Genua ist bei vielen in schlechter Erinnerung. Wir erinnern uns an die Bilder von den Strassenschlachten. Das Aufrollen des Falles 'Genua' führt jedoch zu (eigentlich nicht überraschenden) neuen Erkenntnissen, wie mit den Demonstranten umgegangen ist und zeichnet ein sehr schlechtes Bild von der Vorgehensweise des Staates. Das Wort Verschwörung dürfte gesellschaftsfähig werden.
Berlusconi äusserte, dass er zu der Polizei stehe. Rechts und radikal ist er, wie schon bekannt, und in Intrigen verwickelt.
V-Männer im Schwarzen BlockDie juristische Aufarbeitung der blutigen Straßenkämpfe beim G-8-Gipfel in Genua enthüllt: Um brutale Prügel-Orgien zu rechtfertigen, haben Italiens Ordnungshüter gelogen und gefälscht. (...)
Trauriger Höhepunkt eines politischen Sommerwochenendes in Genua: Vom 20. bis 22. Juli vorigen Jahres hatten sich die Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrienationen und Russlands zum Meinungsaustausch versammelt. Etwa 300 000 Menschen kamen zusammen, um gegen die Politik der "Großen Acht" zu demonstrieren. Auch die Staatsmacht war mit mehr als 15 000 Soldaten und Polizisten vor Ort. Krawalle wie kurz zuvor beim EU-Gipfel im schwedischen Göteborg sollte es in Genua nicht geben. (...)
Die Ordnungshüter seien "Opfer gewaltiger Aggressionen" gewesen, hatte Polizeichef Gianni De Gennaro beharrlich behauptet. Es habe der Gewalt bedurft, "um auf die Gewalt zu antworten". Die juristische Aufarbeitung des blutigen G-8-Gipfels zeigt indes ein anderes Bild. Polizeieinheiten haben grundlos geschlagen und getreten, friedliche Demonstranten brutal niedergeknüppelt, arglose Passanten mit Tränengas beschossen. (...)
In Genua seien "die Menschenrechte in einem Ausmaß verletzt worden", resümierte die Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International nach einer Befragung von Zeugen aus 15 Ländern, wie man es "in der jüngeren Geschichte Europas nicht mehr erlebt" habe. Die Arbeit der Staatsanwaltschaft stützt diesen Befund. (...)
Und noch etwas war eigenartig. Im vermeintlich linksradikalen Randalehaufen, so viel ist inzwischen klar, mischten Dutzende rechtsradikaler Schläger mit. Die Polizei wusste vorher darüber bestens Bescheid. In einem internen Dokument, später in Zeitungen veröffentlicht, beschreiben die Sicherheitsbehörden noch vor dem G-8-Gipfel, wie Mitglieder der Neonazi-Gruppen "Forza Nuova" und "Fronte Nazionale" sich unter die Anarchistentruppe mischen und Randale machen wollten, um "die Linken" in Misskredit zu bringen. Konsequenzen hatten diese Erkenntnisse wohl nicht.
Berlusconi äusserte, dass er zu der Polizei stehe. Rechts und radikal ist er, wie schon bekannt, und in Intrigen verwickelt.