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Lenormandkarten - Hellseherei?

Sonsee

Noachite
1. Juni 2016
3.270
Marie Anne Lenormand war eine berühmte Kartenlegerin (1772 geb.) obwohl sie in einem Kloster von Benediktinerinnen erzogen wurde, widmete sie sich der Wahrsagerei und wurde dadurch aus dem Kloster geworfen.

Die Lenormandkarten erfreuen sich heutzutage einer großen Beliebtheit, es gibt unzählige Bücher, verschiedenen Kartendecks, You-Tube- Kanäle usw.

Die als Lenormandkarten bekannten Wahrsagekarten sind nach ihr benannt, jedoch wurden sie in der heutigen Form nicht von ihr benutzt. Sie benutzte zum Kartenlegen sehr wahrscheinlich die Decks von Jean-François Alliette, Künstlername: Etteilla (»Alliette« rückwärts). Er nannte sich „Erfinder des Kartenlegens“ und veröffentlichte allen Widerständen zum Trotz bereits im Jahre 1791 sein Buch Etteilla, ou manière de se récréer avec un jeu de cartes und entwarf sein „Petit Etteilla“-Deck, das ein populäres Wahrsagedeck zur damaligen Zeit in Frankreich war und Lenormand damit zur Verfügung stand.


Was haltet ihr vom Kartenlegen?
Hat euch schon mal jemand die Karten gelegt?
Oder legt ihr vielleicht selbst gerne Karten?
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.322
Was haltet ihr vom Kartenlegen?
Hat euch schon mal jemand die Karten gelegt?
Oder legt ihr vielleicht selbst gerne Karten?

Als junger Mann habe ich mich zeitweise mit Tarot beschäftigt. Ich gewann den Eindruck, bestimmte Karten würden sich bezogen auf die Personen wiederholen, aber ich kam schnell zu der Erkenntnis, das es sich dabei um einen Trugschluss handelt. Vielmehr fallen uns jene Motive mehr auf, die wir mit einer Person assoziieren, während wir andere schnell wieder vergessen. Aber auch das ist ja mal eine Aussage.

Mir gefällt jenseits evt. spiritueller Bedeutungen die Ästhetik der Tarot-Motive, allen voran

t-08.gif


Die Kraft. Was für eine Symbolik: Da ist also eine zarte junge Frau, die eine wilde Bestie in Zaum hält ...

Im Jahr 1999 kaufte ich in Marokko ein regional ganz gewöhnliches Kartenspiel, was vor Ort auch zum Kartenspielen benutzt wird. Nur hatte es statt der uns bekannten "Farben" Kreuz, Pik, Herz, Karo die Farben, die wir nur vom Tarot kennen: Münze, Schwert, Keule und Kelch.
Im Übrigen haben auch unsere Kartenbilder eine historisch tiefere Bedeutung.
So stehen die Könige für die großen Könige (Cäsar, Alexander, Artus ...), die Damen für die großen Königinnen (Cleopatra, Roxanne, Guinevere ...) und die Buben für die großen Ritter (Lancelot, Arminius? ...).
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.825
Im Jahr 1999 kaufte ich in Marokko ein regional ganz gewöhnliches Kartenspiel, was vor Ort auch zum Kartenspielen benutzt wird. Nur hatte es statt der uns bekannten "Farben" Kreuz, Pik, Herz, Karo die Farben, die wir nur vom Tarot kennen: Münze, Schwert, Keule und Kelch.
Das wußte ich nicht. Das ist aber schön, daß sich das da gehalten hat.
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.322
Das wußte ich nicht. Das ist aber schön, daß sich das da gehalten hat.

Systematisch entsprach es unserem Kartenspiel, 52er Blatt, 2-10, Bube, Dame, König, As. Allerdings waren die Motive selbst mittelalterlich (?) gestaltet. Später zeigte ich das Kartenspiel einem Bekannten aus Italien, und er meinte, die Motive seien italienischen Ursprungs.

Vor Jahren las ich ein Buch zur Geschichte des Kartenspiels, allzuviel scheint darüber nicht bekannt zu sein. Sie stellt sich meist nur indirekt dar, etwa durch Verbote des Kartenspiels in Landes- oder Gemeindeverodnungen. Somit ist dann klar, dass es zu dieser Zeit das Kartenspiel bereits gegeben haben muss, und das es das Spiel bereits seit einiger Zeit vorher gegeben haben muss. Denn wenn es nicht bereits die Popularität gehabt hätte, dann hätte ja auch kein Grund bestanden, es zu verbieten.
Noch spärlicher sieht es mit den Kartenspielen selbst aus. Es sind nur wenige Kartenspiele aus der Frühzeit erhalten geblieben. Sie wurden schon immer als Gebrauchsgegenstände hergestellt, benutzt und auch weggeworfen und nicht wie andere Schriften und Bücher archiviert.

Das lässt viel Raum für Spekulation, und der wird von den Anhängern des Tarot auch eifrig zu füllen versucht. Man postuliert für das Kartenspiel eine spirituelle Herkunft, und wenn es denn sein muss, bis zu den Alt-Ägyptern. Zunächst habe es das Tarot als Wahrsagerei gegeben, und das profane Kartenspiel um des Spielens willen sei erst später entstanden.

Die Befunde legen aber wohl eher die umgekehrte Reihenfolge nahe: Erst das Kartenspiel, dann das Tarot. So zeigen frühe Kartenspiele bereits die vom Tarot her bekannten Motive - neben völlig anderen. Verboten wurde aber zunächst nur das Spiel und nicht etwa die Wahrsagerei mit Karten. Wäre die Wahrsagerei mit Karten also ein häufig vorkommendes Phänomen gewesen, dann hätte es eigentlich dafür die Verbote geben müssen, zumal in der Hochzeit der Hexenverfolgungen.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.825
Das stimmt, es sind die ursprünglichen Farben. Das Tarot stammt aus Italien und hat in Deutschland als Tarock überlebt. Von hier brachte es eine Marquise, wahrscheinlich von einem Kuraufenthalt, heim nach Frankreich, und es wurde sofort unglaublich populär, weil es viel komplexer war als die Spiele, mit denen der frz. Adel die Zeit totschlug, 17 und 4 und dergleichen. Ein Perückenmacher, gewissermaßen ein Promifriseur seiner Zeit, der in den adligen Salons verkehrte, sah das Spiel, war fasziniert und "erkannte" sofort seinen ägyptischen Ursprung... Dabei war einhundert Jahre früher auch in Frankreich noch mit den Karten gespielt worden, siehe das bekannte Blatt "Tarot de Marseille".

Erhalten sind aus der Frühzeit gerne mal die elfenbeinernen, künstlerisch bemalten Kartenspiele der Fürstlichkeiten, nicht einfachst bedruckten Papierkarten.
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.322
Ein Perückenmacher, gewissermaßen ein Promifriseur seiner Zeit, der in den adligen Salons verkehrte, sah das Spiel, war fasziniert und "erkannte" sofort seinen ägyptischen Ursprung...

Kulturhistorisch haben alle Folgezivilisationen von ihren Vorgängern etwas übernommen: Die Römer von den Griechen, wir von den Römern usw. Eine Ausnahme stellen die ältesten Zivilisationen dar, die Ägypter, die Sumerer, da ist letztlich in dieser kulturhistorischen Abfolge nur wenig bis gar nichts übernommen worden resp. verloren gegangen. Einerseits ist das dann der Grund, warum die Kultur der Ägypter auf uns immer so fremdartig wirkt, fast, als wären das Aliens gewesen. Hinzu kommt, dass die Kenntnis der Hieroglyphen verloren ging und die Hieroglyphen erst 1822 entschlüsselt wurden.
Andererseits schafft auch dies eine großartige Projektionsfläche für Spekulation, man postuliert alles Unbekannte einfach als "ägyptisch".

Viele der Tarotmotive sind als eine Art Urbild nachvollziehbar, weil sie allgegenwärtig sind: Der Tod, Die Liebenden, Der Narr uva.
Bei anderen ist das für mich nicht so klar: Der Hohepriester, Die Hohepriesterin. Da kann ich eher keine Parallelen zur westlichen christlichen Kultur erkennen, zumal nicht bei Letzterer.
 

Bella Varia

Vollkommener Meister
30. Juli 2023
523
Marie Anne Lenormand war eine berühmte Kartenlegerin (1772 geb.) obwohl sie in einem Kloster von Benediktinerinnen erzogen wurde, widmete sie sich der Wahrsagerei und wurde dadurch aus dem Kloster geworfen.

Ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Tarot, aber das Wort "Wahrsagerei" ist mir dafür nie in den Sinn gekommen, es ist viel zu trivial und undifferenziert. Die Karten sagen die Wahrheit, aber eben auf ihre Weise. Sie geben tiefsinnige Antworten, die ein psychologisches Feingefühl erfordern. Tarot ist mir ein Werkzeug, etwas besser zu verstehen, was mir sonst verborgen bliebe. Sie sind Ratgeber, wie man sich in einer Situation verhalten könnte.

Man sollte man sich seriös erkundigen, welcher Art und Reichweite Karten haben. So geben sie keine Antworten mit Ja oder Nein oder beurteilen in Gut oder Böse, es werden differenzierte Antworten auf imaginativem Wege gegeben, die in ihrer Deutung variabel sind. Entsprechend muss die Frage auch formuliert sein und entsprechend anspruchsvoll ist es, die Antwort erlesen zu können.

Ich lege für einzelne, mir gut bekannte Personen, die ich gut beobachten kann, nur für mich allein eine Jahreskarte mit der Frage, was das Bedeutsamste für diese Person in diesem Jahr sein würde. Für eine dieser Personen zog ich den Teufel. Auf dem Bild thront er hinter einem nackten Pärchen, das von ihm so angekettet ist, es nicht unbedingt zu bemerken. Der Teufel bindet also unmerklich Unschuldige an sich und geht hinterhältig vor, um von ihm abhängig zu machen. Sie werden von ihm gelenkt und sie tun unwissentlich, was er will.

So auch jene Person, denn sie fing an, mit Schmeicheleien und Einschmeichelungen die Nachbarschaft für sich gewinnen zu wollen, was ihm bei vielen gelang. Er lud sie dann zum Bier ein, ein regelmäßiger, fast täglicher Treff entstand, wenn's Wetter auch nur einigermaßen dafür war, wo Thekengespräche und Klatsch stundenlang grassierten und Gerüchte verbreitet wurden. Die Person erhielt das wohlige Gefühl, andere nach seiner Maßgabe beherrschen zu können. Nur bei einem Nachbarn gelang es ihm nicht, der ihm nämlich Paroli bot. Die Gerüchte bezogen sich auf ihn und die zuvor unschuldigen Nachbarn haben sich auf verschiedentliche Weise strafrechtlich schuldig gemacht, um ihren „Gönner“ zu schützen und das Opfer zu beschuldigen.​
 

Sonsee

Noachite
1. Juni 2016
3.270
[...]

Das lässt viel Raum für Spekulation, und der wird von den Anhängern des Tarot auch eifrig zu füllen versucht. Man postuliert für das Kartenspiel eine spirituelle Herkunft, und wenn es denn sein muss, bis zu den Alt-Ägyptern. Zunächst habe es das Tarot als Wahrsagerei gegeben, und das profane Kartenspiel um des Spielens willen sei erst später entstanden.

Die Befunde legen aber wohl eher die umgekehrte Reihenfolge nahe: Erst das Kartenspiel, dann das Tarot. So zeigen frühe Kartenspiele bereits die vom Tarot her bekannten Motive - neben völlig anderen. Verboten wurde aber zunächst nur das Spiel und nicht etwa die Wahrsagerei mit Karten. Wäre die Wahrsagerei mit Karten also ein häufig vorkommendes Phänomen gewesen, dann hätte es eigentlich dafür die Verbote geben müssen, zumal in der Hochzeit der Hexenverfolgungen.
Der Ursprung des Tarot ist tatsächlich nicht geklärt. Ägypten, China, Indien und Persien stehen zur Auswahl. Es könnten auch die Zigeuner gewesen sein, die das Tarot nach Europa brachten. Gesichert ist dass das heutige Tarot, aus der Renaissance stammt.
Die Kirche ließ im Mittelalter viele Tarotdecks verbrennen, weil das Tarot angeblich heidnische Bilder enthält. Bis heute wird das Tarot deshalb auch manchmal als "Bilderbuch des Teufels" bezeichnet.
Ob es nun "andere Intelligenzen" sind die den Menschen bei der Auswahl der Karten helfen oder eher das Prinzip der Synchronizitäten nach C.G.Jung, Tarot ist immer noch sehr beliebt. Die Symbole und Bilder vermitteln zwischen Bewussten und Unbewussten. Die Reise des Helden ist die Geschichte eines jeden Menschen und wird im Tarot symbolisch dargestellt. Mit Hilfe der Karten können wir die Geheimnisse unseres Lebens und unseren Lebensplan besser verstehen.

"Die Reise des Helden"" ist die spirituelle Lebensreise eines jeden Menschen. Der Tarot ist ein uralter Initiationsweg und ein esoterisches Einweihungssystem über magische Seelenbilder. Das Geheimnis der Großen Arkana ist: Die 22 Karten sind die geheimen 22 geistigen Tore der Einweihung. Dieser Klassiker des Tarot führt uns in die tiefen Schichten unserer eigenen Seele. Die faszinierende Reise durch die Karten der Großen Arkana ist erfüllt mit uralten Menschheitserfahrungen und leuchtendem ewigen Wissen.
Aus dem Buch:

Tarot - Die Reise des Helden: Einweihung in 22 Stufen von Elisabeth Haich

Die Reise startet mit dem Narr, der sich kindlich, unschuldig, angstfrei, fast schon naiv auf den Weg macht. Er bildet die Balance zwischen den Extremen. Der Narr steht somit auch immer für einen Neubeginn und Vorurteilslosigkeit, aber auch für Leichtsinn und Übermut.

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Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.825
Bei anderen ist das für mich nicht so klar: Der Hohepriester, Die Hohepriesterin. Da kann ich eher keine Parallelen zur westlichen christlichen Kultur erkennen, zumal nicht bei Letzterer.
Sind im Original Papst und Päpstin... Alles Figuren aus der europäischen Gesellschaft und Philosophie, wie die Personifikation der Kraft usw..
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.322
Der Ursprung des Tarot ist tatsächlich nicht geklärt. Ägypten, China, Indien und Persien stehen zur Auswahl. Es könnten auch die Zigeuner gewesen sein, die das Tarot nach Europa brachten. Gesichert ist dass das heutige Tarot, aus der Renaissance stammt.

Zigeuner: Eher unwahrscheinlich, denn die ersten Spielkarten (1367) tauchten in Europa auf, bevor die Zigeuner kamen (1407).

Sind im Original Papst und Päpstin... Alles Figuren aus der europäischen Gesellschaft und Philosophie, wie die Personifikation der Kraft usw..

Päpstin, was soll das denn für ein Unsinn sein, zumal in diesem erzkatholischen Spätmittelalter? Möglicherweise auch mehr versteckte Satire der Zeit, nur eben transportiert durch ein Kartenspiel.

Die Symbole und Bilder vermitteln zwischen Bewussten und Unbewussten. Die Reise des Helden ist die Geschichte eines jeden Menschen und wird im Tarot symbolisch dargestellt. Mit Hilfe der Karten können wir die Geheimnisse unseres Lebens und unseren Lebensplan besser verstehen.

Ach was, Altweibergeschichten für Träumer. Was für Geheimnisse denn? Oma Krauses geheimes Apfelkuchenrezept? Was für ein Lebensplan denn? Dem des Schicksals, "und die Karten lügen nicht"? Ein System für Menschen, die sich der Rationalität des Lebens nicht stellen wollen und Antworten für Fragen suchen, über die sie nicht nachdenken wollen.

Zieht man z.B. 6 Karten aus 22 (Großes Arkanunm), dann gibt es dafür 53.721.360 verschiedene Kombinationen. Berücksichtigt man auch noch deren Reihenfolge der Ziehung (= die Position, auf die sie gelegt werden), dann sind es 38.679.379.200 Kombinationen.
So oder so also sehr viele verschiedene Möglichkeiten, alles Mögliche in die Karten zu interpretieren.

Große Zahlen ... für einen Menschen. Für einen Computer sind sie eher klein, der kann alle Kombinationen in wenigen Sekunden durchrechnen. Wozu dann also überhaupt noch ein Kartenspiel? Man drückt am Rechner aufs Knöpfchen, wie an einem Spielautomaten, und es wird einem quasi-zufällig (für einen Menschen aber: zufällig) die Kombination Nr. 26.874.538 präsentiert. Die Deutung kann gleich mitgeliefert werden, dafür reicht im Grunde ein vergleichsweise einfacher Wortgenerator ... aber mit heutigen KIs kann das auch noch raffinierter sein.

Vermutlich funktioniert das so aber überhaupt nicht, denn der Reiz am Tarot liegt ja genau darin, sich dieser "kalten, rationalistischen Welt" durch die "Weisheit der Alten" entziehen zu wollen. Und das geht eben nur bei Kerzenschein an langen, dunklen Winterabenden mit Kräutertee (üüäärgs).
Vor allem kann einem die Kartenlegerin ja eigentlich auch alles Mögliche erzählen, man muss es ja glauben. Und wenn sie gut ist in ihrem Job, dann wird sie bewusst oder intuitiv auf die Reaktionen des Rezipienten reagieren - und ihm genau das sagen, was er hören will.

Als junger Mann hat mir eine Frau mal aus dem Kaffeesatz gelesen, das machten die tatsächlich. Sie kannte mich allerdings, also konnte sie mir "aus dem Kaffeesatz" Dinge sagen, die sie mir vielleicht sonst nicht gesagt hätte. So ein Geschwurbel muss ich nicht mehr haben. Wenn Du mir etwas zu sagen hast, dann sag's mir, ich bin stabil und alt genug, das zu verkraften. Und wenn nicht, ja dann lass es. So einfach ist das.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.825
Päpstin, was soll das denn für ein Unsinn sein, zumal in diesem erzkatholischen Spätmittelalter? Möglicherweise auch mehr versteckte Satire der Zeit, nur eben transportiert durch ein Kartenspiel.
Natürlich Satire. Der Katholizismus und der Papst waren damals so unangefochten, daß man natürlich Witze darüber machen konnte. Jede Kritik blieb aber System, der ggwärtige Papst galt als korrupt, aber am Papsttum wurde nicht gezweifelt, die Katharerkriege waren lange vorbei und die katholische Kirche machte sich durch Prasserei, Korruption und bis zu drei Päpste gleichzeitig lächerlich, aber niemand dachte an ihre Abschaffung. Die Päpstin Johanna war eine bekannte Legende.
 

Sonsee

Noachite
1. Juni 2016
3.270
Zigeuner: Eher unwahrscheinlich, denn die ersten Spielkarten (1367) tauchten in Europa auf, bevor die Zigeuner kamen (1407).



Päpstin, was soll das denn für ein Unsinn sein, zumal in diesem erzkatholischen Spätmittelalter? Möglicherweise auch mehr versteckte Satire der Zeit, nur eben transportiert durch ein Kartenspiel.
Im allgemeinen wird die Karte ja die Hohepriesterin genannt. Die Zahlen spielen auch eine Rolle. Es ist die zweite Karte im Tarot. Sie symbolisiert die weibliche Seite des Magiers und die Intuition.
Ach was, Altweibergeschichten für Träumer. Was für Geheimnisse denn? Oma Krauses geheimes Apfelkuchenrezept? Was für ein Lebensplan denn? Dem des Schicksals, "und die Karten lügen nicht"? Ein System für Menschen, die sich der Rationalität des Lebens nicht stellen wollen und Antworten für Fragen suchen, über die sie nicht nachdenken wollen.
Dein Unterbewusstsein, oder auch das, was als nächstes auf dich zukommt. Enige finden dort gute Antworten, wenn die nicht nachdenken wollten, würden sie wohl nicht die Karten dazu befragen. Einen Rationalisten würde vielleicht nie in den Sinn komm, dass er bestimmte Probleme hat, weil er gerade eine Lebensaufgabe zu bewältigen hat.

Zieht man z.B. 6 Karten aus 22 (Großes Arkanunm), dann gibt es dafür 53.721.360 verschiedene Kombinationen. Berücksichtigt man auch noch deren Reihenfolge der Ziehung (= die Position, auf die sie gelegt werden), dann sind es 38.679.379.200 Kombinationen.
So oder so also sehr viele verschiedene Möglichkeiten, alles Mögliche in die Karten zu interpretieren.
Ja da kannste mal sehen, aber wenn etwas nicht passt, dann passt es nicht. Das würde der Fragenden mit Sicherheit merken.
Große Zahlen ... für einen Menschen. Für einen Computer sind sie eher klein, der kann alle Kombinationen in wenigen Sekunden durchrechnen. Wozu dann also überhaupt noch ein Kartenspiel? Man drückt am Rechner aufs Knöpfchen, wie an einem Spielautomaten, und es wird einem quasi-zufällig (für einen Menschen aber: zufällig) die Kombination Nr. 26.874.538 präsentiert. Die Deutung kann gleich mitgeliefert werden, dafür reicht im Grunde ein vergleichsweise einfacher Wortgenerator ... aber mit heutigen KIs kann das auch noch raffinierter sein.

Vermutlich funktioniert das so aber überhaupt nicht, denn der Reiz am Tarot liegt ja genau darin, sich dieser "kalten, rationalistischen Welt" durch die "Weisheit der Alten" entziehen zu wollen. Und das geht eben nur bei Kerzenschein an langen, dunklen Winterabenden mit Kräutertee (üüäärgs).
Vor allem kann einem die Kartenlegerin ja eigentlich auch alles Mögliche erzählen, man muss es ja glauben. Und wenn sie gut ist in ihrem Job, dann wird sie bewusst oder intuitiv auf die Reaktionen des Rezipienten reagieren - und ihm genau das sagen, was er hören will.
Wenn Leute zu Kartenlegern gehen haben sie meistens ziemlich konkrete Fragen und Gründe dafür. Und warum muss man das glauben was die Kartenleger sagen? Wenn die Legung blödsinnig war, wird der Kunde sicher nicht wieder zu so einer Kartenlegerin gehen.
Als junger Mann hat mir eine Frau mal aus dem Kaffeesatz gelesen, das machten die tatsächlich. Sie kannte mich allerdings, also konnte sie mir "aus dem Kaffeesatz" Dinge sagen, die sie mir vielleicht sonst nicht gesagt hätte. So ein Geschwurbel muss ich nicht mehr haben. Wenn Du mir etwas zu sagen hast, dann sag's mir, ich bin stabil und alt genug, das zu verkraften. Und wenn nicht, ja dann lass es. So einfach ist das.
Als ich jung war, habe ich auf einem Rummel eine Handleserin kennen gelernt. Zuerst sollten wir uns melden und sie wollte uns dann unser Geburtsdatum sagen. Ich habe mich gemeldet, sie hat mich angeguckt und mir mein Geburtsdatum laut gesagt auch noch drei anderen. Es hat bei allen gestimmt. Diese vier Personen haben sich auch aus der Hand lesen lassen. Ich fand das äußerst amüsant, denn was sie da gesehen hat, waren eigentlich meine Zukunftsträume. Ich wollte gerne auswandern. Ihre Schilderungen waren sehr detailiert, sie sagte z.B. das ich im Ausland leben würde und immer wenn ich zu meinem Haus fahren würde, könnte ich von der Straße die zu meinem Haus führt, einen Blick aufs Meer werfen. Das war im Grunde genommen utopisch und schlicht unmöglich zu diesem Zeitpunkt. Allerings konnte ich drei Jahre später, tatsächlich bevor ich zu meinem Haus runter fuhr, noch einen Blick aufs Meer werfen. Ich hatte das eigentlich schon vergessen, denn ernst genommen habe ich das nicht, aber als ich dann dort wohnte, musste ich doch lachen und zugeben, wie schnell Dinge sich ändern können und das angeblich unmögliches von heute auf morgen möglich sein kann.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.825
Im allgemeinen wird die Karte ja die Hohepriesterin genannt.
Ja, weil die hochnotpeinlichen Überinterpretationen seit 250 Jahren das schlichte spätmittelalterliche Spiel komplett zukleistern. "Die Karte symbolisiert dies oder das" ist schon eine witzige Sichtweise. Um einmal mkit malakim zu sprechen, wie will man denn festlegen, was eine Karte symbolisiert? Zeichen haben eine festgelegte Bedeutung, Symbole nicht. Viellt. steht die Karte auch für Dummheit und Stolz einer Kirche, die schlimme Fehlentwicklungen gar nicht mehr bemerkt - z.B. wie sich eine Frau in Führungspositionen schummelt. Das ist doch völlig vom eigenen Empfinden abhängig.
 
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