- Moderation
- #1
- 18. November 2007
- 21.981
Ein Thread zur Kommentierung von wirtschaftsbezogenen Youtubevideos, die ich unglaublich doof finde.
Ein User hat dieses Video verlinkt, das vorgibt, in 45 Minuten die Geschichte der Marktwirtschaft zu erzählen und sie auch noch einem gemeinwirtschaftlichen Utopia gegenüberzustellen.Warum ich nach fünf Minuten abgeschaltet habe:
Gut, erstens natürlich wegen des bräsigen Dozentenstils, der jeden Sachverhalt ausschmücken muß wie einen Christbaum, und zweitens natürlich, weil es keineswegs um eine Geschichte der Marktwirtschaft (Darlegung des historischen Ablaufs ihrer Entwicklung und seiner Anlässe und Gründe) geht, sondern um ein weiteres, diesmal ein völlig überladenes Robinsonmodell. Drittens, und das wiegt schon schwer, weil der Sinn des Robinsonmodells nicht verstanden wird. Natürlich agieren ein paar Insulaner, die gemeinsam um ihr Überleben kämpfen müssen, nicht marktwirtschaftlich. Marktwirtschaftliche Strukturen sind einer derartigen Situation gar nicht angemessen. Robinsonmodelle beschreiben ja auch keine realexistierenden Inselgesellschaften, sondern illustrieren modellhaft die Funktionsweise entwickelter Marktwirtschaften.
Den eigentlichen Grund, den ganzen Schmarrn so richtig doof zu finden, findet man etwa ab 1:25. "Da die Insulaner wissen, daß ihnen nichts gehört, können sie auf nichts Anspruch erheben. Der Fischer würde nie sagen: Alle Fische gehören mir." Es wird die Vorstellung entwickelt, der Fischer könne nur Handel mit Fischen treiben, wenn er den Besitz aller Fische im Meer für sich reklamieren würde. Dieser Anspruch wird wortgewaltig für unsinnig erklärt. Unsinnig ist natürlich eher die Annahme, er sei auf dieses Monopol angewiesen.
Wenn der Ersteller des Videos statt mit Fischen im Meer mit Tauben auf dem Dach argumentiert hätte, wäre ihm dieser Fehler vielleicht nicht passiert. Ein Fisch im Netz ist mehr wert als ein Fisch im Meer und im Gegensatz zu seinem freischwimmenden Kollegen unmittelbar und problemlos handelbar. Der Fischer muß nicht das Eigentum an allen Fischen, sondern nur das an den von ihm gefangenen beanspruchen, um sie handeln zu können, und das geschieht mit gutem Recht, denn er hat Arbeit aufgewendet, um den Fisch zu fangen.
(Irgendwann im weiteren Verlauf des Videos wird es für unsinnig erklärt, daß Früchte von der einen Seite der Insel (zum Beispiel Kiwis) gegen Früchte von der anderen Seite der Insel (zum Beispiel Orangen) getauscht werden. Die einen Insulaner hätten ebenso schöne Früchte wie die anderen und der Tausch diene nur der Gewinnmaximierung der Obstbauern. Das sollten wir Deutschen uns besser hinter die Ohren schreiben, Sauerkraut hat schließlich mindestens so viele Vitamine wie Ananas. Wir sollten besser aufhören, all das Zeug zu importieren, das uns arm und die Obstbauern reich macht.
Auch das hat wieder nichts mit einer Geschichte der Marktwirtschaft zu tun. Bestenfalls ist es ein Märchen über die Marktwirtschaft. Es ist eine Entwicklung der letzten paar Jahrzehnte, daß Obstbauern sich offensiv neue Märkte erschließen (Kiwis sind ein Beispiel), vorher ging der Anstoß immer von der Nachfrage, vom Konsumenten aus. Verderbliche Lebensmittel waren kompliziert und teuer im Transport und ein Luxusgut und Statussymbol der Reichen und Mächtigen - abgesehen davon, daß natürlich jeder Orangen haben will.)
Ein User hat dieses Video verlinkt, das vorgibt, in 45 Minuten die Geschichte der Marktwirtschaft zu erzählen und sie auch noch einem gemeinwirtschaftlichen Utopia gegenüberzustellen.Warum ich nach fünf Minuten abgeschaltet habe:
Gut, erstens natürlich wegen des bräsigen Dozentenstils, der jeden Sachverhalt ausschmücken muß wie einen Christbaum, und zweitens natürlich, weil es keineswegs um eine Geschichte der Marktwirtschaft (Darlegung des historischen Ablaufs ihrer Entwicklung und seiner Anlässe und Gründe) geht, sondern um ein weiteres, diesmal ein völlig überladenes Robinsonmodell. Drittens, und das wiegt schon schwer, weil der Sinn des Robinsonmodells nicht verstanden wird. Natürlich agieren ein paar Insulaner, die gemeinsam um ihr Überleben kämpfen müssen, nicht marktwirtschaftlich. Marktwirtschaftliche Strukturen sind einer derartigen Situation gar nicht angemessen. Robinsonmodelle beschreiben ja auch keine realexistierenden Inselgesellschaften, sondern illustrieren modellhaft die Funktionsweise entwickelter Marktwirtschaften.
Den eigentlichen Grund, den ganzen Schmarrn so richtig doof zu finden, findet man etwa ab 1:25. "Da die Insulaner wissen, daß ihnen nichts gehört, können sie auf nichts Anspruch erheben. Der Fischer würde nie sagen: Alle Fische gehören mir." Es wird die Vorstellung entwickelt, der Fischer könne nur Handel mit Fischen treiben, wenn er den Besitz aller Fische im Meer für sich reklamieren würde. Dieser Anspruch wird wortgewaltig für unsinnig erklärt. Unsinnig ist natürlich eher die Annahme, er sei auf dieses Monopol angewiesen.
Wenn der Ersteller des Videos statt mit Fischen im Meer mit Tauben auf dem Dach argumentiert hätte, wäre ihm dieser Fehler vielleicht nicht passiert. Ein Fisch im Netz ist mehr wert als ein Fisch im Meer und im Gegensatz zu seinem freischwimmenden Kollegen unmittelbar und problemlos handelbar. Der Fischer muß nicht das Eigentum an allen Fischen, sondern nur das an den von ihm gefangenen beanspruchen, um sie handeln zu können, und das geschieht mit gutem Recht, denn er hat Arbeit aufgewendet, um den Fisch zu fangen.
(Irgendwann im weiteren Verlauf des Videos wird es für unsinnig erklärt, daß Früchte von der einen Seite der Insel (zum Beispiel Kiwis) gegen Früchte von der anderen Seite der Insel (zum Beispiel Orangen) getauscht werden. Die einen Insulaner hätten ebenso schöne Früchte wie die anderen und der Tausch diene nur der Gewinnmaximierung der Obstbauern. Das sollten wir Deutschen uns besser hinter die Ohren schreiben, Sauerkraut hat schließlich mindestens so viele Vitamine wie Ananas. Wir sollten besser aufhören, all das Zeug zu importieren, das uns arm und die Obstbauern reich macht.
Auch das hat wieder nichts mit einer Geschichte der Marktwirtschaft zu tun. Bestenfalls ist es ein Märchen über die Marktwirtschaft. Es ist eine Entwicklung der letzten paar Jahrzehnte, daß Obstbauern sich offensiv neue Märkte erschließen (Kiwis sind ein Beispiel), vorher ging der Anstoß immer von der Nachfrage, vom Konsumenten aus. Verderbliche Lebensmittel waren kompliziert und teuer im Transport und ein Luxusgut und Statussymbol der Reichen und Mächtigen - abgesehen davon, daß natürlich jeder Orangen haben will.)