6.1.4 Gibt es Kugelblitze?
Weil man noch nie einen Kugelblitz auf einen Film oder in ein Foto bannen konnte, werden von vielen Leuten Kugelblitze in dieselbe Kategorie gereiht wie Ufos und Yetis. Obwohl einige Voraussetzungen eines wissenschaftlichen Beweises, wie Eindeutigkeit des Phänomens oder Reproduzierbarkeit unter gleichen Umständen, nicht gegeben sind, ist unter Physikern und Meteorologen die Existenz von Kugelblitzen unbestritten (wie auch die teilweise Effizienz von Wünschelruten beim Suchen von Wasseradern). Der Grund liegt darin, daß eine sehr große Anzahl von Augenzeugen viele sehr ähnliche Beschreibungen liefern.
Die daraus abgeleitete Charakteristik eines durchschnittlichen Kugelblitzes ist die folgende: Ein Kugelblitz ist rund, hat einen Durchmesser von etwa 30 cm und "lebt" etwa 10 Sekunden lang. Er bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 4 Meter pro Sekunde und erscheint in der (jeweils konstant bleibenden) Farbe weiß, gelb, rot orange oder blau. Die meisten Kugelblitze werden während oder knapp vor einem Gewitter beobachtet; die Hälfte der Blitze lösen sich in einer Explosion auf, die andere Hälfte erlöscht langsam oder bricht in Teilen auseinander.
In den letzten Jahren haben sich zwei Erklärungen für den Kugelblitz gebildet:
Aus den Eigenschaften, insbesondere der Lebensdauer ergibt sich, daß dabei elektrische und chemische Prozesse eine Rolle spielen. Schwere, geladene Teilchen verbinden sich und bilden einen geladenen Komplex. Dies liefert eine Oberflächenspannung wie bei einem Wassertropfen und liefert die Stabilität des Kugelblitzes. Die Chemie (ein komplizierter Mehrstufenprozeß) bewirkt eine Speicherung der Energie über einen längeren Zeitraum (Sekunden).
Das Leuchten des Kugelblitzes ergibt sich durch Strahlung des Komplexes, da dieses eine Temperatur von etwa 2000 °C und mehr besitzt. Die Farbe des Kugelblitzes ist durch seine unterschiedliche chemische Zusammensetzung gegeben.
Im Jahre 1955 machte der russische Physiker P. L. Kapitza den Vorschlag, die Entstehung von Kugelblitzen auf hochfrequente Radiowellen zurückzuführen. Solche Wellen entstehen in Gewittern und durch Interferenz können sich stehende Wellen und örtlich begrenzte Regionen hoher Intensität ausbilden.
Diese Theorie hat experimentelle Unterstützung erfahren, als es im Jahre 1991 zwei Japanern gelungen ist, mit Mikrowellen Kugeln aus heißem Plasma zu erzeugen. Diese Kugeln haben bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Kugelblitzen: Sie "leben" einige Sekunden bis Minuten lang und wandern als leuchtende Gebilde über gewisse Distanzen, wobei sie außerdem Hindernisse durchdringen können
Pavão räumte gegenüber SPIEGEL ONLINE zwar ein, dass die im Labor erzeugten Lichtkugeln deutlich kleiner seien als die mitunter fußballgroßen Kugelblitze aus den Beschreibungen von Augenzeugen. Dennoch bezeichnete er das Experiment als "starkes Indiz" dafür, dass die Oxidation von Siliziumpartikeln auch in der Natur Kugelblitze verursacht.