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Ist Deutschland demokratisch genug?

Ist Deutschland demokratisch genug?


  • Umfrageteilnehmer
    382

Winston_Smith

Groß-Pontifex
15. März 2003
2.804
eine aushöhlung der demokratie findet in dem moment statt, wo fundamentale weichenstellungen in bereichen stattfinden, die uns alle betreffen, ohne das es informationen über mögliche entscheidungsalternativen gibt und transparenz über die auswirkungen solcher richtungsentscheidungen. wenn dann fundamentale bedürfnisse der bevölkerung wie wasser, energie...an privatwirtschaftlich operierende "versorger" übergeben werden, die in erster linie ihren interessen und zielen (profitmaximierung) verpflichtet sind- ist das noch demokratisch?

Natürlich ist das demokratisch. Die Personen, welche entscheiden, sind durch freie, geheime Wahlen beauftragt worden, zu entscheiden. Ist man mit den Entscheidungen nicht einverstanden, kann man diese Personen abwählen. Ist man mit überhaupt nix einverstanden, kann man sich mit anderen organisieren, eigene Interessengruppen und Parteien gründen und Alternativen vorschlagen. Sind die eigenen Alternativen überzeugend, realistisch usw. werden sie auch gehört und entsprechend gewürdigt.

ws
 

vonderOder

Auserwählter Meister der Neun
24. November 2004
934
Winston_Smith schrieb:
und Alternativen vorschlagen. Sind die eigenen Alternativen überzeugend, realistisch usw. werden sie auch gehört und entsprechend gewürdigt.
aber wohl nur solange sie den "Bestimmern" in den Kram passen.
doch gehört werden sie immer. und wenn es sein muß, werden sie auch mit Knüppeln gewürdigt.
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
@ anti:
sobald das volk privatisierung will, ist es demnach demokratisch, oder?

Ähnlich kann man fragen: Wäre die Einführung eines faschistischen Systems demokratisch, wenn es die Mehrheit so will? Ist es undemokratisch, wenn verschiedene Einflusssphären für demokratische Entscheidungen oder Einflussnahme generell reserviert werden? Der Staat also nicht so einfach per Volksentscheid aufgelöst oder verkauft werden kann?
Ist es deiner Meinung nach ein Demokratiedefizit, wenn man die Demokratie nicht demokratisch abschaffen kann?

In anderer Beziehung ist dir die "wehrhafte Demokratie" auch nicht unbekannt, oder?

Allerdings könnte man den Einflussbereich demokratischer Entscheidungen in zweiter Linie auch auf dieser Ebene feststellen, etwa: Einen Pluspunkt, weil die Demokratie das Umweltminmisterium an Monsanto verkaufen darf, aber zwei Minuspunkte, weil somit der Einflussbereich der Demokoratie unersetzlich verloren geht ;)



@Vondenburg: die "demokratische Kauf-Wahl" also - auch nicht schlecht ;) Gefällt mir fast so gut wie die von Aphorismus beschriebene "demokratische Aktienbeteiligung". Man könnte eigentlich gleich das allgemeine Wahlrecht an die Finanzstärke koppeln: Millionäre bekommen dann bspw. 1000x so viele Stimmen wie Harz iV- Empfänger. Und wer eben auf demokratisch-ökonomische Weise zu etwas mehr Geld gekommen ist, kann sich per Parlamentsaktie in den Bundestag einkaufen. Ist doch alles ganz demokratisch.



@ Aphorismus:
Aphorismus schrieb:
hives schrieb:
Aphorismus schrieb:
Komisch, mir geht es um die gleiche Frage und doch sehe ich keinen für mich sinnvollen Zusammenhang zwischen Privatisierungen und der Messung von Demokratie.

Das finde ich wiederum unverständlich. Privatisierung geht nun einmal mit Einflussverlust des demokratischen Systems einher.

Diese Prämisse teile ich wie gesagt nicht. Auch Aktionäre sind Teile des demokratischen Systems, wie selektiv auch immer sich die Gruppe auch zusammensetzen mag.

Aber das habe ich auch eigentlich schon begründet, wir drehen uns im Kreis.
Die entsprechenden Bemerkungen hatte ich eigentlich für Selbstironie deinerseits gehalten. Wenn das nicht der Fall war, haben wir wohl sehr unterschiedliche Auffassungen von "demokratischen Systemen"... aber falls du es für "demokratisch" hältst, wenn sich finanzstarke Einzelpersonen Anteile kaufen können, warum nicht gleich eine entsprechende Änderung für den Bundestag vorschlagen?


hives schrieb:
M.E. aus ideologischen Gründen. Mir hast du zumindest nicht begreiflich machen können, was von deiner Schadenseinschätzung abgesehen gegen das besprochene Kriterium spricht.

Dann erkläre ich es nochmal: Privatisierung hat mit Demokratie nichts zu tun. Im Kommunismus gab es keine privaten Betriebe und trotzdem war eskeine Demokratie. In China wird vieles Stück für Stück privatisiert, trotzdem gibt es dort kein damit einhergehendes mehr oder weniger an Demokratie. Kennst du europäische Länder, in denen mehr verstaatlicht ist als in Deutschland und die du als demokratischer bezeichnen würdest? Wenn ja, welche?

Also noch einmal von vorn: Zwei Systeme, organisatorisch gleichartig aufgebaut, im einen gibt es demokratischen Einfluss auf verschiedene Aspekte von Infrastruktur und Wirtschaft, die es im anderen nicht gibt -> im einen ist ein größerer Einfluss der demokratischen Institutionen zu konstatieren als im anderen.
Inzwischen gehe ich jedoch tatsächlich davon aus, dass du verschiedene Zusammenhänge aus idelogischen Gründen nicht konzedieren willst.

Das Kriterium "Einfluss der demokratisch organisierten Institutionen" wurde als ein mögliches unter mehreren eingeführt. Einen nicht- demokratischen Staat als Gegenbeispiel aufzuführen geht sauber am Thema vorbei. Ein Staat kann selbstverständlich großen Einfluss auf alle Lebensbereiche ausüben, ohne organisatorisch demokratische Aspekte aufzuweisen.

Im folgenden zwei bereits getätigte Aussagen, die eigentlich erhellend sein sollten:

Eine Direktdemokratie mit demokratischen Einflussmöglichkeiten etwa auf die Produktion wäre jedoch nach den bisherigen Überlegungen demokratischer als eine vergleichbare Direktdemokratie mit weitgehend privatisierten Bereichen.

Der erste Eintrag zur Thematik:
Einen Vorschlag hätte ich da schon:
Reichweite und Einflussgebiete demokratischer Entscheidungen: wenn ein Staat bspw. Entscheidungsmöglichkeiten in Bezug auf Wasserversorgung oder öffentlichen Nahverkehr in die Hände von Privatunternehmen gibt, ist das im Vergleich zu einem gleichartig demokratisch organisierten Staat, der zusätzlich demokratische Entscheidungen über eben diese Aspekte ermöglicht, ein "Weniger" an Demokratie.

Nun noch ein paar (möglicherweise ;) ) abschließende Worte meinerseits: aus meiner Sicht scheinst du (@ Aphorismus) nicht nachvollziehen zu wollen, dass das Feststellen des Einflussbereiches demokratischer Systeme ein sinnvoller Beitrag zur "Messung" von Demokratie sein könnte. Meiner Einschätzung nach könnte dies daran liegen, dass du dich bei der Möglichkeit einer Messung auf die Organisation der Demokratie beschränkst, was vielleicht auf den ersten Blick auch der wichtigste Punkt zu sein scheint. Doch wie demokratisch ist eine Gesellschaft organisiert, in der ein gut organisiertes demokratisches System praktisch keinen Einfluss hat? Bspw. eine Direktdemokratie, in der letztendlich nur noch über die Auslandskriegseinsätze des (weitgehend privatwirtschaftlich organisierten) Militärs entschieden wird?

Der Einflussbereich demokratischer Entscheidungen sollte m.E. nicht als Kriterium vernachlässigt werden.


mfg
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
@winston

Natürlich ist das demokratisch. Die Personen, welche entscheiden, sind durch freie, geheime Wahlen beauftragt worden, zu entscheiden. Ist man mit den Entscheidungen nicht einverstanden, kann man diese Personen abwählen. Ist man mit überhaupt nix einverstanden, kann man sich mit anderen organisieren, eigene Interessengruppen und Parteien gründen und Alternativen vorschlagen. Sind die eigenen Alternativen überzeugend, realistisch usw. werden sie auch gehört und entsprechend gewürdigt.

du wirst selber wissen (oder etwa nicht?), dass das in der realität ganz anders aussieht. wen kann man denn abwählen, wenn wir quasi schon ein ein-parteiensystem haben, das sich nur noch durch verschiedene farben voneinander unterscheidet? wer macht verkäufe von öffentlichem eigentum, die den steuerzahler im nachhinein unsummen kosten, wieder rückgängig und zu welchem preis? so wie es sich in der realität darstellt, sind eben in erster linie nicht die parlamente die repräsentanten des gemeinwohls, die über diese fundamentalen bedürfnissse (energie, wasser, krankenversorgung usw.) entscheiden, sondern die profitorientierte privatwirtschaft, an die diese bereiche verscherbelt wurden. die politik lässt sich von diesen privaten wirtschaftsinteressen durch lobbyisten massiv beeinflussen, deren gewinnorientiertes handeln aus der konkurrenz und den aktionärsinteressen erwächst, und deren leitziele und interessen nicht identisch mit denen der zivilgesellschaft sind. in diesem zusammenhang ist es auch immer wieder aufschlussreich mitzuverfolgen, wer aus der politik in die wirtschaft wechselt oder umgekehrt. eine hand wäscht die andere. aber alles im grünen bereich. die abstumpfung und zurichtung ist in einigen teilen der bevölkerung schon dermaßen fortgeschritten, das man sich jederzeit ein X für ein U vormachen lässt...bis irgendwann zahltag ist.
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
@ hives:

Eigentlich wollte ich mich aus dem Thread zurückziehen, aber nachdem du mich nochmal angesprochen hast möchte ich doch gerne noch einmal kurz auf deine ausführliche Antwort eingehen.

Im Grunde läuft es darauf raus, wem man mehr vertraut: Gewählten Vertretern, die im Sinne der Bürger und des Staates handeln sollen oder dem freien Markt, also Wirtschaftsleuten, die in erster Linie für sich selbst das beste wollen. Vorzugsweise in Ca$h.

Ich persönliche kenne keine Berufsgruppe, die so den Bezug zur Realität verloren hat, wie Beamten in staatlichen Behörden. Von den Ämtern heute über die Stasi, die Gestapo, den KGB, der CIA bis zu Polizeirevieren. Kein ideologisches Phantom hat in den letzten tausend Jahren mehr Menschen umgebracht, als der Streit darüber, wessen Gesetze (theoretisch) eingehalten werden müssen - die des einen oder anderen Staates. Das ist für mich 'der Staat'. Aber das ist eine ganz persönliche Einschätzung, die niemand mit mir teilen muss. Nur: wer sie nicht teilt, muss sie zumindest zur Kenntniss nehmen, um mich verstehen zu können. Ich kann mir auch gut vorstellen, das sowas völlig jenseits des eigenen Vorstellungshorizontes ist, wenn man nicht wenigstens ein paar Jahre im Ausland verbracht hat.

Auf der anderen Seite sind mir die verkoksten Gel-Lappen auch nicht gerade sympatisch, die oft genug die Umwelt zerstören und Menschen ausbeuten. Aber der Vorteil dieser Typen ist ihre Berechenbarkeit. Man weiß wenigstens, woran man ist und manchmal zeigen sie sogar Einsicht, wenn sie sich mal fünf Minuten ihrer kostbaren Zeit nehmen um über etwas anderes als Zahlen nachzudenken. In einer Behörde oder vor Gericht hingegen kann ALLES passieren. Ausserdem widerspricht meinem Freiheitsverständnis, dass ich einfach schlucken soll, dass "der Staat" und irgendwelche Gesetztestexte - die sich dreißig Jahre später doch als überholt herausstellen - mir Vorschriften machen. Was das angeht bin ich fast schon Anarchist.

Deswegen finde ich per se jedes staatliche Involvement in meine Angelegenheiten als Bürger problematisch. Multinationale Unternehmen, global player, das alles kann natürlich auch Formen annehmen, die ich ablehne. Dazu gehört zum Beispiel AOL, das ist für mich eine Sekte.

Dazu kommen die ganzen Schwierigkeiten direkter Demokratie. Wärst du bereit zu akzeptieren, dass in Magdeburg der Marktplatz zur national befreiten Zone erklärt wird, weil die Mehrheit der Bürger das will? Mit anderen Worten: Wenn du so etwas vorschlägst, dann klingt das schön, bleibt aber so lange nur ein unpräzise formulierter frommer Wunsch so lange du keine Details nennst. Ohne Details bin ich auch zu hundert Prozent für direkte Demokratie!

Aber da meine Meinung hier eindeutig einen Außenseiterstatus hat, werde ich - solltest du diese Erklärungen kommentieren wollen - versuchen mich zurückzuhalten, was eine Antwort auf deine Kommentare betrifft. :wink:
 
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