Giacomo_S
Prinz der Gnade
- 13. August 2003
- 4.327
Und die Bildrekonstruktionen weisen trotz des hohen Vorbereitungsaufwands nicht mehr als eine vage Ähnlichkeit auf. Ich würde sagen, aus den rekonstruierten Bildern ist nicht erkenntlich, was im Original gezeigt wurde. Ein neueres Beispiel, bei dem mit noch höherem Aufwand der Song „Another Brick in the Wall“ rekonstruiert wurde, kommt zu einem ähnlich vagen Ergebnis.
Würde man mir die rekonstruierten Bilder und Sounds ohne Vorwissen präsentieren, so könnte ich nicht einmal sagen, um was es sich handelt.
Spooky ist es auch, vor allem der rekonstruierte Song.
Ich ordne solche Technologie in eine Reihe anderer ein, die man uns seit teils vielen Jahren verspricht, und für die man "einen wichtigen Schritt erzielt hat", "kurz vor dem Durchbruch steht", "eine Realisierung für die nächsten Jahre erwartet" und "sensationelle Ergebnisse in der Zukunft sieht": Die Nanotechnologie, die Supraleitung, der Quantencomputer, die Kernfusion und der fehlerfrei funktionierende Dosenöffner.
Hirnwellen kann man schon lange auslesen, jedes EEG eines Neurologen kann das. Allerdings ist nicht allzuviel darüber bekannt, was sie denn eigentlich bedeuten. Im Grunde kann man wohl nur katastrophale Resultate erkennen; ein epileptischer Anfall zeichnet sich auch deutlich in ihnen ab - aber das ist ja auch eine extreme, physiologische Reaktion.
An mir hat man ein EEG mehrmals durchgeführt, aber ehrlich gesagt: Die Interpretation der Ergebnisse kam mir immer etwas wie Quacksalberei vor, eine Art modernes Lesen in der Kristallkugel oder Pendeln. Entsprechend vage waren auch die Aussagen: "Jetzt, wo man weiß, dass Sie einen Grand Mal hatten, kann man ein paar Spitzen erkennen. Hätte man es im Standard mal so durchgeführt, dann wäre der Befund wahrscheinlich als völlig normal eingestuft worden."
Ein Bekannter wollte so ein EEG auch mal völlig zum Ausflippen gebracht haben, weil er kurz zuvor eine größere Menge Tonic Water trank.
Zeitweise haben Teile der Werbeindustrie mittels Scans etwas herausfinden wollen, aber wie sich eine deutsche Werbeikone einst äußerte: Die Ergebnisse waren von rührender Einfachheit. Denn um herauszufinden, dass eine grüne Blumenwiese als "schön" empfunden wird, dafür braucht man keinen Magnetresonanz-Tomographen.
Letztlich braucht man solche technisch komplizierten Methoden ohne oder mit nur vagen Ergebnissen, wie das Auslesen von Hirnwellen, nicht einmal.
Es reicht, das zu tun, was bereits im großen Stil passiert, teils von Regierungen, vielmehr aber von privaten Unternehmen: Das digitale Verhalten erfassen, Bewegungsprofile aufgrund von Smartphone-Daten erstellen, ökonomische Daten ermitteln.
Menschen folgen Gewohnheiten und Abläufen; man braucht keine Hirnscans, um vorherzusagen, wo sich jemand Werktags um eine bestimmte Uhrzeit befindet: In der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit, zur selben Zeit, am selben Ort, wie immer.