. Tragen sie nun, natürlich nur soweit dies ihre kostbare Zeit erlaubt, das Bild dieser Münze am Tage vor ihrem geistigen Auge schwanger. In der Nacht fordern sie sich dazu auf diese Münze zu träumen. Nacht für Nacht. Versuchen sie mehr über diese Münze in Erfahrung zu bringe. Ihre Geschichte, oder beispielsweise ihre materielle Zusammensetzung. Stellen sie sich den speziellen Klang vor wenn sie zu Boden fällt.
Falls sie sich in ihrem experiementellen Hochmut eine Münze ausgewählt haben sollten, die eigentlich noch gar nicht existiert, so haben sie nur ein klein wenig Geduld. Sie werden auch zu diesem Exemplar die passende Literatur finden. Aber bemühen sie sich nicht in einer gängigen Buchhandlung danach zu fragen, sondern suchen sie Orte auf, an denen man literarische Hinweise auf ihre Münze gemeinhin nicht vermuten würde. Sie könnten sich beispielsweise Information über die Herkunft jedes einzelnen Exemplares besorgen und die Personen aufsuchen die sie schon einmal in den Händen hielten. Malen sie diese Münze in verschieden Stilvariationen, sowie allen erdenklichen Perspektiven auf jedes mögliche Material. Um noch weiter gehen zu können, bemühen sie sich beispielsweise den exellenten Malstil des großen französischen Stillebenmalers Jean-Baptiste-Simeon Chardin zu erlernen.
Versuchen sie nicht nur wie Chardin zu malen, sondern versuchen sie wie Chardin zu sein. Leben sie wir er gelebt hat – leben sie bescheiden. Nur für Ihre Kunst.
Wenn sie meinen so weit zu sein, es kann sich vielleicht um einige Jahre ihres kostbaren Lebens handeln, dann nehmen sie sich irgendein Gemälde Chardins, beispielsweise das " Stilleben mit Porzellankanne " von 1763, und beginnen nun dieses exakt zu kopieren. Vergessen sie dabei bitte nicht ihre Münze einzusetzen. Vielleicht neben dem aufgesprungenen Granatapfel und den hellen Trauben, dort fällt das Licht des Raumes besonders schön. Wenn sie fertig sind, dann gehen sie in den Louvre und schauen nach, ob mittlerweile ihre Münze sich auch im Original von Chardin einen Platz verschafft hat. Falls nicht, machen sie sich bitte wieder ran an ihr Werk und versuchen es gleich nocheinmal. Falls aber der Fall eingetreten sein sollte, das diese ihre Münze sich wirklich an dem Platz befindet wo sie sie in ihr Bild hineingemalt haben, dann haben sie es geschafft der existentiellen Realität dieses Universum und eines seiner kunsthistorisch, verankerten Protagonisten ( in diesem Falle Chardin ) ihren speziellen, existentiellen Realitätsstempel aufzu-drücken. Für Zweifler an diesem Experiment wäre es jetzt angebracht kunsthistorische Kataloge in aller Welt zu wälzen um nachzuschauen ob diese Münze sich wirklich auch dort und auch in allen repliken Darstellungen niedergeschlagen hat. Falls nicht. Haben sie Geduld. Es dauert ein wenig.
Dieser spezielle und sicherlich sehr aufwendige Teil des Experimentes, ist natürlich nur im Falle von noch nicht existenten Objekten anzuwenden. Für schon existente, aber vielleicht seltene Objekte, gilt natürlich der vorher beschriebene Versuchsweg. Was trotz alledem beide Zielobjekte prinzipiell miteinander verbindet, ist die Tatsache, daß es darum geht fortan sein ganzes Leben der möglichen Existenz dieser Münze, oder auch eines anderen Objektes zu widmen, um sie letztendlich eines Tages vor sich liegen zu sehen.
Dies ist noch ein ziemlich einfaches Beispiel, denn ein Skeptiker könnte behaupten, daß es sich dabei nur um einen neurologischen Trick handelt. Wobei man durch das Eindämmen bestimmter Möglichkeiten und das gleichzeitige Aufbauen einer speziellen Vorstellung ( Münze ) eben auf die Möglichkeiten so eine Münze zu finden besonders achtet, wohin gegen jemand anderes an dieser wieder achtlos vorbeilaufen würde. Nur erhöht sich auch mit dem Grade der Seltenheit die Wahrscheinlichkeit diese jemals zu finden. Eine seltene Münze zu finden ( ohne zu suchen ) bedarf schon ein wenig mehr geistiger Investition und Beharrlichkeit, als ein
gängiges Geldstück. Aber wie verhält es sich nun mit einer Münze die nirgendwo verzeichnet ist, die scheinbar nicht existiert, aber doch irgendwie eine Spur in unserem Gedächtnis hinterlassen hat. Wenn der Seltenheitswert dieser Münze bei Null liegt, so muß auch die Wahrscheinlichkeit diese jemals in die Hände zu bekommen bei Null liegen. So scheint es fast. Ich glaube das dieser scheinbar bekümmernswerte Umstand, auf die eigentliche Zielvorstellung gesehen, nur wenig Unterschiede macht. Es ändert sich letztlich nur
die Intensität unserer geistigen Investition auf das materielle Objekt, und setzt voraus das wir diese geistige Investition in das
" Prinzip der totalen Identifikation " umwandeln müssen. Ähnlich wie es Borges seinem Protagonisten im " Pierre Menard, Autor des Quijote " geschehen läßt, der versucht auf eine sehr spezielle Art und Weise Miguel de Cervantes zu sein, um letztlich so zur Fähigkeit des Schreiben des Ouijote zu gelangen. Dieses Prinzip ist nichts anderes als die Projektion psychischer Inhalte in den zu bearbeitenden Stoff, so wie es die Alchemisten schon praktizierten. Es gilt also, im Gegensatz zur bloßen geistigen Investition, die sogenannte Prima Materia, den Klumpen Lehm, oder das Stück Blei, oder besser gesagt einen exbeliebigen Gegenstand unserer Realität, mit der bloßen Imagination und Identifikation zu bearbeiten, um diesen letztendlich umzuwandeln ( transmutieren ). Dieser Vorgang ist ein Überbrückungskabel ( kanal ) in eine andere, parallele Realität, in der eben speziell solche Münzen und utopische Ideale, als Alternativmög-lichkeiten zu unserer Wirklichkeit schon längst existieren. Ich schlage dabei den von Lars Gustafsson vorgeschlagenen, philosophischen Pfad ein, der in seiner Nachbetrachtung zum Werk Borges zu verstehen gibt, daß es eigentlich eine ziemlich totalitäre Forderung sei, zu behaupten das sich alle Menschen in derselben Welt befinden würden. Ich schlage diesen philosophische Pfad deshalb ein, um mir später meine eigene Abzweigung zu suchen, auf der ich dann ergänzend behaupten, daß es vermessen wäre zu glauben, daß alle Objekte und Welten unserer Imaginationen und Träume sich in unantastbaren, verschiedenen Realitäten befinden würden, sondern diese sich eventuell schon in verborgenen Nischen unserer Welt aufhalten, um von dort aus von uns abgerufen zu werden.
Wenn nach neuesten astrophysikalischen Erkenntnissen, das für uns sichtbare Universum, quantenphysikalisch, eine mehrdimensionale Realität besitzt, man also von unentdeckten, scheinbar nur erahnungswürdigen Nischen im Raum spricht, warum denn nicht auch diese Sichtweise auf unsere geozentrische Realität übertragen. Diese Vorstellung ist weniger eine Aufforderung an unseren Verstand und unsere Vernunft, als vielmehr der Versuch zur Beflügelung unserer Phantasie.
Das dabei auch eine verunglückte Form dieser Art geistigen Experimentes entstehen kann, zeigt uns sehr schön Silas Haslams schon erwähnte Erzählung " Die Architeken von Zürn ." In dieser Quasieutopie verfällt ein Gefangener der Bastille, in den Tagen vor der Französischen Revolution, durch die Inhaftierungsbedingungen in ein Stadium totaler Isolation. Er kann sich eigentlich nur dadurch am Leben erhalten und seinen Geist wach halten, weil er sich in der Dunkelheit seiner Zelle eine andere Realität und ihre dazugehörige Welt, die er " Zürn " nennt, in ihrer ganzen Konsequenz geistig vor sich aufbaut. In den Boden, den Wänden und sogar der Decke seiner Zelle, ritzt er in einem nie dagewesenem Akt der Entbehrung, die Geschichte Zürn's ein. Selbst die Tage der Befreiung der Bastille, hätten für ihn keine Erlösung geboten, wenn nicht ein gewisser Hauptmann Pavell Zürninskie ihn aus diesem vollkommen abgeschiedenen Teil der Festung befreit hätte. Somit hatte er die ganzen Jahre seiner Inhaftierung mit nichts anderem zugebracht, als seine ganzen Wünsche und Hoffnungen auf den Moment seiner Befreiung und der damit zusammengehörenden Person des Hauptmannes, zu projezieren. Pavell Zürninskie ist für ihn der Inbegriff, das Tor zu einer neuen Welt, zu einem neuen Leben.
Die Wirklichkeit der Magie dieses Vorhabens, beweist uns die merkwürdige Koexistenz der beiden Namen " Zürn und Zürninskie ". Es ist somit irgendwie unsere Gewissheit, daß er mit seinem Wunsch und Traumreliefs, mit dieser magischen Anrufung einer anderen Realität, nur um einige Nuancen unsere Welt verfehlt hat. Aber wer weiß, vielleicht existiert Zürn als ein seltsames, phantastisches Gemälde unter einem Haufen Gerümpel, im Keller des Hauses des Hauptmannes, vielleicht als eine unbekannte Numerologie auf dem Ziffernblatt seiner Taschenuhr, oder sogar als ein Buch mit dem Titel " Die Architekten von Zürn "; hoch oben in dem letzten Winkel seiner Bibliothek. Wer weiß ?

Dieser kleine Abstecher in die literaturspezifische Geschichte des magischen Realismus, zeigt uns für unser Vorhaben sehr schön, daß diese verborgene Disziplin, wenn auch nur in einem kleinen Kreise, schon im vergangenem Jahrhundert bekannt war.
Um uns unserer eigentlichen Grundthematik und der damit verbun-denen Aufgabenstellung wieder zuwenden zu können, müßen wir nun zwei grundsätzliche Kategorien voneinander unterscheiden.
Das wäre als erstes der Bereich der KREATION. Unter diesem Begriff fassen wir letztlich alle Faktoren zusammen, die es uns ermöglichen werden, ein bis in das kleinste Detail hin ausdifferenziertes Bild einer utopischen Wirklichkeit enstehen lassen zu können. Die Menschen und ihre dazugehörigen Geschichten, die Dinge die sie denken und empfinden und das Gesellschaftsbild, das sie aus ihrer Mitte heraus entstehen lassen. Die Geschichte der Dinge die sie schmecken, hören, sehen und unter ihren Fingern fühlen. Das Bild dieser Wirklichkeit, wird nun in seiner sprachlichen Ausdrucksform keinen Zweifel daran lassen, das es die darin beschriebene Welt schon längst gibt, und sie durch dieses Buch eigentlich nur noch kommentiert wird. Die Kategorie der Kreation wird also in diesem Zusammenhang durch Nova Utopia, also das Buch selbst, definiert.
Die zweite, und letztlich alles entscheidene Kategorie, ist die der REALISATION. Alles was in ihr geschieht wird in diesem Vorwort beschrieben.
Es gibt keinen direkten Hinweis innerhalb der Kategorie des Buches auf den dort stattfindenden Prozeß. Mit der Sprache der Alchemisten betrachtet, wäre demnach das Buch selbst mit der Prima Materia vergleichbar, während alles was mit dessen Anwendung zu tun hat unter das " Große Werk " fällt, also die Veredelung des unbelebten Gegenstandes beinhaltet. Wie dieses" Magnum Opus " der Alchemisten, und der damit verbundene Wandlungsprozeß setzt sich nun auch die Kategorie der Kreation aus vier verschiedenem Prozeßstufen zusammen. Aber beginnen wir der Reihe nach.

wird demnächst fortgesetzt:
1. Die Auslöschung jeglichen Zweifels
 

sechsplusneungleichacht

Geheimer Meister
30. Juni 2003
324
Woppadaq schrieb:
Das Erfurter Massaker ist ein gutes Beispiel dafür. Wir werden in den nächsten Jahren mit Sicherheit gehäuft immer wieder solche Berichte in den Medien zu hören bekommen, wo von Menschen berichtet wird deren Handlungen ihrer eigentlichen Charakterstruktur zuwiderläuft.

Bist du sicher, daß das Attentat von Erfurt Steinhäusers Charakterstruktur zuwiderläuft ?

Amokläufe hat es früher auch gegeben, und auch in nicht-problembehafteten Familien. Ich glaube nicht, daß das Massaker von Erfurt eine Folge der VR ist.

Ich bin nicht mal sicher ob der Steinhäuser das überhaupt war !
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
2.Teil

1. Die Auslöschung jeglichen Zweifels

Die Auslöschung jeglichen Zweifels bedeutet gleichzeitig die konkrete Anwendung eines absoluten Glaubens. Eines Glaubens, der nicht unter den Zwang stand sich aus der Notwendigkeit eines desorientierten Zustandes zu konstituieren, sondern der seine ihm eigengesetzmäßige Realität aus der absoluten Gewißheit eines freien Geistes ableitet. Für den Bruchteil einer Sekunde deutet sich hier die Flucht in einen idealisierten Ichzustand an.
Nur die Überwindung der eigenen Grenzen des Zweifels, verhilft uns den nächsten Schritt zu gehen, und somit die eigene Gewißheit zu der Gewißheit der Anderen werden zu lassen. Die Dinge die einen charakterisieren und prägen, aus den Kerker der eigenen Gedanke an das gleißend helle Tageslicht treten zu lassen, um beispielsweise damit eine zweite Person einzubeziehen.
Wenn sie ein Stein sein wollen, dann glauben sie es nicht nur für sich, sondern überzeugen sie auch ihre Mitmenschen davon. Aber vorher müßen sie der Überzeugung sein, daß es eigentlich nicht von besonderer gesellschaftlicher Gewichtigkeit und Relevanz ist, warum sie ein Stein sein wollen. Das soll heißen, schreiben sie sich die Rolle zu die sie für sich am wichtigsten halten, und nicht die eventuell jemand anderes für sie vorgesehen hat, oder die man in ihnen zu sehen glaubt. Reden sie nicht nur über ihr faszinierendes Dasein als Stein, sondern strahlen sie den kristallisierten Zustand einer übersättigten, wäßrigen Schmelzlösung in voller Überzeugung aus. Und denken sie immer daran, daß es nicht wichtig ist ob man sie in dem Verhältnis was man als gesellschaftlich normal bezeichnet, eventuell für verrückt und somit für die Gemeinschaft ungeeignet hält. Wenn sie also nicht nur diese Rolle spielen, sondern einen Zustand überzeugend für sich und alle anderen verkörpern, dann wird auch diese Reaktion ausbleiben. Hier hört zumindest, das vereinfachte Beispiel eines Steines auf, denn es fehlt ihm die verallgemeinernde Relevanz, um es für eine große Gruppe von Menschen, oder sogar alle Menschen, übertragbar zu machen.
Die Auslöschung jeglichen Zweifels beinhaltet nicht die totale Negation der möglichen kritischen Haltung einer oder mehrer different ausgerichteter Personen, sondern muß gleichzeitig Gradmesser sein für die fehlende intensive Ausrichtung der eigenen Person. Es gilt hier also nicht, sich fanatisch der Welt gegenüber abzuschotten, sondern sich ihr sperrangelweit zu öffnen und ohne Zweifel gegenüber den eigenen Absichten entgegenzutreten.
Die erste Prozeßstufe des großen Werkes setzt primär noch keine unbedingte Handlung voraus, sondern bereitet lediglich den geistigen Rückhalt für den nächsten Schritt vor.

wird fortgesetzt mit:
2. Das Prinzip der totalen Identifikation
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
3.Teil

2. Das Prinzip der totalen Identifikation

Über dieses Prinzip, dessen direkte Anwendung, sowie seine literaturgeschichtlichen Abstammungslinien, habe ich schon Eingangs berichtet. Hier soll nun an dieser Stelle ein weiterer wichtiger Sachverhalt eingefügt werden. Es ist das wichtige Bindeglied zwischen Fiktion und Wirklichkeit, den ich als Konkretisierungshintergrund bezeichnen möchte. Es sind die Faktoren, die sich von unserer materiellen Wirklichkeit aus, in eine fiktive, utopisch idealisierte Vorstellung ableiten lassen müßen.
Nehmen wir einmal an, jemand bemüht sich durch den Akt der totalen
Identifikation, das Werk der Schriftstellerin Margaret Mitchell
( Vom Winde verweht) aus der reinen literarischen Fiktion in unsere Wirklichkeit münden zu lassen. In diesem Falle wäre der kulturpara-digmatische Konkretisierungshintergrund als so schwindend gering zu bezeichnen, als das es möglich wäre diese Welt der Fiktion, mit der unserer Wirklichkeit einzutauschen. Der konkrete soziokulturelle sowie historische Hintergrund dieser Geschichte, könnte in unserer Zeit, mit seinen artspezifischen Faktoren keine bleibend, prägenden Konstanten ausbilden; da sich unsere Geschichte, trotz allen Kulturpessimismus und romantischer Verklärung, nicht um 200 Jahre zurückentwickeln würde. Von daher hätte der Akt einer solchen geistigen Investition, für das sich herauskristallisierende Produkt, nur ein Nischendasein in unsere Welt zur Folge. Vielleicht als ein großartiges, von vielen Menschen gelesenes Buch; oder in seiner erweiterten Form als Film, der somit noch mehr Menschen zu erreichen vermag.
Als äquivalentes Gegenbeispiel wäre demnach das 1995 in die Kinos gekommene Werk des Horrorspezialisten John Carpenter," Die Mächte des Wahnsinns" zu nennen. Mal abgesehen von der genretypischen Machart dieses Filmes, seinem ästethischen Wert, und seiner filmsprachlichen Umsetzung, ist er trotzdem ein hervorragendes Stück, zeitgenössischer, filmischer Erzählkunst. Er führt in seinem Plot, ein mächtiges philosophisches, sowie metaphysisches Gepäckstück mit sich herum. Darin läßt der Horrorautor Sutter Cane, durch eben einen absoluten Glauben an die eigenspezifische Realität seines Buches, diese Welt und deren darin enthaltene Handlung, nach und nach in unserer Wirklichkeit auferstehen. Es ist in seiner spezifischen Ausgestaltung, eine Welt antiontologischer Dimension, da in ihr ein postapokalyptisches Endzeitszenario entworfen wird, in denen außerhalb unserer physikalisch, thermischen Gesetzmäßigkeiten, allerlei Wesen prä-lovecraftscher Prägung ihr Unwesen treiben. Der Konkretisierungshintergrund auf den Cane dabei trifft, ist der einer zutiefst verunsicherten, verängstigten sowie leicht verführbaren Gesellschaft; die in hingebungsvoller Erwartung an "das Ende" genügend Konstanten ausgeprägt hat, an denen wiederum Cane mit seiner apokalyptischen Fiktion anknüpfen kann. Während Cane hierbei nur eine destruktive Version einer möglichen Zukunft der Menschheit entwirft, soll es uns weiter an einer konstruktiven Alternative zu unserer Welt gelegen sein. Letztlich unterscheiden sich hierbei unsere Mittel zur Erstellung des Werkes, in nur geringer Weise von denen Sutter Canes. Genauso wie dieser, verwenden wir die Ansammlung von Wörtern zu einem Buch, als den Verbindungskanal in eine andere Welt. Wie er verwen-den wir die Kraft eines absoluten Glaubens und seiner daraus resultierenden Gewißheit, vor dem Hintergrund eines angewandten, spezifischen Wissens der Mystiker und Kleriker des Abendlandes; die sich alle über diesen Sachverhalt im Klaren waren. Und genauso wie Cane versenken wir uns durch die totale Identifikation in das Werk, und bestellen so das irdische Feld der unberührten Zukunft mit unseren Träumen und Imaginationen.

es geht weiter mit:
3. Die Errichtung eines Gravitationszentrums
 

innerdatasun

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19. Juli 2002
842
Teil 4:


3. Die Errichtung eines Gravitationszentrums


Während die beiden vorhergehenden Phasen, in der alchemistischen Tradition vergleichbar wären mit der Erschaffung und Entstehung eines homunkulischen Wesens, sowohl seiner Belebung innerhalb des zu destillierenden, von der Außenwelt hermetisch abgeschloßenen Gefäßes; so geht es in der nun stattfindenden Phase des Prozeßes, um dessen Entlassung in unsere materielle Wirklichkeit. Der Vergleich zwischen den Alchemisten des 16.- 17. Jahrhundert und der heutigen präalchemistischen Tradition beginnen allerdings zu hinken, wenn wir uns zu sehr auf die einzelnen Handlungen stützen. Das Muster der einzelnen Phasen, sowohl deren Zielvorstellung, ist hingegen gleich geblieben. Eines dieser Muster wäre die Entlassung des lebendigen, homunculischen Körpers, also des fiktiven Entwurfes, aus der Hermetik des Buches. Das Buch hat somit dieselbe Tradition wie die des Gefäßes im Labor des Alchemisten; wobei die Identifikation mit dem fiktiven, literarischen Entwurf, durch den flammenden Geist der Imagination, der Anfeuerung des Gefäßes und der Destillierung des Stoffes gleicht. Wenden wir uns jetzt wieder dem zeitgenössischem Beispiel des Alchemisten Sutter Cane zu, der im übrigen, da ich ja keine Vergleich scheue, starke Verwandschaft hat mit der schwarzen Seele der Alchemisten, dem Fälscher, Geistseher und Gelegenheitsbetrüger Edward Kelley.
Auch Cane schafft sich, von einem charakteristischen Ort aus, den er Hobs End nennt, einen Ausgangspunkt von dem aus er sämtliche seinem Werk spezifischen Elemente, also Menschen, Orte und Gegenstände in unsere Wirklichkeit einfließen läßt.
Hobs End ist dabei nichts anderes als das hermetisch, geschlossene Gefäß, in denen seine erweckten, homunculischen Wesen und Gegenstände, auf ihre Entlassung in unsere Welt warten. Es ist ein Ort an dem besonders starke Gravitationsverhältnisse herrschen, und an dem, durch dieses spezifische Schwerkraftfeld, alle charakteristische Elemente seines Buches in unsere Welt einfließen können. Dieses Kraftfeld baut sich vor allen aus der vorherigen, konsequenten Ausdifferenzierung des Ortes Hobs End aus. Alle seinen Werke, die er vor den" Mächten des Wahnsinns "schrieb, hatten daher nur ein Ziel, diesen Ort in seiner charaktristischen Eigenart zu beschreiben und somit als Gravitationsfeld vorzubereiten. Cane erhält die Dynamik dieses Ortes einzig und allein durch die intensive Kraft seines Willens, sowie den wechselnden Grad der Identifikation auf die Objekte oder Wesen, die sich in unserer Welt in ihrer eigenen Realität aufrichten wollen.

Wir sind jetzt soweit, die Extraktion der fiktiven Essenzen, also die Auslaugung und Auspressung einer utopischen Welt, vollziehen zu können. Die Dinge sind nun innerhalb einer hermetisch abgeschlossenen Wirklichkeit genauso real und existent wie wir es sind. Alles ist vorbereitet. Die Dinge hinter dem Tor stehen bereit, sowohl das Tor selbst als Gravitationszentrum in eine andere Welt wurde aufgerichtet. Nur eine winzige, aber sehr entscheidende Kleinigkeit fehlt noch.

demnächst weiter mit:
4. Die Erschaffung eines Duplikates
 

innerdatasun

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19. Juli 2002
842
Teil 5

4. Die Erschaffung eines Duplikates

In "Die Mächte des Wahnsinns "bemächtigt sich Cane des Willens von John Trent, eines Versicherungsagenten. Dieser ist das genaue Duplikat zu der Hauptfigur des Romanes, sowie sich die existentielle Wirklichkeit später als ein billiger Abklatsch des Romanes erweist. Cane benötigt, genauso wie wir, neben sich selbst als entscheiden- den Faktor und dem Buch, eine dritte Anziehungsquelle. Diese dritte Quelle kann sowohl ein Mensch, als auch unter gewissen Umständen ein Gegenstand sein.
Auf jeden Fall muß sich die materielle Existenz dieses Objektes auf unsere Welt beziehen, um somit einen konkreteren, dieseitigeren Bezugspunkt entstehen zu lassen, als es die aus der Sache heraus bedingte Identifikation mit den zu bearbeitenden Stoff es je erlauben würde. Erst so bildet sich das" Trigneum Igneum", das feurige Dreieck aus dem Welten entstehen können.
Trent ist allerdings eine ganze Zeit lang ein ziemlich unwilliger Bezugspunkt, der sich mit Händen und Füßen gegen den drohenden Zusammenbruch seiner Vorstellung von existentieller Realität wehrt. Das sich ständige zur Wehr setzen und Leugnen, von Seiten Trent's aus, ist allerdings für Cane, da es sich bei dieser Reaktion auch um eine besondere Form der Identifikation handelt, ein geeigneter, energetischer Bezugspunkt.
Die Idee ( Buch ) wird somit, wie während des alchemischen Wandlungsprozeßes durch den Artifex ( Künstler ), also in unserem Falle Cane, in den zu bearbeitenden Stoff ( Trent ) projiziert. Das Ergebnis daraus, wird in der Sprache der Alchemisten, als die " Materia Prima " bezeichnet. Sie ist die Quintessenz eines jeden schöpferischen Aktes; also nicht der Lehm aus dem beispielsweise der Golem geschaffen wurde, sondern die Summe dessen - sein lebendiger Leib.
Für uns, in unserem konkreten Falle, bedeutet dies, daß wir uns ein geeignetes Medium suchen, um den letzten entscheidenden Schritt zu vollziehen. Das Material das es hierbei zu bestellen gilt, muß bei unserem Vorhaben auf jeden Fall ein Mensch sein, kann aber auch zusätzlich einen Gegenstand beinhalten der eine konkrete Rolle innerhalb des fiktiven Entwurfes spielt. Entscheidend ist nur, daß beide Medien bis zu einer gewissen Phase des Prozeßes genügend natürliche Widerstandskräfte gegen unser Vorhaben entwickeln. Da sich alles in der ontologischen Terminologie dieses Universums, auf sowohl abstoßende als auch anziehende, magnetische Kräfte beruft, ist es entscheidend, daß wir ein ausreichendes Gegenenergiespektrum aufbauen. Durch die natürlichen Widerstandskräfte des Geistes, der sich gegen das nicht selbst aus sich hervorgerufene, schöpferische Suggerat sperrt, ist es erst möglich, daß sich ein Antischwerkraftfeld bildet, in dem sich dann das Substantielle des Entwurfes, durch die anziehnden Kräfte einer Art Gegenidentifikation, ausbreitet.
Wenn sich beispielsweise John Trent, mit Händen und Füßen gegen den sich ausbreitenden Wahn einer durch den Autoren Sutter Cane hervorgerufenen Wirklichkeit wehrt, so begünstigt das die Sache nur weiter, als das es sie beeinträchtigt.
Es genügt also schon die bloße Auseinandersetzung um den Prozeß weiter in Bewegung zu halten. Da ja Trent das Buch selber nicht geschrieben hat, also der Stoff nicht aus ihm ist, gelingt dessen Aufnahme und inhaltliche Verarbeitung nur durch die prinzipielle Verneinung. In ihrer Substantialität entwickeln deshalb anziehende als auch abstoßende Kräfte, dasselbe Energiemuster. Das alche-mische Experiment, das der Arzt Viktor Frankenstein, in Mary Shelleye's Novelle vollzieht, muß scheitern, da er sein Wesen aus herkömmlichen Material formt. Die fleischliche Substanz, des aus einzelnen Leichenteilen zusammengesetzten Körpers, entwickelt in seiner Materialität zwar genügend Kräfte um zum Leben erweckt zu werden, setzt aber seine natürlichen Widerstandskräfte gegen seinen Schöpfer ein, als sie zur Transformation, also Weiterentwicklung in sich selbst anzuwenden. Dieses liegt auch gar nicht in der Anlage der Kreatur, da sein Schöpfer es versäumt hat ihm einen Namen zu geben mit dem es sich identifizieren könnte.
In der jüdisch-mittelalterlichen Erzählung um den Golem, wird durch die magischen Künste des Rabbi Löw eine Lehmstatue zum Leben erweckt. Das Material, also der Lehm, ist eigentlich der körperlichen Substanz eines lebenden Wesens genau entgegengerichtet, und entwickelt gerade deshalb genügend natürliche Widerstandskräfte; wiederum die Analogie des Lehmes zur Erde dafür sorgt, daß diese Kräfte daraufhin in eine konstruktiven Prozeß münden können.
Nur in der Dualität der natürlichen Widerstandskräfte, zwischen allem lebenden und dem Willen der Welt, können wir uns selbst erkennen. Alles was ein ungeborenes Kind im Mutterleib von der Welt dort draußen versprochen bekommt, erfüllt sich gerade deswegen nicht, weil es gerade durch den Gegensatz und die Widerstandskräfte dieser Welt sich zum ersten Mal selbst erfährt. Demzufolge braucht auch der Entwurf zu einer fiktiven Welt, die in ihren Anlagen Wirklichkeit verspricht, das sinnliche Erfahren der natürlichen Widerstandskräfte dieser Welt, um sich letztendlich selbst erkennen und somit auch selbst verwirklichen zu können.
Den ersten entscheidenden Schritt gehen wir, in dem wir eine absolut geschlossene und einheitliche Welt, von gerade zu luizider Intelligenz, demonstrieren. Die Auflösung dieses Perpetum Mobiles gelingt uns nur dann, wenn wir die Einheitlichkeit und Originärität dieser Welt auch nach Außen hin aufrecht erhalten können. Das kann soweit gehen, daß wir uns zwar noch in dieser Welt bewegen, aber nicht mehr von dieser Welt sind.

wird fortgesetzt
 

innerdatasun

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19. Juli 2002
842
Teil 6:

Die beiden großen, geistigen Ziehväter dieses phantastischen Vorhabens, Lem für den Kreationsentwurf und Borges für den Realisatonsentwurf die sich verantwortlich zeigen, treffen beide in Lem's Nachwort zu Borges Erzählungsband wieder aufeinander. In dieser " Unitas Oppositorum " klärt uns Lem darüber auf, das es zwischen einer fiktiven ( d. h. nie ernst zu nehmenden ) Ontologie, und einer reellen ( historisch gesicherten ), prinzipiell keinen Unterschied gibt; da die Eine sich von der Anderen nur deshalb unterscheidet, weil beispielsweise Schopenhauers Auslegung von der " Welt als Wille", uns von ihm als ontologische Doktrin mit, dem nötigen assertorischen Zusatz präsentiert wurde. Sie also deshalb nur kulturhistorisch von uns anerkannt wurde, weil sie sich durch ihren konsequenten Behauptungsdrang von jeglicher phantastischen Literatur unterschied.
Hätte diese Auslegung von der Welt, mit den literarische Mitteln eines Autoren Namens Borges stattgefunden, so wäre dieser Entwurf nie in die historischen Schatzkammern menschlichen Gedankenguts eingegangen, sondern müßte jetzt als phantstische Literatur irgendwo in den Nischen unserer Wirklichkeit Platz zu nehmen. Genauso wie Borges hält sich" Nova Utopia und das Neuropolitisch Manifest " an die streng von der menschlichen Kulturgeschichte überlieferten Ausgangs-Axiomatik, und verstößt somit nie gegen ihre Syntax.
Die Analyse, die Lem in der" Unitas Oppositorum" ( die Einheit sich ausschließender Gegensätze ) vollzieht, wollen wir somit auch auf „das Neuropolitische Manifest" anwenden. Er stellt dabei fest, daß die Verwirklichung seiner ( Borges ) syntaktischen, also kombi-natiorischen Operationen, vom rein logischen Standpunkt aus vollkommen in Ordnung gehen, nur wurden diese aus extralogischen Gründen nie im Ernst ausprobiert.
Wir dagegen wollen nun dieses phantastische, ontologische Experiment, mit Fiktion und Wirklichkeit " ausprobieren ", wodurch die empirische Welt der konkreten, materiellen Realität uns nur noch als bloße Idee erscheint - eine allmählich verblassende Erinnerung.
Borges und die Söhne seiner geistig, metaphysischen Erziehung sind durch ihre fiktiven Entwürfe von alternativen Realitäten, mögen sie auch noch so phantastisch anmutend wirken, näher an unserer existentiellen Realität als es vor ihnen jemals ein Morus, Campanella, Bacon oder auch Marx in ihren Entwürfen waren. Der dort darin praktizierte, zur existentiellen Doktrin erhobene Idealismus, ist weit davon entfernt das Chaos zu durchdringen. Dieses Chaos der Welt und dessen Gesetzmäßigkeit, wird dagegen bei uns zur festen, alles bestimmenden Disziplin erhoben.
Ich dagegen unterwerfe mich weiter der Einsicht eines minuziös, geordneten Planes, der nicht einer allgemein gültigen Vorstellung von dem was möglich ist und was nicht gehorcht, sondern als eine Anweisung zum phantastischen Leben zu verstehen ist. Eines Lebens, das auf die kleinsten Nuancen eines Einbruches unserer Wirklichkeit wartet; und sei es nur durch die plötzliche Existenz eines Gegenstandes den niemand kennt, und der auch nirgendswo verzeichnet ist, außer in einem seltsamen Buch mit den
Namen den wir ihm gegeben haben. Dann können wir, ähnlich wie der Erzähler in Borges " Tlön, Uqbar, Orbis Tertius " anschließend feststellen :
" Die Berührung und der Umgang mit Tlön haben diese unsere Welt zersetzt.........Man hat die Numismatik, die Arzneikunde, die Archäologie reformiert. Ich halte es für ausgemacht, daß die Biologie, und die Mathematik ebenfalls ihrer erneuerten Gestalt harren......Englisch, Französisch und sogar Spanisch werden dann von unserem Planeten verschwunden sein ". Somit können wir dann abschließend, wie auch Borges in seiner Utopie, feststellen:

"UND DIE WELT WIRD TLÖN SEIN "



"Es gibt keine Wahrheit, sondern nur Erstaunen"
( Jose A. Zapata )


Ende des Vorwortes
 

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