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Deutschland endgültig Polizeistaat

sillyLilly

graues WV- Urgestein
14. September 2002
3.269
Auf dem Link den Tetsuo gepostet hat, steht folgendes:
Da jeder Eingriff in ein Grundrecht nur durch den Richter erfolgen darf, muss jede
HD erst durch einen Richter angeordnet werden. Er stellt den Hausdurchsuchungs-
befehl (HDB) aus, der der Polizei die Befugnis gibt entsprechend aufgezaehlte
Lokalitaeten (Zimmer, ganze Wohnung, Garage, Dachboden, Fahrzeug, Haus) nach
Beweisen zu durchsuchen.
Eine Ausnahme, die s.g. "Gefahr im Verzuge", tritt ein, wenn der Umweg ueber den
Richter einen nicht wiedergutzumachenden Zeitverlust fuer die Strafverfolgung
bedeuten wuerde, sei es, dass ein Gefangener in deine Wohnung fluechtet oder in
deiner Wohnung vermutete Beweise schon wenige Stunden spaeter beiseite geschafft
sein koennten - in diesem Fall darf die Polizei ohne Durchsuchungsbefehl handeln
(wohlgemerkt, es handelt sich um eine Ausnahme, die gut begruendet werden muss).

Ich habe auch schon von polizeilicher Seite gehört, dass es nicht so ohne ist, wenn eine Hausdurchsung sich als Flopp rausstellt und derjenige, der sie erleiden mußte, Anzeige erhebt.
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
agentp hat folgendes geschrieben::
Für mich gehört zum Wesen eines Polizeistaates, daß die Gewaltenteilung an der Stelle aufgehoben ist und die Polizei auch Aufgaben wahrnimmt, die eigentlich der Judikative zugehören. Das vermag ich in dem o.g. Fall nicht zu erkennen.

dann gehört der staatsanwalt der den durchsuchungsbefehl ausstellt und damit der polizei eine durchsuchung erlaubt also zum aldi-konzern oder wie?
was ist er denn deiner meinung nach wenn nicht ein ausführendes organ der judikative?
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Der Staatsanwalt gehört wie die Polizei zur Exekutive, deshalb darf er auch keine Durchsuchungsbefehle ausstellen. Das dürfen nur Richter.
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
nicolecarina schrieb:
agentp hat folgendes geschrieben::
Für mich gehört zum Wesen eines Polizeistaates, daß die Gewaltenteilung an der Stelle aufgehoben ist und die Polizei auch Aufgaben wahrnimmt, die eigentlich der Judikative zugehören. Das vermag ich in dem o.g. Fall nicht zu erkennen.

dann gehört der staatsanwalt der den durchsuchungsbefehl ausstellt und damit der polizei eine durchsuchung erlaubt also zum aldi-konzern oder wie?
was ist er denn deiner meinung nach wenn nicht ein ausführendes organ der judikative?

Na na, nicht gleich so stutenbissig. Wie der Liberale schon ausgeführt hat dar a) ein Staatsanwalt keine Durchsuchungsanordnung ausstellen, sondern er kann sie höchstens beim Richter beantragen und gehört er als Ermittler b) weder zur Judikative noch zum Aldi-Konzern. Der einzige demokratische Staat in dem das fortschrittlicherweise anders ist, ist meines Wissens Italien.
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
jo mag ja sein.
aber das argument führt auf die art meiner meinung nach trotzdem zu nichts, weil die judiktaive eben nicht die arbeit der polizei macht, also ein ausführendes organ braucht und in dem fall sind die grenzen wohl mittlerweile sehr fließend geworden, denn da die "judikative" eben nicht ausführt, ist sie vermutlich von der vielzahl der täglichen fälle schätzungsweise recht überfordert und wird denke ich des öfteren auch relativ ungeprüft einen durchsuchungsbefehl ausstellen.

also gerade an dieser stelle wird wohl eher hand in hand gearbeitet statt die gewalt geteilt, auch wenn staatsanwälte sicher pro forma zicken :wink:

ein paar "klassische" alltagsbeispiele:
http://home.pages.at/der-stoerenfried/zeitung/a10/4.htm
http://www.no-racism.net/MUND/archiv/oktober3/aussendung301003.htm

im übrigen erübrigt sich wohl diese diskussion denn die zukunft wird von patriotact u.ä bestimmt. wer immer das wort terror aussprechen kann, braucht sich um judika-oder exekutive nicht mehr zu kümmern - er kann ohne weiteres eingebuchtet werden.

http://www.rz.fh-ulm.de/projects/datsusi/R0304_5.html
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Das ist beinahe in allen Staaten mit Gewaltenteilung logischerweise so. Folglich sind nach deiner Theorie alle Staaten mit Gewaltenteilung Polizeistaaten, weil die Justiz dort nicht selber ausführt, sondern sich vond er Exekutive zuarbeiten lässt. Etwas verquere Logik, oder ?
Und Gott sei Dank wird Hand in Hand gearbeitet. Wenn die Behörden nicht zusammenarbeiten würden, obwohl sie unterschiedlichen Gewalten angehören, dann würde der Staat wohl kaum funktionieren. Daher spricht man ja auch neben der Gewaltenteilung auch von Gewaltenverschränkung.

Wunderbare Beispiele übrigens: Im ersten Link geht es um Leute, die den Besitz anderer Leute in Bschlag genommen haben ohne eine Gegenleistung dafür erbracht zu haben. Warum ist die Tatsache, daß der Staat das Recht auf Eigentum verteidigt ein Beispiel für den angeblichen Polizeistaat ?
Im zweiten Link findet ich eine österreichische Anti-Globalisierungsseite die wohl kaum als Beispiel für den deutschen Polizeistaat taugt, ebensowenig wie die im Mittelpunkt stehende Geschichte der Französin Valerie, die sich freiwillig einem italienischen Gericht stellt.
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
seh´s wie du willst -
es ging mir vor allem generell um staatliche willkür die - wie du treffend bemerkt hast - auch in anderen ländern nicht unbekannt ist. denn nicht immer- und das war mir wichtig - ist zudem ein durchsuchungsbefehl o.ä. grundlage polizeilichen handelns - nota bene.

ein paar hausbesetzer beispielsweise sind für mich die spatzen, auf die der staat eben meist mit kanonen schießt von der rechtslage mal ganz abgesehen.
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Auch aus Einzelfällen staatlicher Wilkür wird noch kein Polizeistaat (zu Erinnerung: der Thread heisst "Deutschland endgültig Polizeistaat"). Zumal ich nicht allzuviel staatliche Willkür ausmachen kann, wenn im Rahmen der Gesetze gehandelt wird, wie beim Hausbesetzerbeispiel. Echte Fälle von Willkür werden auch hierzulande geahndet wie jüngst das Urteil gg Wolfgang Daschner zeigte.
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
was die hausbesetzungen angeht:
eigentum verpflichtet laut gesetz ja auch, zb der gesellschaft gegenüber. also zeigen hausbesetzer eigentlich unrecht auf, denn das haus bzw. wohnraum aus willkür verfallen zu lassen, zeugt auch nicht moralisch-gesellschaftlicher integrität und könnte durchaus - wie bei kindern - als fall von verwahrlosung geahndet werden. worauf ich im grunde raus will: kaum etwas ist in deutschland - und in vielen anderen ländern auch - so flexibel wie die rechtsprechung und entsprechend auch ihre ausführung. um mal das wort willkür zu vermeiden *g* :idea:
 

dkR

Großmeister aller Symbolischen Logen
10. April 2002
3.142
Hast du dich nicht etwas sehr in das Thema verbissen?
Vergleichst du allen ernstes Verwahrlosung von Kindern mit dem Leerstehen lassen von Gebäuden? 8O
Ist doch wohl Sache vom Besitzer, ob er sein haus in Schuß hält und vermietet oder nicht. Also bitte - wenn man jetzt schon für nicht vermietete Immobilien bestraft werden würde, fände ich das weit bedenklicher. Ebenso wie es Sache vom besitzer ist, ob er das Haus räumen läßt oder nicht. Die hausbesetzer wissen ja wohl, was sie da machen.
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
doch ich hab mich im thema verbissen und ja es ist überspitzt formuliert. kinder sind in letzter konsequenz sicher nicht mit sächlichem eigentum vergleichbar, aber prinzipiell sehe ich im tatbestand der verwahrlosung und ihrer folgen für gesellschaft und individuum keine rießigen unterschiede zwischen personen und gegenständen, lediglich eventuell im strafmaß bzw. in der intensität der ahnung. eigentümer sind vom grundgedanken her zur pflege des selbigen verpflichtet - also nichts von wegen ist doch egal, was der hausbesitzer mit seinem haus macht. zumindest ist das ein gesetz aus der anfangszeit der liberalität.
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Bei Kindern gibt es ein Gesetz, das die Eltern haftbar macht, bei Gebäuden gibt es kein Gesetz, das verbietet es leerstehen zu lassen. Insofern könnte es nicht geahndet werden, da es keine rechtliche Grundlage dafür gibt.Daß hierzulande aufgrund gesetzlicher Normen Recht gesprochen wird wird und nicht aufgrund von "weichen" Werten wie "Moral" oder dem was du, ich oder sonst jemand dafür hält , wie das in totalitären Regimes üblich ist, halte ich nicht für einen Nachteil, sondern diese Rechtssicherheit ist meines Erachtens ein wesentliches Merkmal eines Rechtsstaats, denn ansonsten wäre der Willkür der Richter in der Tat Tür und Tor geöffnet und genau diesen Fall hatten wir schon mal: Man nannte das damals "Volksgerichtshof".
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
diese definition bzw. sicht des "rechtstaates" halte ich für eine schöne illusion bzw. für einen theoretischen idealfall. :?
 
B

Booth

Gast
Es gibt keinen Idealfall. Und nichts ist perfekt. Und es gibt viele juristische (wie auch sonstige) Fehlleistungen - überall. Denn weder der "Staat" noch die Gerichte sind Roboterinstitutionen, sondern dort wirken Menschen. Menschen machen Fehler. Auf Fehler hinzuweisen ist gut, richtig und wichtig. Übrigens ein weiteres Merkmal, was uns von einem Polizeistaat unterscheidet.
Das Beispiel der Hausbesetzung halte ich für schlecht gewählt. Auch wenn es für manchen als moralisch geboten erscheint, daß Immobilienbesitzer ihr Gut nicht verkommen lassen, gibt es kein Gesetz, sondern nur der Fingerzeig im Grundgesetz. Die Richter können sich nur an konkrete Gesetze halten. Wenn die Parlamente aus einem Fingerzeig im Grundgesetz keine konkreten Vorschriften im Gesetzbuch erstellen, darf ein Richter nicht anfangen, sich moralische Gesetze auszudenken.
Wenn es Menschen in diesem Land als geboten ansehen, ein solches Gesetz zu erlassen, müssen sie Druck auf die Parlamentarier ausüben. Wie wärs, wenn Du das einfach mal dem Abgeordneten Deines Wahlbezirks zumailst?

Abgesehen davon versuchst Du ein Unrecht durch ein anderes zu rechtfertigen. Wenn es wirklich ein Unrecht wäre, seine Immobilien verkommen zu lassen, sollte man einen rechtlich einwandfreien Weg wählen, und nicht selber das Gesetz brechen, wenn es möglich ist. Jedenfalls haben Hausbesetzer Recht gebrochen, und müssen die Konsequenzen tragen.

gruß
Booth
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
ich glaube, hausbesitzer dürfen auch nicht alles mit ihrem haus machen.

wenn es verfällt und einsturz- oder runterfallgefahr besteht, gibt es sicher gesetze, die da eingreifen.

wenn es immer dreckiger wird und unansehnlich wird, gibts bestimmt auch gesetze bzw. kommunale vorschriften, wie so ein haus auszusehen hat.

ebenso kostet ein hausbesitz. steuern, abwasser, instandhaltung, winterdienst, etc. die kosten sollte jeder vernünftige mensch wieder reinbekommen wollen. deshalb sind hausbesitzer meist generell gut beraten, wenn sie ihren besitz zu geld machen, sprich: vermieten.
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
oh mann booth -
theoretische idealfälle - und von keinen anderen hab ich gesprochen - gibt es wie sand am meer. siehe marx, hobbes, etc

ich hab zudem nicht gesagt, dass sie hausbesetzer (e nicht i :wink: ) im recht sind, sondern dass sie eben unrecht aufzeigen können und sicher nicht wie schwerverbrecher behandelt werden müssen.

im übrigen denken sich manche leute durchaus gesetze mit moralischen inhalten aus oder wie würdest du das "gesetz der guten sitten" sonst bewerten wenn nicht auf moralischen auffassungen begründet?
http://dejure.org/gesetze/BGB/817.html
:roll:

dieser passus mit den "guten sitten", der findet sich allein im grundgesetz in zahlreichen artikeln.

@antimagnet
das geht schon in die richtung
http://www.berliner-mieterverein.de...terverein.de/magazin/online/mm0804/080411.htm
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
antimagnet schrieb:
ich glaube, hausbesitzer dürfen auch nicht alles mit ihrem haus machen.

Vor allem viele Arten der Nutzung werden immer wieder verboten.

wenn es verfällt und einsturz- oder runterfallgefahr besteht, gibt es sicher gesetze, die da eingreifen.

Es gibt eine Verkehrssicherungspflicht. Ich wurde z.B. mal behördlich aufgefordert, an einem leerstehenden Haus die Fenster und Türen zu vernageln. (Das hatte mir allerdings nur für eine juristische Sekunde gehört.)

wenn es immer dreckiger wird und unansehnlich wird, gibts bestimmt auch gesetze bzw. kommunale vorschriften, wie so ein haus auszusehen hat.

Leider oder zum Glück nicht. Man kann die Dachform vorschreiben, Sprossenfenster, Verschieferung und grüne Türen. Rothenburg hat sogar McDonalds ein schmiedeeisernes Wirtshausschild vorgeschrieben. Aber gegen schlichte Verwahrlosung ist kein behördliches Kraut gewachsen. (Nur das Entfernen von Abfällen kann natürlich verlangt werden.)
 

Bloody2k

Geheimer Meister
29. April 2003
237
@ Wächter, was du da auf der 1. Seite geschrieben hast ist nicht ganz richtig!

Hilfsbeamte der Stäätsanwaltschaft gibt es nicht mehr! Die heißen jetzt Ermittlungspersonen, aber das sind bei weitem nicht alle Polizeibeamte des mittleren und gehobenen Dienstes!

Eine Durchsuchung ist die planmäßige Suche nach Personen oder Sachen, deren genaue räumliche Lage den Strafverfolgungsbehörden nicht bekannt ist.
Adressat und damit Duldungspflichtiger einer Durchsuchung nach § 102 StPO ist der "Verdächtige".
Dass bedeutet, dass Tatsachen den Verdacht der Begehung einer verfolgbaren Straftat (= tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft) konkretisieren müssen und dass der Betroffene als Täter oder Mittäter in Betracht kommt. Dies ist bei Strafunmündigen (§ 19 StGB) nie der Fall!
Vorraussetzung für jede Durchsuchung ist die Vermutung, dass einer der vorgeschriebenen Durchsuchungszwecke erreicht werden kann, dass also die Durchsuchung zur Ergreifung des Verdächtigen oder zum Auffinden von Beweismitteln führen wird.
Die zu suchenden Gegenstände müssen aber wenigstens annährungsweise in Form beispielhafter Angaben beschreibbar sein.
Die Polizei kann eine Wohnungsdurchsuchung auch ohne richterliche Anordnung, bei "Gefahr im Verzuge" anordnen. Dieser Begriff ist jedoch SEHR ENG AUSZULEGEN!!!
"Gefahr im Verzuge" liegt dann vor, wenn durch die zeitliche Verzögerung, die mit der Einholung der richterlichen Anordnung verbunden ist, der Erfolg der Durchsuchung gefährdet wäre.
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
das ist zwar unschön, aber im vergleich zu einem richtigen polizeistaat doch reichlich kinderkacke, oder?

"Sowas darf in einer Demokratie einfach nicht passieren, deswegen nutzen wir alle rechtlichen Mittel, die wir haben." In einem nächsten Schritt werden die Studenten vor dem Verwaltungsgericht Mainz Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit stellen. Freitag haben sie außerdem ihren Anwalt beauftrag, eine Strafanzeige zu prüfen.

in einem richtigen polizeistaat hätten die keine rechtlichen mittel...
 
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