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Religiöse Unarten

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
@ ein_Liberaler:

Wenn dieses Wer zuerst kommt, mahlt zuerst tatsächlich die libertäre Position sein sollte, dann stimme ich in diesem Fall schlichtweg nicht mit ihr überein. Das ist die alte Frage Prinzip vs. Gewohnheit.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Dann kannst Du Dich beglückwünschen; das Gesetz ist auf Deiner Seite. Der bedauerliche Nebeneffekt ist, daß nicht mehr die Betroffenen die Sache regeln, sondern eine übergeordnete Instanz es tun muß, auf tendenziell unfriedlichere Weise.
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Wenn der Staat eine solche Auseinandersetzung via Gesetzgebung regelt ist das deiner Einschätzung nach also 'tendeziell weniger friedlich', als wenn die Religionen das unter sich ausmachen? :gruebel:

EDIT: Und wenn das Gesetz, wie du sagst, tatsächlich auf meiner Seite sein sollte, wieso bimmeln dann die Glocken und hält der Muezzin den Rand? 8O
 

racingrudi

Geheimer Meister
11. September 2004
475
es ist doch einleuchtend, dass es friedlicher ist, wenn zwei parteien auf sich zugehen und von sich selbst einen kompromiss finden, als wenn dies eine dritte regulierende instanz tun muss. in den wenigsten fällen geben sich die kontrahenten damit zufrieden. berufung, ungerecht behandelt fühlen, gegensätzliche auffassungen zementiert.

besser fände ich es da eindeutig, wenn man das recht des ersten gewährt und sich damit arrangiert, als dass man nur auf sein gesetzlich festgeschriebenes recht beharrt. das ist genau die mentalität, die ich heftigst verurteile. auf sein recht pochen. da geht's doch dann, wie man so schön sagt, ums prinzip. nur aus prinzip werde ich dann dafür sorgen, dass die kirchenglocken nicht mehr bimmeln, weil ich ja im recht bin, meinen mittagsschlaf brauche, meine kinder immer ausgerechnet dann lernen müssen, wenn gerade gelitten (schwäbisch, für hochdeutsche: geläutet :wink:) wird und es diese in ihrem lernerfolg nachhaltig stört. so passiert in meinem heimatdorf. die folge: kein großer rechtsstreit, sondern ein kompromiss, unsere kirchengemeinde hat da wahrlich nach christlichen werten reagiert und von sich selbst eine dämmung der kirchenglocken veranlasst. s'geht auch so.

nur lässt sich im großen ganzen trefflich darüber diskutieren, inwieweit die religionsfreiheit und die tatsächlich verankerten werte (gelebt und auch "grundgesetzt") in ganzem maße vereinbaren lässt. das christentum ist nun mal flächendeckend verbreitet und wird durch den überwaltigenden großteil der bevölkerung vertreten (aktiv oder auch nicht). wie weit muss denn die toleranz gehen? für mich ist der ruf nach diskriminierung viel zu schnell gefallen und hört sich in meinen ohren immer so an: "oooch, ich möcht aber mitmachööön, warum darf ich nicht mitmachööön, ich hol meinen papi, dann darf ich aber mitmachööön". manchmal ist es einfach nicht erwünscht, dass einer oder eine gruppe oder eine gesinnungsgruppierung irgendwo mitmacht. wo ist dann das problem? selbsterniedrigung versus selbstbewusstsein. prinzip versus einsicht. fußballbeispiel: ich selbst bin als trainingsfleißiger spieler bekannt. nun gibt es den einen oder anderen, der aus welchen gründen auch immer nicht auf die selbe anzahl an trainingseinheiten kommt, bei spielen mir aber trotzdem vorgezogen wird. werde ich nun diskriminiert? ich kann jetzt stänkern und sagen: "heee, ich hab aber mehr einsatz gezeigt, ich will spielen!" der trainer sagt: "der andere kann den ball aber besser stoppen." damit muss ich leben. und das geht sogar. muss ich halt lernen, den ball genau so gut zu stoppen wie der andere. kinder sind in dieser beziehung ganz schlimm. da wird ständig diskriminiert. ohne intervention von menschenrechtsorganisationen. beim bolzen werden zwei teams gewählt, und meistens sind's die gleichen, die als letztes ausgesucht werden. diskriminierung hoch zehn!!! ist aber so. selbstbewusstsein.

OK, etwas offtopic, aber da der begriff "diskriminierung" vorhin gefallen ist ...

schönen sonntach noch
gruß
rg
 

Benkei

Geheimer Meister
10. September 2004
447
religiöse Orte und Pampa

jones schrieb:
und wie ist das denn mit solchen sachen wie gleichberechtigung/ diskrimnierung zu vereinbaren, daß männer nach athos dürfen, frauen aber nicht, muslime nacj mekka und medina dürfen, alle anderen aber nicht?
Überhaupt nicht.
Derartige Regelungen schließen Gleichberechtigung aus.
Da es allerdings kein weltweit allgemein gültiges Recht gibt, dass unbeschränkten Zugang zu religiösen (oder sonstigen) Einrichtungen gewährt ist dieser Umstand einfach eine Tatsache.

Moralisch gesehen mag die Nichtexistenz eines solchen Rechts verwerflich sein, tatsächlich aber beinhaltet sie auch Vorteile. So verhindert sie beispielsweise, dass religiöse Orte zu blosen Besichtigungszentren verkommen.

Man mag darüber denken was man will, als Unart würde ich es nicht betrachten. Solange unreligiöse Institutionen das Recht haben Nichtmitgliedern den Zugang zu internen Orten oder Informationen zu verweigern, solange muss man dieses Recht auch Religionsgemeinschaften zugestehen. Natürlich nur meine Meinung.

jones schrieb:
wenn du natürlich mitten in der pampas wohnst störst du niemanden, ich wohne leider im ruhrpott. und zum thema provozieren/demonstrieren, irgendwie ist es wohl christliche sitte karfreitag fisch zu essen, ich lasse mir aber nu ungerne vorschreiben was ich zu essen habe; das ist mir vor 2 jahren beinahe mal zum verhängnis geworden, als mein ital. nachbar gerochen hat, daß es bei mir sauerbraten gab. Er wollte mir dann erzählen:
"diese Verhalten von dir, ist was mich immer provoziert." und irgendwie war jeder katholik in meinem bekanntenkreis voller verständnis für den kerl, so nach dem motto mußtest du denn auch ausgerechnet an dem tag fleisch machen? karfreitags ist man fisch, basta. unnötig zu sagen, daß mir solche kleinigkeiten seit dem tag eine diebische freude bereiten, :twisted: :twisted:
Ich wohne in einer bürgerlichen (um nicht zu sagen fast spießigen) Wohnsiedlung mitten in einem Dreitausendseelennest.

Die offene Anfeindung, wie sie dein italienischer Nachbar an den Tag gelegt hat, zeugt von seiner Verbohrtheit und Intoleranz. Wenn wir auf Karfreitag gegrillt haben, dann begnügten sich die Nachbarn zumeist damit, hinter unseren Rücken unser Tun vor anderen zu kritisieren.

Aber selbst wenn bei uns die Zeichen an derartigen Tagen auf "Gelage" standen, dann haben wir uns tatsächlich erstmal aufgemacht in die Pampa.
Wie gesagt, sind ja nur ein paar Tage im Jahr, so dass man dann ausweichen kann.

Im übrigen bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass jeder auf Karfreitag essen sollte, was ihm beliebt. Das mit dem Fisch ist wohl eher Volklore oder Brauchtum denn religiöse Praxis.

jones schrieb:
weiß nicht ob man das als religiöse unart oder einfach nur als abgrundtiefe dummheit bezeichnen soll:
wenn leute, die im vollsten weihnachtsrausch sind, ihr haus wie eine kerze aussehen lassen und dann sagen: weihnachten gibt es wegen der geschenke, und ostern weil man eier sucht
Ich denke dass kann man getrost als abgrundtiefe Unwissenheit bezeichnen :wink:
Aber für viele ist es einfach für ihr Ego erforderlich, ihren polierten Heiligenschein nach außen zu tragen.

Genauso läuft es doch, wenn Christen einzig zu Weihnachten und Ostern in die Messe gehen. :roll: Da lob ich mir einen Spruch von einem Kumpel:
"Nee, ich war Weihnachten nicht in der Messe. Ich bin nicht so dreist den Dauergästen den Platz wegzunehmen."

In diesem Sinne einen schönen Sonntag
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
racingrudi schrieb:
OK, etwas offtopic, aber da der begriff "diskriminierung" vorhin gefallen ist ...

1. Ctrl + f drücken
2. "diskriminierung" eingeben
3. Enter drücken.

Seite 11 - drei Ergebnisse, allesamt innerhalb deines Posts.
Seite 10 - keine Ergebnisse
Seite 9 - keine Ergebnisse

:wink:

EDIT: Na gut, kam tatsächlich von jones, aber wenn der auch nicht richtig schreiben kann, ist das ja auch kein Wunder, wenn man das nicht findet. :motz:

Ansonsten verstehe ich ja deine Meinung, dass Leute ihre Probleme lieber selbst lösen sollen, bevor sich der Staat einschaltet. Was ich aber nicht verstehe, ist, dass du scheinbar kein Problem dabei siehst, wenn der Staat nur auf Grund von Traditionen verschiedene Religionen unterschiedlich behandelt und alle seine Bürger zwingt, sich gemäß dieser religiös motivierten Gesetze zu verhalten.
 

racingrudi

Geheimer Meister
11. September 2004
475
@aphorismus

nun gut, religiöse überzeugungen gehen eben über die bloße tradition hinaus, wie du weißt. da geht's um lebenskonzepte. aus verschiedenen gründen, die mitunter ziemlich kontrovers diskutiert werden, hat sich das christentum als führende organisation und somit dessen sichtweise hierzulande durchgesetzt. für dich mag es zwar wie folklore vorkommen, für andere ist es die einzig echte wahrheit, die wie so oft möglicherweise irgendwo dazwischen zu finden ist. es kann infolgedessen auch nur eine bedingte religionsfreiheit sein, denn der staat, in dem wir leben beruft sich aus welchen gründen auch immer auf christliche werte. andere glaubensrichtungen sind insofern zwar geduldet - jeder nach seinem gutdünken - aber werden nicht auf die gleiche stufe gehievt. deshalb: kirchenglocken ja, muezzin nein.

nehmen wir mal den karneval, der in diesen tagen wieder an fahrt gewinnt: nicht jeder ist ein freund davon, kommt sich zuweilen von den zahllosen larventragenden narren belästigt vor und muss mit den unbilden von umzügen durch seine straßenzüge umgehen, was vielleicht nicht einfach ist, aber immerhin ist das tradition. und die wird kommunal gestützt. genau so dürfen "narrophobe" ihre eigenheiten ausleben, ihre gegenproklamationen durchführen, ihre anti-prunksitzungen abhalten, aber die schlüsselübergabe am schmotzigen wird der narrengilde überlassen bleiben.

mfg.rg
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
racingrudi schrieb:
für dich mag es zwar wie folklore vorkommen, für andere ist es die einzig echte wahrheit, die wie so oft möglicherweise irgendwo dazwischen zu finden ist.

Für mich ist das nicht nur Folklore, ich nehme den Glauben als Phänomen durchaus ernst.

racingrudi schrieb:
es kann infolgedessen auch nur eine bedingte religionsfreiheit sein, denn der staat, in dem wir leben beruft sich aus welchen gründen auch immer auf christliche werte. andere glaubensrichtungen sind insofern zwar geduldet - jeder nach seinem gutdünken - aber werden nicht auf die gleiche stufe gehievt. deshalb: kirchenglocken ja, muezzin nein.

Bist du dir sicher, dass das so richtig ist? Mir ist neu, dass ich in einem Land wohne, wo es eine Leit-Religion gibt und die anderen Religionen lediglich "geduldet" werden. :roll:

Mich widert ja schon an, dass der Staat die Kirchensteuer eintreibt.

(Übrigens denke ich - nicht, weil ich hundertprozentiger Atheist bin, sondern - genau aus solchen Gründen über eine monatliche Spende für den Bund der Konfessionslosen und Atheisten in Deutschland nach.)

Ich nähere mich dem Thema von der pragmatisch-juristischen Seite. Als Bürger verlange ich, dass Gesetze einen transparenten Sinn ergeben. Es muss also irgendein Gesetz geben, was dafür sorgt, dass mich die katholische Kirche vollbimmeln darf, der Muezzin aber still bleiben muss.

Ich frage hiermit: Welches Gesetz ist das? Wie wird diese Ungleichbehandlung juristisch legitimiert?

(Mal ganz davon abgesehen, dass der Glaube an irgendetwas imho niemals eine Legitimation für permanente Lärmbelästigung sein sollen dürfte...)

ein_Liberaler meinte ja, das Gesetz sei auf meiner Seite. Wenn ich meine Schwester besuche, die direkt neben einer Kirche wohnt, merke ich davon aber herzlich wenig. :wink:
 

jones

Geheimer Meister
6. Oktober 2002
218
es gibt allerdings irrwitzige gerichtsurteile, in denen zugezogene neue zeiten bei sportplätzen, glockengeläut und firmen erklagt haben.

wahrscheinlich war das gemeint, als von "das gesetz ist auf deiner seite" gesprochen wurde.

so gab 2004 ein gerichtsverfahren, bei dem ein päär<hen aus niedersachsen in ein fränkisches dorf gezogen war und vor gericht durchsetzte, daß die glocke der dortigen kapelle nicht mehr vo 6 Uhr morgens läuten durfte. :k_schuettel:
 

racingrudi

Geheimer Meister
11. September 2004
475
Aphorismus schrieb:
Bist du dir sicher, dass das so richtig ist? Mir ist neu, dass ich in einem Land wohne, wo es eine Leit-Religion gibt und die anderen Religionen lediglich "geduldet" werden. :roll:
auch wenn ich auf anhieb keinen gesetzestext finde (den ich womöglich auch nie finden werde :wink: ) ist es doch mehr als offensichtlich, dass es eine art "leit-religion" hierzulande gibt, was sich ja unter anderem durch die besondere regelung mit der von dir erwähnten kirchensteuer ausdrückt. genau so ist die leitreligion in indonesion die muslimische, dort womöglich auch gesetzlich festgeschrieben. keine ahnung. in jedem kaff in D steht eine kirche. mal von der angeblichen lärmbelästigung abgesehen müsste dir dann schon der anblick dieser von weitem schon sichtbaren und überaus präsenten jahrhundertealten gebäuden zuwider sein. das hat sich so manifestiert. da brauchst du auch kein gesetz dafür, das ist gewachsenes gut.

Mich widert ja schon an, dass der Staat die Kirchensteuer eintreibt.
das muss dich nicht anwidern, jeder kann seine konsequenzen daraus ziehen.

Ich nähere mich dem Thema von der pragmatisch-juristischen Seite. Als Bürger verlange ich, dass Gesetze einen transparenten Sinn ergeben. Es muss also irgendein Gesetz geben, was dafür sorgt, dass mich die katholische Kirche vollbimmeln darf, der Muezzin aber still bleiben muss.

Ich frage hiermit: Welches Gesetz ist das? Wie wird diese Ungleichbehandlung juristisch legitimiert?
wie oben erwähnt bezweifle ich, dass irgendein gesetzestext dahingehend existiert. wie gesagt: das recht ist auf deiner seite :wink:
im übrigen würde ich mich ungleich behandelt fühlen, wenn wegen einer prozentual geringen anzahl an moslems, die hier leben, die mehrzahl der bevölkerung den ruf eines muezzins "erdulden" müsste. sicher kann man drüber diskutieren, ob es in der heutigen multimedialen zeit noch sinnvoll ist, kirchenglocken als zeichen der einladung zum gottesdienst, als "gebetläuten" oder als sonstiges signal einzusetzen. es hat sich halt etabliert. insofern tradition. wie der karnevalsumzug am rosenmontag in köln. öffentliches interesse sozusagen. dieselbe argumentation, die die bawü-landesregierung herangezogen hat, um die neue stuttgarter messe durchzusetzen, auch wenn soundsoviele dagegen waren. öffentliches interesse.

ein_Liberaler meinte ja, das Gesetz sei auf meiner Seite. Wenn ich meine Schwester besuche, die direkt neben einer Kirche wohnt, merke ich davon aber herzlich wenig. :wink:
tjo, musste deine konsequenzen ziehen und deine schwester öfter mal zu dir einladen :wink:
ansonsten zieht hier auch wieder der hinweis: ich weiß im vorfeld schon, wenn ich in eine geräuschintensive nachbarschaft ziehe.

gruß
rg
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
racingrudi schrieb:
auch wenn ich auf anhieb keinen gesetzestext finde (den ich womöglich auch nie finden werde :wink: ) ist es doch mehr als offensichtlich, dass es eine art "leit-religion" hierzulande gibt, was sich ja unter anderem durch die besondere regelung mit der von dir erwähnten kirchensteuer ausdrückt.

Was für dich offensichtlich ist, ist mir in diesem Zusammenhang nicht so wichtig wie die Frage, ob diese "Leit-Religion" juristisch gesehen gibt, bzw. ob es überhaupt eine wie auch immer geartete Bezugnahme auf ein höheres Wesen als Begründung von Gesetzen in Deutschland herangeführt wird.

Dass die Kirchensteuer vom Staat eingetrieben wird finde ich ja auch ein Unding. Stell dir vor, der Staat würde Heroin an Kinder verkaufen. Ich würde sagen: "Hey, mal abgesehen davon, dass ich es nicht in Ordnung finde, darf der Staat das gar nicht!" Die Antwort: "Ja, aber er tut es doch. Es gibt offenbar eine Heroin-für-Kids-Kultur. Es muß in Ordnung sein, das siehst du doch daran, dass der Staat es tut." :roll:

Womit ich Heroinabhängige und religiöse Menschen auf keine Art mit einander vergleichen oder auf eine Ebene setzen will. Das Beispiel ist nur von der Struktur der Argumentation her analog.

racingrudi schrieb:
genau so ist die leitreligion in indonesion die muslimische, dort womöglich auch gesetzlich festgeschrieben.

Ich kenne mich mit Indonesien und den dortigen Gesetzen nicht so gut aus; die Frage bleibt für mich aber gerade die, ob eine bestimmte Religion oder ein Bezug auf ein höheres Wesen in irgendwelchen deutschen Gesetzesbüchern als Begründung von Gesetzen genannt werden - oder nicht.

Wenn nicht, handelt der Staat imho ungesetzlich.

racingrudi schrieb:

Genau. Darum frage ich ja, auf dass jemand anderes mehr Ahnung habe als wir. :wink:

racingrudi schrieb:
Aphorismus schrieb:
Mich widert ja schon an, dass der Staat die Kirchensteuer eintreibt.

das muss dich nicht anwidern, jeder kann seine konsequenzen daraus ziehen.

Es darf mich aber jawohl anwidern. Und welche Konsequenzen soll ich denn jetzt deiner Meinung nach daraus ziehen?

racingrudi schrieb:
wie oben erwähnt bezweifle ich, dass irgendein gesetzestext dahingehend existiert. wie gesagt: das recht ist auf deiner seite :wink:

Was denn jetzt? Keine Ahnung oder sicher, dass das Recht auf meiner Seite ist? :gruebel:

racingrudi schrieb:
im übrigen würde ich mich ungleich behandelt fühlen, wenn wegen einer prozentual geringen anzahl an moslems, die hier leben, die mehrzahl der bevölkerung den ruf eines muezzins "erdulden" müsste. sicher kann man drüber diskutieren, ob es in der heutigen multimedialen zeit noch sinnvoll ist, kirchenglocken als zeichen der einladung zum gottesdienst, als "gebetläuten" oder als sonstiges signal einzusetzen. es hat sich halt etabliert. insofern tradition.

:rofl:
Das ist ja drollig. Der Muezzin würde dich nerven, aber die Kirchenglocken sind eine schöne Tradition und deshalb kannst du gar nicht verstehen was mich daran nervt? Ist das dein Ernst?

racingrudi schrieb:
wie der karnevalsumzug am rosenmontag in köln. öffentliches interesse sozusagen.

Karneval ist nicht Religion. Das ist schon mal der erste Unterschied. Bei Religion sollte der Staat peinlichst genau darauf bedacht sein, alle Religionen gleich zu behandeln. Tradition hin, Tradition her. Außerdem zieht der Karnevals-Vergleich auch nur deshalb zur Hälfte, weil die Situation erst dann vergleichbar wäre, wenn andere Spaß-Veranstaltungen wie zum Beispiel Techno-Paraden, die mindestens genau so nervig für die Anwohner sind, allesamt verboten würden. :wink:

racingrudi schrieb:
dieselbe argumentation, die die bawü-landesregierung herangezogen hat, um die neue stuttgarter messe durchzusetzen, auch wenn soundsoviele dagegen waren. öffentliches interesse.

Ich wohne in Berlin-Neukölln. Hier besteht ein massives öffentliches Interesse an Muezzinen. Erlauben?

raqcingrudi schrieb:
tjo, musste deine konsequenzen ziehen und deine schwester öfter mal zu dir einladen :wink:

Nee, die hat inzwischen gebaut und zieht in einem Monat um. :wink:

racingrudi schrieb:
ansonsten zieht hier auch wieder der hinweis: ich weiß im vorfeld schon, wenn ich in eine geräuschintensive nachbarschaft ziehe.

Richtig, aber meinst du da fragt einer den armen verkaterten Bruder, wenn der mal am Wochenende zu Besuch kommt, nur ausschlafen will und die da nebenan in aller Frühe rumbimmeln? *schauder* :p

EDIT:

racingrudi schrieb:
in jedem kaff in D steht eine kirche. mal von der angeblichen lärmbelästigung abgesehen müsste dir dann schon der anblick dieser von weitem schon sichtbaren und überaus präsenten jahrhundertealten gebäuden zuwider sein. das hat sich so manifestiert. da brauchst du auch kein gesetz dafür, das ist gewachsenes gut.

Ich kann Kirchen doch schön finden, ohne die Religion, die diese Gebäude hervorgebracht hat, toll finden zu müssen, oder nicht?

Und hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass es eine nicht unerhebliche Zahl Konfessionsloser in Deutschland gibt, die jede dieser religiösen Gebetsaufforderungen als Belästigung empfindet?

Und was heißt eigentlich "öffentliches Interesse"? Wessen Interesse ist das? Das Interesse der Menschen, die in der betreffenden Region wohnen? Oder ein übergeordnetes Interesse des Staates?

Wenn eine Sekte irgendwohin zieht und sich dort massenhaft niederläßt, was dürfen die dann auf Grund "öffentlichen Interesses" alles neu einführen? Oder müssten die dazu auch vor hunderten von Jahren alle Andersdenken umgebracht oder zwangsmissioniert haben? :wink:
 

DragoMuseveni

Geheimer Meister
26. Dezember 2005
149
Das ist einfach gewachsene kultur-Traditon mit der kirche
:?
is egal was man davon hält,man kann den Abendland nicht auch noch die Wurzeln rausreisen(es sei den man will ein alternatives schaffen wie z.b.
Aufklärung!)
Und das mit der kirchensteuer ist unser erbe aus der Bismark era! :!:
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
DragoMuseveni schrieb:
Das ist einfach gewachsene kultur-Traditon mit der kirche
:?

In der Tat: :?

Frauen sind dem Manne untergeordnet und haben ihm zu dienen. ~ kulturelle Tradition

Neger haben keine Rechte und sind eine Ware. ~ kulturelle Tradition

Was spricht dagegen, mit Traditionen, die keinen Sinn ergeben, zu brechen?

DragoMuseveni schrieb:
is egal was man davon hält,man kann den Abendland nicht auch noch die Wurzeln rausreisen

Wenn die Wurzeln des Abendlandes aus den letzten Resten unsinniger Bevorzugung eines Aberglaubens gegenüber anderen Aberglauben bestehen, dann habe ich absolut nichts dagegen, seine Wurzeln rauszureißen.

Ich halte die Aufklärung tatsächlich für einen Teil der humanitären Werte, die Deutschland zu Deutschland und Europa zu Europa machen.

Wikipedia - Aufklärung schrieb:
Der Grundstein der Aufklärung bilden die Renaissance (das Wiederaufgreifen der in der Antike entwickelten Weltsicht) und der Humanismus ("der Mensch steht im Zentrum", "Schule für alle!"). Das Zeitalter der Aufklärung bezeichnet eine Epoche in der geistigen Entwicklung der westlichen Gesellschaft im 17. bis 18. Jahrhundert, die besonders durch das Bestreben geprägt ist, das Denken mit den Mitteln der Vernunft von althergebrachten, starren und überholten Vorstellungen, Vorurteilen und Ideologien zu befreien und Akzeptanz für neu erlangtes Wissen zu schaffen.
 

racingrudi

Geheimer Meister
11. September 2004
475
Aphorismus schrieb:
Was für dich offensichtlich ist, ist mir in diesem Zusammenhang nicht so wichtig wie die Frage, ob diese "Leit-Religion" juristisch gesehen gibt, bzw. ob es überhaupt eine wie auch immer geartete Bezugnahme auf ein höheres Wesen als Begründung von Gesetzen in Deutschland herangeführt wird.
eine gesetzlich verankerte leitreligion gibt's wohl nicht. zu akzeptieren ist aber allemal, dass es sich über jahrhunderte hinweg so ergeben hat und das nicht nur grundlos, wie ich finde (das zum thema "aberglaube").

zum höheren wesen: hm, zumindest wird in einem nichtssagenden teilsatz in der präambel des grundgesetzes auf folgendes hingewiesen:
Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen [...] hat sich das Deutsche Volk [...] dieses Grundgesetz gegeben.
Quelle

Aphorismus schrieb:
Es darf mich aber jawohl anwidern. Und welche Konsequenzen soll ich denn jetzt deiner Meinung nach daraus ziehen?
aber warum denn? ich vergleiche die kirchensteuer keineswegs mit irgendwelchen "heroinabgaben". eher wäre es vergleichbar, wenn der mitgliedsbeitrag für meinen sportverein direkt übers rathaus eingezogen werden würde. durchaus diskutierbar. warum widert es dich an, wenn der beitrag für die clubmitglieder auf andere art und weise abgebucht wird? bist du mitglied? wenn ja und es widert dich an, dann tritt aus dem club aus. wenn nicht, dann müsste es von deiner seite aus eigentlich juck sein.

racingrudi schrieb:
wie oben erwähnt bezweifle ich, dass irgendein gesetzestext dahingehend existiert. wie gesagt: das recht ist auf deiner seite :wink:

Was denn jetzt? Keine Ahnung oder sicher, dass das Recht auf meiner Seite ist? :gruebel:
ich bin kein jurist. ich kann mich an keinen entsprechenden gesetzestext aktiv erinnern. ich könnte danach suchen, vermute aber, keinen solchen zu finden. insofern schätze ich die wahrscheinlichkeit, dass das recht auf deiner seite ist als sehr hoch ein, schließe aber eine existenz eines solchen passus nicht komplett aus.

racingrudi schrieb:
Der Muezzin würde dich nerven, aber die Kirchenglocken sind eine schöne Tradition und deshalb kannst du gar nicht verstehen was mich daran nervt? Ist das dein Ernst?
hey, ich hab mich aus verschiedenen gründen an die kirchenglocken gewöhnt. es soll leute geben, die geilen sich sogar am klang der glocken auf. die freuen sich diebisch, wenn's irgendwo bimmelt. so weit gehe ich zwar nicht, aber ich bin damit aufgewachsen, fühle mich dem club zugehörig und orientiere mich bei den gelegentlichen kirchenbesuchen durchaus am kirchengeläut. es gehört einfach zu unserem landstrich, und doch ist es eben mehr als bloße tradition. ein muezzin wäre mir hingegen fremd.

so, nun noch zum thema "öffentliches interesse" und in diesem zusammenhang nochmal zu dem bawü-landesmesse-beispiel (zugegeben im folgenden etwas holprig argumentiert :wink: ):

die argumentation mit dem öffentlichen interesse stammt vom ex-landesvater mr. teufel (passt irgendwie zum thema :wink: ), die ich nicht unterstützen kann. es ist halt so. es wird öffentliches interesse proklamiert, weil der herr teufel das so sagt. in diesem fall bin ich auf der verliererseite, auch wenn ich dieses breite öffentliche interesse nicht wirklich entdeckt habe. in erster linie war's das interesse der geldsäcke. so. letztendlich sind kirchliche belange genau so von öffentlichem interesse, auch wenn du dieses von deiner warte aus nicht sehen kannst. nun gehöre ich aber zur gewinnerfraktion. das soll verdeutlichen, dass dieses "öffentliche interesse" immer so ausgelegt werden kann, wie es dem jeweiligen machthabenden beliebt. im übrigen gehe ich davon aus, dass es irgendwo nähe berlin-neukölln eine moschee gibt. nur halt ohne muezzin. oder?

Ich kann Kirchen doch schön finden, ohne die Religion, die diese Gebäude hervorgebracht hat, toll finden zu müssen, oder nicht?
keine kirchen ohne die dazu gehörige religion.

Und hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass es eine nicht unerhebliche Zahl Konfessionsloser in Deutschland gibt, die jede dieser religiösen Gebetsaufforderungen als Belästigung empfindet?
nein, genau so wie mir egal ist, ob mein nachbar zwei stockwerke über mir seine saxophonetüden in anfängerhafter art und weise trällert und genau so wie mir egal ist, ob des nachbars hund schon früh morgens heißer durch die gegend keift. belästigt wird im grunde jeder und überall. es wird immer zu jedem und allem gegner finden, die sich von dies und jenem belästigt fühlen. tipp: rechtsstreit könnte helfen (siehe beitrag zur juristischen seite).

Richtig, aber meinst du da fragt einer den armen verkaterten Bruder, wenn der mal am Wochenende zu Besuch kommt, nur ausschlafen will und die da nebenan in aller Frühe rumbimmeln? *schauder* :p
oh ja, da kann ich nachfühlen. in manchen momenten wünscht man sich das gehör weg.

gruß
rg
 

Benkei

Geheimer Meister
10. September 2004
447
Leitreligionen

Aphorismus schrieb:
Mich widert ja schon an, dass der Staat die Kirchensteuer eintreibt.
Die einzelnen Bundesländer treibt nicht nur römisch-katholische und evangelische Kirchensteuern ein, sondern auch Kirchensteuer der altkatholischen Kirchen ebenso wie die jüdische Kulturabgabe.

Die Länder tun dies, da es in den jeweiligen Kirchensteuergesetzen festgelegt wurde.
Kirchensteuergesetz Bayern schrieb:
Art. 1 Kirchensteuern - Kirchenumlagen, Kirchgeld
(1) Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie weltanschauliche Gemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sind berechtigt, Steuern (Kirchensteuern) zu erheben.

Wikipedia schrieb:
Als Konsequenz von Religionsfreiheit und Trennung von Staat und Kirche ist in Deutschland das Recht der Religionsgemeinschaften, innere Angelegenheiten selbst zu regeln, in der Verfassung, dem Grundgesetz, verankert (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 III WRV). Hat die jeweilige Religionsgemeinschaft den Status einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts, so ist ihr internes Kirchenrecht Öffentliches Recht.
Da derzeit in der BRD nur die drei o. g. christlichen Kirchen sowie die jüdische Kultusgemeinde und die Zeugen Jehovas als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannt sind, könnte man diese als Leitreligionen ansehen. Muss man natürlich nicht.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Das Recht ist auf Deiner Seite:

Vielleicht nicht im speziellen Fall der vollgebimmelten Schwester, aber grundsätzlich. Das Recht geht nicht davon aus, daß die älteren Rechte zählen, sondern versucht "unterm Strich" das beste für das Gemeinwohl herauszuholen. Mal zieht man in ein Dorf, das da seit tausend Jahren steht und schafft es, einem Bauern Auflagen hinsichtlich Geruchsbelästigung machen zu lassen, mal baut man einen Industriebetrieb in eine bisherige Wohngegend und kommt damit durch. Das ist notgedrungen ziemlich willkürlich und unsystematisch, und die Bürger haben es nicht mehr nötig, Rücksicht aufeinander zu nehmen, miteinander zu verhandeln und einander evtl. Rechte abzukaufen, sondern sie können einander mit Klagen überziehen und ihr erstrittenes Recht notfalls gewaltsam durchsetzen lassen.

Kirchensteuer:

Paßt mir auch nicht. Die Kirchensteuer ist eine Entschädigung zu Lasten Dritter für die Enteignung der Kirche durch die Fürsten 1803. Mir wäre es lieber, die Kirche bekäme ihr geraubtes Eigentum zurück.

Leitreligion:

Gibt es natürlich nicht. Stille Feiertage und Feiertage überhaupt empfinde ich als Zumutung.

hey, ich hab mich aus verschiedenen gründen an die kirchenglocken gewöhnt. [...] es gehört einfach zu unserem landstrich, und doch ist es eben mehr als bloße tradition. ein muezzin wäre mir hingegen fremd.

Geht mir ähnlich. Ich würde jederzeit unter einen Kirchturm ziehen, und ich würde keinem Muezzin mein Recht auf Stille vermieten. Reine Willkür, wie das ganze Privatleben...

Wenn eine Sekte irgendwohin zieht und sich dort massenhaft niederläßt, was dürfen die dann auf Grund "öffentlichen Interesses" alles neu einführen? Oder müssten die dazu auch vor hunderten von Jahren alle Andersdenken umgebracht oder zwangsmissioniert haben?

Sie könnte die Alteingesessenen auch bestechen. Gewalt, wie abscheulich.
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
jones schrieb:
wobei die ganze mekka geschichte auch ein unart in sich darstellt:
STEINIGUNG egal ob des teufels oder von sonstwem
Verbot für andersgläubige diesen ort zu betreten (gibt es allerdings auch bei den christen z.B. Athos)

die größte unart jeglicher religion ist für mich aber von anderen zu fordern sich nach ihr zu richten, egal ob der oder diejenige etwas mit dieser rel am hut hat.

So kassiert jeder in D richtig ärger der an einem sog. stillen feiertag laut feiert oder laut musik hört.
heißt im klartext: lasse ich karfreitag die sau raus bin ich hinterher im bau

Bedauerlich, solch eine Vorschrifenmacherei, wo doch gerade im Jenseits die Freude, Musik und der Tanz eine grosse Rolle bei Feiern spielen !

Dann andererseits dieses Verlangen auf Ausschließbarkeit ect... Und das
materielle Denken in Geistesdingen, das ist verwerflich !
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
Re: Karfreitag

Benkei schrieb:
In Mekka handelt es sich allerdings nur um einen symbolischen Akt um das Böse zu vertreiben bzw. zu bekunden, dass man das Böse überwunden hat.

Warum macht man das öffentlich und nicht im stillen Kämmerlein?
Jesus lehrte, sich zurück zu ziehen und im Stillen zu beten und zu meditieren! Das machte er selbst ja auch, als er Stunden oder Tage in die Wüste ging, um mit den Engeln Gottes und seinem Vater ins Gespräch zu kommen. Dazu ist eine Menschenmenge doch viel zu laut !

Gruss Arius
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
@ racingrudi:

racingrudi schrieb:
Aphorismus schrieb:
Was für dich offensichtlich ist, ist mir in diesem Zusammenhang nicht so wichtig wie die Frage, ob diese "Leit-Religion" juristisch gesehen gibt, bzw. ob es überhaupt eine wie auch immer geartete Bezugnahme auf ein höheres Wesen als Begründung von Gesetzen in Deutschland herangeführt wird.

eine gesetzlich verankerte leitreligion gibt's wohl nicht. zu akzeptieren ist aber allemal, dass es sich über jahrhunderte hinweg so ergeben hat und das nicht nur grundlos, wie ich finde (das zum thema "aberglaube").

Natürlich kann und will ich das, was historisch gewachsen ist, nicht komplett ignorieren. Aber dass Kirchenglocken aus theologischer Sicht von einer so fundamentalen Bedeutung sind, dass das christliche Weltbild ohne sie zusammenbrechen würde, wage ich zu bezweifeln.

racingrudi schrieb:
Aphorismus schrieb:
Ich kann Kirchen doch schön finden, ohne die Religion, die diese Gebäude hervorgebracht hat, toll finden zu müssen, oder nicht?

keine kirchen ohne die dazu gehörige religion.

Ich nehme an, dass du ein Fan des Islam bist, wenn dir die Moscheen gefallen? Und bestimmt hast du tiefgehende Affinitäten zu Osiris und Konsorten, wenn du die Pyramiden schön findest? Mit anderen Worten: Natürlich keine Kirche ohne Religion. Aber natürlich muss ich Kirchen nicht hässlich finden, nur weil ich der Religion, die sie hervorgebracht hat, nicht besonders schätze. :wink:

racingrudi schrieb:
das soll verdeutlichen, dass dieses "öffentliche interesse" immer so ausgelegt werden kann, wie es dem jeweiligen machthabenden beliebt.

Eben. Und mein Verdacht ist, dass die "Verteidigung des christlichen Abendlandes vor dem Islam" auch auf dieser Ebene stattfindet. Sprich: Kirchenglocken in Bayern sind gemäß dem öffentlichen Interesse - Muezzine in Berlin nicht.

Racingrudi schrieb:
im übrigen gehe ich davon aus, dass es irgendwo nähe berlin-neukölln eine moschee gibt. nur halt ohne muezzin. oder?

Warst du schon einmal in Berlin-Kreuzberg/Neukölln? Das ist die drittgrößte Ansammlung türkischer Menschen der Welt. Nur in Istanbul und Ankara wohnen mehr Türken auf einem Haufen. Und die sind größtenteils Muslime. Dazu kommen noch die ganzen Muslime anderer Abstammung oder Staatsangehörigkeit, die auch hier wohnen. Kurz gesagt: Ja, es gibt hier Moschees. Nicht eine, sondern dutzende (hunderte?). Und ja, die haben alle keinen Muezzin. Aber die Glocken, die bimmeln auch hier.

Öffentliches Interesse? :lol:

@ Benkei:

Benkei schrieb:
Die einzelnen Bundesländer treibt nicht nur römisch-katholische und evangelische Kirchensteuern ein, sondern auch Kirchensteuer der altkatholischen Kirchen ebenso wie die jüdische Kulturabgabe.

(...)

Da derzeit in der BRD nur die drei o. g. christlichen Kirchen sowie die jüdische Kultusgemeinde und die Zeugen Jehovas als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannt sind, könnte man diese als Leitreligionen ansehen. Muss man natürlich nicht.

Das ist in der Tat auch so ein Problem, das ich mit der Gesetzgebung in dieser Frage habe. Wie kann das sein, dass christliche Pfarrer darüber entscheiden, wer als Sekte eingestuft wird und wer nicht? Wieso gibt der Staat manchen Religionen seinen Segen und anderen nicht?

Mich als Konfessionslosen verwirrt das, dass es offensichtlich aus staatlicher Sicht legitimer ist, an einen vor über 2000 Jahre von einer Jungfrau geborenen Erlöser zu glauben als an ein gechanneltes UFO-Wesen oder irgendwelche spirituellen Meister aus Tibet.

Für mich ist beides das gleiche: Glaube.

@ ein_Liberaler:

ein_Liberaler schrieb:
Das Recht ist auf Deiner Seite:

Vielleicht nicht im speziellen Fall der vollgebimmelten Schwester, aber grundsätzlich. Das Recht geht nicht davon aus, daß die älteren Rechte zählen, sondern versucht "unterm Strich" das beste für das Gemeinwohl herauszuholen. Mal zieht man in ein Dorf, das da seit tausend Jahren steht und schafft es, einem Bauern Auflagen hinsichtlich Geruchsbelästigung machen zu lassen, mal baut man einen Industriebetrieb in eine bisherige Wohngegend und kommt damit durch. Das ist notgedrungen ziemlich willkürlich und unsystematisch, und die Bürger haben es nicht mehr nötig, Rücksicht aufeinander zu nehmen, miteinander zu verhandeln und einander evtl. Rechte abzukaufen, sondern sie können einander mit Klagen überziehen und ihr erstrittenes Recht notfalls gewaltsam durchsetzen lassen.

Ach ja, wenn Fortschritt nicht immer so anstrenegnd sein müßte. :wink:

Das System ist natürlich ungeschickt, da es die Leute geradezu zum Klagen zwingt. Darüber sollte man jedoch nicht aus den Augen verlieren, dass manche Klagen tatsächlich Sinn machen. Ganz ehrlich: Ich würde mich zwar persönlich über einen Muezzin ärgern, weil ich kein Freund monotheistischer Buch-Religionen bin, aber da ich ein oller Prinzipienreiter bin und diese Seite dominiert dennoch freuen, da so endlich das christliche Monopol auf das, was ich in meiner Freizeit und weniger förmlichen Diskussionen gerne "Bullshit" nenne, wie Klingeln, Umzüge Feiertage usw. usf. fallen würde.

Bei Sachverhalten, die ich nachvollziehen kann und in meinen Augen Sinn ergeben, achte ich gerne auf Gerechtigkeit. Und bei Sachverhalten, die in meinen Augen keinen Sinn ergeben und vollkommen willkürlich sind, erst recht.

Ich will gar nicht, dass alle Christen aufhören müßen zu bimmeln, sondern ich will, dass alle ungefähr das gleiche dürfen.

ein_Liberaler schrieb:
Mir wäre es lieber, die Kirche bekäme ihr geraubtes Eigentum zurück.

Ich bin kein Experte in Sachen Kirchengeschichte, aber wenn mich nicht alles täuscht kämen die Kirchen, wenn sie ebenfalls alles, was sie geraubt oder erpresst haben, zurückgeben müßten, ganz schön in Bedrängnis. Und eigentlich haben diese pompösen Heinis meiner persönlichen Meinung nach auch schon mehr als genug Kohle. :wink:

Aber wenn sich damit die Kirchensteuer abschaffen läßt, soll eben der Prügel-Prinz ein Schloß zurückgeben oder so. :lol:

ein_Liberaler schrieb:
Gibt es natürlich nicht. Stille Feiertage und Feiertage überhaupt empfinde ich als Zumutung.

Das scheinen wir ähnlich zu sehen.
 

Benkei

Geheimer Meister
10. September 2004
447
Spektakel und Rechtliches

arius schrieb:
Warum macht man das öffentlich und nicht im stillen Kämmerlein?
Jesus lehrte, sich zurück zu ziehen und im Stillen zu beten und zu meditieren! Das machte er selbst ja auch, als er Stunden oder Tage in die Wüste ging, um mit den Engeln Gottes und seinem Vater ins Gespräch zu kommen. Dazu ist eine Menschenmenge doch viel zu laut !
Auch ich sehe ein stilles Gebet oder eine Meditation als geeignetere Praxis an wie diesen Massenauflauf der derzeit in Mekka stattfindet.
Jesus hat das wahrscheinlich ebenso gesehen, wie Du ja sagst. Mohammed wird da teilweise anderer Meinung gewesen sein. Zum einen zog er sich zum Gebet anfangs in eine Grotte zurück, zum anderen hinterlässt er später die Wallfahrt nach Mekka als eine der Fünf Säulen des Islam. Also entweder differenziert er da, oder er hat nicht mit dem Massenandrang von heute gerechnet.

Sicher gibt es auch Muslims, die lieber die stille Variante vorziehen.

Wie dem auch sei, ob er nun im Stillen Kämmerlein praktiziert oder sich dem Massenspektakel hingibt, jeder wie ihm beliebt.


Aphorismus schrieb:
Das ist in der Tat auch so ein Problem, das ich mit der Gesetzgebung in dieser Frage habe. Wie kann das sein, dass christliche Pfarrer darüber entscheiden, wer als Sekte eingestuft wird und wer nicht? Wieso gibt der Staat manchen Religionen seinen Segen und anderen nicht?

Mich als Konfessionslosen verwirrt das, dass es offensichtlich aus staatlicher Sicht legitimer ist, an einen vor über 2000 Jahre von einer Jungfrau geborenen Erlöser zu glauben als an ein gechanneltes UFO-Wesen oder irgendwelche spirituellen Meister aus Tibet.

Für mich ist beides das gleiche: Glaube.
Die Pfarrer entscheiden zwar, was eine Sekte ist und was nicht, aber nur in derselben Weise, wie wir dies auch tun. Was von dieser Entscheidung nachher bleibt ist nur eine persönliche Meinung, ohne Rechtskraft. Wenn Gläubige in diesem Punkt dem Urteil ihrer Pfarrer mehr vertrauen wie beispielsweise Dir oder mir, dann ist es deren gutes Recht.

Was die Einqualifizierung als Sekte anbelangt, so ist es rechtlich vollkommen egal ob ein Pfarrer, Bischoff, Kardinal oder gar die Bild-Zeitung diese vornehmen - rechtlich hat das überhaupt keine Konsequenzen.

Jeder Zusammenschluss von Menschen dessen Hauptzweck die gemeinsame Ausübung einer Religion ist und der sich hierbei an das Grundgesetz hält kann sich als religiöser Verein eintragen lassen. Hierbei ist es vollkommen egal, ob es sich um eine Sekte handelt, eine traditionelle kirchliche Gemeinschaft oder die Anhänger von channelnden Energiewesen (wobei letztere es wohl schwerer haben als erstere das ganze als religiösen Hintergrund darzustellen).
 

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