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Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinnsuche

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
Wir alle kennen es: Leistungsdruck, eine Ökonomisierung der gesamten Lebenswelt. Letztendtlich ist es geforderte Effizenzsteigerung, einfach auch Effizenzsteigerung den Betrieben den öknomischen Kostendruck nimmt. Im Privatbereich eine an sich wünschenswerte Digitalisierung, wobei das Smartphone auch zum Zeitkiller wird, wenn man stundenlang damit hantiert. All die Verführungen in rauschenden Konsumwelten. Wir werden verführt und lassen uns auch gerne verführen. Desweiterung eine gewisses Abschwächen traditioneller persönlicher Stablisierungsanker in Beruf und Familie: Eine Versinglelung, ein Aussterben des Mehrgenerationenhaushalts, eine berufliche Zukunftsungewissheit (Kaum einer lernt seinen gelernten Beruf noch lebenslang aus.). Man könnte so viel mehr aufzählen. ...
Hier mal ein interessante Studien vom Zukunftsforscher Opaschowski. Er stellt 10 Gebote für das 21. Jahrhundert auf.
1. Bleib nicht dauernd dran; schalt doch mal ab.
2. Jag nicht ständig schnelllebigen Trends hinterher.
3. Kauf nur das, was du wirklich willst, und mach dein persönliches Wohl-ergehen zum wichtigsten Kaufkriterium.
4. Versuche nicht, permanent deinen Lebensstandard zu verbessern oder ihn gar mit Lebensqualität zu verwechseln.
5. Lerne - zu lassen, also Überflüssiges wegzulassen: Lieber einmal etwas verpassen als immer dabei sein.
6. Entdecke die Hängematte wieder. Lerne wieder, 'eine Sache zu einer Zeit' zu tun.
7. Genieße nach Maß, damit Du länger genießen kannst.
8. Mach nicht alle deine Träume wahr; heb' dir noch unerfüllte Wünsche auf.
9. Tu nichts auf Kosten anderer oder zu Lasten nachwachsender Generationen: Sorge nachhaltig dafür, dass das Leben kommender Generationen
lebenswert bleibt.
10. Verdien Dir Deine Lebensqualität - durch Arbeit oder gute Werke: Es gibt nichts Gutes; es sei denn, man tut es.
ZUKUNFTSFORSCHUNG: Zehn Gebote für das 21. Jahrhundert | ZEIT ONLINE

Das ist doch schon so etwas wie eine persönliche Handlungsanweisung für praktisches Tun, trotzdem relativ wenig. Wo bleiben eigentlich die großen Entwürfe der Vergangenheit (Die christliche Soziallehre oder auch der sozialistische/kommunistische Ansatz eines neuen Menschen.), angepasst auf die Welt des 21. Jahrhunderts? Entwürfe, die faszinieren und nicht nur ein müdes Gähnen auf dem Fernsehsofa hervorheben. (Gesellschaftliche Ideale sind natürlich das eine, praktikable Modelle für die Masse das andere. Dabei sollte natürlich die Diskrepanz zwischen Sollen und tatsächlichem Tun relativ gering sein, denn nur dann kann man vom einem Erfolgskonzept sprechen.)
Was ist das "Ist"? : Ein Verlust von Weltbildern und Werten in den Köpfen bei vielen Leuten. Ein Indiz: Der Rückgang der Religiosität (nicht nur an den Kirchenaustritten feststellbar) und damit verbunden mangelnde Werte. Stattdessen bei vielen ein sich Treiben lassen im Hier und Jetzt. Der Mensch (im Privatleben) wendet sich oberflächlich vielen Dingen zu, ohne ein Thema richtig zu durchdringen. Ich will das alles gar nicht zu schwarzmalerisch sehen. Die Chance des Einen im komplexen Angebot ist die Überforderung des Anderen.
 

Viminal

Großer Auserwählter
10. Juni 2009
1.964
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Zusammengefasst: Du willst jemanden der dir sagt was Du mit deinem Leben anfangen sollst. Du sehnst dich nach modernen Versionen von Ideologien die einen neuen Menschen erschaffen wollten.

Ich sage: Zum Glück gibt es das nicht, siehe welch riesiges Elend diese "neuen Menschen" in der Vergangenheit gebracht haben.
 

a-roy

Mensch
22. Oktober 2007
11.473
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Thema 'Medienkonsum/-nutzung/-missbrauch:
In meinem Elternhaus gab es den 1.TV als ich 6 war(1963) mit 3 Programmen und in schwarzweiß.
Meinen 1.Kassettenrecorder bekam ich, da war ich 8.Damit fing ich an, Schallplatten per Mikro aufzunehmen.
Meinen 1.modernen Kassettenrecorder hab ich mir von meinem 1.selbstverdienten Geld gekauft, da konnte ich dann per Kabel aufnehmen.
Ich könnte jetzt noch weiter aufführen, lass es aber mal.

Heute:
2 alte RöhrenTV's, 1 Pioneerverstärker+Boseboxen,1Ghettoblaster,1 DVD-Player, 1 uralt Doppelkassettenrekorder,1 Uraltlap, 1 Samsunghandy
Gerade jetzt sitz ich alleine vorm PC, der TV läuft und ich bin mittlerweile auch 'tv-pc süchtig' geworden, hab mir aber eine Tagesstruktur erarbeitet, die es mir ermöglicht, diese Geräte auch mal aus zu lassen.
Früher hab ich viel gelesen, das mach ich heute kaum noch.
Früher bin ich viel außer Haus gegangen(Freunde besuchen, Kneipe etc.), das ist weitestgehend weg gefallen.
Wenn Besuch kommt(ich hab nicht mehr viele soziale Kontakte),wird Musik gehört.
Klar hab ich da materielle Wünsche die ich mir leider Gott-sei-Dank nicht erfüllen kann.
Allgemein:A bisserl bezeichnend für die heutige Situation ist imho eine Filmszene, wo Junge&Mädchen Rücken an Rücken auf nem Sofa sitzen und per Smartfone chatten.
 

Viminal

Großer Auserwählter
10. Juni 2009
1.964
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Naja, da muss man auch vorsichtig sein und nicht persönliche Erscheinungen den gesellschaftlichen Umständen zuschreiben.
Es ist z.B. normal dass viele Leute wenn sie älter werden nicht mehr so oft ausgehen wie in der Jugend und immer zurückgezogener leben. Das muss dann also nicht zwingend an der Vertechnisierung liegen.

Auch sollte man mit oberflächlichen Urteilen vorsichtig sein. Ja, ich habe auch schon die "Jugend von heute" gesehen, die sich in der S-Bahn gegenübersitzen und hauptsächlich per Smartphone kommunizieren. Da ist man als alter Hase natürlich schnell im verurteilen und empören ... aber vorsicht! Ja, die Kommunikationsstruktur ändert sich, Ja, es mag für Menschen die anders sozialisiert wurden ungewöhnlich bis absurd erscheinen - dass heißt aber erstmal noch nicht, dass die neuen Generationen allesamt vereinsamte Sozialkrüppel sind. Das heißt erstmal nur, dass die anders kommunizieren und anders ticken als man selbst.

In den 60igern haben die Älteren auch gedacht der Weltuntergang steht bevor als plötzlich Männlein und Weiblein unverheiratet in WGs zusammen wohnten - deren Elterngeneration hat z.T. wirklich gedacht, ihre Kinder wären allesamt sittlich verdorben und der Kurs in die Gosse oder gar den Knast wäre vorprogrammiert. Aus den WG-Bewohnern wurden dann aber doch Spießer mit anständigen Berufen.
Insofern vorsicht mit Be- und Verurteilungen der Smartphone-Jugend, nur weil diese anders sind als man selbst.
 

a-roy

Mensch
22. Oktober 2007
11.473
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Nun ja, ich bevorzuge eigentlich(ich mag dieses Wort eigentlich nicht)die persönliche(intellektuelle)Kommunikation, aber Dank des Inet brauch ich jetzt nicht mehr raus zu gehen.
Das ist für mich ein Vorteil, lässt aber meine Lust, im RL neue Menschen kennen zu lernen, abnehmen.
Hat aber vllt. auch mit persönlichen Erfahrungen zu tun.
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Zusammengefasst: Du willst jemanden der dir sagt was Du mit deinem Leben anfangen sollst. Du sehnst dich nach modernen Versionen von Ideologien die einen neuen Menschen erschaffen wollten.

Ich sage: Zum Glück gibt es das nicht, siehe welch riesiges Elend diese "neuen Menschen" in der Vergangenheit gebracht haben.
Mag sein, die Ideologie vom "Neuen Menschen" hat mich in jungen Jahren fasziniert. Rudimente sind vielleicht geblieben. Leider zur Ideologie verkommen, der mehr Leid als Heil in die Welt brachte. Dabei sagte Marx, dass er jegliche -ismen ablehne. Aber das ist es gar nicht. Zunächst muss man ja unterscheiden zwischen a) allgemeinen Leitbiidern (Philosophien, Religionen) und b) praktischen Lebensregeln.
zu a) Es sollte und darf gar nicht nicht die große Ideologie sein , die den Menschen eine freie Entscheidungsfindung abnimmt. Dennoch halte es es für vernünftig, wenn jemand zu einer Partei oder deren Jugendorganisation stösst, Pfadfinder wird, den Buddismus oder die Bibel liest und sich vielleicht das Beste aus allem herausnimmt. ... etc. etc. Also so ein Zwischending zwischen dominanter Ideologie und "Gar nichts". Das führt zu einer gewissen persönlichen Stabilisierung für das Leben. Es ist natürlich nur EINE Lebensstütze unter vielen wie Freunde und Familie. Natürlich auf abstrakteren Niveau.

zu b) Lebensführer, Lebensweiheiten vom Dalei Lama, vom Mönch XY etc. gibt es zur Genüge und sind Bestseller. Das muss schon Gründe habe. Zu viel Wahlmöglichkeiten für den Einzelnen, auch auch das Verschwimmen/verschwinden von Weltbildern (auch der klassische Liberalismus ist in gewissen Maße tot, wenn man vom wirtschaftszentrierten Neoliberalismus absieht). - Es gibt verschiedene Art von Menschen:
1) die Souveränen, die Ewig-Jungen, Anpassungsfähigen, die Kreativen, die Selbstbestimmten
Sie nutzen aber wie selbstverständlich alle Möglichkeiten der modernen Kommunikationswelt. Sie schwimmen mit den Trends, verwerten das Beste daraus, setzen mitunter sogar neue Trends. Das persönliche Alter spielt keine Rolle.
Bsp.: Stefan Raab, Wolfgang Joop, Detlev D.Soost, etc., aber auch junge Menschen, die wissen was sie wollen.

2) die "Normalos", die übergroße Mehrheit.
Sie nutzen die Trends als Konsumenten, lassen sich z.T. auch verführen. Doch alles ist gut. Sie wissen nach gewissen Experimentierphasen, auch was sie wollen. also: das Überangebot schafft mehr Chance als Risiko.

3) die Schwachen, Verführbaren
Liegt es am schwachen Charakter, an den Lebensumständen, ich weiss es nicht. (Die einen stehen nach harten Krisen wieder auf. Die anderen lassen sich ohne harte Krisen gehen. Es reichen kleine Enttäuschungen aus.) Manche (wenige) Menschen brauchen in gewissen Sinne Führung oder Begleitung im Bereich allgemeines Leben. Die "Normalos" packen das ohne große Probleme. Das ändert sich, wenn wir uns selektiv als verführbaren Homo politicus oder Konsumenten betrachten. (Das mögen viele von sich weisen, die das Volk als obersten Souverän sehen oder den Konsumenten als Richter, ob es einer Firma gut oder schlecht gehen, sie Punkt II.)

I. Enttäuschte in politischer/ideologischer Sicht - Nach dem Ende des kommunisten Ostblocks wurde gerne die nationalistische Karte gezogen. Bsp.früheres Jugoslawien, auch die Sowjetunion. Statt Kommunismus nun die Ersatzideologie Nationalismus.
Das kann man gerne auch auf das Einzelindividuum herunterbrechen, egal ob nun aus Deutschland oder nicht. Rechte oder islamistische Rattenfänger gibt es genug (die gerne auch etwas Kritik am westlichen Kapitalismus beimischen. Der Islamismus ist in gewissen Sinne die Gegenbewegung zum westlichen Konsumrauschdenken.)
II. Verführte durch den Konsum sind wir in der Regel alle. Wir werfen Tonnen von Lebensmittel weg, weil wir zu viel einkaufen. Die Baumärkte leben davon, dass wir für alles elektrische Profiwerkzeug brauchen und vielleicht nur einmal im Jahr benötigen.
Das ist i.R. verzeihbar (für den, der genug Geld hat). Nur leidet die Umwelt durch erhöhten Ressourcenverschleiß. Doch der Kapitalismus braucht Wachstum... Wachstum ist was Positives, so suggerieren uns die Medien. Dabei ist ewiges Wachstum unmöglich. Hier bräuchten wir in der Tat ein gewisses Umdenken in der Bevölkerung, Keine harte Antiwachstumsideologie, die antikapitalistsch wäre. Aber in weicheren Tönen formuliert, na ja so was würde ich mir schon wünschen.
III. Persönlich Gescheiterte (siehe obigen Punkt a)sind natürlich anfällig für Idelogien (Punkt b) , die ihnen Sinn geben. Umgekehrt haben persönliche Gescheiterte oftmals eben kein sinnerfülltes Lebenskonzept. (Etwa so: Morgen wird es alles besser, wenn Du es nur willst. Das "Du" ist zu schwach. es braucht Hilfe durch die Gesellschaft. (Arge, Obdachlosenbereitung). Solche Leute waren (bis auf wenige verlorene) gut im real-existierenden Sozialismus gut aufgehoben, weil sie umfangreich "betreut" wurden. Hier gibt es Defizite in unseren freien Gesellschaft. (Übrigens, das Thema interessiere mich persönlich, weil ich auch mit Suchenden, Richtungslosen ins Gespräch gekommen bin. Es gibt verschiedene Kategorien von Menschen, Leute, die sich verzetteln im Überangebot unserer modernen Welt. Die einen bringen gar nichts auf die "Reihe", die anderen zu viel, aber nichts richtig.)
 

Telepathetic

Groß-Pontifex
1. Juli 2010
2.972
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

II. Verführte durch den Konsum sind wir in der Regel alle. Wir werfen Tonnen von Lebensmittel weg, weil wir zu viel einkaufen.
Also ich werfe sehr selten Lebensmittel weg. Und ich bin mir sicher, dass ich nicht der Gipfel an Vernünftigkeit bin, sprich: ich bin sicherlich nicht der Einzige, der nicht zu viel einkauft.

Das Problem der Hersteller von Waren ist ja immer, dass sie nicht 100%ig vorrausschauen können, wieviel von was gekauft werden wird. Dafür ist das Warenlager erfunden worden. Das Problem mit den Frischwaren ist nunmal, dass sie sich nicht über längere Zeit lagern lassen, ohne nocheinmal modifiziert werden zu müssen. Früchte z.B. können weiterverkauft werden an einen Marmeladenhersteller. Was ist aber, wenn sich kein Marmeladenhersteller finden lässt? Dann muß weggeworden werden oder die Angestellten dürfen das Obst selbst aufessen.

Ich verstehe nach wie vor das Wort vom "ewigen Wachstum", der angeblich gefordert würde, nicht.
 

Veritas79

Großmeister-Architekt
8. November 2012
1.280
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Äußerst pervers finde ich das die Brotauslade immer top gefüllt sein muss. Auch kurz vor Ladenschluss. Viele geben ihre "Reste" an die Tafeln. Das finde ich gut, aber viel zu viel landet im Müll.
Das gleiche gilt für die Lebensmittelläden...wiederlich. Das fördert meiner Meinung nach das Verhalten der Wegwerfgesellschaft. Das muss dringend geändert werden.
 

Telepathetic

Groß-Pontifex
1. Juli 2010
2.972
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Also Planwirtschaft, in der vorgeschrieben wird, wieviele Brote pro Tag gebacken werden dürfen. Und dann werden diese Brote zwangsverkauft.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.814
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Zwangsverkauf muß nicht sein, halt nur eine gewisse Unterversorgung.

VWL-Speak: Es ist verdammt schwer, Herstellung und Verbrauch auf einen Nenner zu kriegen. Da gibt es regionale und saisonale Schwankungen, und dann hat mal einer keinen Appetit, oder was auch immer. Entweder man bietet überall etwas mehr an als nötig, oder es gibt irgendwo zuwenig. Hilft nix. Auch nicht Planwirtschaft. Haben wir probiert. Von den Sachen, deren Fehlen zu Volksaufständen führt (Brot), gab es zuviel. Viel zuviel. Brot wurde an Kaninchen verfüttert, die man dann mit Gewinn an die staatliche Lebensmittelverwaltung verkaufte.

Entweder man findet sich mit einer gewissen Überproduktion ab, die dann zu Tierfutter, Düngemitteln oder Biogas verarbeitet wird, oder mit Unterversorgung.
 

Viminal

Großer Auserwählter
10. Juni 2009
1.964
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

@rola:
Deinen Aussagen zu den Typen von Menschen in Post #6 stimme ich zu. Ich will aber noch anmerken, dass dies schon immer so war und kein Phänomen der Neuzeit darstellt und gescheiterte Menschen nicht erst seit dem Internet existieren.

Zum Thema Lebensmittel wegwerfen habe ich eine etwas andere Sichtweise. Generell ist Ressourcenverschwendung natürlich schlecht, statt wegzuwerfen hätten die Ressourcen sinnvoller genutzt werden können. Dennoch finde ich, dass wir uns als Gesellschaft zunächstmal zu diesem Problem gratulieren sollten. Ein Zuviel an Nahrung ist historisch und global betrachtet nämlich die Ausnahme und eine Leistung die gewürdigt werden sollte. Erst danach sollten die Überlegungen kommen wie die Verschwendung vermieden werden kann. Auf jeden Fall aber halte ich die z.T. extreme moralische Entrüstung darüber für verfehlt.


Auch zum Thema Wachstum habe ich eine etwas andere Sichtweise. Das ewiges Wachstum unmöglich sei wird oft gesagt, aber es stimmt meines Erachtens nach nicht. Es gibt verschiedene Formen von Wachstum und auch verschiedene Faktoren. Ich denke Wachstum wird zu oft mit Ressourcenverbrauch gleichgesetzt und es wird wohl zu oft angenommen Wachstum sei immer proportional oder gar exponentiell. Beides stimmt so nicht. Es ist einerseits eine Frage der Definition und Bestimmung von "Wachstum". In der VWL gibt es z.B. die Formel
Y=A*F(L, K, H, N)
wobei Y für den Output, also die produzierte Menge steht und
  • A für das allgemeine Technologielevel der Gesellschaft
  • L für den Faktor Arbeit
  • K für (Real)Kapital im Sinne von Produktionsmitteln (z.B. Werkzeuge)
  • H für Humankapital, dass ist der Bildungsgrad und die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Menschen
  • N für die natürlichen Ressourcen
  • F() ist eine Funktion die L,K,H und N als Input der Produktion in Beziehung setzt um den Output zu bekommen
Die natürlichen Ressourcen sind bei dieser Sichtweise also nur ein Faktor und bei entsprechender Steigerung der anderen Faktoren, kann Wachstum der Volkswirtschaft sogar bei einem gesunkenem Einsatz von Ressourcen erzielt werden. Das ist weniger Paradox als es sich anhört. Ein simples Beispiel:
Früher standen zur Möbelherstellung nur grobe Werkzeuge und anfangs sehr wenig Wissen und Erfahrung zur Verfügung. Die Folge war, dass bei der Verarbeitung eines Baumes zu Stühlen und Tischen viel Verschnitt übrig blieb. Aus einem Baum konnten so z.B. 4 Stühle und ein Tisch gefertigt werden. Heute ist das Wissen und die Erfahrung viel höher und die Werkzeuge sind ausgereifter. Aus einem Baum können so z.B. 6 Stühle und 2 Tische hergestellt werden. Voila, Wachstum ohne gesteigerten Einsatz von Ressourcen.
So, jetzt bitte nicht an dem Beispiel aufhängen und mir erklären dass man aus einem Baum nie und nimmer 6 Stühle rauskriegt, sondern bitte das Prinzip verstehen welches mit dem Beispiel erläutert werden sollte.
Das Wachstum der Volkswirtschaft ist was anderes als das Wachstum eines Organismus, was wohl viele fälschlich annehmen. Es fließen auch abstrakte Faktoren ohne physikalische Präsenz in das Wachstum ein, daher ist eine Steigerung des Wachstums auch ohne gesteigerten Ressourcenverbrauch möglich.
Zudem kann die Wachstumskurve auch logistisch sein (wer sich nicht mehr an die Schule erinnert wie dies aussieht, einfach googeln) - damit ist dann sehr wohl ewiges Wachstum möglich ohne ins unendliche zu kommen, ja sogar ohne relativ (im Vergleich zur Unendlichkeit) niedrige Schranken zu überschreiten.

Das soll natürlich nicht heißen, dass es in der Realität auch so ist. Es gibt sicher viele Dinge die Ressourcenverschwendung darstellen. Das reale Wachstum ist auch mal negativ oder wird doch rein durch mehr natürliche Ressourcen erzielt. Mir ging es aber erstmal nur um das theoretische Konzept und dass die Phrase "ewiges Wachstum ist unmöglich", die ja Grundlage vieler Thesen zur Kapitalismuskritik und zu pervertierten Ideen aus der Umweltschutzecke ist, nicht stimmt.Wenn aber die Grundlage nicht stimmt, dann stimmen auch die ganzen Verzichts- und "Ach wir sind so böse"-Ideologien nicht. Diese Selbstgeißelungs-Ideologien krassieren ja aber und im Kern steht immer dass die Menschheit es übertreibt und wir uns gewaltig einschränken müssen, wenn nicht gar die Zahl der Menschen reduzieren.
Damit sind wir wieder beim Thema des Threads: Leider ist aus meiner Sicht eine der großen Ideologien momentan die, dass der reiche Westen sich wird materiell einschränken müssen und die Zahl der Menschen reduziert werden muss - durch negatives Wachstum in der Population und im Wohlstand des einzelnen. Ansonsten droht angeblich die Zerstörung der Menschheit und der ganzen Welt.
Das ist aber Unsinn. Was nötig ist, ist eine optimistische Sichtweise auf die Zukunft und Problemlösung statt Problemvermeidung - also nicht etwa, dass wir keine Tomaten aus Spanien mehr essen weil dies dort den Wasserhaushalt durcheinanderbringt, sondern dass wir weiterhin Tomaten aus Spanien essen können uns aber etwas einfallen lassen um den Wasserhaushalt dort zu regulieren.
 

a-roy

Mensch
22. Oktober 2007
11.473
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Thema 'Lebensmittel wegwerfen':
Letztens hab ich einen Bericht gesehen(phoenix), wo auf die Tatsache eingegangen wurde, dass jährlich 80.000 Tonnen
Lebensmittel in D weg geworfen werden, wobei der Verbraucher nur einen kleinen Anteil hat.
Der Leiter eines Supermarktes legte dar, dass z.B. Fleisch, dass a bisserl bräunlich geworden ist, aber noch nicht das Mindesthaltbarkeitsdatum(da geraten ja auch etliche in Panik, wenn dieses Datum überschritten ist und schmeißen diese Lebensmittel weg)erreicht hat, weg geschmissen wird, weil der Verbraucher schlichtweg so ein Fleisch nicht mehr kaufen will.

Als ich 1995 das 1.Mal zu ner Tafel ging, gabs noch richtig viel Fleisch/Wurst, dass gerade das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht/überschritten hatte, aber iwann kam eine Verordnung raus, dass das nicht mehr erlaubt sei und so müssen die Discounter diese weg schmeißen.
Und damit sich auch ja keine 'Mülltaucher' an diesen Lebensmitteln gütlich tun, werden die Müllcontainer abgeschlossen.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.814
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

80.000 Tonnen wären 80 Millionen Kilogramm, also ein Kilogramm pro Bürger. Das wäre so gut wie nichts.

Einer Studie zufolge ist schätzungsweise eine gute Achteltonne, 137 kg.

http://www.bmel.de/SharedDocs/Downl...faelle_Faktenblatt.pdf?__blob=publicationFile

Für Deutschland gab es bisher nur vage Schätzungen, denen zufolge jährlich zwischen 6,5 und 20 Millionen Tonnen Lebensmittel auf dem Müll landen. Die aktuelle Studie der Universität Stuttgart errechnet eine Gesamtmenge von knapp 11 Millionen Tonnen Lebensmitteln, die jedes Jahr von Industrie, Handel, Großverbrauchern und Privathaushalten entsorgt werden.
 

a-roy

Mensch
22. Oktober 2007
11.473
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

11 Mio. Tonnen jährlich?!
Thx für die Info, wilder Jäger, und ich hoffe, dass deine Aussage "Das wäre so gut wie nichts." ironisch gemeint war.
KA, woher ich das mit den 80 Tsd. hab, wahrscheinlich iwann iwo im TV aufgeschnappt und abgespeichert.

 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.814
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Ein Kilo pro Bürger wäre so gut wie nichts...
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Viminal schrieb:
Die natürlichen Ressourcen sind bei dieser Sichtweise also nur ein Faktor und bei entsprechender Steigerung der anderen Faktoren, kann Wachstum der Volkswirtschaft sogar bei einem gesunkenem Einsatz von Ressourcen erzielt werden. Das ist weniger Paradox als es sich anhört. Ein simples Beispiel:
Früher standen zur Möbelherstellung nur grobe Werkzeuge und anfangs sehr wenig Wissen und Erfahrung zur Verfügung. Die Folge war, dass bei der Verarbeitung eines Baumes zu Stühlen und Tischen viel Verschnitt übrig blieb. Aus einem Baum konnten so z.B. 4 Stühle und ein Tisch gefertigt werden. Heute ist das Wissen und die Erfahrung viel höher und die Werkzeuge sind ausgereifter. Aus einem Baum können so z.B. 6 Stühle und 2 Tische hergestellt werden. Voila, Wachstum ohne gesteigerten Einsatz von Ressourcen.
Ja, es gibt dieses Wachstum durch Effizienzsteigerung, erhöhten Wirkungsgrad der Technik, Steigerung der Arbeitsproduktivität. Aus Produktionstechnischer Sicht. Man muss aber beim Wachstum immer beide Aspekte sehen: Positives und negatives, qualitatives, aber auch quantitatives Wachstum. Denn was nutzt es, wenn zwar der "einzelne Stuhl" (laut deinem Bsp.) effizienter hergestellt werden kann, dafür trotzdem mehr (unterproportional mehr) Ressourcen verbraucht werden, weil der Stuhl früher 20 Jahre in der Wohnung stand. Und jetzt nur noch 5 Jahre, weil Ikea wieder ein neues Modell anbietet. Der Verbraucher kann den Verlockungen der Industrie nicht widerstehen.
Zudem kann die Wachstumskurve auch logistisch sein (wer sich nicht mehr an die Schule erinnert wie dies aussieht, einfach googeln) - damit ist dann sehr wohl ewiges Wachstum möglich ohne ins unendliche zu kommen, ja sogar ohne relativ (im Vergleich zur Unendlichkeit) niedrige Schranken zu überschreiten.
Du hast Recht, mathematisch wäre das möglich. Praktisch ist es aber schon so, dass eine jährliche Steigerung des Bruttoinlandsprodukts als das Wünschenswerte von Politik und Wirtschaft dargestellt werden. (Her werden dann auch mehr Steuereinnahmen für den Staat generiert). Konjunkturelle Hochphasen sind erwünscht, Depressionsphasen nicht. Stagnation wird gerne auch mit "Nullwachstum" beschönigend umschrieben.


Damit sind wir wieder beim Thema des Threads: Leider ist aus meiner Sicht eine der großen Ideologien momentan die, dass der reiche Westen sich wird materiell einschränken müssen und die Zahl der Menschen reduziert werden muss - durch negatives Wachstum in der Population und im Wohlstand des einzelnen. Ansonsten droht angeblich die Zerstörung der Menschheit und der ganzen Welt.
Ja, diese Sicht wäre auch zu simpel. Selbst eine schrumpfende Bevölkerung ist bevölkerungspolitischer Sicht nicht sinnvoll, etwa aus aus Sicht der Rentenkassen. Dennoch meine Hochachtung denjenigen Individalisten die materielle Selbstbeschränkung üben. Für die breite Masse ist das nichts, hier gilt es jedoch auch, eine gewisse Überzeugungsarbeit zu leisten. Warum immer den neuesten Trend bei der Technik mitgehen? Braucht man unbedingt das neueste IPhone mit noch größerem Bildschirm? Innerhalb kürzester Zeit wurden die alten Röhrenfernseher durch Plasma- oder LED-Fernseher ersetzt. Besseres Bild, weniger Platz? Beim ersten Argument sind die Effekte minimal, beim zweiten hat man nun mehr Platz HINTER dem Fernseher und sogar keine Abstellfläche mehr darauf.
Dieser Problemlösungsansetz ehrt dich. Vorsicht aber vor übertriebenen Idealismus. Solange die Tomaten für den Verbraucher in Spanien billiger sind, werden sie dort produziert. Da stört der übertriebene Einsatz der Ressorce Wasser gar nicht. Wasserverschwendung findet sehr viel in der Dritten Welt statt, bei der Kleiderproduktion in Indien, Blumenproduktion in Afrika ....


@Telepathic. Aus Sicht der Lagerhaltung müssen mehr Produkte zurück gehalten werden, als verbraucht werden. Meine Äußerungen zielten mehr auf das Angebot -Nachfrage- Problem. Ein tendentielles Überangebot von Waren HEIZT tendentiell auch den Konsum AN Und wenn das nicht klappt, gibt es eben ein Sonderangebot mehr. Die nicht mehr benötigte (fast neue) Bluse landet dann im Altkleidercontainer, zur Freude von osteuropäischen oder afrikanischen Zweitverwertern. So funktioniert die Marktwirtschaft. Planwirtschaft will keiner mehr, hier gab es tendentiell ein Unterangebot von Waren.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.814
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

In der Tat ist es im Einzelfall gar nicht mehr möglich, hochwertige Konsumgüter an den Mann zu bringen. Gutes Porzellan und wenige Jahre alte Möbel aus Wohnungsauflösungen will nicht einmal die Caritas oder das Sozialkaufhaus haben, weil alle Wohnungen schon mit billigem Schrott vollgerümpelt sind. Es funktioniert hervorragend mit Autos, die immer langlebiger werden, aber bei Textilien, Möbeln, Porzellan und Besteck, Unterhaltungselektronik usw. gibt es riesige Marktsegmente, auf denen Produkte mit teils absurd kurzer Lebensdauer vorherrschen.
 

Viminal

Großer Auserwählter
10. Juni 2009
1.964
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

Man muss aber beim Wachstum immer beide Aspekte sehen: Positives und negatives, qualitatives, aber auch quantitatives Wachstum.
Man muss v.a. den Unterschied zwischen Theorie und Praxis erkennen.
Wenn einer zu mir sagt: "Mit der momentanten Praxis der Wegwerfgesellschaft und des Turbokapitalismus kann es kein ewiges Wachstum geben. Wir müssen ..." dann stimme ich dem voll zu und in der Regel sind die Vorschläge nach "Wir müssen ..." dann auch einigermaßen durchdacht.
Wenn aber einer sagt "Ewiges Wachstum ist unmöglich! Wir müssen ..." dann weiß ich halt schon an diesem theoretisch falschen Anfangsaxiom, dass nach "Wir müssen" keine praktikablen Vorschläge kommen sondern in der Regel Ideologie, die nichts verbessert außer dem Ego des Ideologen.

Dieser Problemlösungsansetz ehrt dich. Vorsicht aber vor übertriebenen Idealismus. ....
Ich denke in einer Welt wo ich gefühlt unter jedem zweiten Artikel in Onlinzeitungen Kommentare über die Schlechtigkeit des Menschen und des reichen Westens lesen kann und dass die Menschheit ohnehin ein Parasit sei und ausgerottet gehört ... in so einer Welt ist übertriebener Idealismus eines Einzelnen das Mittel der Wahl. Einen Pessimisten mehr braucht die Welt jedenfalls nicht.
 

a-roy

Mensch
22. Oktober 2007
11.473
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

"Wasserverschwendung findet sehr viel in der Dritten Welt statt, bei der Kleiderproduktion in Indien, Blumenproduktion in Afrika ..."(rola)
Rihgty right, und wir profitieren davon, weil wir uns so preiswerte Klamotten etc. leisten können.
Ich hab ja nix dagegen, wenn ich mir alle Jahre mal ne Jeans kaufe.
Klar, ich hab ja aus meiner materiellen Not eine Tugend gemacht und komm auch so über die Runden, aber ich kann ja wohl nicht erwarten, dass diejenigen, die sich genügend Geld verdienen, genau so verfahren und sich Woolworth-Klamotten kaufen und ihren uralten RöhrenTV so lange laufen lassen, bis er den Betrieb aufgibt.
Klar, Obst&Gemüse aus Südspanien ist preiswert und mir ist durchaus bewusst, unter welchen Umständen die angebaut/geerntet werden, aber...
 
Zuletzt bearbeitet:

dtrainer

Wiedergänger
17. Dezember 2008
10.562
AW: Der Mensch zwischen Smartphone und Konsumtempel - im Rausch der Sinne auf Sinns

"
Klar, ich hab ja aus meiner materiellen Not eine Tugend gemacht und komm auch so über die Runden, aber ich kann ja wohl nicht erwarten, dass diejenigen, die sich genügend Geld verdienen, genau so verfahren und sich Woolworth-Klamotten kaufen und ihren uralten RöhrenTV so lange laufen lassen, bis er den Betrieb aufgibt.
Naja, Tugend...eher Informationsdefizit. Wenn der "uralte" TV nur eine Bildröhre hat, geht's ja noch. Aber auch dann verbraucht er viel mehr Strom als ein LCD-bestückter.
Sollte er noch älter sein und auch noch Empfängerröhren haben, reden wir mal lieber von einer Subvention fürs Energieunternehmen :D
Sparen ist ja gut, drüber nachdenken aber auch...
 

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