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Europäer?

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
Nachdem ich gestern durch Feuerwerke auf allen Kanälen wieder an die EU-Osterweiterung erinnert wurde und mir das Spektakel ein bisschen anschaute, kamen mir doch einige Fragen:

- wer ist dieser Europäer eigentlich?

- wieso klatschen die Deutschen verhalten während die neuen Mitglieder auffallend freudig jubeln?

- weshalb gab es bei solchen fundamentalen Entscheidungen eigentlich keinen Volksentscheid?

- liegt dies eventuell daran, dass die Mehrheit der Europäer noch gar nicht verstanden hat, dass Europa mittlerweile = der EU ist und dass es wöchentlich etwa 300 neue EU-Richtlinien gibt, denen das deutsche Grundgesetz nichts entgegenhält?

- wächst da zusammen, was zusammen will oder ist Europa eine Art Prestige-Objekt für machtverliebte Politiker?

dank der Edit-Funktion kann ich die Frageliste im Laufe des Abends ja noch erweitern ^^

Was verbindet Ihr mit Europa? Welchen Charakter hat der Europäer Eurer Vorstellung nach? Welche Hoffnungen und Ängste verbindet Ihr mit Europa?
 

MrMister

Großer Auserwählter
13. April 2003
1.525
- wer ist dieser Europäer eigentlich?

Nüchtern beantwortet: Alle Bürger eines EU-Mitglieds. Du und ich. Wohl wir alle hier...

- wieso klatschen die Deutschen verhalten während die neuen Mitglieder auffallend freudig jubeln?

Wohl weil sie nicht wissen, was sie davon zu halten haben. Für die Osteuropäer ist das was anderes: Sie haben nicht viel zu verlieren und freuen sich über die Anerkennung des Westens.

- weshalb gab es bei solchen fundamentalen Entscheidungen eigentlich keinen Volksentscheid?

Weil das im Grundgesetz nicht vorgesehen ist - Zurecht wie ich finde. Denn das Volk ist oft nicht in der Lage die richtigen Entscheidungen zu treffen.

- liegt dies eventuell daran, dass die Mehrheit der Europäer noch gar nicht verstanden hat, dass Europa mittlerweile = der EU ist und dass es wöchentlich etwa 300 neue EU-Richtlinien gibt, denen das deutsche Grundgesetz nichts entgegenhält?

Ich bezweifel, dass der Großteil der Menschen das überhaupt mitbekommt...

wächst da zusammen, was zusammen will oder ist Europa eine Art Prestige-Objekt für machtverliebte Politiker?

Zusammen gehört es eigentlich nicht, aber es ist doch eine tolle Chance! Nie wieder soll ein Krieg in Europa auch nur denkbar werden, nie wieder darf Europa geteilt werden! Dies ist die wohl beste Methode mit Vorteilen für uns alle!

Kurz und knapp meine Gedanken dazu :)
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
wer ist dieser europäer? .... hmm.... eine gute frage.... ich bin europäer.... ich lebe in einer ecke der welt in der romanische, germanische und slawische ( ich glaube die finnen und ungarn bilden wieder eine eigene sprachgruppe... deren name fällt mir aber grade nicht ein ) sprachen gesprochen werden... die europäischen staaten verbindet eine gewisse demokratische grundordnung.. die europäischen bürger verbindet wohl in der mehrheit eine gewisse toleranz und freiheit von all zu fanatischen glaubenssystemen.... wir europäer wurden und werden tierisch verarscht und haben mit der brüssler bürokratie ein gutes stück demokratie aufgegeben...

die deutschen werden viel verlieren... wir haben eine schlimme wirtschaftliche situation und unsere industrien drohen uns offen damit in die osteuropäischen länder auszuwandern wenn wir nicht bereit sind auf einem preisniveau zu arbeiten, dass dem der osteuropäer ähnelt... das können wir nicht.. also werden wieder viele arbeitslos werden wenn unsere industrie abwandert...

in den osteuropäischen ländern freut man sich wohl über die neu entstehenden chancen.... doch auch dort werden sozialsystem und arbeitsmarkt schon jetzt stark belastet... ich denke es gibt auch in osteuropa viele, die nicht jubeln.. nur dass man sie uns nicht zeigt...

die eu scheint mir anders als man es uns immer schon vorbetet keine all zu demokratische angelegenheit zu sein... volksentscheide machen die sache in den augen der willigen wohl eher schwierig... und langwierig... wo abgestimmt wird dann so oft abgestimmt bis es einigermaen klappt...

nun.... ich denke in das undemokratische europa passt es sehr gut, dass man das volk nicht fragt...

und ja es ist wohl in erster linie ein prestigeobjekt machtverliebter politiker und industriefunktionäre... den menschen in europa bringt die union derzeit nicht viel... wir hatten unseren euro/teuro-supergau.. ( wann kann man das einkommen einer bevölkerung schon von heute auf morgen nahezu halbieren? )


ich fürchte dass europa zu einer großtechnokratie verkomt mit einer popanzigen und unvernünftigen idealistenbürokratie ohne legitimation durch das volk...
 

Smartnes

Geselle
8. August 2003
33
MrMister schrieb:
Weil das im Grundgesetz nicht vorgesehen ist - Zurecht wie ich finde. Denn das Volk ist oft nicht in der Lage die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Na dann können wir ja wieder unseren Kaiser einsetzen. Es lebe die Monarchie und die Diktatur, weil das Volk eh zu blöde ist zu entscheiden !? 8O
 

macmensa

Geheimer Meister
29. Januar 2003
154
Hi @all....

  • Der christliche Glaube wäre in einer religionsfreiheit auslebenden Gesellschaft etwas wenig...

    Ich denke es gibt keine Alternative zu dem jetzt eingeschlagenen Weg, trotz aller Pobleme die wirtschaftlich und sozial auf uns zukommen werden. Ich sehe die EU nicht als eine Staatengemeinschaft, sondern als eine Wirtschaftszone, die irgendwann die gesammte nord-westliche Hemisphäre bis Moskau umfassen wird.

    Nur, wenn soziale, wirtschaftliche und politische Systeme in dieser Zone über die Jahre angeglichen werden, ist Europa in der Lage auch über diese Grenzen hinaus entscheidenen Einfluss auf die Entwicklung der Welt zu nehmen.

    Das bedeutet auf der einen Seite, das wir von unseren heutigen Wohlstands- und Qualitätsstandards Abschied nehmen müssen, bevor es in der Zukunft wieder aufwärts gehen kann. Das ist keine Entwicklung von 5-10 Jahren, sondern ein Generationsprojekt.

    Für mich bedeutet das, das wir heute beginnen müssen unseren Kindern diesen europäischen Gedanken beizubringen und vermitteln. Denn sie sind die zukünftigen Politiker, die dieses Konstrukt lenken und leiten werden. Dazu gehören Verständniss, Weltoffenheit und ganz sicher bessere Organisation der Strukturen als sie heute existieren...

    Was allerdings nicht bedeutet nationale Werte aufzugeben oder unsern Kindern kein Nationales Bewusstsein mitzugeben.
Wimasong... Mac
 

semball

Großer Auserwählter
26. Mai 2002
1.615
forcemagick schrieb:
( ich glaube die finnen und ungarn bilden wieder eine eigene sprachgruppe... deren name fällt mir aber grade nicht ein )
Finno-Ugrier :)
Nicht sehr phanatasievoll, aber zweckdienlich ;)
Die Esten gehören übrigens auch noch dazu sowie noch einige kleine Ural-völker.

ich fürchte dass europa zu einer großtechnokratie verkomt mit einer popanzigen und unvernünftigen idealistenbürokratie ohne legitimation durch das volk...
War die EU schon mal was anderes als eine Großtechnokratie?


nicolecarina schrieb:
- wer ist dieser Europäer eigentlich?
Ein Bürger eines europäischen Staates. Für weitergehende Fragen müsste man klären, was "europäisch" ist.

- weshalb gab es bei solchen fundamentalen Entscheidungen eigentlich keinen Volksentscheid?

- wächst da zusammen, was zusammen will oder ist Europa eine Art Prestige-Objekt für machtverliebte Politiker?
Ich denke, es ist gut, dass die Politiker die Sache in die Hand genommen haben.
Beispielsweise bezweifle ich, dass sich die breite Masse zu großen Veränderungen überhaupt aufraffen kann.
Wenn man sich mal anschaut wie verfeindet Deutschland und Frankreich vor ´nem dreiviertel Jahrhundert waren, wäre eine Versöhnung bestimmt nicht so einfach aus der breiten Masse hervorgegangen. Heute sehen wir, wie gut es war, dass ein paar idealistische Politiker die Initiative ergriffen haben und ohne großes Hin und her die Montanunion, den Grundstein eines friedlichen, freien und ausgesöhnten Europas, entwickelt hat.
Hätten wir für den Euro damals ´ne Volksabstimmung gehabt, hätten wir ihn heute nicht, weil der Spruch "Die gute deutsche Mark ist stabil und vom Euro wissen wir nicht, ob er´s wird" mehrheitsfähig war.

Und wie gesagt: Volksabstimmungen auf Bundesebene würden immer von Populisten missbraucht. Mir haben die "DM statt Teuro"-Plakate der NPD schon gereicht und wenn man alles direkt abstimmen könnte, hätte man eine Hetz- oder Panikkampagne nach der anderen, die wegen der Massenwirksamkeit mit ein paar kurze Slogans auf der Gefühlsebene geführt werden würden ("Nein zum Afghanistaneinsatz"; "Nein zur Einwanderung"; "Nein zu höheren Steuern"; "Nein zu Reformen").
In der Weimarer Republik gab´s keinen Volksentscheid, der zu etwas geführt hat, stattdessen waren es alles Publicity-Gags von den Herren Hitler und Hugenberg.

Sicher, Volksabstimmungen sind auf bestimmten Ebenen am Besten, aber auf Bundesebene fährt man mit dem parlamentarischen System eigentlich so gut, dass sie dort überflüssig sind.
In der Schweiz ist die dort praktzierte Form schon interessant, aber ich weiß nicht, warum man extra abstimmen muss, ob das Land in die UNO sol

Naja, bin jetzt zu müde um die Sache noch weiter zu differenzieren. Außerdem ist heute Feiertag gewesen. :)

- liegt dies eventuell daran, dass die Mehrheit der Europäer noch gar nicht verstanden hat, dass Europa mittlerweile = der EU ist und dass es wöchentlich etwa 300 neue EU-Richtlinien gibt, denen das deutsche Grundgesetz nichts entgegenhält?
Ich denke du vergleichst hier Äpfel mit Birnen, in diesem Fall stinknormale Gesetze mit Verfassungsartikeln.

Was verbindet Ihr mit Europa? Welchen Charakter hat der Europäer Eurer Vorstellung nach? Welche Hoffnungen und Ängste verbindet Ihr mit Europa?
Mal schaun wie die Sache läuft. Vielleicht äußer ich mich erst in fünfzig konkreter ;)
Außerdem gibt es keinen "der Europäer" und daher auch keinen Charakter für ihn.

gruss semball
 

bombaholik

Auserwählter Meister der Neun
14. Oktober 2003
924
Den einzigen Vorteil für uns Bürger bringt der Friede.

Der Rest ist wohl nur für die Industrie da.

Ich schaue auch mit bangen auf die Entwicklung der EU aus politischer Sicht, denn irgendwann werden bestimmte Filme Wahrheit sein.

Naja, so lange es noch ein paar Jahre dauert.
 

tsuribito

Vorsteher und Richter
27. September 2002
732
Der Europäer ist jemand, der nach der Kultur seines Heimatlandes in Europa lebt. Diese Kultur ist geprägt durch lokale Bräuche und Sitten bspw. Heidentum in D ,die Völkerwanderung, die grossen Europäischen Kriege und durch die Aufklärung, welche unsere Welt noch immer stark prägt.(Ich hab wahrscheinlich die Hälfte vergessen)

Volksentscheide sind nicht immer was gutes. (Wollt ihr den totalen Krieg?)
Das Volk ist in seiner Masse zu einfach zu beeinflussen, lenken und es ist zum grossteil so politisch gebildet wie meine Goldfische im Gartenteich. Entweder rot, schwarz oder gelb und das auch nur aus Gewohnheit


Hoffnungen für Europa

Eine Nation Europa mit Europäischer Sprache, Europäischer Regierung, Europäischer Armee und Europäischem Volk. Keine Nationalstaaten, keine Trennung mehr. Mehr Demokratie wäre auch sehr wünschenswert (Europarat weg vom Fenster bitte)

Befürchtungen:
Das Ding zerfällt wieder oder kommt niemals über seinen jetzigen Status heraus. Es könnte auch zu gross und damit unregierbar werden, auch die Aufnahme von Europafremden Mitgliedern und eine Überdehnung des Kulturraums wäre möglich und gefährlich.
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
- wer ist dieser Europäer eigentlich?
Ein Bürger eines europäischen Staates. Für weitergehende Fragen müsste man klären, was "europäisch" ist.

genau darauf zielte meine Frage eigentlich ab :wink:


- liegt dies eventuell daran, dass die Mehrheit der Europäer noch gar nicht verstanden hat, dass Europa mittlerweile = der EU ist und dass es wöchentlich etwa 300 neue EU-Richtlinien gibt, denen das deutsche Grundgesetz nichts entgegenhält?

Ich denke du vergleichst hier Äpfel mit Birnen, in diesem Fall stinknormale Gesetze mit Verfassungsartikeln.

Seh ich anders, denn es ist - wie ich im öffentlichen Recht gelernt habe - eine Tatsache, dass sich die deutsche Verfassung vorbehaltlos den EU-Erlassen öffnet, siehe entsprechender Paragraph, habs grad nicht zur Hand. Und das macht mich ehrlich gesagt ein bisschen fassungslos.

Auch ich traue nicht allen Bürgern zu, etwaige komplexe politische Fragen mit immenser Reichweite tatsächlich kompetent zu entscheiden - dennoch ist das wirklich ein Grund, Volksabstimmungen auf Bundesebene gar nicht erst vorzusehen?

Ich denke, wenn die Mehrheit der Menschen noch lange genug andere über das eigene Leben entscheiden lässt, wird der Unmut noch um einiges größer werden. Und dann gibt es ein großes Gemaule, anstatt sich dafür zu entscheiden, das Leben in die eigene Hand zu nehmen und die Macht nicht so leichtfertig an jemand abzugeben, der vermeintlich etwas für mich tut - im Gegenteil: Führungskräfte lassen in aller Regel grundsätzlich andere für sich arbeiten und geben dabei meist keinen Deut ihrer Macht ab. Doch wenn die Umstände erst noch hektischer werden, dann ist es vermutlich schon zu spät, denn wie zu beobachten ist, konzentriert sich die politische Macht immer mehr beim Kapital bzw. bei Politikern, die ihre ganz eigenen Interessen verfolgen. Und das ist denke ich eine Entwicklung, die in Europa genauso abläuft wie in den USA - mit dem Unterschied, dass wir im letzten Fall mitten drin stecken und uns genauso reichlich verärgert, ängstlich und uninformiert zeigen wie die von uns so kritisch und oft spöttisch beäugten Amis.

Gab es denn bei uns in letzter Zeit Entscheidungen, die für den Bürger getroffen wurden? Ich hab von keiner gehört im Gegenteil: ich bezahle z.B. gesetzlich verordnet an immer mehr Orten immer mehr Geld - siehe Praxisgebühr. Und so sehr viele Deutsche die EU-Erweiterung im Grunde ihres Herzens begrüßen, so sehr zeigen Umfragen, dass die Leute ganz realistisch sehen, dass zum Beispiel der Druck auf die eh immer weniger werdenden "Arbeitsplatzinhaber" steigen wird.

Und da stellt sich mir die Frage, wie das gehen soll - wir sollen zwar für polnische Löhne arbeiten, gleichzeitig allerdings den Preis für ein Brot beim deutschen Bäcker bezahlen. Wie kann das das langfristig funktionieren?

Mit der Androhung, Arbeitsplätze in den Osten zu verlagern, erpresst man die wenigen Errungenschaften, die die Gewerkschaften in den vergangenen Jahren erreichen konnten. Diejenigen, die Arbeit haben, sollen dafür auch noch länger arbeiten. Was ist das denn für eine Logik?

Entweder wir haben Arbeit, dann sollten meiner Meinung nach mehr Leute eingestellt werden, oder wir haben keine und dann steigt die Laune sicher nicht, wenn sich einer statt 7,5 Stunden 8 und mehr Stunden, fragt, wofür er seine Zeit an seinem Arbeitsplatz absitzt. Da fasse ich mir an den Kopf, zumal außerdem ganz klar bewiesen ist, dass zwei Halbtagskräfte, in vier Stunden mehr Output bringen, als eine Person, die den ganzen Tag lang an diesen Aufgaben sitzen soll. Sicher, nicht jede Tätigkeit lässt sich aufteilen, aber die meisten Arbeiten erlauben das ganz gut. Und seit Adam Smith in seinem Stecknadelkopfbeispiel rausgefunden hat, dass Arbeitsteilung effektiver sein soll, forderte der lang gepriesene Taylorismus diese Vorgehensweise sogar eine Zeitlang ganz ausdrücklich. Bis ersichtlich wurde, dass Arbeitsteilung in der Produktion z.B. zu psychischen Schäden der Arbeiter geführt hat.


Für mich hat Günther Grass mehr als Recht wenn er sagt: Wir leben in einer Prä-Demokratischen Gesellschaft, da die Wirtschaft im Grunde den Weg für die Gesellschaft vorgibt.

Für mich heißt das: ich lebe und arbeite in einem knallharten kapitalistischen System, das nach und nach alle sozialen Leistungen abbaut. Reformen setzen sich zäh durch - die meisten Mütter, die gerne eine Halbtagsstelle haben möchten, haben einfach keine einflussreiche Lobby und auch nicht immer die Energie, für ihr eigentliches Recht auf Arbeit zu kämpfen. Müssen die Leute erst noch kränker werden, damit sich was ändert?

Ich glaube wirklich, was sich nach der Maueröffnung vollzogen hat, wird sich in ähnlicher Weise in den neuen EU-Ländern entwickeln. Und an diesen Überlegungen ändern auch die feudalsten Feuerwerke und Arien erstmal nichts...

naja, jetzt hab ich genug rumgeunkt - auch ich finds natürlich klasse, dass sich Grenzen abbauen, und möglicherweise lassen sich eventuelle Kulturschocks mit einer positiven Grundeinstellung tatsächlich besser bewältigen :roll: :wink:

Ich habe nichts gegen ein europäisches Bewusstsein, allein: es ist bislang kein tragendes Gemeinschaftsgefühl vorhanden oder? Der "Europäer" an sich ist eher ein Phantom und entwickelt sich eventuell erst mit der Bewältigung der immensen Probleme, die sich im Moment auftun.
 

semball

Großer Auserwählter
26. Mai 2002
1.615
tsuribito schrieb:
Hoffnungen für Europa

Eine Nation Europa mit Europäischer Sprache (...)und Europäischem Volk. Keine Nationalstaaten, keine Trennung mehr.

Lieber gar kein Europa, als so ein Europa. :x
Gegen diesen Alptraum, den du dir erhoffst, wäre selbst ich als Europa-Fan bereit fast alles zu unternehmen. Schon mal das EU-Motto "Einigkeit in Vielfalt" gehört? Was willst du als nächstes? Eine uniformierte Weltkultur mit einem neuen Einheitsmenschen mit einheitlicher Haut- und Augenfarbe, Sprache, Essen und Bräuchen? Wär natürlich spitze. Dann bräuchte man nicht Geld für Ferien in fernen Ländern ausgeben, weil dort alles genauso aussieht wie hier. Vorher willst du aber noch, dass alle Deutschen hochdeutsch sprechen und ihre Identität aufgeben, schließlich fängt jeder mal klein an. Ehrlich gesagt ist deine Hoffnung einfach menschenverachtend und moralisch gesehen kriminell. Ich kann jetzt sehr gut verstehen, warum einige Menschen Angst vor Europa haben, wenn so eine Ideologie damit in Verbindung gebracht wird.

GLEICHBEHANDLUNG STATT GLEICHMACHUNG

Das gilt in unserer Verfassung wie in unserem Rechtssystem.

´Tschuldigung für die Großbuchstaben, aber ich bin gerade innerlich explodiert und koche noch ein bißchen vor Wut. Besser ich geh´ erstmal schlafen...

Gute Nacht,
semball
 

semball

Großer Auserwählter
26. Mai 2002
1.615
nicolecarina schrieb:
Gab es denn bei uns in letzter Zeit Entscheidungen, die für den Bürger getroffen wurden? Ich hab von keiner gehört im Gegenteil: ich bezahle z.B. gesetzlich verordnet an immer mehr Orten immer mehr Geld - siehe Praxisgebühr.

Was ist eine "Entscheidung für den Bürger"?
Eine Entscheidung die den Bürger heute auf Pump entlastet?
Oder eine Entscheidung, die die Probleme angeht und sie nicht vor sich herschiebt um dann die nachfolgenden Generationen von Bürgern die Zeche zahlen zu lassen.

Für mich hat Günther Grass mehr als Recht wenn er sagt: Wir leben in einer Prä-Demokratischen Gesellschaft, da die Wirtschaft im Grunde den Weg für die Gesellschaft vorgibt.

Günther Grass ist kein dummer Mensch, was sich ja auch daran zeigt, dass er Sozialdemokrat ist ;) Er weiß aber auch, dass sich eine bessere Welt nicht durch Wundermittel herbeizaubern lässt (weswegen er ja die DDR ablehnte).

Für mich heißt das: ich lebe und arbeite in einem knallharten kapitalistischen System, das nach und nach alle sozialen Leistungen abbaut. Reformen setzen sich zäh durch - die meisten Mütter, die gerne eine Halbtagsstelle haben möchten, haben einfach keine einflussreiche Lobby und auch nicht immer die Energie, für ihr eigentliches Recht auf Arbeit zu kämpfen. Müssen die Leute erst noch kränker werden, damit sich was ändert?
Im Vergleich zu vor 60 Jahren ist es deutlich weicher geworden. Und das wir auf Erden die Gerechtigkeit erleben, die wir uns wünschen, können wir von unserem Zeitalter nicht erwarten, so hart es auch klingt, die welt ist noch nicht so weit. Ich halte es für möglich, dass eine Zeit der Rückschläge auf uns zukommt, die uns schwer erscheinen wird, aber in der kontinuierlichen Weltgeschichte gibt es im Großen und Ganzen auf der sozialen Leiter nur den Weg nach oben.
Wir haben das gleiche Problem wie vor 140 Jahren. Die Situation schmeckt uns nicht so richtig und wir wollen Verbesserung. Durch Einsatz für die Sache wurden Schritt für Schritt Verbesserungen errungen, doch gab es auch wie vor 80 Jahren immer wieder Rückschläge und man musste sich stets fragen: Will ich diesen langen, holprigen und beschwerlichen Weg, dessen Ende ich nicht einmal sehen kann gehen, aber auf den man schon viel erreicht hat, weitergehen, oder nehme ich eine der verlockenden "Abkürzungen".

naja, um auf Günther Grass zurückzukommen: Eine ausgereiftere Gesellschaft und eine bessere (wahrscheinlich ferne) Zukunft wird am Ende des langen Weges stehen, daran glaube ich persönlich. Und das, was man als "Kapitalismus" (nicht gleich Marktwirtschaft, werde das jetzt ansonsten nicht weiter konkretisieren), sprich die unangenehmen Seiten der Wirtschaft, werden bestimmt auch irgendwann überwunden sein, vielleicht sehn wirs ja im nächsten Leben...

Das war mein Wort zum Sonntag, ich wünsche wohl zu ruhen.
gruss semball
 

Gorgona

Erhabener auserwählter Ritter
7. Januar 2003
1.177
Vielleicht verbinden die Europäer mehr als alles andere die Kriege die sie über Jahrhunderte miteinander geführt haben.

Vielleicht ist auch der grösste Gewinn durch ein vereinigtes Europa gar nicht der weltgrösste Binnemarkt, sondern der Frieden der dadurch gestärkt und erhalten wird.

Tja und vielleicht ist es doch die religion die das Bindeglied zwischen all den Ländern herstellt.
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
sprich die unangenehmen Seiten der Wirtschaft, werden bestimmt auch irgendwann überwunden sein, vielleicht sehn wirs ja im nächsten Leben...

einen enthusiastischen Idealismus habe ich mir im Lauf der Zeit zwar auch abgewöhnt, aber diese Haltung ist mir selbst als Frau und Christin etwas zu gottergeben :roll: :wink:

Falls ich also irgendwas tun kann, um diese Entwicklung zu beschleunigen, tu ich das glaube ich gerne.

Dass sich die Dinge langsam aber sicher zum "guten" wenden, da stimme ich dir zu.

Aber dass beispielsweise 10 Euro Praxisgebühr, gekoppelt mit einem erhöhtem Verwaltungsaufwand unterm Strich eine Entlastung des Gesundheitssystems bewirken, das glaube ich nun wirklich nicht. Selbst die Barmer stellt die Erfindung innerhalb kurzer Zeit in Frage und aus Expertenkreisen weiß ich, dass das Gesundheitswesen eher und vor allem unter der Bastion und Lobby der Kassenärztlichen Vereinigung und der Pharmaindustrie leidet, unter hohen Werbe- und Verwaltungskosten der Krankenkassen und nicht mal unter den Beitragshöhen, die ja zudem auch nicht wie versprochen gesenkt wurden. Das ist ein Beispiel von zig Problemen, die Deutschland gerade hat und ich bezweifle, dass das in Litauen oder Slowenien bekannt ist. Und das wird in den nächsten Jahren nicht besser - schon gar nicht bei den Lösungsansätzen und einem zusätzlichen Engagement in der erweiterten EU.

Will sagen: den Zeitpunkt der EU-Erweiterung sowie die Erwartungen die damit verbunden sind, halte ich für ziemlich unglücklich - die "Neuen" freuen sich vermutlich genau bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich dem "üblichen" EU-Standard angepasst haben. Und dann möcht ich sehen, welche Firma dann noch damit droht, in den Osten abzuwandern.
Von einem Bekannten weiß ich, dass die Arbeitslosigkeit und Abwanderung z.B. in Frankfurt/Oder noch immer steigt. Und ich wage zu behaupten das steht exemplarisch für den gesamten Osten Deutschlands. Also zieht dieses Niedriglohnkostenargument für mich eigentlich nicht mehr.

Und an der "Freude", mit der die Westler seit Jahren ihren Solidaritätszuschlag abgeben, lese ich zudem ab, wieviel gemeinsamer Spirit tatsächlich vorhanden ist. Ebenso an Sprüchen wie: die Mauer muss wieder her. Okay, das sind wirklich Stammtischparolen, aber sie zeigen doch, was aufgewendet werden muss, damit wirklich zusammenwächst, was zusammengehört. Und ich erinner mich gut an die unglaublichen Emotionen und die Tränen, die beim Mauerfall geflossen sind - allein was ist einige Jahre später außer Ernüchterung auf beiden Seiten davon übrig?
Da scheint es mir ein Glück, dass sich die zehn neuen EU-Länder nicht mehr direkt aus dem real praktizierten Sozialismus auf uns zubewegen....

Die Parole Demokratie und Wachstum um jeden Preis scheint also nicht allein für Bush & Co. zu gelten, sondern auch in anderen Ländern Schule zu machen. Ich freue mich sehr, falls ich mich täusche. Falls nicht - wem nutzt das Chaos und die Wohlfahrtsverschlechterung, das durch diesen Zuwachs an Verantwortung und Organisation entstehen kann?

Ne also unter den Umständen werd ich kein Europa-Fan, denn um das ganze in bereichernde Bahnen zu lenken bzw. die positiven Erwartungen zu erfüllen , fehlen uns doch wahrhaftig die Mittel im Moment....
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
semball schrieb:
Hätten wir für den Euro damals ´ne Volksabstimmung gehabt, hätten wir ihn heute nicht, weil der Spruch "Die gute deutsche Mark ist stabil und vom Euro wissen wir nicht, ob er´s wird" mehrheitsfähig war.

Und wie gesagt: Volksabstimmungen auf Bundesebene würden immer von Populisten missbraucht. Mir haben die "DM statt Teuro"-Plakate der NPD schon gereicht und wenn man alles direkt abstimmen könnte, hätte man eine Hetz- oder Panikkampagne nach der anderen, die wegen der Massenwirksamkeit mit ein paar kurze Slogans auf der Gefühlsebene geführt werden würden ("Nein zum Afghanistaneinsatz"; "Nein zur Einwanderung"; "Nein zu höheren Steuern"; "Nein zu Reformen").

du hast schon recht... volksabstimmungen können auch tierisch nach hinten losgehen... wer weiß ob wir nicht inzwischen die todesstrafe wieder eingeführt hätten weil ein paar leute einen volksentscheid darüber abgehalten hätten...

ich denke zu manchen dingen sollte das volk ausdrücklich befragt werden und zur volksabstimmung aufgerufen sein.. bei manchen dingen ist das vielleicht nicht so angezeigt...


in sachen euro war ich selbst einmal recht begeistert von der idee der gemeinsamen währung... ich habe mich ja wirklich drauf gefreut...

das war bevor eine allianz aus wucherern den euro mißbraucht hat um uns alle fürchterlich zu verarschen.... ( mir ist bewußt, dass diese enorme preiserhöhung mit dem euro an und für sich nichts zu tun hat... wir hatten den euro defakto schon über jahre hinweg.... als verrechnungswährung war der euro ja schon da und die dm war davon abhängig... die dm war also schon euro..... letztlich.. ) .... würden wir jetzt vom euro zurück zur dm gehen, dann würden die wucherschweine einfach die jetztigen preise verdoppeln :evil: und wir hättens noch schlimmer...

zu den wucherern gehört natürlich auch unser wiederlicher abartiger miststaat ( gebühren in landratsämtern und ähnlichen stellen wurden zum teil ja gewaltig erhöht.... "wir runden nur auf" ... um 100% )





nicolecarina schrieb:
Will sagen: den Zeitpunkt der EU-Erweiterung sowie die Erwartungen die damit verbunden sind, halte ich für ziemlich unglücklich - die "Neuen" freuen sich vermutlich genau bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich dem "üblichen" EU-Standard angepasst haben. Und dann möcht ich sehen, welche Firma dann noch damit droht, in den Osten abzuwandern.
Von einem Bekannten weiß ich, dass die Arbeitslosigkeit und Abwanderung z.B. in Frankfurt/Oder noch immer steigt. Und ich wage zu behaupten das steht exemplarisch für den gesamten Osten Deutschlands. Also zieht dieses Niedriglohnkostenargument für mich eigentlich nicht mehr.

der übliche eu-standard ist ja dank der ausbeuter und wucherer nicht mehr so der wahn.... wir lassen ja schon federn .. täglich hunderte jobs, die im abfluss verschwinden.... täglich mehr menschen, die weniger geld zur verfügung haben... täglich mehr, die neue jobs gefunden haben, die schlechter bezahlt sind als ihre vorhergehenen jobs. kaufkraftvernichtung im minutentakt.

sicher im osten deutschlands wütet die arbeitslosigkeit besonders schlimm und das trotz der billiglöhne ( im vergleich alte bundesländer ). woran liegt es, dass nicht genügend wirtschaft abwandert in den osten? ich denke zum teil wohl auch daran das profiteure mit der absicht zu vernichten in den osten deutschlands gezogen sind..... dort industrie zerstört haben ( kaufen für nen appel und ein ei.. subventionen einstreichen... insolvenz anmelden und sich vom acker machen war ja mal eine ganz beliebte sportart und westwirtschaftlern.)
 

IMplo

Geheimer Meister
22. August 2003
352
Also ich sehe hier vor allem noch eine Menge Dinge, die zu erledigen sind:

Ein Vetorecht der Mitgliedsstaaten gehört abgeschafft. Der Laden wird zu groß und die Anstrengunguen absehbar zu gewaltig, um zusätzlich noch Sonderwege für Einzelinteressen zu gestatten. Im Interesse einer guten Effizienz im politischen und wirtschaftlichen Tagesgeschäft ist m.E. zu erwägen, ob es nicht tatsächlich so etwas wie die "Vereinigten Staaten von Europa" geben sollte. Spätestens beim Thema Verteidigung macht das in jedem Fall Sinn. Die Vielfalt der Meinungen unter allen Mitgliedern darf nicht dazu führen, daß nicht alle "an einem Strang" ziehen. Staatenegoismus bekämpft man sicher am Besten mit der Gründung solcher "U.S. of E."

Die EU sollte meiner Meinung nach föderalistisch organisiert sein, bspw. wie in der BRD, aber halt nicht als Clone...

Es können z.B. Infrastrukturplanung und Bildungswesen dezentral entschieden werden, aber Verteidigung und Finanzen zentral...

Es darf nicht sein (unter dem Stichwort Demokratie), daß es wie bisher eine "Einflußdemokratie" gibt. Stimmgewicht sollte nach Bevölkerungsanteil am Ganzen funktionieren, nicht etwa nach Wirtschaftsmacht.

Und ja, wir werden viele Arbeitsplätze verlieren, andererseits haben wir immer auch die Chance, neue zu schaffen. Es hängt vieles davon ab, wie gut uns das gelingt...

Gerade jetzt ist es daher wichtig, auf Sektoren wie "Neuer Markt" und "HiTech" oder Umweltschutztechnologie, alternative Energien, viel zu investieren. Hier kann man eine Führungsrole erarbeiten/halten und auch nach wie vor gut verdienen. Auf Sektoren wie bspw. Landwirtschaft sehe ich allerdings schwarze Zeiten zukommen, zumindest für kleine und mittlere Betriebe. In den Ex-Sozialistischen Ländern herrschen große Betriebseinheiten vor, nach dem Beispiel der LPGs in der Ex-DDR. Die produzieren sicher sehr günstig, denn obendrein kostet da der Erntehelfer auch bloß die Hälfte, etc


Greetz!
IMplo
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
gerade im bereich neuer markt und it kenne ich viele arbeitslose.. .einer meiner freunde ist umwelttechniker.. guess what.. auch arbeitslos..
 

IMplo

Geheimer Meister
22. August 2003
352
Jo, andererseits denke ich, daß gerade in den neuen Mitgliedsstaaten noch eine Menge an Netzwerktechnik, etc. gebraucht wird ;) = Marktchance!

Greetz!
IMplo
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
Der Laden wird zu groß und die Anstrengunguen absehbar zu gewaltig, um zusätzlich noch Sonderwege für Einzelinteressen zu gestatten.

seh ich auch so und Gleichmacherei - wurde hier schon festgestellt - funktioniert meist zu Recht nicht.

Weshalb lernt denn offenbar niemand aus den bereits ersichtlichen negativen Globalisierungseffekten und befolgt die Vorschläge der Experten - ich wiederhole mich - zurück zu kleineren, überschaubaren und damit schlichtweg auch besser verwaltbaren Einheiten? Weniger ist manchmal einfach mehr ... ach ja doch: Daimler Chrysler hat sich wieder auf eine gesunde Kosten-Nutzen-Überlegung besonnen und mit der Mitshubishi-Entscheidung denke ich ein Zeichen gesetzt. Halte ich für richtig und auch auf die Politik übertragbar. Denn auch hier muss nicht alles gemacht werden. Sinnlose Bauprojekte, teilweise unsinnige Subventionen - vermehrt sich das jetzt exponentiell mit dem Zuwachs neuer EU-Länder?
 

tsuribito

Vorsteher und Richter
27. September 2002
732
GLEICHBEHANDLUNG STATT GLEICHMACHUNG
Eine Europäische Sprache ist logisch. Wie sollen sich die Leute als Europäer fühlen, wenn sie sich nicht verstehen?
Eine Zweitsprache reicht da ja schon aus.

Abschaffung der Nationalstaaten macht auch Sinn. Es ist effizienter direkt Europa zu regieren als das jeweils immer in Nationales Recht umzuwandeln.
Lokalkultur kann so ebenfalls viel besser gefördert werden. Grade in Grenzgebieten sind Kulturräume nicht mit Landesgrenzen identisch.
Eine Aufgabe der Identität sehe ich da nicht. Hört man auf Bayer zu sein, wenn man sich als Deutscher fühlt? (Mist, schlechtes Beispiel ;))
 

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