"Sehr einfache Entscheidungsmodelle"... und das sollen also keine Willensentscheidungen sein? Bzw. ganz andere? Grundverschieden?
Salve hives
Also wir dürften uns wohl darin einig sein, dass es schon eine fundamental andere Geschichte ist, ob man den kognitiven Vorgang betrachtet die Hand zur Faust zu ballen (ist höchstens auf einer "unteren" Ebene überhaubt ein kognitiver Vorgang) oder den Erkenntnisweg zu beschreiben, der nötg ist um den kategorischen Imperativ nicht nur intellektuell zu verstehen, sondern dann auch aus erarbeiteter Überzeugung zur Maxime seines Handelns zu machen.
Die "Lebensgeschichte" ist übrigens imho vollkommen irrelevant, ethische Normen werden nicht zuletzt in neurobiologischen Prozessen entwickelt und gespeichert, eine postulierte Instanz einer freien Entscheidung hätte davon imho höchstens beeiflussbar zu sein
So, so ethische Normen werden also in neurobiologischen Prozessen entwickelt und gespeichert. Nun immerhin steht da noch das "nicht zuletzt". Das ist imho ziemlich unlogisch. Konsequent zu Ende gedacht, müsste man ja dann davon ausgehen können, dass einmal erlernte ethische Normen aufgrund ihrer zellbiologischen Verankerung einigermassen veränderungsresistent zu sein hätten. Wie wir aber alle wissen und immer wieder beobachten können, sind sie das nicht. Gestern noch friedliche Nachbarn in Srebrenica und morgen schon sich gegenseitig niedermetzelnde, quälende, folternde Todfeinde. Heute noch liebevoller Ehemann, und morgen schon vor Eifersucht rasender Mörder. Und doch lässt sich davon nicht ableiten, dass alle Menschen unter den selben Voraussetzungen such gleich reagieren. Da spielt dann aber die Lebensgeschichte, die Ethik, die Moral, die Sittlichkeit, das Selbstverständis eine massive Rolle - wenn auch nicht immer dermassen voll bewusst. Dennoch kommt dann der Punkt knall ich meinen nervigen Nachbarn nun ab, nur weil ich es kann, oder eben nicht.
Die Frage nach den individuell unterschiedlichen in der Zellbiologie verankerten ethischen Normen wird dich nicht sonderlich weit bringen.
"Zitat:
Es geht also beim Libet-Experiment nicht darum zu entscheiden, ob eine Handlung durchgeführt wird oder nicht, sondern nur darum, zu welchem Zeitpunkt sie durchgeführt wird.
Das wirkt ein wenig konstruiert, wenn auch nicht falsch. Einen fundamentalen Unterschied, der vollkommen andere Mechanismen nahelegen würde, sehe ich da nicht.
Ist doch ein ziemlich fundamentaler Unterschied, und geht in die von mir formulierte Richtung: Im Hirn selber entstehen keine Gedanken, dort werden sie wahrgenommen. Also spielt die Frage des Zeitpunktes der Handlung, also der Weg schon eine gewisse Rolle. Im übrigen hat der Autor des Textes recht mit seiner Kritik. Da beim Experiment auf jeden Fall die Hand ausgestreckt werden sollte, ging es ja gar nie um die Wahl tun oder nicht tun.
Natürlich sind andere Mechanismen am Vorgang in weiterem Sinne beteiligt, wenn Emotionen stärker beteiligt sind. Ein Indiz für einen ganz anderen Mechanismus der freien Willensentscheidung kann ich jedoch nicht erkennen.
Du magst sie vielleicht nicht erkennen, gehst damit aber bereits weit über das hinaus, was Hirnforscher und Neurobiologen mit einem Mindestmass an Bescheidenheit selber zugeben: Sie wissen es nämlich schlicht nicht. Zu gross die Komplexität der Abläufe im Gehirn. Also wenn du das jetzt schon so dermassen luzid einschätzen kannst... Respekt!
Letztere wird vorbewußt getroffen, das ist schon richtig. Willst du dafür neben Gehirn und Bewußtsein eine dritte Instanz einführen, die eine vorbewußte Entscheidung trifft?
Auf einen vorbewußten freien Willen könnte ich übrigens verzichten, da reichen mir dann doch meine neurobiologischen Verarbeitungsmechanismen
Aha. Bist du dein Körper oder hast du einen Körper?
Und was stellt da deiner Meinung nach die Stationen ein?
Gute Frage. Womit wir dann beim Ich und beim Selbst wären.
Das ist es nicht allein - es beschränkt sich nicht auf einfache Reflexe. Ebenso können bestimmte Bilder und Vorstellungen in Versuchspersonen hervorgerufen werden.
Was für Bilder werden den hervorgerufen? Welche die bereits im Probanden verankert waren? Ganz neue Bilder? Hat man diese Tests je mit von Geburt auf blinden Menschen durchgeführt? Und mal angenommen, man könnte so simpel Bilder hervorrufen, welche vom Probanden dann auch als Realität angenommen würden. Welchen besseren Beweis gäbe es dann für die völlig illusionäre Wahrnehmung der "Realität"? (Gut, ich schweife vom Thema ab...)
Und wenn Frankenstein einen zusammengebastelten Menschen zum Denken bringt, was fehlt dann noch? Die Seele?
Faszinierende Frage. Die Frage ist jedoch imho weniger ob er ihn zum Denken bringt, zuerst muss er ihm Leben, also Bewusstsein einhauchen können. Was diese Fragen anbelangt kann es ganz erhellend sein, Frankenstein mal im Original zu lesen, und dabei auch Rabbi Loew und den Golem nicht zu vergessen. Und wiederum: Hat der Mensch nun eine Seele oder ist er eine Seele die eine menschliche Erfahrung macht?
Was macht den Menschen zu Menschen? Sind es die neurobiologischen Vorgänge oder die Ethik? Was unterscheidet den Menschen im Wachkoma von uns? Es sind kaum die Hirnströme. Und die Neurobiologie liefert auch keinerlei Aufschluss darüber, warum manche nach 30 Jahren wieder aufwachen oder wo sie in der Zwischenzeit waren.
Es ist jedenfalls schön, dass hier mal wieder jemand den freien Willen verteidigt
Was tut man nicht alles....
Nerwen