Lupo
Ritter Kadosch
- 3. Oktober 2009
- 6.316
Hallo zusammen,
ich möchte mal die folgende, Überlegung zur Diskussion stellen. Der Text ist mal wieder lang geworden, sorry, aber das seid Ihr ja von mir gewöhnt...
Der einzelne Mensch ist das kleinste, unteilbare Element einer Gesellschaft. Er ist nicht bindungslos und handelt nach Zufall oder Ratio, sondern nach einer Verantwortlichkeit, die sich aus seiner „Identität“ ergibt. Die Identität erst verschafft einen Blickwinkel und eine Orientierung, wie sie für ein zielgerichtetes Handeln in der jeweiligen Situation erforderlich ist. Nehmen wir als Beispiel die Identität als Elternteil. Man kann davon ausgehen, dass Eltern nicht ausschließlich eigennützig, sondern auch im Interesse ihrer Kinder handeln.
In unserer Gesellschaft ist die Identität des Einzelnen derart in den Fokus gerückt, dass der Einzelne nicht mehr durch sein Handeln, sondern durch seine Identität definiert wird. Kleines Beispiel: Es ist nicht mehr egal, ob ein Politiker ein Mann oder eine Frau ist, da man sich nicht mehr vorstellen kann, dass ein Politiker der Allgemeinheit dienliche Politik macht. Ein männlicher Politiker kann angeblich nur Politik für Männer machen, also muss eine Frauenquote sein, damit auch Politik für Frauen gemacht wird.
Die Gesellschaft wird durch diese Betrachtungsweise in zwei Teilgesellschaften aufgespalten, denen konkurrierende und fundamental unterschiedliche Interessen zugeschrieben werden. Und die Frauen, die in die Politik eintreten, damit sie Politik für Frauen betreiben, vertreten damit automatisch und nach eigenem Selbstverständnis auch nicht mehr die Allgemeinheit, sondern die Partikularinteressen ihrer Lobby.
Welche Perspektive hat das? Politik wird durch ihre Inhalte gut oder schlecht, und nicht davon, dass sie von Männern oder Frauen betrieben wird.
Ich denke, diese Separation ist so ziemlich das Letzte, was wir brauchen, aber darum geht es mir nicht. Mir geht es um die Definition der Identität, um das „Narrativ“, das diese Identität konstituiert. Im gewählten Beispiel der Politik von Frauen für Frauen ist zweifellos das Narrativ der vom Mann unterdrückten Frau enthalten, die für ihre Rechte einsteht. Dieses identitäts- und sinnstiftende Narrativ hat also ganz offensichtlich die in der Realität zweifellos weitestgehend stattgefundene Gleichberechtigung der Frau völlig unverändert überlebt. Und führt ein zunehmend absurdes Eigenleben. Beispielsweise in Form von „Girls days“, in denen, damit eine Gleichstellung erreicht wird, den Mädchen Berufe nahe gelegt werden, die sie dann mangels Interesse doch nicht wählen.
Welche Perspektive hat das? Ein Job wird durch die Leistung gut oder schlecht erledigt, und nicht, ob ein Mann oder eine Frau diese Leistung erbringt. Und für die einzelne Person ist nur wichig, dass ihr der Job Freude macht und ein Auskommen gibt.
Die identitätsstiftenden Narrative scheinen also ein zähes Eigenleben zu führen, das von der Realität in keiner Weise zu beeinflussen ist. So ist die politische Linke aus dem Narrativ des unterdrückten und verelendeten Proletariats entstanden, dass sich im legitimen und notfalls gewaltsamen Klassenkampf seine Rechte gegen seine Ausbeuter und Peiniger Erkämpfen muss. Dass Links mittlerweile längst an der Macht ist und seinen verselbstständigten Klassenkampf mittlerweile gegen die eigene Bevölkerung führt, tut dem Narrativ und dem Selbstverständnis keinen Abbruch. Auch nicht die Absurdität, dass die ursprünglich subversive Antifa nun zu einer machtkonformen Straßenkampftruppe mutiert, wie sie eindeutig einen Faschismus zuzuordnen ist.
Welche Perspektive hat das? Wir haben keine verelendeten Massen mehr! Und wenn, dann am ehesten in sozialistischen Gesellschaften.
Ebenso, wie das Narrativ der klimabewegten Jugend, die von den bösen, alten und weißen Männern um ihre Zukunft gebrachte Generation zu sein, es den Luisa Neubauers und Gretas dieser Welt völlig unmöglich macht, zu erkennen, dass in Sachen Klimawandel schon weit mehr als vernünftig und vertretbar getan wird.
Welche Perspektive hat das? Wenn wir uns heute aus Angst vor dem Klimawandel selbst abschaffen, gibt es auch keine künftigen Generationen mehr.
Was haben diese Narrative gemeinsam? Sie haben alle einen Kampfauftrag. Sie münden alle in eine Perspektivlosigkeit, wenn sie zum Selbstzweck werden. Aber sie sind allesamt tröstlich. Man selbst ist ja nie für irgendwas verantwortlich, es sind immer die bösen anderen, die einen unterdrücken. Und genau das würde ja wegfallen, wenn man feststellen würde, dass der Kampf gewonnen und damit überflüssig geworden ist - und vor allem, dass man selbst Verantwortung trägt.
Also: Die Identitäts- und Befindlichkeitspolitik bringt nicht tot zu kriegende Narrative hervor, die die Gesellschaft spalten und jeden Fortschritt und jede Entwicklung zum Stillstand bringen. Sie erzeugt Metadiskussionen, in denen nur konsumiert und nicht erschaffen wird. Und wie der Genderismus zeigt, werden wir nicht müde, unverdrossen und inflationär immer neue Identitäten zu schaffen.
Das mag modern sein, aber es ist verknöchertes, erstarrtes Denken, an dem die Realität per Lotuseffekt abperlt. Höchste Zeit, dass uns mal etwas Neues einfällt und wir diesen Identitätsmehltau mit allen Blüten, die er so treibt, über Bord werfen.
ich möchte mal die folgende, Überlegung zur Diskussion stellen. Der Text ist mal wieder lang geworden, sorry, aber das seid Ihr ja von mir gewöhnt...
Der einzelne Mensch ist das kleinste, unteilbare Element einer Gesellschaft. Er ist nicht bindungslos und handelt nach Zufall oder Ratio, sondern nach einer Verantwortlichkeit, die sich aus seiner „Identität“ ergibt. Die Identität erst verschafft einen Blickwinkel und eine Orientierung, wie sie für ein zielgerichtetes Handeln in der jeweiligen Situation erforderlich ist. Nehmen wir als Beispiel die Identität als Elternteil. Man kann davon ausgehen, dass Eltern nicht ausschließlich eigennützig, sondern auch im Interesse ihrer Kinder handeln.
In unserer Gesellschaft ist die Identität des Einzelnen derart in den Fokus gerückt, dass der Einzelne nicht mehr durch sein Handeln, sondern durch seine Identität definiert wird. Kleines Beispiel: Es ist nicht mehr egal, ob ein Politiker ein Mann oder eine Frau ist, da man sich nicht mehr vorstellen kann, dass ein Politiker der Allgemeinheit dienliche Politik macht. Ein männlicher Politiker kann angeblich nur Politik für Männer machen, also muss eine Frauenquote sein, damit auch Politik für Frauen gemacht wird.
Die Gesellschaft wird durch diese Betrachtungsweise in zwei Teilgesellschaften aufgespalten, denen konkurrierende und fundamental unterschiedliche Interessen zugeschrieben werden. Und die Frauen, die in die Politik eintreten, damit sie Politik für Frauen betreiben, vertreten damit automatisch und nach eigenem Selbstverständnis auch nicht mehr die Allgemeinheit, sondern die Partikularinteressen ihrer Lobby.
Welche Perspektive hat das? Politik wird durch ihre Inhalte gut oder schlecht, und nicht davon, dass sie von Männern oder Frauen betrieben wird.
Ich denke, diese Separation ist so ziemlich das Letzte, was wir brauchen, aber darum geht es mir nicht. Mir geht es um die Definition der Identität, um das „Narrativ“, das diese Identität konstituiert. Im gewählten Beispiel der Politik von Frauen für Frauen ist zweifellos das Narrativ der vom Mann unterdrückten Frau enthalten, die für ihre Rechte einsteht. Dieses identitäts- und sinnstiftende Narrativ hat also ganz offensichtlich die in der Realität zweifellos weitestgehend stattgefundene Gleichberechtigung der Frau völlig unverändert überlebt. Und führt ein zunehmend absurdes Eigenleben. Beispielsweise in Form von „Girls days“, in denen, damit eine Gleichstellung erreicht wird, den Mädchen Berufe nahe gelegt werden, die sie dann mangels Interesse doch nicht wählen.
Welche Perspektive hat das? Ein Job wird durch die Leistung gut oder schlecht erledigt, und nicht, ob ein Mann oder eine Frau diese Leistung erbringt. Und für die einzelne Person ist nur wichig, dass ihr der Job Freude macht und ein Auskommen gibt.
Die identitätsstiftenden Narrative scheinen also ein zähes Eigenleben zu führen, das von der Realität in keiner Weise zu beeinflussen ist. So ist die politische Linke aus dem Narrativ des unterdrückten und verelendeten Proletariats entstanden, dass sich im legitimen und notfalls gewaltsamen Klassenkampf seine Rechte gegen seine Ausbeuter und Peiniger Erkämpfen muss. Dass Links mittlerweile längst an der Macht ist und seinen verselbstständigten Klassenkampf mittlerweile gegen die eigene Bevölkerung führt, tut dem Narrativ und dem Selbstverständnis keinen Abbruch. Auch nicht die Absurdität, dass die ursprünglich subversive Antifa nun zu einer machtkonformen Straßenkampftruppe mutiert, wie sie eindeutig einen Faschismus zuzuordnen ist.
Welche Perspektive hat das? Wir haben keine verelendeten Massen mehr! Und wenn, dann am ehesten in sozialistischen Gesellschaften.
Ebenso, wie das Narrativ der klimabewegten Jugend, die von den bösen, alten und weißen Männern um ihre Zukunft gebrachte Generation zu sein, es den Luisa Neubauers und Gretas dieser Welt völlig unmöglich macht, zu erkennen, dass in Sachen Klimawandel schon weit mehr als vernünftig und vertretbar getan wird.
Welche Perspektive hat das? Wenn wir uns heute aus Angst vor dem Klimawandel selbst abschaffen, gibt es auch keine künftigen Generationen mehr.
Was haben diese Narrative gemeinsam? Sie haben alle einen Kampfauftrag. Sie münden alle in eine Perspektivlosigkeit, wenn sie zum Selbstzweck werden. Aber sie sind allesamt tröstlich. Man selbst ist ja nie für irgendwas verantwortlich, es sind immer die bösen anderen, die einen unterdrücken. Und genau das würde ja wegfallen, wenn man feststellen würde, dass der Kampf gewonnen und damit überflüssig geworden ist - und vor allem, dass man selbst Verantwortung trägt.
Also: Die Identitäts- und Befindlichkeitspolitik bringt nicht tot zu kriegende Narrative hervor, die die Gesellschaft spalten und jeden Fortschritt und jede Entwicklung zum Stillstand bringen. Sie erzeugt Metadiskussionen, in denen nur konsumiert und nicht erschaffen wird. Und wie der Genderismus zeigt, werden wir nicht müde, unverdrossen und inflationär immer neue Identitäten zu schaffen.
Das mag modern sein, aber es ist verknöchertes, erstarrtes Denken, an dem die Realität per Lotuseffekt abperlt. Höchste Zeit, dass uns mal etwas Neues einfällt und wir diesen Identitätsmehltau mit allen Blüten, die er so treibt, über Bord werfen.