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Zeit heilt alle Wunden...

Dunja

Geselle
18. März 2004
45
Die Zeit heilt alle Wunden...

Wie alt diese "Weisheit" schon ist und ausgesprochen wird sie oft ohne sich Gedanken zu machen, was diese Worte für denjenigen bedeuten, dem wir sie wohlmeinend angedeihen lassen.
Wie war das mit der Mutter, die der Geburt mit freudiger Erwartung entgegensah und sich ein paar Stunden später für immer von Ihrem Kind verabschieden musste
--- die Zeit heilt alle Wunden
Wie geht es der 6 köpfigen Familie deren neugebautes Haus nach einigen Tagen einem Feuer zum Opfer fiel und komplett vernichtet wurde, versichert waren sie noch nicht
---- war doch nur ein Haus
--- die Zeit heilt alle Wunden.
Was fühlen die Eltern eines 16 jährigen Mädchens, dass nach jahrelangem Kampf und der 5.Chemo Therapie völlig entkräftet stirbt
--- eine Erlösung für alle Beteiligten
--- die Zeit heilt alle Wunden.
Was empfindet eine 17 jährige junge Frau die nach 1 Jahr von der Liebe ihres Lebens verlassen wurde und für die tiefen Gefühle nur belächelt wurde - du bist doch noch so jung
--- die Zeit heilt alle Wunden.
Wie fühlt sich der 65 Jahre alte Mann, seit 2 Jahren Rentner und genau seit dieser Zeit sehend wie seine Frau aufgrund der Alzheimer Krankheit jeden Tag ein Stückchen weiter von ihm weggeht
--- die Zeit heilt alle Wunden.
Wie fühlt sich ein Mensch, der im Leben nur eine vertraute Person hatte und diese Person irgendwann aus dem Leben schwindet, weil sich die Wege trennen mussten
--- die Zeit heilt alle Wunden
Was empfindet eine Mutter, wenn ihre Tochter keine Ehrfurcht mehr hat und sich von allem abwendet, was sie vorher an die Familie gebunden hatte und keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass es ihr leid tut. --- die Zeit heilt alle Wunden

Jedes erlittene schwere Schicksal lässt in unserem Herzen einen tiefen Krater zurück. Es fühlt sich an wie ein Vulkan, immer heiß und brodelnd, wir rauchen und oftmals spucken wir auch Lava in Form von Gefühlen, die zu bestimmten Anlässen an die Oberfläche stoßen.

Was ist Zeit????

Wie kann Zeit Wunden heilen????

Zeit ist das Leben, Zeit ist das was um dich herum geschieht, manchmal nehmen wir Sie bewusst wahr, oft verstreicht sie und wir fragen uns wo sie geblieben ist?
Zeit verbringen wir mit Menschen die uns viel geben können, wir können Kraft schöpfen aus der Zeit. Zeit lässt Erinnerungen verblassen schöne - aber auch schlimme.

Aber kann Zeit wirklich heilen???

In diesem Sinne

Dunja
 

_Dark_

Ritter Rosenkreuzer
4. November 2003
2.666
ja, so sehe ich das auch.
die zeit kann nie wirklich alles heilen, denn narben bleiben zurück, die gehen nicht weg.

ich glaube im original heitß der spruch: tempus omnia vincit
zeit besiegt alles.
das könnte man schon eher so stehen lassen, denn wenn etwas besiegt ist, dann heißt das ja nicht, dass es aufhört zu existieren.
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.327
_Dark_ schrieb:
ja, so sehe ich das auch.
die zeit kann nie wirklich alles heilen, denn narben bleiben zurück, die gehen nicht weg.

Vielleicht eher Schwielen statt Narben...
Mit der Zeit gewinnt man auch Erfahrungen, die einem - sofern man nicht schon völlig abgestumpft ist - ermöglichen sollte, mit seinen inneren und äußeren Konflikten anders umzugehen.
 

Graf-Unzahl

Geheimer Meister
1. Februar 2004
117
Zeit lindert - einige Wunden. Aber heilen? Heilen kann man sich nur selbst.

Ist aber fraglos eine entscheidende Grundpolarität. Lindern und heilen. Allopathie und Homöopathie. Manchmal geht eben nur noch lindern. Deswegen, am besten von vornherein nicht zu tief eintauchen in emotionale Irrgewässer. Oder am Eingang von Sackgassen das T-Schild beachten, das für geTürkt steht. Allopathische Notwendigkeiten werden dadurch auf ein Minimum reduziert...

:wink:
 

Highwaydog

Geheimer Meister
16. Oktober 2002
241
Ich denke, dass es vor allem in dem Moment sehr schmerzhaft ist, wenn der Spruch ausgesprochen wird. Natürlich war eine tröstende Absicht dahinter, aber es erscheint dann letztendlich doch nur so, als würde man dem Geschehnis den Wert nehmen.
Ich finde deine Beispiele alle krass, aber das mit dem Opa oder der Tochter, die sich von der Familie abwendet, gehört nicht in die Reihe, finde ich.
Denn es stimmt wirklich, wenn man es in Verbindung mit dem bereits gesagten von _Dark_, Giacomo_S und Graf-Unzahl sieht. Natürlich kann man nie ganz kuriert werden, wenn man immer zurückdenkt, aber das ist auch nicht gerade das Gelbe von Ei. Denn was passiert ist, ist passiert. Zurückdenken kann man, aber man muss auch damit rechnen, dass man sich dann wieder irgendwo in Traurigkeit verirren kann...
Wenn man sich aber sagt "Gut, das Haus ist jetzt futsch, daran kann ich nix mehr ändern", oder vielleicht, wie es die Familie wohl eher ausdrücken würde, "Wir können von Glück sagen, dass wir selber alle noch leben, und wir hoffen, dass uns das nicht nochtmal passieren wird" oder irgendwas in der Richtung. Man muss eben davon ausgehen, was auch zutrifft, dass sich alle Dinge verändern, nichts bleibt statisch, und deshalb sollte man sich nicht in alten Netzen verfangen.
Bei dem Beispiel des Rentners aber ist das, finde ich, etwas anderes, denn er muss jeden Morgen seine Frau sehen, die ihn jeden Morgen nicht wieder erkennt, und deshalb wird ihm jeden Morgen wieder ein Leid zugefügt. Warum ein "Leid"? Ich glaube, das lässt sich mit der buddhistischen edlen Wahrheit vom Leiden begründen: "Leben ist veränderlich, Veränderung ist Leid". Das trifft auch genauso zu, wenn man kein Buddhist ist (bin ich ja nicht). Der Buddhismus ist ja eher eine Philosophie, und ein Merksatz dieser Philosophie ist eben diese edle Wahrheit von Leiden, und man kann auch in anderen Religionen dessen Wahrheitsgehalt überprüfen. Gut, vielleicht nicht in solchen Maßen, aber, immerhin, es ist da.
Das jetzt nur ein kleiner Exkurs zu dem philosophischen Hintergrund des Satzes... Es ist wirklich so, dass einem irgendwann nix anderes übrigbleibt, als "mit der Zeit zu gehen" und sich auf eine, durchaus leidlindernde Veränderung einzulassen. Das ist dann, wenn man eingesehen hat, dass es von geringem Nutzen ist, wenn man sich immer wieder neu überlegt, wie es wäre, wenn... denn: es ist nicht so, wie es wäre, wenn, sondern es ist, wie est ist!
Und ich denke auch nicht, dass ein Vorfall 100% heilen kann, aber das liegt eben an der Natur des Menschen. Bei einem perfekten Menschen wäre das bestimmt möglich, aber so einen gibt es nicht, denn ein perfekter Mensch ist kein Mensch mehr, weil es biologisch gesehen ein Säugetier ist, und es gibt auch keine perfekten Hunde oder Schafe.
Um wieder zwanghaft zurück zum Thema zu kommen, jetzt noch ein abschließender Satz:
Ich denke, der Satz "Die Zeit heilt alle Wunden" ist höchstens in dem Wort "alle" falsch, denn, wie bereits erwähnt, geht das nicht - und es ist immer eine persönliche Sache, wie sehr man selbst das Geschehene in sich, von der Zeit geleitet, verheilen lassen will; genauso von der Person abhängig ist es, wenn der Satz ausgesprochen wird nach einem mehr oder weniger tragischen Geschehnis, den vor allem dann ist das meiste noch nicht verkraftet...
 

OTO

Erhabener auserwählter Ritter
18. März 2003
1.184
Die Zeit heilt meiner Meinung nach keine Wunden.
Sie trübt nur die Erinnerung.
 

HeiligerBimBam

Geselle
21. Mai 2004
11
Du beschreibst natürlich gleich die allerschlimmsten Situationen. Ich kann mir nichts unpassenderes vorstellen als jemand, der zu einem alten Menschen, dessen Frau sich langsam immer weiter von ihm entfernt, sagt: Die Zeit heilt alle Wunden. Denoch ist es wahr, sie tut es. Denk nur an dich selbst, ich bin mir sicher, du warst schon mal in einer Situation von der du dachtest, dass ist so schlimm, ich werde niemals normal weitermachen können. Selbst der Mensch, dem etwas unglaublich schlimmes passiert, lernt damit umzugehen. Seine Wunden heilen, er wird bei dem Gedanken an seine verstorbene Mutter nicht mehr Leid empfinden, sondern sich an die schönen Sachen erinnen. Wie sie früher mit ihm gesungen hat oder ihn getröstet, als er zum ersten Mal entäuscht wurde. Vieleicht wird er weinen, aber das ist kein Leid, es ist Liebe.
Doch alles hat seine Grenzen, manchmal müssen Menschen Qualen ertragen, die selbst die Zeit nicht bewältigen kann.
 

Kennedy

Großmeister
4. April 2004
58
ich denke das der Satz Die Zeit heilt alle Wunden in gewissen hinsicht sicher stimmt.

Aber dazu müssen wir betrachten wie es ist wenn es uns selbst schlecht geht, wir denken das es nicht mehr weiter geht und das Leben für uns eigentlich keinen Sinn mehr macht.
Was tun wir?? Wir versuchen an etwas anderes zu denken uns an etwas zu klammern.Ob das nun Arbeit ist oder eine andere Person oder irgendein Ereigniss das ist jetzt eigentlich egal. Wir brauchen bloß etwas was uns hilft über etwas hinweg zu kommen.

Wie kommen wir aber über etwas hinweg?
Wir klammern, aber das alleine würde nicht helfen.
Es gibt den Satz Kommt Zeit kommt Rat und ich denke so ist es auch.
Die Zeit hilft uns indirekt etwas zu verdrängen indem Sie uns die möglichkeit gibt Sachen noch einmal zu überdenken und die Situation so schlimm sie auch sein mag noch einmal neu zu überdenken...

~mfg~

JFK
 

NiE

Großmeister
21. April 2004
52
wenn sie heilen würde, gäb es keine toten und die menschheit wäre unsterblich
 

Killuminati

Geheimer Meister
2. Juli 2002
333
zeit heilt alle wunden.....diesen satz habe ich noch nie verwendet und habe ich auchnich vor...ich finde auch, dass die person die das ausspricht irgendwie den wert dadurch mindert....wenn jemand sowas zu mir sagt, dann fühle ich mich nicht ernst genommen (und in meinem alter is das eh sauschwer, ernst genommen zu werden)....mag sein, dass es einige wunden gibt, die die zeit komplett heilen kann,aber es gibt auch dinge,die auf eine gewisse weise zurückbleiben müssen....sonst hätten wir ja keine erfahrung daraus gehabt sondern hätten nur vergessen.....
ich war heute im krankenhaus....bei meinem opa auf der intensivstation....er hat eiter in der lunge und wird beatmet.....ich habe sofort das heulen angefangen und bin aufs klo gegangen....dann kam eine frau zu mir und sagte : "bloss nicht unterkriegen lassen"
ich weiss nicht genau , was ich damit sagen will, aber ich finde, dass es hier dazu passt....vorallem weil ich garnich weiss, was dieses "nichtunterkriegenlassen" für mich bedeuten würde....ich weiss garnicht ob es gut ist, wenn er es überlebt.......so ist doch auch die trauer darüber irgendwie von egoistischer natur....(okay, jetz wird ein bisschen offtopic deswegen hör ich mal auf)
 

Highwaydog

Geheimer Meister
16. Oktober 2002
241
au der ist gut, der Beitrag, da geb ich jetzt auch nochmal meinen Senf dazu:
natürlich ist es sowas von schwer, in einer persönlich sehr schlimmen Situation den Satz über sich ergehen zu lassen, aber eigentlich will man ja da besser gar nix hören... sagen wir, es ist schwer, einen Satz zu finden, der nicht geheuchelt oder wertmindernd klingt. Aber denkt man im Nachhinein darüber nach, gibt man dem Satz schon recht, und wahrscheinlich denkt man scih auch irgendwas in der Richtung "den Satz habe ich damals nicht verstanden, aber jetzt, wo ich darüber nachdenke, wird er mir klar..." oder so... und genau da knüpft dein Beispiel an. Man soll sich nicht unterkriegen lassen, heißt, nach einer Zeit müsste man Herr der Lage (der Lage, nicht der Ringe) geworden sein, und dann ist man so ziemlich verheilt.
Wie schon erwähnt, kann es nie zur perfekten Verheilung führen, denn wie gesagt, würde man dann nicht aus der Situation lernen, und darum geht's ja im Leben....
 

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