Fortgesetzte Plünderung
Nach Naturkatastrophe und Versagen der Behörden soll der Süden der USA wieder aufgebaut werden. Unter zukünftigen Profiteuren sind die üblichen Verdächtigen zu finden
Was bisher bei der »Katrina-Story« gefehlt habe, seien »die teuren Wiederaufbauprojekte mit lukrativen Aufträgen für Unternehmen mit den richtigen politischen Beziehungen«, kommentierte Harvard-Ökonom Paul Krugman vergangene Woche. Solche Unternehmen, mit denen – ähnlich wie bisher in Irak – »nicht einmal die essentiellen öffentlichen Versorgungsdienste wieder funktionsfähig« gemacht würden, so der Wirtschaftsprofessor zynisch in der New York Times. Er verglich dabei das Versagen der Bush-Regierung in Irak mit dem in New Orleans. »Aber haben Sie Geduld. Sie (die Leute um Bush) arbeiten bereits daran«, so Krugman an seine Leser.
Halliburton und Co.
Erwartungsgemäß hat der US-Spitzenökonom und Bush-Kritiker recht behalten. Bereits wenige Tage später wurde bekannt, daß die US-Administration auf die »Katrina«-Katastrophe keineswegs zu langsam reagiert hatte, als es um die Bedürfnisse befreundeter Konzerne ging. Halliburton, Bechtel, Fluor Corporation und anderer bedeutende Quellen von Wahlkampfspenden bekommen ihre Verträge für den Wiederaufbau. Typisch NeoCon wird so die Tragödie vieler in lukrative Profite für wenige verwandelt. George W. Bushs Reaktion auf »Katrina« ist konsistent mit seiner bisherigen Politik. Durch die Privatisierung des Krieges in Irak hat er dafür gesorgt, daß die »befreundeten« Konzerne ohne Ausschreibung milliardenschwere Kontrakte bekamen und sich die Taschen füllen konnten. Nun scheint der Goldrausch in Irak vorbei. Die Hilfsgelder des US-Kongresses von weit über 20 Milliarden US-Dollar sind weitgehend verbraucht, ohne daß große Resultate vorzuweisen wären. Denn die Elektrizitätsgewinnung in Irak ebenso wie die Abwasserbehandlung oder die Versorgung der Krankenhäuser liegen immer noch weit unter Vorkriegsniveau. Neue Hilfsgelder wird es kaum noch geben. 80 Prozent der US-Amerikaner wollen für Irak nichts mehr zahlen und statt dessen die »Katrina«-Kosten abdecken.
62 Milliarden US-Dollar haben Präsident Bush und der US-Kongreß bereits für den Wiederaufbau des Südens versprochen, von insgesamt 200 Milliarden ist die Rede. Durch die Privatisierung der Hilfsoperationen und der Wiederaufbauarbeiten eröffnet sich hier eine neue Goldgrube für die Konzerne. Die Bush-Administration hat den aus Irak bekannten Kriegsgewinnlern allzu offensichtlich lukrative Wiederaufbaukontrakte im Katastrophengebiet zugeschanzt. Das bewog sogar die sonst handzahme, landesweit verbreitete Boulevardzeitung USA Today, die Alarmglocken zu läuten. Am Donnerstag wies das Blatt darauf hin, daß laut Regierungsdokumenten gegen viele von der Bush-Administration im »Katrina«-Gebiet beauftragte Firmen »bereits in der Vergangenheit wegen dubioser Geschäftspraktiken Gerichtsverfahren gelaufen sind«...
http://www.jungewelt.de/2005/09-19/011.php
NEW ORLEANS NACH "KATRINA"
Weißer, reicher, besser?
Die reicheren, meist weißen Einwohner kommen zurück. Die ärmeren Viertel stehen noch unter Wasser. Wie New Orleans nach dem Evakuierungs-Chaos mit den Ärmeren umgeht, wird das neue Gesicht und auch die Politik der Stadt prägen. Eine neue Rassen- und Klassendiskussion droht
...Der Sturm als gewünschte Reinigung
Der Sturm und die Fluten, für Menschen wie Shellnut haben sie neben allem Chaos und der Zerstörung auch gute Seiten. "Der Hurrikan trieb vor allem die Armen und die Kriminellen aus der Stadt", sagt er, "diese werden nun hoffentlich nie mehr wiederkommen". Für seine Theorie der heilenden Wirkung "Katrinas" bemüht Shellnut sogar gallische Sagen aus grauer Vorzeit. Demnach bedeutete damals "Katrina" symbolhaft eine Reinigung, die nur die puren Elemente einer Gesellschaft zurücklasse. Tausende Jahre später habe nun eben der Hurrikan mit dem gleichen Namen die Stadt New Orleans gereinigt, die Bösen sozusagen aus der Stadt gefegt. "Für diese Leute ist die Party nun endgültig vorbei", meint Shellnut, "sie werden sich nun einen anderen Platz irgendwo in den USA suchen müssen".
Die Thesen des Immobilienmaklers stehen für ein Problem, dass auf New Orleans zukommt. Vergleicht man die Karten der überschwemmten und massiv zerstörten Gebiete und die Sozial-Atlanten der Stadt, fällt auf: Das Wasser schlug dort besonders heftig zu, wo die Armen und Schwarzen wohnten. Dorthin wird es so schnell keine Rückkehr geben. Viele Teile, gerade im Osten der Metropole, wird man nicht aufräumen, sondern abreißen müssen. Der Neuaufbau wird hier nicht Monate, sondern Jahre dauern. Wenn der ehrgeizige Plan des Bürgermeisters in zwei Wochen abgeschlossen ist und fast 200.000 Einwohner wieder in der Stadt leben, ist aus dem vorher mehrheitlich schwarzen New Orleans eine hauptsächlich weiße Stadt geworden...
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,375201,00.html
Ölverseuchung im US-Katastrophengebiet
Greenpeace: Schäden schlimmer als befürchtet. Auch Industrie müsse sich ihrer Verantwortung stellen
Mehr als zwei Wochen nach dem katastrophalen Hurrikan »Katrina« im Golf von Mexiko sind die Auswirkungen von Öllecks auf Mensch und Umwelt weitaus schlimmer als befürchtet. Dies machte die Umweltschutzorganisation Greenpeace am Freitag in Hamburg deutlich. Das wahre Ausmaß der Zerstörungen in einer der Schlüsselregionen der US-amerikanischen Ölindustrie zeige sich u. a. auf Satellitenbildern. »Die Ölmengen, die dort das Meer vergiften, sind gigantisch«, sagte Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. Es seien Dutzende Ölteppiche auszumachen, die sich über eine Fläche von mehr als 18000 Quadratkilometern ausdehnten. Das entspreche der Fläche Sachsens. Insgesamt seien 58 Ölbohrinseln und Förderplattformen im Golf von Mexiko schwer geschädigt, 22 durch die Wucht des Hurrikans nur noch Schrott. Das ergebe eine Auswertung von Satellitenbildern, Kartenmaterial und Daten zur petrochemischen Industrie der Region, die Greenpeace USA erstellt habe...
http://www.jungewelt.de/2005/09-19/012.php