captainfuture
Großer Auserwählter
- 3. Juli 2002
- 1.902
das kam eben in einer email - ich find's gut und zum teil sehr treffend :
Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft, speziell was der Gesetzgeber
und die Bürokraten, die Medien und die Informationsgesellschaft uns
täglich
vorbeten und verbieten, müssten wir alle, die in den Sechzigern bis
Anfang der Achtziger aufgewachsen sind, längst tot sein...
Unsere Kinderbetten waren mit bleihaltigen Farben bemalt und
Formaldehyd
sickerte aus jeder Pore. Ganz zu schweigen vom Tapetenleim, dem Kleber
des Linoleums oder den PVC-Dämpfen des Stragula. Wasserfeste Filzstifte
hatten Ausdünstungen, die benebelten, und wer erinnert sich noch an den
leicht
salzigen Geschmack des abzuleckenden Tintenkillers?
Steckdosen, Medizinflaschen, Schranktüren und Schubladen waren noch
nicht
kindersicher.
Messer, Schere, Gabel und Licht wurden uns zwar verboten, aber meistens
mussten wir uns erst einmal daran verletzten, um es zu glauben.
Unsere Fahrräder, Roller und Rollschuhe fuhren wir ohne Schützer und
Helme.
Die Risiken, per Anhalter in den nächsten Ort zu fahren, waren uns
unbekannt!
Zum Thema Auto erinnern wir uns weder an einen Sicherheitsgurt, noch an
Airbags, ABS oder ähnliche Sicherheitsvorrichtungen im Wagen des
Vaters.
Man saß zwar hinten, aber an einem heißen Sommertag gab es doch nichts
schöneres, als seinen Kopf aus dem Fenster (das man damals noch
komplett
runterkurbeln konnte) des fahrenden Autos zu stecken und sich den
Fahrtwind ins Gesicht blasen zu lassen, sodass man kaum noch Luft
bekam..
Wasser haben wir direkt aus dem Gartenschlauch getrunken und nicht aus
einer Flasche.
Wahnsinn! Wir aßen fettige Schmalznudeln und frischgebackenes Brot mit
fingerdick Butter drauf; dazu gab es überzuckerte Limonaden oder
künstlich gefärbtes Tri Top. Fett geworden sind wir deswegen nie, weil
wir
immer
draußen waren. Wir haben zu fünft aus einer Limoflasche getrunken- und
es
ist tatsächlich keiner daran gestorben.
Wir haben stunden- und tagelang an Seifenkisten oder ähnlichen Gefährten
geschraubt, die wir aus rostigem Schrott und splitterigem Holz
konstruiert hatten. Dann sind wir den Hügel damit runtergebrettert, nur
um
festzustellen, dass wir die Bremsen vergessen hatten. Nachdem wir ein
paar Mal in der Böschung gelandet waren, haben wir gelernt, auch dieses
Problem zu lösen.
Wir gingen in der Früh raus und haben den ganzen Tag gespielt,
höchstens
unterbrochen von Essenspausen und kamen erst wieder rein, als es dunkel
wurde und man den Fußball nicht mehr richtig sehen konnte.
Wir waren nicht zu erreichen. Keine Handys! Wenn es regnete, spielten
wir
bei Freunden Monopoly oder Mensch ärgere dich nicht, Mühle oder Dame
und
bauten mit Matchbox-Autos ganze Städte auf.
Wir hatten weder Playstations oder Nintendo, X-Boxen oder Videospiele,
keine PCs, keine 50 Fernsehkanäle oder Surround-Anlagen. Ins Kino zu
gehenwar ein Ereignis, für das man sich herausputzte und das einem vor
Vorfreude den Magen kribbeln ließ. Es gab noch Vorfilme, die immer eine
Überraschung waren, weil keiner wusste, was zu erwarten war- und wenn
zufällig
ein
Donald-Duck- oder Micky-Maus-Film dabei war, hatte man das ganz große
Los
gezogen.
Wir hatten Freunde! Wir gingen raus und haben uns diese Freunde
gesucht..
Wir haben Fußball gespielt mit allem, was sich kicken ließ, und wenn
einer einen echten Lederball hatte, war er der King und durfte immer
mitspielen, egal wie schlecht er war.
Um im Verein mitspielen zu dürfen, gab es Aufnahmeprüfungen, die nicht
jeder bestanden hat. Wer es nicht geschafft hat, lernte mit der
Enttäuschung umzugehen. Wir spielten Völkerball bis zum Umfallen und
manchmal tat es weh, wenn man abgeworfen wurde.
Wir sind von Bäumen und Mauern gestürzt, haben uns geschnitten,
aufgeschürft und haben uns Knochen gebrochen und Zähne ausgeschlagen.
Wir hatten Unfälle! Es waren einfach Unfälle, an denen wir schuld
waren.
Es gab niemanden, den man dafür verantwortlich halten konnte und
vielleicht sogar noch vor den Kadi zerrte.
Wer erinnert sich noch an Unfälle? Unsere Knie und Knöchel waren von
Frühjahr bis Herbst lädiert, und ein Schienbein ohne blaue Flecke gab
es
nicht. Wenn wir uns an Brennesseln gebrannt haben oder uns eine Mücke
gestochen hatte, haben wir entweder drauf gespuckt oder den Nachbars
Hund
drüber lecken lassen oder drauf gepinkelt. Geholfen hat alles.
Wir haben gestritten und gerauft, uns gegenseitig grün und blau
geprügelt
und gelernt, damit zu leben und darüber weg zu kommen.
Wir haben Spiele erfunden mit Stöcken und Bällen, haben mit Ästen
gefochten und Würmer gegessen. Und obwohl es uns immer wieder
prophezeit
wurde, haben wir kaum ein Auge ausgestochen, und die Würmer haben auch
nicht in uns überlebt.
Wir sind zu einem Freund geradelt, haben an der Tür geläutet und sind
dort geblieben, nur um mit ihm zu reden.
Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere, also haben sie eine
Klasse wiederholt. Sie sind nicht durchgefallen, sondern wurden von den
Lehrern einfach zurückgestuft. Zensuren bei Proben wurden nie
manipuliert, egal aus was für Gründen. Wir waren für unsere Aktionen
selbst
verantwortlich.
Konsequenzen waren immer zu erwarten, wenn wir Scheiße gebaut hatten.
Der Gedanke, daß ein Elternteil uns rauskloppt, wenn wir mit dem Gesetz
in Konflikt geraten waren, war undenkbar. Im Gegenteil: Die Eltern
stellten
sich auf die Seite des Gesetzes. Stellt euch das einmal vor!
Unsere Generation hat einige der größten Enterpreneure und Erfinder
hervorgebracht. Die letzten 50 Jahre waren eine wahre Explosion an
Innovationen und Ideen. Wir hatten Freiheit und Zwang, Erfolg und
Misserfolg, Verantwortung und Konsequenz. Und wir haben gelernt damit
umzugehen.
Erinnere Dich daran, wie Du aufgewachsen bist und Du wirst sehen, was
unseren Kindern heute fehlt. Als die Eltern einmal ein Auge zudrückten,
anstatt die Kinder mit übergroßer Vorsicht zu erdrücken. Unsere Eltern
trauten uns zu, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Meistens hat
es
geklappt. Die paar Mal, die daneben gingen, zählen wir zu unseren
Lebenserfahrungen.