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Hartz 4 der Zweite

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samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
@Booth

Nun - wir leben NICHT in einer Utopie-Welt, in der alle sich dauerhaft, gerne und sehr sinnvoll für die Gesellschaft einsetzen.
Wir leben in einer Gesellschaft voll von Egoismen

was mir bei dir immer wieder auffällt, ist, das du, wenn du von gesellschaftlichen egoismen (DER mensch ist nun mal so, nicht?) sprichst, es sich so anhört als wäre das eine art naturgesetz, deshalb das was läuft, praktisch folgerichtig ist. die jetzigen loser würden es nicht anders machen wenn sie am ruder wären. dass das viel mit dem zu tun hat, was hier als wert in dieser gesellschaft verkauft wird, als anstrebenswertes ziel, nämlich macht, ruhm, einfluss und natürlich viel geld zu haben, unterschlägst du dabei, das es genug leute gibt die ihren werteschwerpunkt ganz woanders sehen, ebenfalls.
ich bekomme bei dieser diskussion mit dir ein ständiges déjá-vu, weil wir das alles vor über einem jahr schonmal hatten- erinnerst du dich?

bei dir wird alles, die besitzenden und die habenichtse, in einen topf geschmissen, kräftig umgerührt- et voilá...heraus kommt die einheitssoße, die eindeutig nach "es ist nunmal so...so ist DER mensch (genetisch veranlagt?)...kann man nichts ändern" schmeckt.

natürlich ist diese gesellschaft voll von egoismen, aber sie wurden/werden reichlich gefördert. schau dich dochmal um, was siehst du?

die gierhälse, die kriegstreiber, die ausbeuter, die profiteure, die heuchler, lügner, korrumpierten, abzocker... bestimmen das bild und genau das schlägt sich auch in der gesellschaft nieder. wer in diesen disziplinen am besten ist, sich am raffiniertesten zu verkaufen weiß, der kommt auch am weitesten. jeder der anders tickt muss sich zwangsläufig verarscht vorkommen.

Marx hat mal gesagt "das sein bestimmt das bewusstsein"...

hier wird eine ego-ideologie hochgehalten, die uns alle den kopf kosten wird. statt das gemeinschaftliche, das es zu bewahren und auszubauen gilt zu fördern, wird hier eine ellbogengesellschaft propagiert, ein "nach uns die sintflut".

es gibt genug alternative gesellschaftsmodelle, es gibt genug kreatives und soziales potential im menschen- es wird nur nicht genug gefördert, sondern es wird permanent mit füßen getreten.
 
B

Booth

Gast
samhain schrieb:
Marx hat mal gesagt "das sein bestimmt das bewusstsein"...
Booth sagt, Marx hat Unrecht... bzw sah das ganze zu einseitig.
Aus meiner Sicht bestimmt weder das Bewusstsein das Sein, noch bestimmt das Sein das Bewusstsein. Es ist eine permanente gegenseitige Beeinflussung.
Du hast recht - das hatten wir schon vor ein Jahr, und werden es auch vermutlich noch in zehn Jahren haben, da wir unterschiedliche Weltanschauungen haben.
Du scheinst sehr nah an Marx zu sein, und glaubst, daß man nur die Rahmenbedingungen optimal setzen muss, und die meisten bis alle Menschen werden hauptsächlich ihre besseren und besten Eigenschaften an den Tag legen. Ich glaube, daß es dazu mehr Bedarf, und sich die Menschheit noch gehörig entwickeln muss, bis es dazu kommt. Menschen müssen LERNEN, solidarisch zu sein. Menschen müssen LERNEN, mäßig zu sein. Menschen müssen LERNEN, sich gegenseitig zu unterstützen statt gegenseitig zu behindern und anzufeinden. Menschen müssen LERNEN, allen anderen Menschen ein hinreichendes Maß an Grundrespekt gegenüber zu bringen.
Ich glaube, daß dieser Lernprozess nur über Bildung stattfinden kann - vor allem soziale Bildung, nicht nur Fachbildung. Wir fangen in unserer Gesellschaft erst allmählich an, zu verstehen, daß soziale Bildung bei weitem nicht automatisch mit Fachbildung einhergeht. Teilweise ist sogar das Gegenteil zu beobachten. Von daher bin ich der Meinung, daß es noch viele Generationen dauert. Und ich glaube, daß eine heutige "Revolution" so wie sie Dir vermutlich vorschwebt, nicht viel bringen wird, da die meisten Menschen nunmal Kinder der heutigen Welt sind, und sich damit sehr an Egoismen und dem Konsumverhalten orientieren.

@forcemagick
Man kann den Leuten zwar sagen, sie sollen ihren Sozialneid nur nach oben ausleben - aber es funktioniert nunmal nicht. Das Gefühl für Ungerechtigkeit entsteht leider unabhängig von den Geldbeuteln der Menschen. Geschürt wird diese Gefühl in den Medien letztlich in jede Richtung - die Medienmacher interessieren sich in erster Linie dafür, was sich gut verkauft. Wenn sich viele Menschen also nicht für Ungerechtigkeiten auch nach unten hin interessieren würden, würde es auch nicht oft zu sehen sein.
Ich selber habe mich mit der Ungerechtigkeit der Welt nicht nur abgefunden, sondern diese in meine Weltanschauung eingebunden. Die meisten anderen Menschen leider nicht.
Daß Du die Konsumgesellschaft nicht hinnehmen magst, ist durchaus ehrenvoll. Aber im Gegensatz zu samhain (und vielleicht auch Dir) bin ich fest davon überzeugt, daß man Humanismus und ein hohes Maß an Sozialverhalten nicht einprügeln kann, oder ihnen die vorgefertigte Gesellschaft nur hinstellen muss, und alle sind plötzlich zufrieden. Menschen müssen dies erlernen. Und das wird aus meiner Sicht viele Generationen dauern.
Permanent zu sagen, was daneben ist, ist nicht schlimm. Die Frage, die ich entscheidend finde, ist die nach der Erwartungshaltung, die man damit verbindet. Erwartest Du, daß sich die Welt in Deinem kleinen Lebensalter grundlegend ändert? Dann kann ich endlich Deinen Pessimismus nachvollziehen...

Daß Du am Ende aber die Arbeitssuchenden in sofern in Schutz nimmst (auch wenns mit einem Smilie beendet wird), daß ein Verein ja eine kompliziert Sache ist, finde ich eher schade. Denn auch hier zeigt sich meines Erachtens, wie fähig die Menschen wirklich für solidarische Handlungen sind, was für Eure (und vermutlich im Resultat auch meine) Utopie unabdingbar ist. Sind die Menschen also wirklich HEUTE schon bereit dafür?
Ich denke halt Nein - aber es ist natürlich richtig, auf die vielen, vielen Fehler in dieser Gesellschaft hinzuweisen. Das Auftreten zeigt jedoch, welche Erwartungshaltung man an Korrekturen hat. Ich neige dazu, eher geringe Korrekturen und teilweise auch Verschlechterungen hinzunehmen, ohne den Weltuntergang zu prophezeien.
Ich verstehe, daß vor allem samhain das nicht kann, da er eine andere Weltanschauung hat. Aber ich ändere mein Verhalten deshalb nicht, und werde auch teilweise bei Verschlechterungen versuchen das Positive zu sehen. Denn ich finde es fast immer, auch wenn ich das negative nicht ausblende.

gruß
Booth
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
@Booth

Menschen müssen LERNEN, sich gegenseitig zu unterstützen statt gegenseitig zu behindern und anzufeinden. Menschen müssen LERNEN, allen anderen Menschen ein hinreichendes Maß an Grundrespekt gegenüber zu bringen.
Ich glaube, daß dieser Lernprozess nur über Bildung stattfinden kann - vor allem soziale Bildung, nicht nur Fachbildung. Wir fangen in unserer Gesellschaft erst allmählich an, zu verstehen, daß soziale Bildung bei weitem nicht automatisch mit Fachbildung einhergeht. Teilweise ist sogar das Gegenteil zu beobachten.

da sind wir uns ja ausnahmsweise mal einig. nur ist dir hoffentlich klar, das es bei dem ganzen gefasel um "bildung" immer mehr um fachwissen (auf die wirtschaftlichen bedürfnisse zugeschnitten) geht und eben nicht darum, soziale kompetenz, verantwortung zu übermitteln.

Von daher bin ich der Meinung, daß es noch viele Generationen dauert. Und ich glaube, daß eine heutige "Revolution" so wie sie Dir vermutlich vorschwebt, nicht viel bringen wird, da die meisten Menschen nunmal Kinder der heutigen Welt sind, und sich damit sehr an Egoismen und dem Konsumverhalten orientieren.

das ist ein widerspruch in sich.
die "revolution" die mir vorschwebt hat nichts damit zu tun, das schwuppdiwupp wie das himmlische manna die erkenntnis vom himmel fällt und alles ist von heute auf morgen wunderbar. hälst du mich wirklich für so realitätsfremd?

wie du schon richtig sagst- es ist ein prozess.
nur im unterschied zu dir, der das auf die nachfolgenden generationen schiebt, bin ich der meinung das wir im hier und jetzt damit anfangen MÜSSEN. sonst ist nämlich bald schluss mit lustig bzw. ist es das schon. wie soll sich was in zukunft verändern, wenn man damit nicht heute beginnt? und wer soll damit anfangen, wenn nicht wir? jeder kann das tun und viele tun es auch. man muss nicht darauf warten bis die ganze nation aufwacht (da kann man wahrscheinlich lange warten), sondern einfach bei sich selber anfangen.

zum konsumverhalten:

diese gigantische werbeindustrie suggeriert den menschen jeden tag, das der besitz ihrer waren gleichbedeutend mit glück, ansehen, gesteigertem selbstbewusstsein usw ist. je mehr also produziert und damit konsumiert wird umso besser- ob diesen ganzen scheiss jemand wirklich braucht- diese frage ist nicht im sinne des erfinders, der davon lebt, die zunehmende leere in jedem einzelnen mit seinen angeboten zu (er)füllen.

werbekampagnen sind nichts anderes als psychologische manipulation. "wir haben hier produkt XY, das eigentlich ziemlich überflüssig ist, wollen es aber an die leute bringen." so beginnen findige werbestrategen, dieses produkt mit allerlei sehnsüchten aufzuladen (freiheit, unabhängigkeit, "ich bin es mir wert" *was suggeriert das im umkehrschluss?*...cool/hipness, zusammengehörigkeit usw.), sehnsüchten und bedürfnissen die in der tat vorhanden sind und an denen es immer größere defizite gibt- nur die nie und nimmer durch einen toten gegenstand erfüllt werden können. so werden ganz bewusst ersatzidentifikationen geschaffen, die natürlich nicht halten können, was sie versprechen. also eine neue runde, wieder ein anderes produkt, wieder ein "neuer" trend, auf das die konsumspirale in gang gehalten wird.

Dies führt bisweilen bei den Betroffenen zu völligem Realitätsverlust: Die neben der schönen bunten Werbewelt wenig attraktiv scheinende Realität wird als Fiktion wahrgenommen und umgekehrt. Doch wie könnte man es also dem Menschen verdenken, dass er - ökonomisch handelnd - Wege wählt, die schieren Konsum und keine Eigeninitiative erfordern, die ihm das Dasein stark vereinfachen und ihm das Denken und andere Unannehmlichkeiten abnehmen? Die Abschaffung des Gifts der Massensuggestion würde bei den Konsumenten einen Entzugsschock auslösen, der sich kaum von den Entzugssymptomen Drogenabhängiger unterscheiden dürfte.

Konsumstress ist ein typisches Phänomen für unsere Gesellschaft, gehört heute praktisch zum Alltag: Es werden Kaufwünsche geweckt, die für den 'kleinen Mann' immer den Haken haben, dass sie sein Budget arg strapazieren. Somit entscheidet er sich, für die erstrebenswerten Konsumgüter gern etwas Stress hinzunehmen. Das führt z.B. dazu, dass er sein Arbeitspensum über längere Zeit erheblich steigert, um genügend Geld für eine Urlaubsreise zur Verfügung zu haben, die er zu seiner Erholung nutzen will. Diese Erholung allerdings wird im besonderen Maße erst durch das zusätzliche Arbeitspensum erforderlich. Und eine Erholung im eigenen Garten/auf dem eigenen Balkon kommt als solche nicht in Frage, da ja die Touristikbranche omnipräsent versichert, dass nur unter südlicher Sonne - je mehr Flugmeilen zurückgelegt werden, desto besser - eine echte Regeneration möglich ist. Der Erholungswert bemisst sich hier also am Preis, der dafür entrichtet wurde.

(...)

Wie sähe die Welt bloß aus, wenn der durch Werbe-Dauerberieselung entstehende Konsumstress z.B. mal für einen Tag ausbliebe? Viele Menschen, die sich auf den 'Informationsgehalt' dieser Quellen verlassen und den Gebrauch des eigenen Urteilsvermögens eingestellt haben, würden ernsthafte Probleme bekommen, weil sie plötzlich nicht mehr zwischen 'richtig' und 'falsch' unterscheiden könnten. Sie wären völlig hilflos - scheinbar eine Bestätigung für die Argumentation der Werbenden, sie trügen zur 'Entscheidungsfindung' bei. Bei genauerer Betrachtung jedoch wird dem Individuum genau an dieser Stelle sein Recht auf Individualität entzogen - selbst wenn er objektive Informationen zum Produkt erhielte, wäre er ob seiner geistigen Verarmung kaum in der Lage, diese zufriedenstellend auszuwerten. Doch solches erwartet ihn ohnedies nicht, sondern vielmehr ein raffiniert ausgeklügeltes psychologisches Trommelfeuer, das - wenn er aufgrund der bewahrten kritischen Haltung den Werbeinhalten gegenüber selbst darüber erhaben sein sollte - über seine Umgebung (Freunde, Famile etc.) wiederum über ihn hereinbricht, und hier womöglich in viel persönlicherer Weise an einem deutlich wunderen Punkt.

(...)

Am begeistertsten konsumieren immer diejenigen, die am leichtesten zu beeinflussen sind. Wer Probleme mit der Identitätsfindung hat, was beim Menschen in bestimmtem Alter durchaus üblich ist, wer sein Selbstbewusstsein durch von außen zugeführte Mittel stärken muss, der ist empfänglich für jede Art der Beeinflussung. Erfahrungsgemäß finden sich solche Verhaltensweisen mehr oder minder ausgeprägt bei pubertierenden Jugendlichen. Bindungslosigkeit durch ein Stadium zwischen der Familie der Eltern und der Gründung einer eigenen Familie, Stimmungsschwankungen und Kurzschlussreaktionen, permanente Unzufriedenheit und der Wunsch, alles auszuprobieren sind Merkmale dieser schwierigen Phase des Erwachsenwerdens. Aber es sind auch Merkmale des perfekten Konsumenten. Nirgendwo sonst fällt es so schwer, sich dem Konsum zu entziehen. Wer in der Schule die falschen Hosen, Schuhe, Jacken etc. trägt, wird im besten Falle von den anderen geschnitten, im schlimmsten Falle schwersten psychischen und physischen Repressalien ausgesetzt. Dieses Phänomen ist unter dem Begriff 'peer pressure' bekannt geworden, zu deutsch in etwa 'Gruppenzwang'.

so läuft die sache und genauso soll sie auch laufen- wer würde sonst den ganzen mist kaufen?
gegenbewegungen gibt es schon (zb. "no logo", verfremdung von werbeplakaten usw.), aber die große masse hängt, wie der junkie an der nadel, an der nadel des konsums. wenn ich mir nur angucke, wie viele im wahrsten sinne des wortes an ihren handys "hängen"...die können die dinger gar nicht mehr aus der hand legen...wie jeder entzug, würde auch dieser mit großen schmerzen einhergehen- man würde plötzlich erkennen, das alles nur schall und rauch ist, das hinter dem ganzen nur ein großes schwarzes loch ist. dieses schwarze loch wirklich zu füllen, zu schließen, würde bedeuten, sich mit seinen wirklichen bedürfnissen auseinanderzusetzen, mit seinem fehlenden selbstbewusstsein, mit seinen schwierigkeiten sich so anzunehmen wie man ist, mit seiner einsamkeit.

schwierige sache- klingt schon fast nach therapie und soetwas ähnliches ist es wohl auch. ist aber mit den richtigen zeichensetzungen und einer veränderung dessen, was man so als "wert" betrachtet (was meistens nur oberflächliche scheisse, also wertlos ist), durchaus möglich.
da gerade kinder und jugendliche davon betroffen sind, müsste man schon in den elternhäusern und schulen gegensteuern.

Denn auch hier zeigt sich meines Erachtens, wie fähig die Menschen wirklich für solidarische Handlungen sind, was für Eure (und vermutlich im Resultat auch meine) Utopie unabdingbar ist. Sind die Menschen also wirklich HEUTE schon bereit dafür?
Ich denke halt Nein

auch diesen punkt haben wir meiner meinung nach irgendwann schonmal ausführlich debattiert.
du tust immer so, als wären alle nur irre egomanen. wenn das wirklich so wäre, dann würde hier schon lange nichts mehr funktionieren. wer hält denn hinter den kulissen den laden am laufen? wer erzieht und versorgt kinder, wer betreut seine demenz(oder sonstwie)kranken angehörigen, wer arbeitet ehrenamtlich (darunter auch genug arbeitslose) etc?

kann man die an einer hand abzählen?
nein- das potential für soziales und solidarisches verhalten ist durchaus gegeben. statt dieses also zu fördern, was auch finanzielle unterstützung und eine gesellschaftliche aufwertung dieser arbeit bedeuten würde- damit meine ich nicht, sich einmal jährlich, am tag des ehrenamts, mediengerecht inszeniert, einen feuchten händedruck von irgendeinem politiker abzuholen- wirft man diesen leuten noch knüppel zwischen die beine.
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
Booth schrieb:
Daß Du die Konsumgesellschaft nicht hinnehmen magst, ist durchaus ehrenvoll. Aber im Gegensatz zu samhain (und vielleicht auch Dir) bin ich fest davon überzeugt, daß man Humanismus und ein hohes Maß an Sozialverhalten nicht einprügeln kann, oder ihnen die vorgefertigte Gesellschaft nur hinstellen muss, und alle sind plötzlich zufrieden. Menschen müssen dies erlernen. Und das wird aus meiner Sicht viele Generationen dauern.

ganz klar muss sich die menschheit wohl noch ein ganzes stück entwickeln... sie müssen endlich mal erwachsen werden... das kann natürlich dauern....

ich denke auch nicht, dass man den leuten was einprügeln sollte, doch genau das geschieht ja in unserer gesellschaft... der konsumterror ist in meinen augen schon eine art dicker prügel, der täglich mehrmals niedersaußt... ja ich denke den leuten wird in unserer gesellschaft permanen etwas eingehämmert und ich glaube es ist zum ziel der entwicklung (die ich für notwendig halte ) diametral.

Permanent zu sagen, was daneben ist, ist nicht schlimm. Die Frage, die ich entscheidend finde, ist die nach der Erwartungshaltung, die man damit verbindet. Erwartest Du, daß sich die Welt in Deinem kleinen Lebensalter grundlegend ändert? Dann kann ich endlich Deinen Pessimismus nachvollziehen...

alles was ich erwarte ist eine gewisse tendenz zu erkennen... und an der evokation dieser tendenz arbeite ich mit vielen anderen ;) .... solange diese tendenz sich nicht verstärkt bleibe ich pessismist ;)

Daß Du am Ende aber die Arbeitssuchenden in sofern in Schutz nimmst (auch wenns mit einem Smilie beendet wird), daß ein Verein ja eine kompliziert Sache ist, finde ich eher schade. Denn auch hier zeigt sich meines Erachtens, wie fähig die Menschen wirklich für solidarische Handlungen sind, was für Eure (und vermutlich im Resultat auch meine) Utopie unabdingbar ist. Sind die Menschen also wirklich HEUTE schon bereit dafür?
Ich denke halt Nein - aber es ist natürlich richtig, auf die vielen, vielen Fehler in dieser Gesellschaft hinzuweisen. Das Auftreten zeigt jedoch, welche Erwartungshaltung man an Korrekturen hat. Ich neige dazu, eher geringe Korrekturen und teilweise auch Verschlechterungen hinzunehmen, ohne den Weltuntergang zu prophezeien.

es zeigt aber auch wie sehr solidarität und organisation behindert wird.
ich kenne durchaus vereine, die mit interessanten zielen begonnen haben und sich dann im vereinspolitischen wust auflösten...

however ich denke den weltuntergang zu prophezeihen ist in meinen augen unerlässlich...

ich kann den leuten nicht sagen "he was hier geschieht ist scheiße und fatal, aber ich bin zuversichtlich ihr könnt so weitermachen ohne dass es uns als spezies schaden wird"

nein.. ich werde den menschen nicht sage, dass alles in ordnung ist, denn das ist es schlicht nicht ;)

Ich verstehe, daß vor allem samhain das nicht kann, da er eine andere Weltanschauung hat. Aber ich ändere mein Verhalten deshalb nicht, und werde auch teilweise bei Verschlechterungen versuchen das Positive zu sehen. Denn ich finde es fast immer, auch wenn ich das negative nicht ausblende.

wenn du da mal nicht ein falschen bild von samhain hast ;)
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
samhain, das ist zwar der hartz iv - thread, aber trotzdem:


ich finde, dass du es dir mit deiner medienwirkungstheorie zu einfach machst.

diese gigantische werbeindustrie suggeriert den menschen jeden tag, das der besitz ihrer waren gleichbedeutend mit glück, ansehen, gesteigertem selbstbewusstsein usw ist.

ob ihr das suggerieren auch gelingt? oder suchen sich die zuschauer nicht auch die bestätigung ihrer neigungen?

werbekampagnen sind nichts anderes als psychologische manipulation.

eine behauptung, die vor allem die werbeindustrie gerne hört - sie hättens gerne, wenns so wäre. und verkaufen das, als sei es so. die manipulation durch werbung muss auch auf fruchtbaren boden fallen, wenn sie funktionieren soll.

so läuft die sache und genauso soll sie auch laufen

sie läuft so, aber dass sie auch mit absicht so laufen soll, seh ich nicht so. wie es laufen würde, gäbes es mal keine werbung seh ich ganz und gar nicht so, aber das ist für alle mehr oder weniger spekulation. so wie du manipulation in allem sehen kannst, könnte ich da auch reinen selbstbestimmten willen sehen (zumindest die bildzeitungsdefinition von eigenem willen). die wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen... als platter abschluss.. :wink:
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
um mal auf das thema werbung ein wenig mit einzusteigen...

sicherlich fällt werbung auf fruchtbaren boden ( dass sie insgesamt funktioniert scheint mir klar .. auch wenn ich denke, dass werbung eher hintenrum wirkt.... es wird ein permanentes feld der berieselung geschaffen... ein feld, dass eben genau jene werte und vorstellungen stärkt, die sich dann so wunderbar in unsere konsumgesellschaftliche zielrichtung fügt... kaufen kaufen auch wenn wir es schon lange nicht mehr brauchen...)
werbung hilft etwas zu enthemmen, nämlich den willen zum konsum.
wir können heute jedoch nicht mehr sagen wie der mensch ohne werbung wäre, denn immerhin werden wir jetzt schon seit generationen in diesem feld gezüchtet ;)

ich denke man sollte diese bewußtseinsidustrie nicht unterschätzen.

schau dir nur mal den erfolg solcher aktionen an wie sie media-markt/saturn abgezogen haben... soweit ich weiß sind die leute drauf eingestiegen und so mancher glaubte wohl wirklich an das hammergeschenk der umsatzsteuer.... doch letztlich wird hier mit margen gespielt ... man lässt halt 16% nach liegt aber immer noch im grünen bereich und zahlt eben schlicht weniger umsatzsteuer... eine mächtige augenwischerei, aber die leute springen drauf an.

den selbstbestimmten willen halte ich letztlich für eine illusion ( wir entscheiden uns aufgrund von informationen, die wir nur zu gewissem teil selber verifizieren können... wir leben in einem land der mutmaßungen gerüchte sozusagen ) was ist also die bildzeitungsdefinierte form von freiem willen? freier wille innerhalb der grenzen des systems?
so frei scheint mir das nicht zu sein....
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Manchmal habe ich den Eindruck, ich lebe in einer anderen Welt. Was ist so schön an Armut? Werdet Ihr wirklich alle zum Konsum gezwungen? Wieso zwingt mich keiner? Welcher Konzern beschäftigt Eineurojobber?
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
was die eineurojobber angeht... siehe weiter oben... und die entsprechenden zeitungsmeldungen... die sache ist wohl in arbeit.

was den konsumterror angeht und die frage nach dem zwang...

zwang heißt ja nicht gleich dass einer mit der uzi hinter einem steht.

es gibt durchaus auch subtile methoden jemanden dazu zu bewegen etwas zu tun.

wenn ich mir z.b. das weihnachtsgeschäft ansehe habe ich schon den eindruck die leute kaufen irrational... jetzt kann man sagen die leute sind einfach irre und donnern los weil weihnachten ist und kaufen halt einfach die dreifache menge klopapier und auch ansonsten von allem ein bisserl mehr, oder man vermutet, dass es auch ein bisschen was mit der werbekampagne zu tun hat... zu letzterem tendiere ich dann...

ich sehe da durchaus eine art erfolg der manipulationsmaßnahmen.

man kann aber natürlich auch davon ausgehen, dass alle nur milliarden in die werbung stopfen weil sie total gaga sind, schließlich hats ja keinerlei effekt und konsum findet in deutschland nur sinnvoll statt...

aber irgendwie kann ich das nicht glauben.
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
zum thema manipulation kann man sich mal folgende, sehr ausführliche abhandlung reinziehen:

Methoden der Manipulation

...Manipulation ist völlig normal, es gab sie immer und es wird sie immer geben. Immer dann, wenn eine Person versucht ihre Interessen durchzusetzen, wird sie selbstverständlich alle zur Verfügung stehenden Mittel anwenden. Schon ein Kind versucht durch Trotz und Heulen seine Eltern so zu beeinflussen, daß diese das gewünschten Verhalten zeigen. Gegen Manipulation ist grundsätzlich auch nichts einzuwenden, solange alle mit gleichen oder ähnlich effektiven Mitteln vorgehen. Die Durchschnittstricks der Normalbürger können auch in der Familie oder am Arbeitsplatz nur einen begrenzten Schaden anrichten, weil die Wirkung dieser Tricks sich fast aufhebt, da jeder Manipulierte mit gleicher Stärke wiederum versucht, seine Interessen trickreich durchzusetzen.

Nun ist es aber leider so, daß es auch hier Amateure und Profis gibt. Der Normalbürger hat oftmals weder das Wissen noch die finanziellen Möglichkeiten, die Durchsetzung seiner Interessen im großen Stil zu planen. Einflußreiche Gruppen haben hingegen sehr wohl das Geld, sich sowohl die Profi-Manipulierer zu leisten als auch die erarbeiteten Pläne zur Manipulation in die Tat umzusetzen. Hier ist die Gleichheit der Mittel nicht mehr gegeben. Die Amateure sind den Profis hoffnungslos unterlegen und letztere nutzen diesen Zustand schamlos aus.

http://www.das-gibts-doch-nicht.de/seite3127.php

die 1,-€ jobs in der wirtschaft werden so sicher sein wie das amen in der kirche. die arbeitsmarkt"reform" ist zum größten teil auf dem mist "der" (die gänsefüßchen widme ich Booth) wirtschaft gewachsen und sie wissen genau was sie wollen und was sie tun...sie wissen auch, das sie es bekommen. jetzt gibt es wieder das übliche geplänkel vor den kulissen, während die akteure dahinter doch schon längst alles unter dach und fach gebracht haben. auch hier wird die zeit wieder auf meiner seite sein- die mühlen mahlen heute nämlich sehr schnell- und es wird nicht lange dauern, bis die ersten auswirkungen zu spüren sind. ich werde euch auf dem laufenden halten, glaubt mir. es wird erstaunlich sein, was in zukunft alles unter dem begriff "zusätzlich und im öffentlichen Interesse" laufen wird.

Privatwirtschaft buhlt um Ein- Euro-Jobs

Möglicherweise schon bald Modellversuch in Sachsen-Anhalt. Scharfe Kritik vom Sozialverband Deutschland

In Sachsen-Anhalt wird es möglicherweise schon bald einen Modellversuch geben, private Unternehmen als Träger von Ein- Euro-Jobs einzusetzen. Nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums hat der Verband für Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Ende des vergangenen Jahres einen Antrag auf eine solche Trägerschaft eingereicht. Ein entsprechendes Konzept des Verbandes soll bis Ende Januar vorgelegt werden. Es soll dann im vom Ministerium einberufenen Forum für Wirtschaft und Arbeit mit Vertretern der Unternehmer, der Industrie und der Gewerkschaften diskutiert werden. Einig sind sich Landschaftsverband und Landesregierung, wie die Pressespecherin des Wirtschaftsministeriums, Jeannine Kallert, gegenüber junge Welt betonte, darin, daß die Ein-Euro-Jobs, wie im entsprechenden Hartz-IV-Gesetz festgelegt, »zusätzlich und im öffentlichen Interesse« sein müßten. Der Geschäftsführer des Verbandes, Werner Wandelt, erklärte im Gespräch mit jW, in Frage kämen Pflegearbeiten im Bereich des öffentlichen Grüns sowie leichte Instandhaltungsarbeiten, die bisher im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen erledigt worden seien. Aus welchen Gründen die Pflege und Instandhaltung öffentlicher Parkanlagen allerdings als »zusätzliche« und damit nicht notwendige Arbeit eingestuft werden kann, erscheint fragwürdig. Nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Mittwoch ist bei den Mitgliedern des Zentralverbandes Gartenbau die Angst groß, daß »jetzt der öffentliche Dienst die Pflege von Parks und Friedhöfen wieder selbst übernimmt, und zwar mit Ein-Euro-Jobs«...

http://www.jungewelt.de/2005/01-13/014.php
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
samhain schrieb:
zum thema manipulation kann man sich mal folgende, sehr ausführliche abhandlung reinziehen:

kein guter link, samhain. halte die seite für so mies, dass ich schon aus prinzip das gegenteil glaube, von dem, was da steht... :wink:

aber, wenn es schon eine ausführliche abhandlung ist: wo steht die definition von manipulation? hab nix gefunden...
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
antimagnet schrieb:
dass ich schon aus prinzip das gegenteil glaube, von dem, was da steht... :wink:

:lol:
Das war auch mein erster Gedanke...
Aber so schlecht fand ich den Text gar nicht. Also teilweise. Und verglichen mit anderen Werken von der Seite ;)

aber, wenn es schon eine ausführliche abhandlung ist: wo steht die definition von manipulation? hab nix gefunden...

wieviel hast du denn gelesen? ;)
sowas in die richtung gibt's schon:

Im Allgemeinen bezeichnet das Wort "Manipulation" jede Form von Handlung bzw. Behandlung. Wer also seinen Fernseher einschaltet, manipuliert ihn entsprechend dieser allgemeinen Bedeutung des Wortes. Ich gebrauche in diesem Buch das Wort "Manipulation" in der allgemein üblichen, eingeschränkten Wortbedeutung. Demnach ist Manipulation in diesem Buch definiert als trickreiche Beeinflussung einer Person oder einer Gruppe, mit der Zielsetzung der Herbeiführung einer Meinung oder einer Handlung, welche den Zielen des Manipulierenden dient.


(edit)
wenn ich schon mal wieder zu diesem Thema poste, sollte ich wohl noch erwähnen, dass ich mich samhain weitgehend anschließen kann, aber teilweise andere Links setzen würde ;)
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
hives schrieb:
:lol:
Das war auch mein erster Gedanke...
Aber so schlecht fand ich den Text gar nicht. Also teilweise. Und verglichen mit anderen Werken von der Seite ;)

ich gebe zu, das könnte ich dem text auch bescheinigen. mit ner anderen quelle hätte ich dann viel weniger probleme...


wieviel hast du denn gelesen? ;)

ich gebe zu, ich habs nur überflogen...

sowas in die richtung gibt's schon:

Im Allgemeinen bezeichnet das Wort "Manipulation" jede Form von Handlung bzw. Behandlung. Wer also seinen Fernseher einschaltet, manipuliert ihn entsprechend dieser allgemeinen Bedeutung des Wortes. Ich gebrauche in diesem Buch das Wort "Manipulation" in der allgemein üblichen, eingeschränkten Wortbedeutung. Demnach ist Manipulation in diesem Buch definiert als trickreiche Beeinflussung einer Person oder einer Gruppe, mit der Zielsetzung der Herbeiführung einer Meinung oder einer Handlung, welche den Zielen des Manipulierenden dient.

reicht das?

wenn ich also eine werbung schalte (trickreiche beeinflussung) und du kaufst das produkt (herbeiführung einer handlung, welche meinen zielen dient), hab ich dich dann schon manipuliert? oder besteht die möglichkeit, dass du das produkt auch kaufen wolltest?
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
antimagnet schrieb:
Im Allgemeinen bezeichnet das Wort "Manipulation" jede Form von Handlung bzw. Behandlung. Wer also seinen Fernseher einschaltet, manipuliert ihn entsprechend dieser allgemeinen Bedeutung des Wortes. Ich gebrauche in diesem Buch das Wort "Manipulation" in der allgemein üblichen, eingeschränkten Wortbedeutung. Demnach ist Manipulation in diesem Buch definiert als trickreiche Beeinflussung einer Person oder einer Gruppe, mit der Zielsetzung der Herbeiführung einer Meinung oder einer Handlung, welche den Zielen des Manipulierenden dient.
reicht das?

wenn ich also eine werbung schalte (trickreiche beeinflussung) und du kaufst das produkt (herbeiführung einer handlung, welche meinen zielen dient), hab ich dich dann schon manipuliert? oder besteht die möglichkeit, dass du das produkt auch kaufen wolltest?

Auch wenn man ein Produkt vorher anziehend fand, aber erst durch die Werbung den entscheidenden Impuls bekommt, könnte man das imho immer noch als eine Form von Manipulation bezeichnen.
Eine Frage ist eben, seit wann und warum du das produkt willst ;)

Der direkte Einfluss von Produktwerbung auf den Kauf eben dieses Produktes ist übrigens imho nicht der einzige manipulative Aspekt von Werbung, denn neben dem Markennamen wird die Produktklasse beworben, in weiterer Hisicht (je nach Produkt) auch weitere Ideen, Pseudo-Notwendigkeiten, Vorstellungen, Weltbilder etc.
Das alles kann nicht vollkommen ohne Einfluss bleiben - bei aller berechtigten Kritik an allzu naiven Werbewirkungstheorien...
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
Eine Frage ist eben, seit wann und warum du das produkt willst

nehemn wir den klassischen fall an: ich seh ne werbung und denk mir, boah das gibts? und kaufs mir dann.

selbst das muss noch nicht manipulation sein, finde ich.

so geschehen bei mir, als ich zum erstne mal werbung für waschmittel für schwarze wäsche gesehen habe. nächsten tag gekauft, als geburtstagsgeschenk für ne freundin. dann die werbung immer wieder gesehen, aber nicht mehr gekauft. ich selbst brauchs ja gar nicht. so gibts etliche andere produkte, einmal gekauft und sonst nicht mehr gebraucht.

ist es noch manipulation, wenn es manchmal wirkt und manchmal nicht?


Das alles kann nicht vollkommen ohne Einfluss bleiben - bei aller berechtigten Kritik an allzu naiven Werbewirkungstheorien...

in der tat wäre es genau so naiv, zu behaupten es hätte keinen einfluss. allerdings hat das wetter auch einen massiven einfluss auf unser verhalten und keiner spricht von manipulation.

ok, das wetter ist nicht menschengemacht, manipulation schon... in diesem sinne manipuliert einen aber auch ein gutes buch. trickreiche beeinflussung, genau im sinne des autoren...
 
B

Booth

Gast
samhain schrieb:
nur ist dir hoffentlich klar, das es bei dem ganzen gefasel um "bildung" immer mehr um fachwissen (auf die wirtschaftlichen bedürfnisse zugeschnitten) geht [...]
Ähem... wieso "immer mehr"? Bis vor 200 Jahren gab es gar keine allgemeine Schulpflicht, somit keine allgemeine Bildung - weder fachlich, noch sozial (die meisten Menschen und somit Kinder lebten auf dem Land, und dort war Kidnerarbeit notwendig, genauso wie bei Arbeiterfamilien).
Bis vor wenigen Jahrzehnten war es in Schulen üblich, daß Kinder von Lehrern verdroschen wurden, wenn sie nicht spurten, und vor allem auswendig lernten.
Bist Du wirklich der Ansicht, daß es "immer mehr" darum geht, die Kinder Richtung Fachwissen zu trimmen? Aus meiner Sicht war das die letzten zweihundert Jahre schon so. In den letzten dreissig Jahren gab es an den deutschen Unis sehr stark den Drang, daß Leute lange und ohne großes Ziel studieren konnten - ob dies das Erlernen von sozialem Wissen bedeutete, wage ich sehr stark zu bezweifeln, wenn ich mich an meine eigene Uni-Zeit erinnere.
Von daher muss ich mal wieder aus meiner Sicht feststellen, daß diejenigen, die alles so extrem schlimm darstellen, wie Du, zu diesen Verschlimmerungs-Vokabeln völlig unangebracht greifen.
nur im unterschied zu dir, der das auf die nachfolgenden generationen schiebt, bin ich der meinung das wir im hier und jetzt damit anfangen MÜSSEN.
Im Unterschied zu Dir glaube ich, daß die Menschen damit schon vor Jahrtausenden begonnen haben. Soziale Bildung baut auf viele Grundpfeiler auf - die Fähigkeit, sich überhaupt abstrakte Bildung aneigen zu können, bedarf vieler Voraussetzungen.
Eine der ersten war wohl, als vor ca. 15.000-50.000 begonnen wurde Sprache zu entwickeln. Vor ca. 5.000 Jahren war ein weiterer enorm, wichtiger Schritt getan, durch die Schriftsprache. Vor 500 Jahren ein wiederum enorm wichtiger durch den Buchdruck.
Die Menschheit steckt meiner Meinung nach seit laaaaaanger Zeit in diesen Prozess drin. Und ich glaube nicht, daß wir am Ende sind, nur weil ICH heute lebe, und ICH es gerne so hätte, daß jetzt alles ratzfatz zu einem glücklichen Ende kommt. Ich glaube, daß ich in meiner kurzen Lebensspanne nur wenige Fortschritte erleben werde, so wie viele Menschen in der Geschichte
sonst ist nämlich bald schluss mit lustig
Ich nehme eher war, daß es weitergeht. Sehr Langsam, und oft mit kleinen Rückschritten. Ist das nicht bei allen Entwicklungen so?
wie soll sich was in zukunft verändern, wenn man damit nicht heute beginnt?
Wir können nicht beginnen. Wir sollten aber weitermachen. Und aus meiner Sicht nicht der Illusion anhängen, daß die Jahrausendlange Entwicklung unbedingt im eigenen Lebensabschnitt plötzlich explosionsartige Fortschritte machen muss.
und wer soll damit anfangen, wenn nicht wir?
Wir können nicht anfangen, sondern nur weiter machen - und das tun wir.
jeder kann das tun und viele tun es auch. man muss nicht darauf warten bis die ganze nation aufwacht (da kann man wahrscheinlich lange warten), sondern einfach bei sich selber anfangen.
Da Du immer vom "anfangen" redest, schätze ich, daß wir nicht nur unterschiedliche Weltanschauungen, sondern auch eine unterschiedliche Geschichts-/Eintwicklungsauffassung haben - wir nehmen die Welt vermutlich sehr unterschiedlich wahr.
zum konsumverhalten:
Das alles sehe ich doch im wesentlichen genauso wie Du, auch wenn ich zur Manipulation immer beide Seiten berücksichtige, und denke, daß viele Menschen viele Manipulationsversuche gerne annehmen.
Wie sähe die Welt bloß aus, wenn der durch Werbe-Dauerberieselung entstehende Konsumstress z.B. mal für einen Tag ausbliebe?
Für einen Tag? Kein Problem. Fernseher aus, keine Medien betrachten, sondern z.B. einfach ein gutes Buch lesen und spazieren gehen. Noch ein gutes Gespräch - fertig ist der Tag. Die Frage ist, wieviele das wirklich "wollen", weil sie dann merken würden, wie leer ihnen ihr leben erscheint.
Ich sehe ein erheblich höheres Maß an Selbstverantwortung und Selbstverschuldung bei den Menschen, als Du. Ich halte nichts von einem von oben verordneten "Vernünftigsein". Ich glaube, daß es die Menschen selber erlernen müssen.

Daß es permanent Vorgaben/Gesetze, was auch immer, gibt, welche vielen von uns erachteten, positiven Entwicklungen eher entgegengesetzt wirken, ist für mich weder was neues, noch ein Indiz dafür, daß nun bald "Schluß mit lustig" ist. Ich sehe nur wirklich grundlegende Änderungen im Verhalten von ganzen Gesellschaften über längere Zeiträume. Innerhalb kleinerer Zeiträume kann es auch mal etwas schlechter, oder richtig Scheisse werden.
Du hättest 1939 mit Deiner heutigen Einstellung sicher auch eher an ein Ende der Geschichte geglaubt, statt nur an eine geschichtliche Zwischenstation, die zwar wirklich unglaublich schlimm war (viel ZU schlimm) - aber letztlich aus heutiger Sicht eine Zwischenstation.

Wie ich schon vor einem knappen Jahr sagte. Ich betrachte die menschliche Gesellschaft einfach langfristiger, als Du.

gruß
Booth
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
antimagnet schrieb:
Eine Frage ist eben, seit wann und warum du das produkt willst

nehemn wir den klassischen fall an: ich seh ne werbung und denk mir, boah das gibts? und kaufs mir dann.

selbst das muss noch nicht manipulation sein, finde ich.

Ja, das ist eben eine Definitionsfrage. Versuche mal, die von dir benannte Einschränkung in die Definition von Manipulation einzubeziehen ;)
Wie wär's mit drei bedingungen: die eigentliche beeinflussung, die intention des manipulierenden und... eine zunächst eher ablehnende Haltung des Manipulierten?
Das wäre für mich doch wieder zu eng gefasst...

ist es noch manipulation, wenn es manchmal wirkt und manchmal nicht?
Das würde ich bejahen, da es auch andere faktoren gibt.

Das alles kann nicht vollkommen ohne Einfluss bleiben - bei aller berechtigten Kritik an allzu naiven Werbewirkungstheorien...

in der tat wäre es genau so naiv, zu behaupten es hätte keinen einfluss. allerdings hat das wetter auch einen massiven einfluss auf unser verhalten und keiner spricht von manipulation.

ok, das wetter ist nicht menschengemacht, manipulation schon... in diesem sinne manipuliert einen aber auch ein gutes buch. trickreiche beeinflussung, genau im sinne des autoren...

Demokratie, Pressefreiheit etc. haben wir gewissermaßen der Manipulation von Einzelpersonen zu verdanken. Wenn jedoch eine Mediensituation wie heute vorliegt, in deren Rahmen finanzstarke Manipulationen weitflächig und auf lange Zeit eine große Masse an Konsumenten erreichen, ist das irgendwie eine anderes Level...
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
sehr guter artikel- und, scheints, sehr interessante bücher:

Jeder kämpfe für sich

Welches Menschenbild hat die »Reformpolitik«? Auf welche Werte bauen wir? Was heißt es, Bürger zu sein, wie teuer ist uns die Demokratie? Drei Bücher analysieren den Umbau des Sozialstaates

Deutschland ist ein Standort. Und eine Republik. Und ein Sozialstaat. Wir arbeiten auf Märkten, wir leben in solidarischen Zusammenhängen, wir sind Mitglieder einer Republik, deren Verfassung ihren Bürgern »gleichwertige« und »einheitliche Lebensverhältnisse« garantiert. Es ist keine Neuigkeit, dass diese historische Errungenschaft bedroht ist. Unter den Bedingungen transnationaler Produktion und unregulierter Weltmärkte spaltet sich die »Volkswirtschaft«: in einen hoch konzentrierten internationalen Sektor mit reichen Eliten; eine Neue Mitte, die dieser globalen Wirtschaft zuarbeitet, staatliche und lokale Dienstleistungen erbringt und zunehmend unter Druck gerät; schließlich: die Unterwelt der »Überflüssigen«. In Deutschland konturiert ein Reformpaket aus Steuersenkungen und Hartz-Gesetzen diese Dreiteilung der Gesellschaft: Es begünstigt die kapitalintensiven Exportindustrien, und es stabilisiert – vorerst – die Belastungen der Neuen Mitte, indem es die Kosten für die »Überschüssigen« senkt...

http://www.zeit.de/2005/03/L-Hartz



Mieterbund-Chef befürchtet Ghettos mit Langzeitarbeitslosen

Welcher Mietpreis ist angemessen? Diese Frage wird in den nächsten Monaten viele Empfänger von Arbeitslosengeld II beschäftigen. Der Deutsche Mieterbund rechnet damit, dass eine große Zahl von ihnen mit einem negativen Bescheid rechnen muss - rund 100.000 müssten sich eine neue Wohnung suchen.

...Der Bundesregierung warf der Verbandschef vor, die Auswirkungen der Reform schön zu reden, wenn sie diese Schätzung als zu hoch ansehe. Schließlich sei ein Ziel der Reformen gewesen, Unterkunftskosten zu sparen. Rips äußerte die Befürchtung, dass Arbeitslosengeld-II-Empfänger künftig nur in Stadtbezirken mit Billigmieten unterkämen. Dann drohe in vielen Regionen eine "Gettoisierung".

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,336559,00.html


irgendwann noch 'nen zaun drum- fertig!

gute güte, ist das alles kaputt!
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
und weiter gehts mit den auswirkungen dieser tollen "reform", die man nach ansicht einiger doch erst mal "greifen" lassen sollte, bevor man panik macht. nun ja, viele fallen dadurch bereits ins leere:

nicht mehr krankenversichert?
ooch, das tut uns aber leid...müsst ihr verstehen, wo gehobelt wird, da fallen eben auch späne...durchhalten- alles wird besser...irgendwann...ganz sicher...
ach ja, hals und beinbruch...


Zehntausende wegen Hartz IV ohne Krankenschutz

Immer mehr Patienten verlieren nach Einschätzung des Verbands der niedergelassenen Ärzte wegen Hartz IV ihre Krankenversicherung. Der Verband fordert von den Krankenkassen eine bessere Aufklärung der Patienten.

Nach Berichten von Ärzten seien in Brandenburg seit Jahresbeginn über 4000 Menschen ohne Krankenversicherungsschutz, sagte ein Sprecher der Ärzteorganisation NAV Virchow-Bund am Donnerstag. Bundesweit hochgerechnet wären dies über 130.000 Menschen.

Das Problem betreffe vor allem die Empfänger der ehemaligen Arbeitslosenhilfe, die nach den Vorschriften für das Arbeitslosengeld II keine staatlichen Leistungen mehr enthielten, etwa weil sie mit einem verdienenden Partner zusammenlebten. Sie verlören automatisch ihren Krankenversicherungsschutz und müssten sich selbst versichern. Das vergäßen jedoch viele Langzeitarbeitslose oder könnten sich das nicht leisten.

Viele Unverheiratete betroffen

Verheiratete Empfänger der ehemaligen Arbeitslosenhilfe sind in jedem Fall weiter über den Partner krankenversichert. Nicht Verheiratete verlieren ihren Anspruch auf staatliche Leistungen und damit den Versicherungsschutz jedoch, wenn sie beispielsweise mit einem verdienenden Elternteil oder einem Partner in einer Wirtschaftsgemeinschaft zusammenleben.

..."Schon bei einer einfachen Operation können die Kosten in die Tausende gehen, die die Patienten in die Überschuldung treiben können", sagte der Sprecher der Ärzteorganisation.

http://www.ftd.de/pw/de/1105375726926.html?nv=hptn

oder hier

http://de.news.yahoo.com/050113/286/4dfse.html

bildung für hartz IV betroffene?
warum ein studium unterstützen, wenn sie doch eh als 1,-€ bzw. mini-jobber enden sollen. rausgeschmissenes geld also, weshalb man hier wohlweislich einen riegel vorschiebt:

...Auf heftige Kritik stößt beispielsweise die von der Bundesagentur für Arbeit beabsichtigte Streichung von Mehrbedarfsleistungen für allein Erziehende, schwangere oder behinderte Studierende. Bis Ende 2004 hatten bedürftige Studierende Anspruch auf diese Leistungen. Die erfolgte Streichung wird nun damit begründet, dass man als Bundesagentur für Arbeit keine versteckte Ausbildungsförderung durchführen könne. „In der Vergangenheit ist diese gleichlautende Frage durch eine ganze Serie von Gerichtsentscheidungen geklärt worden, die alle zu dem Ergebnis führen, dass Sonderbedarfe wie der Alleinerziehendenzuschlag oder ein Krankenkostenzuschlag rein gar nichts mit versteckter Ausbildungsförderung, höchstens mit Existenzsicherung und einem Leben in Würde zu tun haben“, so Harald Thomé, Tacheles- Vorsitzender. "Wie die Betroffenen zukünftig die Finanzierung ihres Lebensunterhalts sicherstellen sollen, scheint die Bundesagentur für Arbeit nicht zu interessieren. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass Studierende ihr Studium hinschmeißen sollen und in Zukunft ihren Lebensunterhalt durch Fegen in 1-Euro-Jobs sicherstellen sollen", so Thomé zynisch weiter.

Als anderes Beispiel nannten die beiden Organisationen die neu gefassten Beurlaubungsregelungen: Bisher konnten sich Studierende während des Studiums beurlauben, wenn sie schwanger waren oder Kinder erzogen. Diese Möglichkeit ist nun nicht mehr vorgesehen. Die Folgen liegen auf der Hand: Hohe Semesterzahlen und Studiengebühren werden sie zur Aufgabe des Studiums zwingen oder aber einer unzumutbaren Mehrbelastung aussetzen...

fzs-online

oder hier

http://www.jungewelt.de/2005/01-14/015.php

schulabschluss, lehre nachholen? nur gegen darlehen.
wer zu spät kommt den bestraft das leben, gelle?

Lücken beim Arbeitslosengeld II

Junge Menschen in der Schuldenfalle

Tausende von jungen Leuten, die ihren Schulabschluss nachholen und alleine wohnen, werden durch Hartz IV in die Schuldenfalle getrieben, klagt etwa das Sozialamt Frankfurt.

...Seit Januar dürften die Sozialämter diesen Hilfsbedürftigen, die ihr Abitur oder eine Lehre nachholen, den Lebensunterhalt nur noch als Darlehen finanzieren, erklärt die Sozialamts-Vizechefin Inge Köhler.

„Das ist doch ein irrsinniger Widerspruch“, sagt sie. „Auf der einen Seite soll Hartz gerade junge Menschen auf dem Weg in den Arbeitsmarkt fördern – wenn diese aber ihren Abschluss nachholen, halsen sie sich Schulden auf.“ Zwar erhielten die Betroffenen auch die Ausbildungsförderung Bafög, aber zum Leben und Miete zahlen reiche das nicht.

http://www.sueddeutsche.de/,tt1l4/wirtschaft/artikel/965/45920/
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
<zynismus>
lüüüüüge allles gelooooohooogen ...

die welt ist in ordung... es gibt kein problem....

total übertrieeeeeben....

für die leute wird doch nur ein anreiz geschaffen nicht mehr krank zu werden ....

das ist poooositiv... absolut gut.
</zynismus>
 
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