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Oettingers Grabrede zu Ehren Filbinger

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Es ist doch unglaublich, was sich da in Baden-Württemberg abspielt. Da gab es einst einen Ministerpräsidenten namens Filbinger, der während der Nazizeit Marinerichter war.

Als dies 1978 in vollem Umfang dank dem Schriftsteller Rolf Hochuth publik wurde, musste Filbinger zurücktreten. Später wurde sogar klar, dass Filbinger persönlich nicht nur die Nazi-Justiz gelobt, sondern auch Todesurteile ausgesprochen hatte.

Auch wenn man dies mit Hinblick auf die damalige Zeit vielleicht sogar noch etwas relativieren könnte - was zu bezweiflen ist -, so sticht ein Fall heraus, der zeigt, dass Filbinger auch ideologisch ein Nazi war und persönlich hinter den Todesurteilen stand. Der Matrose Walter Gröger war 1943 desertiert und zunächst zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Aber noch im März 1945, zwei Monate vor der Kapitualtion, wurde das Urteil dank dem Chef-Ankläger Staatsanwalt Filbinger in eine Todesstrafe umgewandelt - die dieser dann als leitender Offizier beaufsichtigte.

Oettinger sprach auf der Beerdigung den Satz: "Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte."

Recht hat er - für die Vollstreckung der Todesstrafe hat Filbinger nur als Stasatsanwalt gesorgt, denn zwei andere Urteile, in denen der Richter Filbinger die Todesstrafe verhängt hatte, konnten auf Grund des Endes des Zweiten Weltkrieges und des Zusammenbruchs des nationalsozialistischen Deutschlands nicht mehr durchgeführt werden.

Aber ein anderer Satz Oettingers aus der Rede ist nicht nur beschönigend, sondern schlichtweg falsch: "Hans Filbinger war kein Nationalsozialist". War er nicht? Nun ja, er war seid 1937 Mitglied der NSDAP und Marinerichter! Er hat als Staatsanwalt Todesurteile gefordert und als leitender Offizier deren Durchführung beaufsichtigt, sowie als Richter Todesurteile ausgesprochen.

Und dann gibt es da ja noch, von allen Formalitäten abgesehen, das, was Filbinger 1935 - dem Jahr der Nürnberger Rassegsetze - über das Rechtssystem des nationalsozialistischen Deutschland geschrieben hatte. Nämlich, dass die deutsche Blutsgemeinschaft "erhalten und die rassisch wertvollen Bestandteile des deutschen Volkes planvoll vorwärts entwickelt werden" müsse, denn der "Nationalsozialismus schuf die geistigen Voraussetzungen für einen wirksamen Neubau des deutschen Rechts".

Alles bekannte Tatsachen, und doch bleibt ein Baden-Württembergischer Ministerpräsident heute noch dabei, dass Filbinger kein Nazi war? Ein Ausrutscher, diese Rede? "Meine Rede war öffentlich, ernst gemeint und die bleibt so stehen", so Oettinger.

Gut, soll die Rede eben stehen bleiben, als Denkmal der Beschränkt- und Borniertheit der ewig gestrigen Geschichtklitterer - aber der Mann, der sie hielt, der Oettinger, der möge doch bitte gehen. Aber ganz schnell und am besten ganz leise - das hat sein großes Vorbild ihm ja auch schon vorgemacht.
 

erik

Erlauchter Auserwählter der Fünfzehn
4. April 2004
1.002
Ich hoffe auch, dass wir den Oettinger in leitender politischer Funktion, womöglich sogar noch mit Ambitionen auf Bundeseebene, nach diesem ideologischen Ausrutscher ganz schnell los sind.
 

Winston_Smith

Groß-Pontifex
15. März 2003
2.804
Natürlich war die Rede, sagen wir mal, ungeschickt. Keine Frage. Sie war vielleicht sogar Dumm, zumindest aber inhaltlich falsch.

Daraus jetzt aber irgendeine Geisteshaltung abzuleiten und einen Rücktritt zu fordern, halte ich ebenfalls für falsch.

Exotisch finde ich schon fast das Geschrei aus der "Linkspartei". Besucht man doch selber fleißig z.B. die Rosa-Luxemburg-Tage. Würde man nun mit dem gleichen Engagement in der eigenen Partei vorgehen, wäre diese ganz schnell ohne Mitglieder.

ws
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Winston_Smith schrieb:
Natürlich war die Rede, sagen wir mal, ungeschickt. Keine Frage. Sie war vielleicht sogar Dumm, zumindest aber inhaltlich falsch.

Daraus jetzt aber irgendeine Geisteshaltung abzuleiten und einen Rücktritt zu fordern, halte ich ebenfalls für falsch.

Wieso? Die Blindheit auf dem rechten Auge hat doch in der baden-württembergischen ebenso wie in der bayerischen CDU/CSU Tradition. Einen Nazi zum Nazi-Gegner hochzustilisieren ist eine Beleidigung der Opfer des Nationalsozialismus. Wer das nicht begreift, der sollte kein so hohes Amt wie das eines Ministerpräsidenten inne haben. So einfach ist das.

Man hat Oettinger bereits mehrfach Gelegenheit gegeben, sich zu entschuldigen oder seine Aussagen zu relativieren - Pustekuchen! Will er nicht! Und ohne eine solche Geste, die das mindeste wäre, kann man ihn nicht behalten.

Winston Smith schrieb:
Exotisch finde ich schon fast das Geschrei aus der "Linkspartei". Besucht man doch selber fleißig z.B. die Rosa-Luxemburg-Tage. Würde man nun mit dem gleichen Engagement in der eigenen Partei vorgehen, wäre diese ganz schnell ohne Mitglieder.

Was ist denn an Rosa Luxemburg auszusetzen? Ich kenne mich mit deren Geschichte nicht besonders gut aus, finde aber das Festhalten an der Unschuld von Stasi-Kollaborateuren weitaus schlimmer.

EDIT:

Merkel tadelt Oettinger
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Hallo,

wenn ich den Wikipedia-Artikel zu Hr. Filbinger lese,
bin ich mir der Sache in unserer Mediokratie nicht mehr so ganz sicher.

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Filbinger

Nach dem Motto "de mortui nil nisi bene"
und "in dubio pro reo" würde ich daher Hr. Oettinger seine Rede durchgehen lassen - seine Meinung sowieso.

Gruß
Trestone
 

polylux

Geheimer Meister
7. Januar 2005
308
@Trestone: Ich auch nicht.

Historiker scheinen dies auch anders zu sehen als die Medien.

Hier ist ein sehr detailierter Artikel der von Wikipedia verlinkt war.
Ich habe den Artikel gelesen und habe nun ein etwas anderes Bild, als es in den Medien dargestellt wird.

Was ich bei Wikipedia gelesen habe und auf der folgenden Domain, stellt die Sache etwas anders dar.

http://www.hans-filbinger.de
(Inhaber der Domain: http://de.wikipedia.org/wiki/Studienzentrum_Weikersheim)

Wird aber schwer werden, hier so einfach Stellung zu beziehen.
Ich verstehe den ganzen Wirbel nicht.
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Diese Reaktionen verblüffen mich. Na gut, er hat dem Todesurteil nur als leitender Offizier vorgestanden - nicht so schlimm? Na gut, er hat Lobeshymnen auf die NS-Justiz geschrieben - nicht so schlimm? Na gut, er war Parteimitglied - nicht so schlimm? Na gut, da nennt ihn einer trotz all dem keinen "Nazi, sondern im Gegenteil ein(en) Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime", was offenkundigster Blödsinn ist - nicht so schlimm? Na gut, der, der diesen unsäglichen Blödsinn redet, ist Ministerpräsident eines deutschen Bundeslandes - nicht so schlimm?

:roll:
 

Lazarus

éminence grise
10. April 2002
1.280
Nunja - besser wäre es selbstverständlich gewesen wenn er, nachdem die zweite freiwillige Meldung zur U-Boot-Waffe zu wechseln abgelehnt wurde, offen Hitler kritisiert und sich dann anstandslos erschießen hätte lassen.

Wäre viel einfacher gewesen, wenn das alle gemacht hätten - mit der Hand voll Nazi-Leute die dann übrig geblieben wären, hätte der Amerikaner dann auch ohne Alliierte keine Probleme gehabt. :lol:

Aber ist sehr einfach heute über die damalige Situation zu urteilen. Heute - wo wir alle natürlich dafür bereit sind für unsere Überzeugung und Moral zu sterben. :lol:

Es ist sehr einfach zu verlangen das jemand anders seinen Arsch riskiert, wenn der eigene im heutigen sicheren Einweg-Deutschland steckt.

Die Wahrheit über Filbinger mag in der Mitte liegen - aber die Wahrheit scheint eh niemanden zu interessieren, wenn ich das Thema verfolge.

Die Todesstrafe war geltendes (Militär-)Recht - und nicht erst von den Nazis eingeführtes Recht. Die Todesstrafe gab es - und das teilweise noch länger als das dritte Reich - auch in anderen "ach so hochstehenden westlichen Kulturen". Heute glaub ich übrigens auch noch .... :O_O:

Also sollte man sich eher über Richter aufregen, die halbe Kinder mit fragwürdigen Prozessen 20 Jahre in die Zelle stecken um sie dann mit der Spritze zu töten.

Der alte Mann hat vermutlich mehr als die meisten anderen in dieser Zeit ohne Fanatismus seinen Job erledigt. Die Armen Schlucker, die er vor der Hinrichtung bewahrt hat zählen aber natürlich nicht um ein gesamtes Bild zu erstellen, ich vergaß....

Hat unsere Angela eigentlich aktiven Widerstand gegen das Zwangsregime in der DDR geleistet? Oder war die auch nur eine Mitläuferin, die heute gut lachen hat? Heute hat ja eh jeder gut lachen.... :k_schuettel:
 

Angel of Seven

Großer Auserwählter
23. Juli 2002
1.924
Aphorismus schrieb:
Diese Reaktionen verblüffen mich.
:roll:

Na,.. er halt den erzkonservativen Kreisen in der CDU die Stiefel geleckt..
die ganze Chause ist nach hinten los gegangen (wie immer wenn es in Deutschland um Naziansichten und Politiker geht).... jetzt kann er die Suppe alleine auslöffeln.
Was micht verblüfft ist.. das die allgemeine "Mediensicht" in Frage gestellt wird und dann der Link zur Filbingers Homepage als "Sichterweiterung" gebracht wird. :D
Zudem hat der Wiki-Artikel genau das beschrieben was du erläutert hattest.... also wenn der nicht als Nazi gilt.... gab es die Nazis überhaupt? vielleicht nur als Medienlüge ... :gruebel: ?

Abtreten ist angesagt " Minister Oettinger ", wer einen ausgewiesenen Nazirichter als "Gegner des Nationalsozialismus" bezeichnet, gehört als Ministerpräsident in die politische Wüste... schon alleine aus Dummheit! Einen Politprofi müsste ja wohl klar sein das sich alle Medien auf so etwas stürzen....


LG


AoS
 

Lazarus

éminence grise
10. April 2002
1.280
Angel of Seven schrieb:
wer einen ausgewiesenen Nazirichter

Demnach war jeder Richter damals ein Nazirichter.

Er war ein Militärrichter - das Militärrecht scheint hier ja recht unbekannt zu sein. Wie viele Soldaten haben die Alliierten wegen Fahnenflucht hingerichtet?

Schön wie einfach man es sich heute macht.... :roll:
 

Angel of Seven

Großer Auserwählter
23. Juli 2002
1.924
Lazarus schrieb:
Aber ist sehr einfach heute über die damalige Situation zu urteilen. Heute - wo wir alle natürlich dafür bereit sind für unsere Überzeugung und Moral zu sterben. :lol:

Das ist natürlich richtig... die jetzige Bevölkerungsstruktur würde sich sicherlich nicht "Ehrenhafter" unter solchen Verhältnissen bewähren... (ich weiß schon was du meinst :wink: )
Trotzdem hätte, meines Erachtens nach, ein aktives "NSDAP-Mitglied in höherer Funktion, niemals Ministerpräsident, Richter oder ähnliches werden dürfen... das ist ja der eigentliche Skandal..



LG



AoS
 

Angel of Seven

Großer Auserwählter
23. Juli 2002
1.924
Lazarus schrieb:
Demnach war jeder Richter damals ein Nazirichter.

Richtig... jeder der unter diesem Regime, langjähriges Parteimitglied war und unter diesen Gesichtspunkten angebliches "Recht" gesprochen hat, war ein Nazirichter.
Die damaligen Karrieregeier zählen in meinen Augen genauso dazu... und die heutigen sind kein Deut besser :-_-:




LG


AoS
 

Lazarus

éminence grise
10. April 2002
1.280
Angel of Seven schrieb:
Trotzdem hätte, meines Erachtens nach, ein aktives "NSDAP-Mitglied in höherer Funktion, niemals Ministerpräsident, Richter oder ähnliches werden dürfen... das ist ja der eigentliche Skandal..

Da stimme ich dir größten Teils zu....

Aber da fallen mir spontan Namen wie Gehlen, Porsche und von Braun ein.... und viele andere... und nun? Wie schuldig sind jene, die führende KZ-Ärzte seinerzeit den Richtern entzogen um ihr Werk weiter zu führen?

Interessant übrigens wenn ich hier mal etwas ins OT rutschen darf, das eine aktuelle amerikanische SF-Serie sich grad mit dieser "Schuld" Thematik eindrucksvoll befasst hat.
 

Shiraffa

Geheimer Meister
16. September 2002
372
Um Schuld oder nicht Schuld geht es doch eigentlich gar nicht und um Filbingers Rolle kann man sich lange streiten.

Es geht darum, das Oettinger aus einem Nazi oder je nach Sichtweise einem Mitläufer der Nazis einen Widerstandskämpfer gegen das 3te Reich machen will. Und das stimmt ja nun wohl gar nicht, sondern ist sogar ein Faustschlag in das Gesicht wirklicher Widerstandskämpfer.

Aber der Herr Oettinger hätte ja eh gern wieder einen Krieg, damit danach wieder alles durch schwäbischen Fleiß aufgebaut werden kann.
 

polylux

Geheimer Meister
7. Januar 2005
308
So wie ich das verstanden habe, hat er versucht Menschen zu retten wo es ging.

Er konnte nur Vorschläge für die Urteile an den Gerichtsherrn weitergeben, der das letzte Wort hatte. Hat dieser dem nicht zugestimmt, wurde dem Richter gleich eine Weisung gegeben, wie er zu richten hat.

Ein Richter konnte danach nicht mehr anders entscheiden.

Angewandt wurde das Militärecht, das schon lange vor den Nazis bestand und von der Allgemeinheit akzeptiert war. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung war zudem schon vor den Nazis für die Todesstrafe!

Sein Zitat er habe nur geltendes Recht angewandt würde doch auch heute jeder Richter sagen. Damals war es auch Recht. Und zwar das alte Miltärrecht, das seit dem 19. Jarhundert bereits bestand.

War er ein Widerstandskämpfer oder nicht? Woran macht ihr das fest?
Hat er seine Position genutzt um Schlimmeres zu verhindern, ist es sicher keine Unterstützung / Befürwortung des damaligen Regimes. Mitläufertum könnte man es dann auch nicht gerade nennen. Eher doch Sabotage. ;) Und Sabotage ist Widerstand. Oder etwa nicht?

Oder muss man als "Widerstandskämpfer" gleich jemanden in die Luft jagen?

Allerdings scheint es auch andere Quellen zu geben, die Zitate von ihm darstellen, die auch mir ganz übel aufstossen. So z.Bsp. dass "es blöd sei, dass kein Krieg mehr käme". Da dreht sich auch mein Magen im Kreis.

Auch die von Aphorismus angeführten Zitate lassen an der Glaubwürdigkeit sehr stark zweifeln und nähren der Verdacht, dass er doch ein überzeugter Nazi war.

Wie soll jemand, der solchen Unsinn von sich gibt ein Widerstandskämpfer gewesen sein? 8O
 

erik

Erlauchter Auserwählter der Fünfzehn
4. April 2004
1.002
Also ich mache mir wirklich Sorgen, um die Meinungsbildung einiger hier im Forum.

Der Filbinger war ein Nazi, das steht wohl außer Frage.
Er war Parteimitglied (und das mußte man damals keinesfalls sein) und er hat in der machtstruktur eine Funktion übernommen.

Ihn jetzt als Widerstandkämpfer darzustellen oder gar Urteile als Sabotage auszulegen ist schlichtweg lachhaft.

Auch sehr bedenklich finde ich, daß manche immer noch glauben, Wikipedia wäre eine seriöse Quelle...
Als Nachschlagewerk oder Enzyklopädie mag es ja taugen aber gerade wenn es um historische Darstellungen geht, sind hier dem Mißbrauch oder der Fehldarstellungdoch Tür und Tor geöffnet.

Angesichts der Diskussionen, die die Person Filbinger schon als Ministerpräsident ausgelöst hat, ist es wirklich schlicht dreist, dass Oettinger das jetzt wieder hochkocht und kann wirklich nur als Stiefelleckerei bei den im Ländle ja durchaus vorhandenen rechten Gruppierungen (Reps im Landtag) gewertet werden.

Daß er dabei auch noch auf so breite Unterstützung hier im Forum stößt, wundert mich dann doch (also von Winston hab ich ja nichts anderes erwartet, aber das selbst Laz sich auf diese Seite stellt)

Es wird ja von niemandem erwartet, daß er sich aktiv am Widerstand beteiligt, der Opportunismus, seinen eigenen Arsch zu retten, mag jedem unbenommen sein, besonders die fragwürdige Beurteilung aus der historischen Distanz und dem eigenen sicheren Sessel heraus, aber dann soll auch niemand erwarten für diesen Opportunismus eben posthum doch noch als Widerstandskämpfer gewürdigt zu werden. Das ist doch die Frechheit an der Sache.

Ich hoffe weiterhin, daß Oettinger zurücktreten muß.
Da er ja einer der kritischen Ministerpräsidenten war, wird dies Merkel natürlich nur in die Karten spielen, deswegen rüffelt sie ja auch öffentlich.

Wir erleben gerade also eigentlich nichts weiter als eine weibliche Kabale.
 

Winston_Smith

Groß-Pontifex
15. März 2003
2.804
Und hier noch mal meine Meinung:

Ja, Filbinger hat "Dreck am Stecken". In welchem Maße, darüber streiten sich schon Generationen von Historikern (und ask1-user... :wink: ).

Allerdings hat er sich nach dem 3.Reich für den Aufbau eines demokratischen Deutschlands eingesetzt und mitgewirkt.

Er war kein Nazigegner, hat sich aber wohl gewandelt.

Heute über diese Generation zu richten, ist einfach aber auch häufig an der Realität und an den Möglichkeiten dieser Zeit vorbei.

Meiner Meinung nach, war also die Aussage "Filbinger wäre im Widerstand gewesen" schlichweg falsch. Die eigentlich Aussage der Rede ist aber wohl richtig.

Was ist den z.B. mit dem Kameraden Grass? Dieser war SS Mitglied und wurde nach dem Krieg von der SPD hofiert. War Grass nicht auch ein Nazi? (Zugegeben in kleinerem Maße als Filbinger.)

Oder Wehner? Der war überzeugter Kommunist...

@Aphorismus
Was ist denn an Rosa Luxemburg auszusetzen? Ich kenne mich mit deren Geschichte nicht besonders gut aus, finde aber das Festhalten an der Unschuld von Stasi-Kollaborateuren weitaus schlimmer.

An der Person Rosa Luxemburg nur wenig. Schon aber an Ihrer politischen Arbeit. Es ging mir um die Rosa-Luxemburg-Tage. Diese werden von Linksruck organisiert. Ich stelle mir nur vor, die "Junge Freiheit" würde entsprechende Tage organisieren und CDU Politiker treffen sich regelmäßig dort, halten Reden, Diskussionen und verlesen Grußworte...

ws
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Lazarus schrieb:
Demnach war jeder Richter damals ein Nazirichter.

Alle Richter der Nazi-Zeit haben einem menschenverachtenden System und einer hanebüchenen Justiz gedient, das steht doch außer Zweifel. Das sagt aber nichts darüber aus, ob die einzelnen Richter auch hinter dem Nationalsozialismus standen.

Andererseits: Da einfach allen Richtern der Nazi-Zeit die Schuld absprechen zu wollen, weil es nun einmal "die Zeit gewesen sei", finde ich genau so billig wie eine Pauschalverurteilung - die ich nirgends ausgesprochen habe.

Darum denke ich, dass man sich einfach nur Filbinger als Einzelperson angucken sollte, um die Frage zu klären, ob er ein Nazi war oder nicht.

Dass die deutsche Blutsgemeinschaft "erhalten und die rassisch wertvollen Bestandteile des deutschen Volkes planvoll vorwärts entwickelt werden" müsse, dass der "Nationalsozialismus (...) die geistigen Voraussetzungen für einen wirksamen Neubau des deutschen Rechts schuf", dass das von einem Parteimitglied freiwillig und in dem gleichen Jahr, in dem die Nürnberger Rassegesetze geltendes Recht wurden, geschrieben wurde, das alles macht Filbinger zum Nazi. Und dann sagt Oettinger: "Filbinger hat deshalb den Nationalsozialismus immer verachtet." Geht's noch?

Die Todesurteile waren geltendes Militärrecht, das ist richtig. Über die habe ich mich ja auch nicht in dem gleichen Maße aufgeregt wie über die Tatsache, dass Oettinger sie - neben dem FAKT, dass Filbinger damals ein Nazi war - leugnet. Wobei natürlich schon fraglich ist, ob man jemanden, der 1943 desertiert war, 1945 noch zum Tode verurteilen muss, wenn man mal für fünzig Pfennig Grips hat und sich anguckt wie es in Europa aussieht.

Filbinger ist tot, der interessiert praktisch kaum noch. Aber Oettinger, der lebt und regiert ein deutsches Bundesland. Und es war nicht sein erster Ausrutscher nach rechts außen. Das geht meiner Meinung nach einfach nicht.

Winston Smith schrieb:
Was ist den z.B. mit dem Kameraden Grass? Dieser war SS Mitglied und wurde nach dem Krieg von der SPD hofiert. War Grass nicht auch ein Nazi? (Zugegeben in kleinerem Maße als Filbinger.)

Den kann ja nun auch wirklich in der Pfeife rauchen. Paar gute Bücher, ansehnliche Gemälde, ein fetter Preis und ein unsäglicher Wust an dümmlichsten Gebrabbel.

Winston Smith schrieb:
Oder Wehner? Der war überzeugter Kommunist...

Non sequitur. Die kommunistischen Länder waren totalitäre Regime, Russland unter Stalin nahezu so grausam wie Deutschland unter Hitler. Aber der Kommunismus an sich ist längst nicht so eine menschenverachtende Ideologie wie der Nationalsozialismus.
 

Devon

Großmeister
12. Januar 2003
71
Meiner Meinung nach müssen wir hier nicht über die Biographie von Filbinger sprechen. fakt ist, dass er wegen seiner vergangenheit zurückgetreten ist. man sollte sich lieber damit beschäftigen warum Oettinger sowas von sich gibt?
wie reagiert er eigentlich auf die entrüstung? er sitzt es aus und in paar wochen ist alles vergessen.
früher sagte man zu sowas geschichtsfälschung.

btw: redet mir nicht von den rechten ossis (in anderen threads) die nazis in den landtag wählen! woher sollen die es besser wissen, wenn sich "spitzenpolitiker" der demokratischen bundesrepublik immer wieder zu solchen äußerungen hinreißen lassen?!
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Devon schrieb:
wie reagiert er eigentlich auf die entrüstung? er sitzt es aus und in paar wochen ist alles vergessen.
früher sagte man zu sowas geschichtsfälschung.

Abwarten. Ich denke, dass er nur die Wahl zwischen einer Entschuldigung und dem Rücktritt hat.

Winston Smith schrieb:
Es ging mir um die Rosa-Luxemburg-Tage. Diese werden von Linksruck organisiert. Ich stelle mir nur vor, die "Junge Freiheit" würde entsprechende Tage organisieren und CDU Politiker treffen sich regelmäßig dort, halten Reden, Diskussionen und verlesen Grußworte...

Vergleichbares passiert laufend, denk mal an die rechtsaußen stehenden Verbindungen, bei denen auch Leute wie Oettinger nur allzu gerne deutschtümelnde Reden halten.
 
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