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G 8 Gipfel - Was haltet ihr davon?

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Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Ein_Liberaler schrieb:
Harte Strafen sind nachweislich abschreckend, vor allem, wenn sie der Tat auf dem Fuße folgen. (Dazu z.B. Levitt, Freakonomics) Natürlich schrecken sie nicht hundert Prozent der potentiellen Kriminellen ab, aber doch wesentlich mehr als die berühmte Deeskalation, die Straftaten hinnimmt.

Kannst du entsprechende Stellen von "Freakonomics" zitieren? Bei Levitt geht es m.W. eher darum, dass Strafen genau dann abschreckend sind, wenn es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, erwischt zu werden. Die Todesstrafe an sich habe ihm zufolge bspw. keine feststellbare abschreckende Wirkung...

Levitt in "Understanding Why Crime Fell in the 1990s: Four Factors that Explain the Decline and Six that Do Not":

Most of the supposed explanations listed in Table 1 actually played little direct role in the crime decline, including the strong economy of the 1990s, changing demographics, better policing strategies, gun control laws, concealed weapons laws and increased use of the death penalty. Four factors, however, can account for virtually all of the observed decline in crime: increases in the number of police, the rising prison population, the waning crack epidemic and the legalization of abortion.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Richtig. Die Todesstrafe wirkt unter anderem deshalb nicht abschreckend, weil der typische Drogengangster im Todestrakt eine höhere Lebenserwartung als auf der Straße hat oder hatte. Deshalb gilt ja, daß die Strafe auf dem Fuße folgen sollte. (Und das ist natürlich bei der Todesstrafe ganz unmöglich, selbst wenn man sie an sich für vertretbar hielte.)

Wenn Strafe relativ wahrscheinlich eintritt und hinreichend unangenehm ist, schreckt sie ab, das wid, glaube ich, in dem zitierten Kapitel bestätigt. (Ich habe das Buch im Moment nicht zur Hand.) Und das sollte bei offener Gewalt im Angesicht so vieler Polizisten eigentlich kein Problem darstellen.
 

Simple Man

Kanonenbootdiplomat
Teammitglied
4. November 2004
3.945
Dann verstehe ich die gewaltsamen Ausbrüche 2001 in Genua nicht ... damals ist die Polizei doch ausgesprochen hart vorgegangen, auch gegen friedliche Demonstranten ... warum hat das nicht als Abschreckung gewirkt?
 

Winston_Smith

Groß-Pontifex
15. März 2003
2.804
Dann verstehe ich die gewaltsamen Ausbrüche 2001 in Genua nicht ... damals ist die Polizei doch ausgesprochen hart vorgegangen, auch gegen friedliche Demonstranten ... warum hat das nicht als Abschreckung gewirkt?

Wenn ich den liberalen richtig verstanden habe, geht es auch um die Androhung der Strafe. Wenn einem Krawallmacher im Vorfeld bewußt wird, dass er mit harten Strafen rechnen muß, wird er es sich vielleicht anders überlegen.

Gibt es aber bereits Krawalle, hilft auch eine Drohung nicht mehr.

So habe ich das zumindest verstanden. :gruebel:

ws
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Ein_Liberaler schrieb:
Wenn Strafe relativ wahrscheinlich eintritt und hinreichend unangenehm ist, schreckt sie ab, das wid, glaube ich, in dem zitierten Kapitel bestätigt.
So wie ich es verstanden habe, geht es ihm vor allem um die Wahrscheinlichkeit, mit der die Strafe eintritt und nicht um die Härte der Strafen. Habe das Ganze jedoch bisher erst überflogen, weshalb es durchaus möglich ist, dass ich mich irre - deshalb meine Frage.

(Ich habe das Buch im Moment nicht zur Hand.)
Kein Problem, du kannst das entsprechende Zitat ja nachliefern.

Simple Man schrieb:
Dann verstehe ich die gewaltsamen Ausbrüche 2001 in Genua nicht ... damals ist die Polizei doch ausgesprochen hart vorgegangen, auch gegen friedliche Demonstranten ... warum hat das nicht als Abschreckung gewirkt?
Naja, das Standard-Gegenargument liegt ja auf der Hand: ansonsten wäre es noch schlimmer geworden... :read:
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Einer der Nachteile dieser schriftlichen Diskussion ist es, daß man so häufig gezwungen ist, Aussagen aufwenig zu konkretisieren und Mißverständnisse auszuräumen.

Ich wollte gar nicht darauf hinaus, daß es besonders harte Strafen sein sollten, sondern nur darauf, daß Strafen grundsätzlich abschrecken können. Daß sie spürbar sein, tatsächlich als Strafe empfunden werden müssen, war für mich nur ein Nebenaspekt - wenn auch kein bedeutungsloser. Bekanntlich heißt es von den ostdeutschen Neonazis, sie würden Bewährungsstrafen als Freispruch empfinden - das wirkt alles andere als abschreckend. Entsprechende Erfahrungen habe ich perönlich bei der Bundeswehr gemacht: Verweise und selbst Arrest unter der Woche war gewissen Kandidaten völlig egal, aber als der Chef der Nachbarkompanie vertretungsweise unsere übernahm und mir freie Hand ließ, sank die unerlaubte Abwesenheit sofort auf Null, nachdem ich angekündigt hatte, daß "Diszi" bei mir Geldbuße oder Arrest am Wochenende bedeutet.

Zur Zeit ist es auch bei autonomen Schlägern eher das Problem, daß gar keine spürbare Strafe folgt. Aus der Duldung muß eine Sanktion werden, nicht aus einer sanften Sanktion eine härtere.

Genua. Ich glaube nicht, daß hartes Vorgehen noch für den laufenden Vorfall abschreckend wirken kann. Die einen sind auf eine Schlägerei aus, betrachten sie als männliches Vergnügen und stehen sie durch, die anderen suchen das Weite oder geraten unschuldig ins Getümmel - wer soll da wovon abgeschreckt werden?

Abgeschreckt wird fürs nächste mal.

Und eine Prügelorgie schreckt eben nur friedliche Leute ab, keine Randalierer. Nein, die müssen nach meiner Überzeugung dadurch abgeschreckt werden, daß die vergnügliche Prügelei mit einer ganz uncoolen Haftstrafe endet. Ihrer Festnahme muß der Zugriff dienen, nicht ihrer Abschreckung. Was wäre das auch für ein Rechtsstaat, der auf Abschreckung durch Prügel setzt?
 

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Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
In der gegenwärtigen Diskussion "härtere" Strafen oder ein "härteres" Durchgreifen der Polizei zu fordern, halte ich jedoch für sehr problematisch - und sehr zynisch in Bezug auf unschuldige Demonstranten, die Polizeigewalt zu spüren bekamen...

Zu den sinnvolleren Vorwürfen in puncto Sicherheitsstrategie zählte m.E., dass der schwarze Block nicht isoliert und nicht speziell von Polizei begleitet und überwacht wurde. Die meisten anderen Forderungen in Bezug auf den Einsatz der Polizei gegen Demonstranten halte ich für vollkommen überzogen. Vor allem Distanzwaffen... - man soll doch schließlich die Verantwortlichen festnehmen, und nicht mehr oder weniger ziellos in die Menge schießen...
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Ich zumindest fordere überhaupt kein härteres Vorgehen gegen Demonstranten, sondern ausschließlich gegen Gewalttäter aus dem Schwarzen Block (also nicht einmal gegen Mitläufer), die für mich keine Demonstranten sind.

Distanzwaffen halte ich auf Demonstrationen für absolut ungeeignet. Entweder sie sind wenig wirkungsvoll, oder sie gefährden Unschuldige. Schild und Helm sind die wichtigsten Waffen, denn wenn die Polizei sich nicht vor den großzügig gebrauchten Distanzwaffen der Randalierer schützen kann, muß sie am Ende doch schießen oder flüchten.

(Ich verstehe auch nicht, wieso man die Leute nicht bis an die Sperre gelassen hat - wofür war die letztlich eigentlich gedacht? Statt sie Felder zertrampeln zu lassen, hätte man sie über die Straßen marschieren lassen sollen. Die Versorgung über See und aus der Luft war doch gesichert.)
 

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