Logik/Mathematik: Wie Gleichheitsoperator definierbar?

Herzlich Willkommen auf Weltverschwoerung.de

Wir freuen uns wenn Du bei uns mitdiskutierst:

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Hallo,

bei meinen Grundlagenforschungen zur Logik und Mathematik bin ich auf die Rolle des Gleichheitsoperators gestoßen, der mir sehr grundlegend zu sein scheint.

In vielen Definitionen wird z.B. eine Eigenschaft oder Beziehung "für alle x" verlangt, wobei x bestimmte Eigenschaften hat (z.B. eine Menge zu sein).
Um aber diese x voneinander unterscheiden zu können, benötigt man wohl einen Gleichheitsoperator.

Ungleichheit von x und y lässt sich meist relativ schnell feststellen, dazu genügt eine unterschiedliche Eigenschaft von x und y, d.h. dazu muss ich nicht unbedingt alle Eigenschaften von x und y kennen.
Aber bei evtl. unendlich vielen Eigenschaften von x und y ist die Feststellung der Gleichheit ein evtl. ziemlich komplexes Unterfangen.
Dennoch verstehen wir intuitiv was mit Gleichheit gemeint ist.

Ein konkretes Beispiel sind die Einermengen M1, die genau ein Element e1 besitzen. D.h. ein beliebiges x (Gedanke, Vorstellung, mathematisches Objekt, ...) ist genau dann Element von M1, wenn x=e1 gilt.
Schon erstaunlich, dass dabei der Gleichheitsoperator auf so wenig genau beschriebene "Dinge" wie x angewandt werden kann.
Ich vermute, dass dies dadurch möglich wird, dass wir mit e1 ja ein konkretes (definiertes) Element als Vergleichsstück haben.
Dennoch darf dabei auch e1 unendlich viele Eigenschaften haben.
Aber vielleicht haben für uns Menschen verständliche "Dinge" oder "Gedanken" die Eigenschaft, eine endliche Darstellung zu besitzen?
So wie man die Menge der natürlichen Zahlen mittels endlich vieler Axiome beschreiben kann? (Allerdings spielen dabei Einermengen u.ä. eine zentrale Rolle...)

Im Moment forsche ich hauptsächlich im Umfeld der Mengenlehre, aber vielleicht kommen Anregungen ja auch aus ganz anderen Gebieten?

Gruß
Trestone
 

holo

Frechdachs
27. August 2005
2.712
Wo ich in Mathe so eine Lusche bin ...

Kann es sein, dass die Zeichensprache der Mathematik nicht zwischen "ist dasselbe" und "ist gleich" unterscheiden kann und dein Problem genau darauf trifft?

Gruß
Holo
 

Simple Man

Kanonenbootdiplomat
Teammitglied
4. November 2004
3.945
holo schrieb:
Kann es sein, dass die Zeichensprache der Mathematik nicht zwischen "ist dasselbe" und "ist gleich" unterscheiden kann und dein Problem genau darauf trifft?
Meines Wissens nach, tut sie das durchaus:


  1. = Gleichheitszeichen
    ≡ Identisch
    ≌ Alles gleich

... usw. :O_O:
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
@holo:

Leider hilft mir diese Unterscheidung kaum weiter:
Mir ist genauso rätselhaft, wie wir entscheiden, ob etwas "dasselbe" ist wie ob es "das gleiche" ist. Scheinbar lösen wir jeweils ein unendliches Problem.

Gruß
Trestone
 

holo

Frechdachs
27. August 2005
2.712
Okay, du willst einen armen, alten Knacker wirklich aus der Reserve locken ;-)

Wenn die Menge M1 fünf identische e1-e5 und das element e(n)=x entspricht, dann können alle 5 Elemente für sich (5x) viermal die Behauptung aufstellen, gleich der übrigen Elemente zu sein ( e(n)-1=x ).
e1 ist nunmal dasselbe e1 und damit gleich x, aber die Mathematik schreibt nur e(n)=x.

Gruß
Holo
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Noch einmal etwas genauer:

Mir geht es darum zu analysieren, was alles in dem Begriff der "Gleichheit" steckt, den wir in Mathematik und Logik grundlegend verwenden (meist ohne tiefergehende Definition?).
Ich vermute nämlich, dass er schon ähnlich schwierig ist wie die ganze Arithmetik, bei der Gödel ja in seinem Unvollständigkeitssatz zeigte, dass sie sich nicht ganz so bändigen lässt, wie man allgemein dachte.

Umgekehrt hoffe ich, dass genauere Analysen einen Ausweg zeigen könnten...

Ein interessanter Punkt an der Gleichheit bzw dem Gleichheitsoperator ist die Anwendbarkeit auch auf (potentiell) unendliche Mengen/Gebilde.
Wie sich das mit exakten Definitionen und Nachvollziehbarkeit verträgt, ist mir noch nicht klar. Doch offensichtlich verstehen wir alle vom Prinzip her was mit "Gleichheit" gemeint ist, wenn wir uns auf Menge bzw. logische Aussagen beziehen, auch wenn natürlich konkrete "Gleichungen" unlösbar sein können.

Ein schönes Beispiel zu dem was ich meine ist eine Definition in der Mengenlehre:
Zwei Mengen sind gleich, wenn sie die gleichen Elemente haben.
Zwei Aussagen sind gleich, wenn sie die gleichen Wahrheitswerte haben.

Hier wird die Gleichheit von (neuen) Begriffen wie Menge und Aussage auf die Gleichheit bei (vermeintlich) bekannten Begriffen wie Elementen und Wahrheitswerten zurückgeführt.
Die Grundfragen zur Gleichheit sind damit aber nur verschoben...

Aber trotzdem erscheint mir die Definition und Analyse von "gleich" nicht ganz so schwierig wie die Definition von Definition.

Gruß
Trestone
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Vielleicht ist es mit "Gleichheit" ja ähnlich wie mit dem Begriff "rot":
Wir können zwar technisch einiges über Frequenzmessungen u.ä. dazu aussagen, aber letztlich einem Blinden die Bedeutung von "rot" nicht wirklich erklären.
D.h. unsere Wahrnehmung und unser Empfinden ist oft letztlich der Kern des Begriffes. Ob dies bei "Gleichheit" auch so ist?
Und was hätte dies für die Grundlagen der Mathematik und Logik für Folgen?

Verlöre die Mathematik und Logik dadurch ihren Allgemeingültigkeitsanspruch und würde sie wie unsere Sprachen eine rein menschlich-lokale Erscheinung?

Gruß
Trestone
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Noch ein Aspekt, den ich noch nicht verstehe:

Wenn ich z.B. bei Definition einer Einermenge E1 :={e1}
(E1 hat als Elemente genau alle x mit x=e1) alle potentiellen Elemente x mit e1 vergleiche,
so müssen diese x ja noch gar nicht in allen Eigenschaften bekannt sein.
Wie schaffen wir dann doch, auf Gleichheit oder Ungleichheit zu entscheiden?

Wir können uns dabei zwar auf die Eigenschaften von e1 beschränken, aber auch das können ja unendlich viele sein ...

Und wie stellen wir sicher, dass zu x alle möglichen Elementkandidaten durchlaufen werden, wenn wir gar nicht alle Eigenschaften aller x kennen?
Benötigen wir dazu die gleichheits-/Ungleichheitsrelation zwischen noch unbestimmten x und y?

In den tiefen Grundlagen (Protologik und Protomathematik) scheint es ähnlich zuzugehen wie in der Grundlagenphysik ...

Gruß
Trestone
 

trunx

Geselle
20. Juli 2006
5
Hallo trestone,

Gleichheit oder mathematisch Äquivalenz und Identität sind voneinander zu unterscheiden, zu Identität hast du ja bereits einen passenden Artikel gefunden, anmerken will ich nur, dass die Überlegungen zur Identität sich nicht nur auf die Logik beschränken, sondern z.B. ganz praktische Bedeutungen in der Physik haben - Elementarteilchen bspw. die Elektronen sind untereinander ununterscheidbar, also identisch, mit der Konsequenz, dass ein Elektron hier gewissermassen mit einem Elektron dort über die Identität in Verbindung steht. Der Begriff dafür ist: Austauschwechselwirkung.

Aber zur Äquivalenz: eine Relation R ist genau dann eine Äquivalenz, wenn sie drei Bedingungen erfüllt, d.h. es gilt für sie
i) Reflexivität: aRa ,
ii) Symmetrie: d.h. aus aRb folgt bRa und umgekehrt,
iii) Transitivität: d.h. aus aRb und bRc folgt aRc .

Im Unterschied zur Identität können unter die Äquivalenz (zu deutsch auch "Gleichwertigkeit") unterschiedliche Objekte unter Ansehung ihrer Gemeinsamkeiten gebracht werden, bspw. sind die Zahlen 2 und 4 nicht identisch, aber unter der Betrachtung als gerade Zahlen äquivalent.

bye trunx
 

trunx

Geselle
20. Juli 2006
5
Achso und noch etwas (weil es ja um Grundsatzfragen geht): du fragst, wie definiert man Definition? Da ist man ja quasi schon in einem Stufenmodell...

Definitionen sind Begriffsklärungen, u.z. in Form von Bedeutungsorganisation. Definierte Begriffe haben eine klar strukturierte Bedeutung.

Begriffe sind alltagssprachlich in ihrem Horizont unbestimmt, insofern bleiben "Erklärungen" auf vortheoretischem Niveau vage. Der Aufklärung eines Sachverhalts eignen nur in ihrer Bedeutung deutlich umrissene Begriffe und gerade das bedeutet ja Definition: de-finitis - Begrenzen der je schon gegebenen Bedeutungsmannigfaltigkeit (man diskutiert ja immer auf aktuellem Sprachniveau). Und keineswegs Zuordnung A:= B, in der A ein leerer Begriff und B eine Terminuskonstruktion ist. Dieser Zuordnungsvorgang, die Namengebung, mag ja Sprachpraxis sein, definitorischen Charakter erhält er aber nur, sobald die Beziehungen der Elemente der Konstruktion B sich in ihren unbestimmten Bedeutungen gegenseitig klar umreißen und einen klar umrissenen Kern des Ganzen belassen, der A ist. Sonst bliebe auch A unbestimmt und müßte zu seiner Klärung definiert werden.

Definitionen sind gerichtet auf.

Dies folgt schon aufgrund des prozessualen Charakters von Aussagen. Das Begrenzen eines Begriffs, seine bestimmte Verwendung hat oder verfolgt einen Sinn. Es erfolgt unter einem bestimmten Gesichtspunkt, mit bestimmten Hinblick auf.

Etwas "sagen" ist ja etymologisch dem Etwas "sehen" lassen, (vor)zeigen verwandt. Diese Bedeutung ist dem Sagen noch immanent, d.h., sinnvoll ist im Sagen, in jeder grammatikalischen Konstruktion das Sichtbargemachte oder sich Zeigende; das Augenmerk in diese Richtung lenken, weisen, können diese Konstruktionen (etwa ein Ausruf, ein Satz, ein Text) nur, weil sie selbst Verweisungszusammenhänge ihrer Elemente sind. Die Bedeutungsgrenzen der Begriffe müssen so gezogen sein, daß sie verweisen können. Definierte Begriffe zeigen Etwas vor, an, u.z. das, wovon im Text, in der Theorie die Rede ist.

Dies ist im übrigen auch der Hintergrund, warum bestimmt definierte Begriffe in unterschiedlichen Zusammenhängen, wie z.B. "Energie" unterschiedliche Bedeutungen haben, die Definitionen existieren in einem Kontext, aus dem sie nicht ohne Informationsverlust herausgelöst werden können.

bye trunx
 

trunx

Geselle
20. Juli 2006
5
Sorry, mir fällt noch etwas ein, kennst du das Buch von Hofstadter: Gödel, Esher, Bach? Für die Themen, die du anschlägst, quasi ein Muss.

Zur Weiterentwicklung der Logik (Wittgenstein ist ja in seiner Auseinandersetzung mit Russel zum Mystiker geworden; Whitehead, Russels Mitautor wurde Begründer der Prozesstheologie, also Vorsicht ;-) ) ist vielleicht noch folgendes zu sagen: Eine wesentliche Basis der Logik ist ja der Begriff "Alternative", etwas gehört zu einer Menge oder nicht, z.B. ist "wahr" oder "falsch" usw.. Und dieser Begriff bezieht sich letztlich auf unser duales Denken. Will man wirklich darüber hinaus gehen, muss man z.B. die Dreiheit denken können. Aber das ist nicht alles, in einem mir leider in seiner Gänze unverständlich gebliebenen Artikel über die Neufundierung der Logik wurde gezeigt, dass das Optimum in der Vierheit liege.

bye trunx
 

Malakim

Insubordinate
31. August 2004
13.982
trunx schrieb:
Und dieser Begriff bezieht sich letztlich auf unser duales Denken. Will man wirklich darüber hinaus gehen, muss man z.B. die Dreiheit denken können.

Als Einwurf der evtl. von Interesse ist:
Zur Dualität und über den Schritt zur Dreiheit gibt es recht interessante Symbole und Inhalte in der Freimaurerei und auch in anderen Bünden bzw. auch in hermetischen Systemen. Die Drei spielt eine wichtige Rolle (Dreipunkte Brüder) in der FM.
In den Ritualen und in der Symbolsprache kann man erleben, das Dualität zur Dreiheit führt (führen kann) und man lernt dies auch intuitiv kennen.

Das ist schwierig auszudrücken, da es ein stück weit in die Metaphysik reicht :)

trunx schrieb:
Aber das ist nicht alles, in einem mir leider in seiner Gänze unverständlich gebliebenen Artikel über die Neufundierung der Logik wurde gezeigt, dass das Optimum in der Vierheit liege.

Interessanter Gedanke. Kannst Du eine Bezugsquelle zu diesem Artikel nennen?
 

trunx

Geselle
20. Juli 2006
5
@malakim: leider kann ich die Literaturstelle in Bezug auf "die Vierheit denken" nicht mehr angeben; zum Thema "Dreiheit denken" reicht vllt der Bezug zur Hegelschen Dialektik:

These - Antithese
Synthese

bye trunx
 

Ähnliche Beiträge

Oben Unten