TheHeartless
Geselle
- 20. April 2003
- 43
Eine Position der jungen Deutschen zur Geschichte des Dritten Reiches
Kein Tag vergeht, an dem der Deutsche nicht mit dem Dritten Reich konfrontiert wird.
Politiker von Bundes- und Landesebene nutzen die Mahnung zur Erinnerung für ihre Sache, stellen gedankliche Verbindungen zwischen den Verbrechen der Nationalsozialisten der 1930er und 40er Jahre und aktuellen Diskussionen um gesellschaftliche und politische Themen her, die jeder Logik entsagen.
Zuwanderungsproblematik, Fragen der Kranken- und Altersvorsorge, Meinungen zum Fehlverhalten fremder Staaten, Diplomatie und Förderung von Kunst und Kultur - alles muss "in Anbetracht der deutschen Geschichte" irrational entschieden werden.
Leidenschaftlich geißeln Nationalmasochisten in Büßerhemden das deutsche Volk; in Zeitungsessays hetzen selbsternannte Linksintellektuelle gegen jeden, der sich unschuldig fühlt, auch wenn in seinem Reisepass seine deutsche Herkunft beurkundet steht.
Die meisten der in Unehren ergrauten Linksintellektuellen bekennen sich nur dann zur deutschen Nation, wenn es um reumütige Schuldeingeständnisse geht. Ansonsten ist man in diesen Kreisen selten deutsch, sondern Weltbürger. Erst wenn sich die Gelegenheit bietet, sich "einmal wieder so richtig ordentlich" zu schämen, treten diese Personen als erste in der Reihe vor, und wünschen sich wohl insgeheim, eines der früheren Opfer würde endlich mit Steinen auf sie werfen. Wie würden sie es doch genießen, und sich noch artig bedanken, so wie es ihrer Ansicht nach deutsche Pflicht seit 1945 ist.
Wer unschuldig leiden mag, soll nicht andere hineinziehen, uns, den unschuldigen Deutschen, nichts aufzwingen wollen.
Würde ich dies in Form einer Rede von mir geben, spätestens hier wäre ein entsetztes Raunen im Saale zu vernehmen.
Darf er das sagen? Unschuldige Deutsche?
Leugnet er etwa den Holocaust?
Nein, ich leugne keine wahrhaftig geschehenen Verbrechen. Ich bedaure sie zutiefst. So wie ich jeden Mord, jeden Völkermord, überall und zu jeder Zeit auf der Welt, bedaure und verurteile.
Verbrechen werden nicht weniger schlimm, wenn sie weit weg auf anderen Kontinenten begangen worden sind.
Taten der deutschen Vergangenheit besonders hervorzuheben verharmlost alle anderen Verbrechen, ob nun in China zur Zeit der Kulturrevolution, in Stalin-Russland, in Nord- und Südamerika zur Zeit der Kolonisierung durch europäische Mächte, in Afrika zur Zeit des Imperialismus oder die ungezählten Verbrechen anderer Epochen und Völker.
Zukünftige Opfer, wenn sie dem Tode ins Auge blicken müssen, tröstet sicherlich nicht das Wissen um die Millionen Opfer deutscher Gewalt zwischen 1939 und 1945.
Zukünftige Täter dürfen sich und ihre Verbrechen nicht damit verharmlosen, dass sie an die "abscheulichen Deutschen" erinnern, die nun schon seit knapp 60 Jahren vorbildlich in Frieden und Demokratie mit ihren Nachbarn zusammenleben.
Die Deutschen seien wegen ihrer dunklen Vergangenheit "schuldig". Jede Aussage wird in ein Dämmerlicht gestellt, das den Eindruck von latent vorhandenem Antisemitismus erwecken soll.
Es ist ja auch die leichteste Methode, die Position unliebsamer Verhandlungspartner zu schwächen. Bei uns Deutschen funktioniert dies eben am besten mit der "Ihr habt aber früher...!".
Weshalb jedoch Deutsche, die bei Kriegsende noch nicht einmal volljährig, weshalb Deutsche, die während der nationalsozialistischen Herrschaft noch nicht lebten, weshalb diese Menschen "schuldig" sein sollen, für Verbrechen, die sie nicht begingen und nicht gutheißen?
Das ist eine perfide Taktik derer, die sich die Schuldeinrede, die sich unter Deutschen längst zum Selbstläufer entwickelt hat, zum wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Vorteil zu Nutze machen.
Nur so erhalten sich Minderheiten ihre überdimensionalen Privilegien, weil man ja als Nachkomme eines Opfervolkes Ansprüche gegen die Nachkommen des Tätervolkes zu stellen haben gedenkt.
Nur so fließen weiterhin freiwillige Entschädigungszahlungen eines verschuldeten Staates an Menschen, deren Ansprüche zweifelhaft oder längst verjährt oder durch vorherige Zahlungen abgegolten sind.
Nur so bringt man die deutsche Außenpolitik dazu, gegen die Interessen des deutschen Volkes zu handeln.
Und das, obwohl nur das Ende der Vorhaltungen einer vorbehaltlosen Freundschaft zwischen Deutschland und den anderen Nationen den Weg ebnet.
Deutschland legt sich durch diese selbstauferlegte Geschichte der Erbschuld eigenhändig in Ketten, liebt es offensichtlich, am Pranger zu stehen.
Generationen, die auf Grund der Linearität des Zeitablaufs gar keine aktive oder passive Schuld am Holocaust haben können, sind ohne "wenn" und "aber" ganz einfach unschuldig!
Das beste Alibi, der eindeutigste Beweis der eigenen Unschuld, ist immer noch, zum Zeitpunkt des Verbrechens erwiesenermaßen noch nicht einmal geboren worden zu sein!
Die These, auf allen nachfolgenden Generationen laste der Fluch der Erbschuld aus der Nazizeit, zeigt nur den ausgeprägten Selbsthass dessen, der sie aufstellt.
Es erinnert mich an die Erbsünde, die in der Bibel geschildert wird. Soweit mir bekannt, wird diese jedoch von Gott - mag man an ihn glauben - auferlegt, und nicht von pseudointellektuellen Linken, denen ein abgeschlossenes Weltbild zu eigen ist.
Interessanter Weise kann die Erbsünde nur von einem Messias von den Menschen genommen werden.
Die bedrückende Last dieser Erbschuld weckt die Sehnsucht nach diesem Erlöser.
Weckt also die schwerwiegende - in meinen Augen nur haltlos unterstellte - nationale Erbschuld die Sehnsucht nach einem nationalen Erlöser?
Die Anspielung auf Adolf Hitler, der sich selbst als nationalen Erlöser von der Erbschande des Versailler Vertrages nach dem ersten Weltkrieg sah, ist beabsichtigt.
Sie soll zeigen, dass es Gefahren in sich birgt, eine Nation zur ewigen Reue verdammen zu wollen. Gegenwehr ist die Folge.
Nebenbei möchte ich sagen, dass das ganze Prinzip der Erbschuld mich an ein urdeutsches, mythisch-germanisches Denken erinnert, wonach Ruhm und Ehre, aber auch Schimpf und Schande durch das Blut auf die Nachkommen übergeht. Dass gerade die Linken dieser Vorstellung anhängen, versetzt mich in Erstaunen.
Die Traumatisierung der ersten Nachkriegsgenerationen, die noch direkt mit den Verbrechen (teilweise begangen von Mitgliedern ihrer eigenen Familie) alltäglich konfrontiert worden sind, ist vielleicht die Wurzel dieser tiefsitzenden Selbstverachtung der Linksorientierten. Sie projizieren die Abscheu gegen die Verbrechen und Verbrecher auf sich selbst, auf ihre Generation und letztendlich auf alle Deutschen.
Spätestens bei uns, den Kindern der 68er Generation, endet diese Selbstzerfleischung, dieser Selbsthass. Wir haben erkannt, dass man deutsche Verbrechen der Vergangenheit in dieser belassen und sie verurteilen kann, ohne dadurch den Opfern ihre Trauer und ihr Leid abzusprechen, und vor allem, ohne sich selbst einzureden, man sei Täter, weil man Deutscher ist.
Sich ständig selbst nieder zu machen, ist, meine lieben Herren Grass und Reemtsma, eine nette Geste, aber eines ist es nicht: eine Entschuldigung oder eine Form der Wiedergutmachung.
Wir, die Jugend, ordnen uns eurem Schuldbekennungsritual nicht unter. Diese Tradition führen wir nicht mehr fort.
Das Angedenken der Opfer deutscher Verbrechen - aber auch der Opfer alliierter Verbrechen an deutschen Bürgern, die viel zu oft verlegen nur am Rande erwähnt werden - bleibt erhalten, aber es ist kein bestimmender Faktor in unserem Leben. Anders, als es bei euch der Fall zu sein scheint.
Ebenso verklären wir weder die eigene, noch die Vergangenheit fremder Nationen.
Rassenhass gab und gibt es überall auf der Welt. Selbst zur Zeit des Zweiten Weltkrieges gab es Rassenwahn in den angeblich so vorbildlich humanistischen Staaten wie den USA, die Neger von Weißen trennten, und ihre Atombomben lieber an "gelben" japanischen Kindern als an "weißen" deutschen erprobten. Das Verhalten der Briten und Franzosen gegenüber den unterdrückten Einwohnern ihrer Kolonien ist nicht zu verschweigen. Die unübertroffene Gewaltherrschaft Stalins und seiner Sowjets füllt die Geschichtsbücher.
Das macht keine deutschen Taten ungeschehen, aber Unrecht muss Unrecht bleiben.
Unrecht auch gegenüber Deutschen, die dem Terror der Siegermächte und später der Siegerjustiz ausgesetzt waren.
Wenn wir Bilder von SS-Aufsehern in Auschwitz im Fernsehen betrachten, dann sehen wir dort fehlgeleitete Menschen, entfesselte Bestien, aber eines sehen wir dort mit Sicherheit nicht: uns!
Ob nun ausgerechnet Deutsche dort zu sehen sind, ist uns gleich. Abscheuliche Gewalt bleibt abscheuliche Gewalt. Deutsche Täter sind nicht schlimmer und nicht besser als Nichtdeutsche.
Wir lassen uns auch bei der Frage nach einem wahrheitsgetreuen Bild der 30er und 40er Jahre in Deutschland, also auch nach den guten Seiten, nicht mit den schlechten Seiten und der empörten Anmerkung, das müsse reichen weil alles schlecht war, abspeisen. Nur wer auch die damals verführerischen, die guten Seiten des damaligen Systems kennt, kann verstehen, wie die schlechten Seiten, die Verbrechen, möglich wurden.
Kein kritischer Mensch gibt sich mit der Aussage zufrieden, ab 1933 sei Deutschland ein Land aus Elend, Hunger und alltäglichem Morden gewesen, ein Volk aus Misanthropen, das begierig jeden Tag durch Pfützen aus Blut über Straßen aus menschlichen Knochen watete, auf dem Weg zur Arbeit in ein Vernichtungslager.
Wer die guten Seiten totschweigt, verschweigt, wie es so weit kommen konnte, wie es kam.
Aus der Geschichte lernen, heißt, sie verstehen zu können, und dazu muss es möglich sein, sich über alles zu informieren und alles offen zu diskutieren, ohne Tabu.
Soll das erst nach dem Alterstod einiger verkrusteter Moralwächter Deutschlands möglich sein?
Kann das wirklich so lange warten?
Kein Tag vergeht, an dem der Deutsche nicht mit dem Dritten Reich konfrontiert wird.
Politiker von Bundes- und Landesebene nutzen die Mahnung zur Erinnerung für ihre Sache, stellen gedankliche Verbindungen zwischen den Verbrechen der Nationalsozialisten der 1930er und 40er Jahre und aktuellen Diskussionen um gesellschaftliche und politische Themen her, die jeder Logik entsagen.
Zuwanderungsproblematik, Fragen der Kranken- und Altersvorsorge, Meinungen zum Fehlverhalten fremder Staaten, Diplomatie und Förderung von Kunst und Kultur - alles muss "in Anbetracht der deutschen Geschichte" irrational entschieden werden.
Leidenschaftlich geißeln Nationalmasochisten in Büßerhemden das deutsche Volk; in Zeitungsessays hetzen selbsternannte Linksintellektuelle gegen jeden, der sich unschuldig fühlt, auch wenn in seinem Reisepass seine deutsche Herkunft beurkundet steht.
Die meisten der in Unehren ergrauten Linksintellektuellen bekennen sich nur dann zur deutschen Nation, wenn es um reumütige Schuldeingeständnisse geht. Ansonsten ist man in diesen Kreisen selten deutsch, sondern Weltbürger. Erst wenn sich die Gelegenheit bietet, sich "einmal wieder so richtig ordentlich" zu schämen, treten diese Personen als erste in der Reihe vor, und wünschen sich wohl insgeheim, eines der früheren Opfer würde endlich mit Steinen auf sie werfen. Wie würden sie es doch genießen, und sich noch artig bedanken, so wie es ihrer Ansicht nach deutsche Pflicht seit 1945 ist.
Wer unschuldig leiden mag, soll nicht andere hineinziehen, uns, den unschuldigen Deutschen, nichts aufzwingen wollen.
Würde ich dies in Form einer Rede von mir geben, spätestens hier wäre ein entsetztes Raunen im Saale zu vernehmen.
Darf er das sagen? Unschuldige Deutsche?
Leugnet er etwa den Holocaust?
Nein, ich leugne keine wahrhaftig geschehenen Verbrechen. Ich bedaure sie zutiefst. So wie ich jeden Mord, jeden Völkermord, überall und zu jeder Zeit auf der Welt, bedaure und verurteile.
Verbrechen werden nicht weniger schlimm, wenn sie weit weg auf anderen Kontinenten begangen worden sind.
Taten der deutschen Vergangenheit besonders hervorzuheben verharmlost alle anderen Verbrechen, ob nun in China zur Zeit der Kulturrevolution, in Stalin-Russland, in Nord- und Südamerika zur Zeit der Kolonisierung durch europäische Mächte, in Afrika zur Zeit des Imperialismus oder die ungezählten Verbrechen anderer Epochen und Völker.
Zukünftige Opfer, wenn sie dem Tode ins Auge blicken müssen, tröstet sicherlich nicht das Wissen um die Millionen Opfer deutscher Gewalt zwischen 1939 und 1945.
Zukünftige Täter dürfen sich und ihre Verbrechen nicht damit verharmlosen, dass sie an die "abscheulichen Deutschen" erinnern, die nun schon seit knapp 60 Jahren vorbildlich in Frieden und Demokratie mit ihren Nachbarn zusammenleben.
Die Deutschen seien wegen ihrer dunklen Vergangenheit "schuldig". Jede Aussage wird in ein Dämmerlicht gestellt, das den Eindruck von latent vorhandenem Antisemitismus erwecken soll.
Es ist ja auch die leichteste Methode, die Position unliebsamer Verhandlungspartner zu schwächen. Bei uns Deutschen funktioniert dies eben am besten mit der "Ihr habt aber früher...!".
Weshalb jedoch Deutsche, die bei Kriegsende noch nicht einmal volljährig, weshalb Deutsche, die während der nationalsozialistischen Herrschaft noch nicht lebten, weshalb diese Menschen "schuldig" sein sollen, für Verbrechen, die sie nicht begingen und nicht gutheißen?
Das ist eine perfide Taktik derer, die sich die Schuldeinrede, die sich unter Deutschen längst zum Selbstläufer entwickelt hat, zum wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Vorteil zu Nutze machen.
Nur so erhalten sich Minderheiten ihre überdimensionalen Privilegien, weil man ja als Nachkomme eines Opfervolkes Ansprüche gegen die Nachkommen des Tätervolkes zu stellen haben gedenkt.
Nur so fließen weiterhin freiwillige Entschädigungszahlungen eines verschuldeten Staates an Menschen, deren Ansprüche zweifelhaft oder längst verjährt oder durch vorherige Zahlungen abgegolten sind.
Nur so bringt man die deutsche Außenpolitik dazu, gegen die Interessen des deutschen Volkes zu handeln.
Und das, obwohl nur das Ende der Vorhaltungen einer vorbehaltlosen Freundschaft zwischen Deutschland und den anderen Nationen den Weg ebnet.
Deutschland legt sich durch diese selbstauferlegte Geschichte der Erbschuld eigenhändig in Ketten, liebt es offensichtlich, am Pranger zu stehen.
Generationen, die auf Grund der Linearität des Zeitablaufs gar keine aktive oder passive Schuld am Holocaust haben können, sind ohne "wenn" und "aber" ganz einfach unschuldig!
Das beste Alibi, der eindeutigste Beweis der eigenen Unschuld, ist immer noch, zum Zeitpunkt des Verbrechens erwiesenermaßen noch nicht einmal geboren worden zu sein!
Die These, auf allen nachfolgenden Generationen laste der Fluch der Erbschuld aus der Nazizeit, zeigt nur den ausgeprägten Selbsthass dessen, der sie aufstellt.
Es erinnert mich an die Erbsünde, die in der Bibel geschildert wird. Soweit mir bekannt, wird diese jedoch von Gott - mag man an ihn glauben - auferlegt, und nicht von pseudointellektuellen Linken, denen ein abgeschlossenes Weltbild zu eigen ist.
Interessanter Weise kann die Erbsünde nur von einem Messias von den Menschen genommen werden.
Die bedrückende Last dieser Erbschuld weckt die Sehnsucht nach diesem Erlöser.
Weckt also die schwerwiegende - in meinen Augen nur haltlos unterstellte - nationale Erbschuld die Sehnsucht nach einem nationalen Erlöser?
Die Anspielung auf Adolf Hitler, der sich selbst als nationalen Erlöser von der Erbschande des Versailler Vertrages nach dem ersten Weltkrieg sah, ist beabsichtigt.
Sie soll zeigen, dass es Gefahren in sich birgt, eine Nation zur ewigen Reue verdammen zu wollen. Gegenwehr ist die Folge.
Nebenbei möchte ich sagen, dass das ganze Prinzip der Erbschuld mich an ein urdeutsches, mythisch-germanisches Denken erinnert, wonach Ruhm und Ehre, aber auch Schimpf und Schande durch das Blut auf die Nachkommen übergeht. Dass gerade die Linken dieser Vorstellung anhängen, versetzt mich in Erstaunen.
Die Traumatisierung der ersten Nachkriegsgenerationen, die noch direkt mit den Verbrechen (teilweise begangen von Mitgliedern ihrer eigenen Familie) alltäglich konfrontiert worden sind, ist vielleicht die Wurzel dieser tiefsitzenden Selbstverachtung der Linksorientierten. Sie projizieren die Abscheu gegen die Verbrechen und Verbrecher auf sich selbst, auf ihre Generation und letztendlich auf alle Deutschen.
Spätestens bei uns, den Kindern der 68er Generation, endet diese Selbstzerfleischung, dieser Selbsthass. Wir haben erkannt, dass man deutsche Verbrechen der Vergangenheit in dieser belassen und sie verurteilen kann, ohne dadurch den Opfern ihre Trauer und ihr Leid abzusprechen, und vor allem, ohne sich selbst einzureden, man sei Täter, weil man Deutscher ist.
Sich ständig selbst nieder zu machen, ist, meine lieben Herren Grass und Reemtsma, eine nette Geste, aber eines ist es nicht: eine Entschuldigung oder eine Form der Wiedergutmachung.
Wir, die Jugend, ordnen uns eurem Schuldbekennungsritual nicht unter. Diese Tradition führen wir nicht mehr fort.
Das Angedenken der Opfer deutscher Verbrechen - aber auch der Opfer alliierter Verbrechen an deutschen Bürgern, die viel zu oft verlegen nur am Rande erwähnt werden - bleibt erhalten, aber es ist kein bestimmender Faktor in unserem Leben. Anders, als es bei euch der Fall zu sein scheint.
Ebenso verklären wir weder die eigene, noch die Vergangenheit fremder Nationen.
Rassenhass gab und gibt es überall auf der Welt. Selbst zur Zeit des Zweiten Weltkrieges gab es Rassenwahn in den angeblich so vorbildlich humanistischen Staaten wie den USA, die Neger von Weißen trennten, und ihre Atombomben lieber an "gelben" japanischen Kindern als an "weißen" deutschen erprobten. Das Verhalten der Briten und Franzosen gegenüber den unterdrückten Einwohnern ihrer Kolonien ist nicht zu verschweigen. Die unübertroffene Gewaltherrschaft Stalins und seiner Sowjets füllt die Geschichtsbücher.
Das macht keine deutschen Taten ungeschehen, aber Unrecht muss Unrecht bleiben.
Unrecht auch gegenüber Deutschen, die dem Terror der Siegermächte und später der Siegerjustiz ausgesetzt waren.
Wenn wir Bilder von SS-Aufsehern in Auschwitz im Fernsehen betrachten, dann sehen wir dort fehlgeleitete Menschen, entfesselte Bestien, aber eines sehen wir dort mit Sicherheit nicht: uns!
Ob nun ausgerechnet Deutsche dort zu sehen sind, ist uns gleich. Abscheuliche Gewalt bleibt abscheuliche Gewalt. Deutsche Täter sind nicht schlimmer und nicht besser als Nichtdeutsche.
Wir lassen uns auch bei der Frage nach einem wahrheitsgetreuen Bild der 30er und 40er Jahre in Deutschland, also auch nach den guten Seiten, nicht mit den schlechten Seiten und der empörten Anmerkung, das müsse reichen weil alles schlecht war, abspeisen. Nur wer auch die damals verführerischen, die guten Seiten des damaligen Systems kennt, kann verstehen, wie die schlechten Seiten, die Verbrechen, möglich wurden.
Kein kritischer Mensch gibt sich mit der Aussage zufrieden, ab 1933 sei Deutschland ein Land aus Elend, Hunger und alltäglichem Morden gewesen, ein Volk aus Misanthropen, das begierig jeden Tag durch Pfützen aus Blut über Straßen aus menschlichen Knochen watete, auf dem Weg zur Arbeit in ein Vernichtungslager.
Wer die guten Seiten totschweigt, verschweigt, wie es so weit kommen konnte, wie es kam.
Aus der Geschichte lernen, heißt, sie verstehen zu können, und dazu muss es möglich sein, sich über alles zu informieren und alles offen zu diskutieren, ohne Tabu.
Soll das erst nach dem Alterstod einiger verkrusteter Moralwächter Deutschlands möglich sein?
Kann das wirklich so lange warten?