In New York erhält der italienische Regierungschef trotz seiner Mussolini-Bemerkungen von der jüdischen Organisation Anti-Defamation League einen Preis für seine Treue zu den USA und Israel
In New York treffen sich dieses Mal ungewöhnlich viele Regierungschefs, um während der UN-Vollversammlung über die Zukunft der internationalen Organisation und den Irak zu sprechen. US-Präsident Bush hat schon sein Ansinnen gestellt, dass die Staatengemeinschaft der USA beim Wiederaufbau stärker unterstützen sollte, der UN-Generalsekretär warnte vor der von der US-Regierung praktizierten Präventionsstrategie, die die Vereinten Nationen sprengen würde. Bush trifft sich mit Schröder. Auch der im Weißen Haus gerne gesehene italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat eine Rede gehalten und nimmt bei der Gelegenheit auch noch einen Preis entgegen, den er erhält, weil er sich aktiv gegen den Antisemitismus eingesetzt habe.
Berlusconi, der kurz zuvor im italienischen Fernsehen noch als Sänger auftrat, hielt sich bei seiner Rede ganz an seine Rolle als Inhaber der EU-Präsidentschaft. Er rief zur Stärkung der UN, des Sicherheitsrates und der internationalen Abkommen auf und bezeichnete den Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen als zwei der größten Bedrohungen für Frieden und Entwicklung. Entgegen der Präventionsstrategie betonte er, dass dann, wenn alle politischen und diplomatischen Mittel erschöpft seien, auch ein durch die UN legitimierter Rückgriff auf Gewalt nicht ausgeschlossen werden dürfe. Im Fall Irak hielt er sich diplomatisch zurück und vermied Minenfelder. Die UN spiele eine wichtige Rolle, eine neue Regierung müsse demokratisch gewählt werden, der Rat sei ein erster Schritt dazu. Er rief auch dazu auf, auf der Geberländerkonferenz in Madrid den Wiederaufbau zu unterstützen.
Weniger diplomatisch war Berlusconi, als er kürzlich - angeblich ein wenig beschwipst - behauptete, dass Mussolini niemanden getötet habe und man ihn deshalb auch nicht mit einem Diktator wie Hussein vergleichen könne: "Mussolini schickte die Leute nur auf Ferien, in ein Exil im Inland." Dass brachte dem Regierungschef wieder einmal viel Kritik ein. Er wurde als Apologet des Faschismus verurteilt. Aber nicht von einer amerikanischen Organisation, die ansonsten antisemitische Äußerungen und Nazi-Parolen geißelt. Berlusconi, der bereits einen deutschen Sozialdemokraten im Europaparlament als Lagerkommandanten beschimpft hatte ( Kaput Lager), für den die islamische Kultur der christlichen unterlegen ist ( Berlusconi will die Völker "okzidentalisieren und erobern") und der in seiner Regierung offen rassistisch sich artikulierende Mitglieder hat ( Mit Kanonenkugeln oder Internierung in "Regionalen Schutzzonen" außerhalb der EU), wird dennoch von der Anti-Defamation League ( ADL) mit dem "Distinguished Statesman Award" ausgezeichnet. Zuvor hatte Jacques Chirac, letztes Jahr Ariel Scharon ("Prime Minister Sharon is a patriot, statesman and, as President Bush said, a man of peace", so ADL-Direktor Foxman) den Preis erhalten.
Die ADL ist zwar eine ursprünglich jüdische Organisation, die gegen den Antisemitismus eintritt, sich aber auch gegen Rassismus, Extremismus und Diffamierung (hate crimes) von anderen Gruppen ausspricht. Trotz der Kritik an Berlusconi auch von jüdischer Seite wird der Preis an diesen vergeben, weil er sich so stark für Israel und die USA sowie gegen den Antisemitismus eingesetzt habe, erklärte der ADL-Direktor Abraham Foxman. Er fügte allerdings hinzu, dass er Berlusconi als Freund schätze, aber seine Bemerkungen verurteile. Zudem habe sich Berlusconi entschuldigt.
Gleichwohl dürfte nun das Ansehen der ADL - zur Jury für deren Preis gehören etwa Henry Kissinger, Rupert Murdoch oder Mortimer Zuckerman - Schaden erleiden, obgleich diese vor allem in Bezug auf Israel und die arabischen Staaten deutlich einseitig ist und war. Man darf gewissermaßen pro-faschistische Äußerungen machen - und dies auch noch als Regierungschef einer rechten Koalition -, wenn man nur hinreichend pro-israelisch auftritt (u.a. tritt Berlusconi für eine Mitgliedschaft Israels in der EU ein) und die US-Regierung bei ihrem Krieg im Irak und gegen den islamischen Terrorismus unterstützt.
In einem Leserbrief, der von der New York Times veröffentlicht wurde, protestierten die drei Nobelpreisträger Paul Samuelson, Franco Modigliani und Robert Solow sowie vier andere MIT-Professoren gegen die Preisverleihung. Sie sei "schockierend". Sie weisen darauf hin, dass Mussolini für den Tod vieler Opponenten, für die Einführung von Rassengesetzen und für die Deportation Tausender von Juden verantwortlich war. Berlusconi habe sich nur bei den italienischen Juden, aber nicht beim italienischen Volk für seine Bemerkungen entschuldigt: "Apparently, the A.D.L. is giving Mr. Berlusconi its award because of his support of Israel and of Prime Minister Ariel Sharon. But support of Israel should not be sufficient. In this case, it is bad for the Jews, bad for Italy, bad for the United States and even bad for Israel."
Quelle
In New York treffen sich dieses Mal ungewöhnlich viele Regierungschefs, um während der UN-Vollversammlung über die Zukunft der internationalen Organisation und den Irak zu sprechen. US-Präsident Bush hat schon sein Ansinnen gestellt, dass die Staatengemeinschaft der USA beim Wiederaufbau stärker unterstützen sollte, der UN-Generalsekretär warnte vor der von der US-Regierung praktizierten Präventionsstrategie, die die Vereinten Nationen sprengen würde. Bush trifft sich mit Schröder. Auch der im Weißen Haus gerne gesehene italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat eine Rede gehalten und nimmt bei der Gelegenheit auch noch einen Preis entgegen, den er erhält, weil er sich aktiv gegen den Antisemitismus eingesetzt habe.
Berlusconi, der kurz zuvor im italienischen Fernsehen noch als Sänger auftrat, hielt sich bei seiner Rede ganz an seine Rolle als Inhaber der EU-Präsidentschaft. Er rief zur Stärkung der UN, des Sicherheitsrates und der internationalen Abkommen auf und bezeichnete den Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen als zwei der größten Bedrohungen für Frieden und Entwicklung. Entgegen der Präventionsstrategie betonte er, dass dann, wenn alle politischen und diplomatischen Mittel erschöpft seien, auch ein durch die UN legitimierter Rückgriff auf Gewalt nicht ausgeschlossen werden dürfe. Im Fall Irak hielt er sich diplomatisch zurück und vermied Minenfelder. Die UN spiele eine wichtige Rolle, eine neue Regierung müsse demokratisch gewählt werden, der Rat sei ein erster Schritt dazu. Er rief auch dazu auf, auf der Geberländerkonferenz in Madrid den Wiederaufbau zu unterstützen.
Weniger diplomatisch war Berlusconi, als er kürzlich - angeblich ein wenig beschwipst - behauptete, dass Mussolini niemanden getötet habe und man ihn deshalb auch nicht mit einem Diktator wie Hussein vergleichen könne: "Mussolini schickte die Leute nur auf Ferien, in ein Exil im Inland." Dass brachte dem Regierungschef wieder einmal viel Kritik ein. Er wurde als Apologet des Faschismus verurteilt. Aber nicht von einer amerikanischen Organisation, die ansonsten antisemitische Äußerungen und Nazi-Parolen geißelt. Berlusconi, der bereits einen deutschen Sozialdemokraten im Europaparlament als Lagerkommandanten beschimpft hatte ( Kaput Lager), für den die islamische Kultur der christlichen unterlegen ist ( Berlusconi will die Völker "okzidentalisieren und erobern") und der in seiner Regierung offen rassistisch sich artikulierende Mitglieder hat ( Mit Kanonenkugeln oder Internierung in "Regionalen Schutzzonen" außerhalb der EU), wird dennoch von der Anti-Defamation League ( ADL) mit dem "Distinguished Statesman Award" ausgezeichnet. Zuvor hatte Jacques Chirac, letztes Jahr Ariel Scharon ("Prime Minister Sharon is a patriot, statesman and, as President Bush said, a man of peace", so ADL-Direktor Foxman) den Preis erhalten.
Die ADL ist zwar eine ursprünglich jüdische Organisation, die gegen den Antisemitismus eintritt, sich aber auch gegen Rassismus, Extremismus und Diffamierung (hate crimes) von anderen Gruppen ausspricht. Trotz der Kritik an Berlusconi auch von jüdischer Seite wird der Preis an diesen vergeben, weil er sich so stark für Israel und die USA sowie gegen den Antisemitismus eingesetzt habe, erklärte der ADL-Direktor Abraham Foxman. Er fügte allerdings hinzu, dass er Berlusconi als Freund schätze, aber seine Bemerkungen verurteile. Zudem habe sich Berlusconi entschuldigt.
Gleichwohl dürfte nun das Ansehen der ADL - zur Jury für deren Preis gehören etwa Henry Kissinger, Rupert Murdoch oder Mortimer Zuckerman - Schaden erleiden, obgleich diese vor allem in Bezug auf Israel und die arabischen Staaten deutlich einseitig ist und war. Man darf gewissermaßen pro-faschistische Äußerungen machen - und dies auch noch als Regierungschef einer rechten Koalition -, wenn man nur hinreichend pro-israelisch auftritt (u.a. tritt Berlusconi für eine Mitgliedschaft Israels in der EU ein) und die US-Regierung bei ihrem Krieg im Irak und gegen den islamischen Terrorismus unterstützt.
In einem Leserbrief, der von der New York Times veröffentlicht wurde, protestierten die drei Nobelpreisträger Paul Samuelson, Franco Modigliani und Robert Solow sowie vier andere MIT-Professoren gegen die Preisverleihung. Sie sei "schockierend". Sie weisen darauf hin, dass Mussolini für den Tod vieler Opponenten, für die Einführung von Rassengesetzen und für die Deportation Tausender von Juden verantwortlich war. Berlusconi habe sich nur bei den italienischen Juden, aber nicht beim italienischen Volk für seine Bemerkungen entschuldigt: "Apparently, the A.D.L. is giving Mr. Berlusconi its award because of his support of Israel and of Prime Minister Ariel Sharon. But support of Israel should not be sufficient. In this case, it is bad for the Jews, bad for Italy, bad for the United States and even bad for Israel."
Quelle