noch schnell die neue superbombe im feindesland testen, bevor es zu spät ist...saddams geburtsstadt tikrit ist doch da das ideale einsatzgebiet.
Der Schriftsteller Georg Klein wurde mit dem Romandebüt "Libidissi" 1998 auf einen Schlag berühmt. Nach "Barbar Rosa" erschien zuletzt bei Rowohlt sein Erzählungsband "Von den Deutschen".
quelle: berliner zeitung
Superbombe
Die US-Luftwaffe bringt die weltgrößten
konventionellen Bomben in die Golfregion. Mehrere der 9,5 Tonnen schweren, so genannten MOAB-Bomben (Massive Ordnance Air Blast) würden derzeit in die Region verschifft, teilte das Pentagon mit.
Die MOAB, die wegen ihrer ungeheuren Zerstörungskraft und ihres Kürzels auch "Mutter aller Bomben" genannt wird, verfügt über die Sprengkraft einer kleinen Atombombe. Sie wird von einem GPS- Navigationssystem ins Ziel gesteuert. Im Umkreis von anderthalb Kilometern vernichtet die MOAB alles Leben.
Unklar ist noch, warum die stärkste konventionelle Bombe in Richtung Kriegsgebiet gebracht wird. Entweder soll die Bombe als Drohmittel dienen, oder die Invasoren planen, sie tatsächlich noch im Endkampf um Tikrit einsetzen.
Die Schande des Siegers
MOAB auf dem Weg in den Irak
Georg Klein
In fernen Zeiten hat es Kriege gegeben, in
denen man auf die Zahl der erschlagenen Gegner stolz war. Ja, es wird von Schlachten berichtet, nach denen die Köpfe der Feinde, in langen Reihen auf Pfähle gespießt oder säuberlich zu Pyramiden geschichtet, von den triumphierenden Siegern zur Schau gestellt wurden.
Ich weiß nicht, wann die amerikanische Armee zuletzt vergleichbar altehrwürdige Rituale männlicher Kultur pflegte. Denn es ist eine Frage der Ehre: Schon zur Zeit der Indianerkriege hatte die US-Kavallerie ein Problem mit der unübersehbar kläglichen Bewaffnung ihres Gegners.
In den letzten Wochen wurde nicht gezeigt, mit welchen technischen Hilfsmitteln, ob mit Klappspaten oder mit Bulldozern, Amerikaner und Briten die vielen gegnerischen Toten unter die Erde bringen, um das Schlachtfeld zu bereinigen. Aber auf welch erbärmlich feige Weise diese Leichen produziert wurden, wird aus den Bildern, die um die Welt gingen, durchaus klar: Urangeschosse, die aus todsicherer Entfernung vierzig Jahre alte Panzer knacken. Lasergesteuerte Bomben auf Infanteristen, die den Feind, der sie in Stücke reißt, bis zuletzt nicht zu Gesicht, geschweige denn vor die rostige Kalaschnikow bekommen haben.
Das große Hightech-Massaker im Irak ist noch nicht zu Ende. Die Amerikaner schaffen gerade ihre größte konventionelle Bombe, die so genannte MOAB ins Kampfgebiet. Und irgendwann in den kommenden Tagen, vielleicht in der so genannten Schlacht um Tikrit, wird mit ihrer Hilfe das Verhältnis der Zahl der im Wüstensand verscharrten irakischen Männer zur Zahl ihrer mit allen militärischen Ehren eingesargten alliierten Geschlechtsgenossen 1 000:1 betragen.
Tausend zu eins! "Alles kann ich Gottvater verzeihen, nur seine Allmacht nicht!", soll ein deutscher Philosoph gesagt haben, bevor er verrückt wurde. Die amerikanische Armee handelt nicht in göttlichem Auftrag, nicht einmal die Vereinten Nationen wollten der moralisch verantwortliche Übervater des momentanen Schlachtens sein. So werden die Sieger mit der Schande ihrer himmelschreienden Überlegenheit im Rucksack nach Hause kommen. Und die Clique alter machthungriger Männer, die sie als immer noch notwendige technische Fachidioten an den Golf geschickt hat, wird ihnen auch nachträglich nicht glaubhaft machen können, dass sie dort Mut bewiesen haben.
Es ist noch nicht lange her, dass den Fernsehzuschauern in God s Own Country die Bilder mit den Verhörszenen gefangen genommener US-Soldaten weitgehend vorenthalten wurden. Dabei hätte man auch zu Hause das eine oder andere aus den Gesichtern und den Aussagen der Gefangenen begreifen können. Mit vor Angst flackerndem Blick gab einer der Vernommenen auf die Frage, warum er in den Irak gekommen sei, zur Antwort, seine Arbeit sei nur die Wartung technischen Geräts gewesen. Man weiß inzwischen, wie gotterbärmlich Recht er damit hatte.
By the way: Mit der amerikanischen Superbombe MOAB, die zwar einen ebenso beeindruckenden Explosionspilz wie die Atombombe, aber nicht deren schändliche Langzeitwirkungen besitzt, ist noch ein kleines technologisches Problem verbunden. Bis jetzt verfügt die US Air Force über kein Trägerflugzeug, von dem die riesige Waffe professionell abgeworfen werden könnte. Die Bombe muss auf fast archaische Weise aus der Heckklappe eines Frachtflugzeugs manövriert werden.
Falls dabei, hoch über der irakischen Stadt Tikrit, ein Air-Force- Techniker aus dem Hintern seiner Maschine stürzt, sollte man ihm weltweit - auch bei uns! - ein Denkmal setzen. Er wäre der wahre "Last Action Hero", der exemplarische Kriegsheld dieses US- amerikanischen Zeitalters.
Der Schriftsteller Georg Klein wurde mit dem Romandebüt "Libidissi" 1998 auf einen Schlag berühmt. Nach "Barbar Rosa" erschien zuletzt bei Rowohlt sein Erzählungsband "Von den Deutschen".
quelle: berliner zeitung