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StGB §166: Ich brauche Rechtsberatung!

Paran

Vorsteher und Richter
30. November 2003
795
Fakt ist, dass das dämliche Bimmeln juristisch auf sehr wackligen Füßen steht, wenn dann doch mal jemand - zugezogen oder alteingesesen - dagegen klagt.

Und ich finde das auch gut so, denn es gibt keinen rationalen Grund, so einen Lärm zu veranstalten. Ich würde mich übrigens nur halb so doll aufregen, wenn die Buddhisten fröhlich gongen und der Muezzin auf der arabischen Tonleiter rumnölend zum Gebet rufen würde, sprich: es gleiches Recht für alle gäbe.

Schon mal was von ortsüblichen Immissionen gehört? Mehr als empören wirst du dich nicht können, denn eine Klage wird mit ziemlicher Sicherheit erfolglos bleiben! Ich glaube außerdem nicht, dass es dich oder Morgenroth wirklich stört, wenn die Kirchenglocken bimmeln, sondern ihr diesen Standpunkt einfach nur aufgrund eurer Weltanschauung einnehmt.

Die Gesellschaft in der wir leben ist kein statisches Gebilde, sondern unterliegt einem ständigem Wechsel. Deswegen muss die Rechtspraxis von Gummiparagraphen, die auf die Mehrheit, den öffentlichen Frieden o.ä. Bezug nehmen von Zeit zu Zeit überprüft werden.

Ich frage mich etwas, wieso ich das überhaupt einem "Liberalen" erklären muss, aber offenbar schliessen sich Liberalität und Kulturkonservativismus nicht aus.

Zum Wandel gehört auch, dass immer weniger Menschen sich darüber freuen, dass morgens die Kirchenglocken läuten. Zum einen haben die christlichen Kirchen immer weniger Zulauf, zum anderen gibt es immer mehr Moslems in Deutschland. Von so Bimmel- und "Ich-weiß-welcher-Gott-der-richtige-ist-nämlich-meiner"-Feinden wie mir mal ganz abgesehen.

Ich persönlich bedanke mich hiermit bei jedem einzelnen Menschen, der die Zivilcourage gezeigt hat, gegen das unerträgliche Gebimmel und die inakzeptable Sonderstellung der christlichen Kirche zu klagen.

Jetzt tust du so als wäre es eine Grundaufgabe der modernen Gesellschaft sich gegen das böse Glockengebimmel zu wehren. Wie lächerlich wird das denn noch?! Und neue Märtyrer hast du auch schon ernannt :lol:

Und wenn es dich wirklich stört, Morgenroth, dann rate ich dir ebenfalls zu klagen. Mit einem guten Anwalt hast du ziemlich gute Karten. Das Problem ist, dass zu viele Menschen sich nicht trauen zu sagen, dass es ihnen reicht. Erst wenn offener Widerstand erkennbar ist, merkt der Gesetzgeber offenbar, dass es zumindest Teile des öffentlichen Friedens durchaus stört, wenn aus völlig bescheuerten Gründen soviel Rumgebimmelt wird.

EDIT: Ist ja nun wirklich nicht so als wäre dieses dämliche Gebimmel in irgendeiner Form essentiell für's Christ sein.

Heiße Luft! Den Anwalt zeigst du mir, der so etwas durchbringt!
Ist es denn essentiell dieses Thema so auszureizen dass es lächerlich wird! Kampf dem Glockengebimmel! :roll:

Doch wozu überhaupt diesen Paragraphen ??

Was ist der Unterschied, wenn ich Taubenzüchter in einer Art und Weise beschimpfe die geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören ?

Taubenzüchter sind nicht verfassungsrechtlich geschützt, Religionsgemeinschaften schon! Wie willst du das außerdem überhaupt machen?! Lt. österr. StGB gibt es § 111 Üble Nachrede § 115 Beleidigung!

Ich sehe einfach keinen grundsätzlichen Unterschied, ob ich eine religös motivierte Gemeinschaft oder eine beliebig anders motivierte Gemeinschaft beleidige.

Dieser Paragraph dient also entweder speziell dazu religiöse Kritiker mundtot zu machen oder es ist ein Scheinparagraph um religösen Gemeinschaften das Gefühl zu geben, ihre Kritiker notfalls mundtot machen zu können...

Bei der Entstehung der Verfassung hatte die Religionsfreiheit in der Gesellschaft sicher noch einen höheren Stellenwert als sie das (zumindest bei Einigen) heute hat, jedoch glaube ich, dass nach wie vor die Mehrheit nicht damit einverstanden ist wenn man sich über Religion in bestimmter va verletzender und verächtlicher Weise lustig macht.

Jede beliebige Gemeinschaft muss sich in einer Demokratie Kritik stellen, aber hat auch das Recht sich nicht beleidigen zu lassen. Ich verstehe nicht, warum man da für religös motivierte Gemeinschaft einen extra Paragraphen backen musste ?!?

Religion hat in der Gesellschaft schlicht und einfach einen anderen Stellenwert als ein Jagdschützenverein oder ein Fußballclub. Ich glaube, dass das sehr wohl auch heute noch so ist. Der § unterbindet keinesfalls die kritische Auseinandersetzung mit der Religion.
 

Paran

Vorsteher und Richter
30. November 2003
795
Dazu finde ich auch die Beiträge der Österreicher Boardies interessant, wonach - wenn man Wiki glauben schenken darf - §189 StGB existiert. Demnach kann die Sightseeing-Tour in einer Kirche mit einer Anklage enden, weil ein Tourist versehentlich aufstoßen musste.

Wenn Verdacht besteht kann man Anklage erheben gegen wen man will, ob man durchkommt ist eine andere Frage. Sinn dieses Paragraphen ist es: Verhinderung einer religiösen Zeremonie durch Gewalt oder Androhung von Gewalt zu unterbinden. Er soll das Recht auf Ausübung der Religion gewährleisten.

So sollten auch Muslime in Deutschland solchen Schutz - wenn auch in begrenztem Umfang, Stichwort: Steuer - als große Interessengemeinschaft genießen können.
Das Recht könnte demnach auch der Gruppe der Hartz-4-Empfänger zugute kommen, die ebenfalls - zum Teil mit dämlichen Vorurteilen - verunglimpft und beleidigt werden. Ich sage dazu nur GG §137 (7).

Muslime (soviel ich weiß) sind eine anerkannte Religionsgemeinschaft und haben somit auch die selben Rechte wie die katholisch oder die evangelische Kirche. Hartz 4-Empfänger sind keine Glaubensrichtung und somit auch nicht Verfassungsrechtlich geschützt, jeder der sich Beleidigt fühlt kann vermutlich auch in Deutschland auf Beleidigung und üble Nachrede klagen.
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
holo schrieb:
Das Recht könnte demnach auch der Gruppe der Hartz-4-Empfänger zugute kommen, die ebenfalls - zum Teil mit dämlichen Vorurteilen - verunglimpft und beleidigt werden. Ich sage dazu nur GG §137 (7).

im falle der hartz-4-empfänger dürfte eigentlich ein anderer paragraph gültigkeit haben,



paragraph 130 des stgb: volksverhetzung

eigentlich müsste also die gruppe der hartz-4-empfänger keine religionsgemeinschaft bilden um theoretisch in den genuss eines schützenden paragraphen zu kommen.. in der praxis siehts halt leider so aus, dass wohl noch nicht erfolgreich im sinne dieses paragraphen geklagt wurde ( warum eigentlich noch nicht? )

mal so am rande
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Paran schrieb:
Fakt ist, dass das dämliche Bimmeln juristisch auf sehr wackligen Füßen steht, wenn dann doch mal jemand - zugezogen oder alteingesesen - dagegen klagt.

Und ich finde das auch gut so, denn es gibt keinen rationalen Grund, so einen Lärm zu veranstalten. Ich würde mich übrigens nur halb so doll aufregen, wenn die Buddhisten fröhlich gongen und der Muezzin auf der arabischen Tonleiter rumnölend zum Gebet rufen würde, sprich: es gleiches Recht für alle gäbe.

Schon mal was von ortsüblichen Immissionen gehört? Mehr als empören wirst du dich nicht können, denn eine Klage wird mit ziemlicher Sicherheit erfolglos bleiben!

Die "ziemliche Sicherheit" begründet sich wie? Ich habe versucht Urteile zu recherchieren - eines davon hat bereits jemand anderes verlinkt.

Paran schrieb:
Ich glaube außerdem nicht, dass es dich oder Morgenroth wirklich stört, wenn die Kirchenglocken bimmeln, sondern ihr diesen Standpunkt einfach nur aufgrund eurer Weltanschauung einnehmt.^

Du bist mir vielleicht ein Spaßvogel. Weltanschauung hin oder her - bimmeln nervt. Andersherum wird ein Schuh draus: Nur mit einer bestimmten Weltanschauung lässt sich das Bimmeln imho als nicht nervend empfinden.

Paran schrieb:
Aphorismus schrieb:
Die Gesellschaft in der wir leben ist kein statisches Gebilde, sondern unterliegt einem ständigem Wechsel. Deswegen muss die Rechtspraxis von Gummiparagraphen, die auf die Mehrheit, den öffentlichen Frieden o.ä. Bezug nehmen von Zeit zu Zeit überprüft werden.

Ich frage mich etwas, wieso ich das überhaupt einem "Liberalen" erklären muss, aber offenbar schliessen sich Liberalität und Kulturkonservativismus nicht aus.

Zum Wandel gehört auch, dass immer weniger Menschen sich darüber freuen, dass morgens die Kirchenglocken läuten. Zum einen haben die christlichen Kirchen immer weniger Zulauf, zum anderen gibt es immer mehr Moslems in Deutschland. Von so Bimmel- und "Ich-weiß-welcher-Gott-der-richtige-ist-nämlich-meiner"-Feinden wie mir mal ganz abgesehen.

Ich persönlich bedanke mich hiermit bei jedem einzelnen Menschen, der die Zivilcourage gezeigt hat, gegen das unerträgliche Gebimmel und die inakzeptable Sonderstellung der christlichen Kirche zu klagen.

Jetzt tust du so als wäre es eine Grundaufgabe der modernen Gesellschaft sich gegen das böse Glockengebimmel zu wehren.

Mit etwas mehr Freude am Abstrahieren wird daraus: Eine der Grundaufgaben einer aufgeklärten Gesellschaft besteht darin, sich von unrechtmäßigen und auf reine Gewohnheit rekurrierenden Verhaltensweisen und Gesetzen nach kritischer Überprüfung zu trennen.

Paran schrieb:
Wie lächerlich wird das denn noch?!

Ich finde das überhaupt nicht lächerlich. Man muss sich nur die Situation eines Menschen mit Tinitus vorstellen. (Falls das für dich zu weit hergeholt ist - ich leide unter einem Tinitus.) Da wird das Bimmeln tatsächlich zur Qual. Von Leuten mit Schlafproblemen mal ganz abgesehen. (Ich wohne nicht neben einer Kirche, hätte aber keinen Bock drauf.)

Paran schrieb:
Den Anwalt zeigst du mir, der so etwas durchbringt!

Hat nichts mit dem Anwalt, sondern mit der Gesetzeslage zu tun. Ich verweise wiederum auf das bereits verlinkte Urteil.

Paran schrieb:
Ist es denn essentiell dieses Thema so auszureizen dass es lächerlich wird! Kampf dem Glockengebimmel! :roll:

Vieles, was andere esentiell finden, ist mir völlig egal. Und trotzdem kann ich akzeptieren und nachvollziehen, dass Menschen, die anders ticken als ich, anders denken.

Außerdem findest bis dato nur du, dass es lächerlich ist, seine Bürgerrechte gegenüber einer ohne gesetzliche Grundlage privilegierten Religion durchzustzen.

Was meinst du wie lächerlich es erst werden würde, wenn du ein Moslem wärst, der versucht seinen Muezzin durchzusetzen? An sich exakt das gleiche, juristisch scheinbar ein meilenweiter Unterschied.

Das ist doch gerade das Kennzeichen eines Gummiparagraphen -er hat keinerlei prinzipiellen Charakter und deshalb wird jede Entscheidung im Einzelfall getroffen. Und - wen wundert's: Keiner der Richter ist Moslem. Dafür nahezu alle Christen. Und die Kirchen dürfen Bimmeln, der Muezzin darf das Maul halten.

Und dann kommen so konservative Leute wie du daher und meinen, dass es lächerlich sei, sich darüber zu echauffieren.

Weißt was - geschenkt.

EDIT: Ein paar der Zitate deines letzten Posts sind nicht von mir. Da du niemanden namentlich ansprichst, wird es so schwer nachzuvollziehen, mit wem du überhaupt sprichst. Mal abgesehen davon, dass es nicht gerade von guten Manieren zeugt. Mach' das in Zukunft bitte kenntlich.
 

holo

Frechdachs
27. August 2005
2.712
Schon mal was von ortsüblichen Immissionen gehört? Mehr als empören wirst du dich nicht können, denn eine Klage wird mit ziemlicher Sicherheit erfolglos bleiben!
Thema verfehlt.
1. Wurde hier auf derartige Immissionen mit Beispielen hingewiesen.
2. Gibt es hier ein Urteil zu lesen, nachdem eine Klage Erfolg hatte.

Ich glaube außerdem nicht, dass es dich oder Morgenroth wirklich stört, wenn die Kirchenglocken bimmeln, sondern ihr diesen Standpunkt einfach nur aufgrund eurer Weltanschauung einnehmt.
Glauben solltest du besser in der Kirche. Mir z. B. ist die Art der Immission egal - ich bevorzuge so oder so Ruhe.

Jetzt tust du so als wäre es eine Grundaufgabe der modernen Gesellschaft sich gegen das böse Glockengebimmel zu wehren. Wie lächerlich wird das denn noch?! Und neue Märtyrer hast du auch schon ernannt :lol:
Wer sich generell am Lärm stört, scheitert an der Kirche. Es ist also nicht der Kampf gegen ein Ritual, es ist nur ein Kampf gegen Lärm und eine unnötige Übervorteilung. Und da viele resignieren oder schlicht keine Ahnung von deren Rechten haben, nehmen sie entsprechend vieles hin. Da sehe ich einen klaren Unterschied.

Heiße Luft! Den Anwalt zeigst du mir, der so etwas durchbringt!
Ist es denn essentiell dieses Thema so auszureizen dass es lächerlich wird! Kampf dem Glockengebimmel! :roll:
Wie gesagt: Es gibt ein Beispiel dazu in diesem Thread - mehr als deine heiße Luft ... oder besser: Gegenbeispiele aus der BRD, die du bisher nicht erbracht hast. ABER: Denke bitte dabei an die Wünsche des Threaderstellers.

Wenn Verdacht besteht kann man Anklage erheben gegen wen man will, ob man durchkommt ist eine andere Frage. Sinn dieses Paragraphen ist es: Verhinderung einer religiösen Zeremonie durch Gewalt oder Androhung von Gewalt zu unterbinden. Er soll das Recht auf Ausübung der Religion gewährleisten.
Schon klar ;-)

Muslime (soviel ich weiß) sind eine anerkannte Religionsgemeinschaft und haben somit auch die selben Rechte wie die katholisch oder die evangelische Kirche.
Gut, dass du dich der Einschränkung bedient hast ;-)

Hartz 4-Empfänger sind keine Glaubensrichtung und somit auch nicht Verfassungsrechtlich geschützt, jeder der sich Beleidigt fühlt kann vermutlich auch in Deutschland auf Beleidigung und üble Nachrede klagen.
Und das beweist, dass du nicht gelesen hast. Sonst wüsstest du, dass deine Schlussfolgerung daneben ist.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Paran, ich kenne zwar die deutsche Rechtsprechungspraxis nicht, aber so wie ich den Paragraphen verstehe, ist es keineswegs nötig, die Störung des öffentlichen Friedens zu beabsichtigen. Es muß auch nicht dazu kommen, es reicht, daß die Handlung dazu geeignet ist bzw. dem Gericht geeignet erscheint.

Aphorismus, man kann tatsächlich liberal und kulturkonservativ sein, und ich bin es. Mein Konservatismus hat aber keinen Einfluß auf mein Rechtsverständnis. Ich achte ältere Rechte, völlig egal, ob es sich um Kirchenglocken, Kuhglocken oder die Reklame eines Bordells handelt, oder meinetwegen diesen fürchterlichen Kölner Karneval, für den es ebensownig einen rationalen Grund gibt wie für Kirchenglocken. Wäre ja eine abscheuliche Gesellschaft, in der sich alles verhindern ließe, was keinen rationalen Grund hat.

Wie viele Betroffene für oder gegen die Glocken sind, müßte sich erst zeigen. Normalerweise ist es ein einziger zugezogener Quertreiber, der dagegen klagt.

Und schlußendlich müßte Dir schon aufgefallen sein, daß mir die illiberalen deutschen Gesetze und Richter keinen moralischen Eindruck machen.

Wenn Du mit der Rechtsprechung zufällig übereinstimmst und mir deshalb eine Nase drehen willst, bitteschön. Das juckt mich nicht.
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Ein_Liberaler schrieb:
Mein Konservatismus hat aber keinen Einfluß auf mein Rechtsverständnis. Ich achte ältere Rechte, völlig egal, ob es sich um Kirchenglocken, Kuhglocken oder die Reklame eines Bordells handelt, oder meinetwegen diesen fürchterlichen Kölner Karneval, für den es ebensownig einen rationalen Grund gibt wie für Kirchenglocken.

Zwei Fragen:

Wenn man älteres Recht grundsätzlich achtet und unter diesem Achten versteht, älteres Recht keinesfalls zu ändern, wie kann es dann in der Rechtssprechung überhaupt Fortschritt geben?

Besteht nicht ein - auch rechtlich - entscheidender Unterschied zwischen dem Kölner Karneval und dem Läuten von Kirchenglocken darin, dass der Karneval nur eine kurze Zeit andauert, und dies auch nur in einer bestimmten Region, während die Kirchenglocken in ganz Deutschland und immer läuten?
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Für den einzelnen Menschen ist aber nicht unbedingt ganz Deutschland oder die ganze Welt interessant, sondern vielleicht das, was er als seine Heimat empfindet. Sowenig sich der eine von den Glocken aus Deutschland vertreiben lassen will, will sich der andere vom Karneval aus dem Rheinland vertreiben lassen.

Anders gesagt, mir kommt es nicht auf die Menge der Belästigten an, sondern auf den Einzelnen.

Wenn man älteres Recht grundsätzlich achtet und unter diesem Achten versteht, älteres Recht keinesfalls zu ändern, wie kann es dann in der Rechtssprechung überhaupt Fortschritt geben?

Recht muß nach meiner Auffassung gefunden (nicht gesetzt) werden, und dabei werden natürlich auch Rechtsirrtümer korrigiert. Beispielsweise galt ja mal die Sklaverei als durchaus rechtens, ohne es je wirklich zu sein.

Oben sprach ich aber nicht vom Recht, sondern von einzelnen Rechten, wie dem Eigentumsrecht an einem bestimmten Grundstück, dem Jagdrecht auf einer bestimmten Fläche, oder dem Recht zu bestimmten Geräuschemissionen.

(Und wenn ich mich unklar ausdrücke, liegt das vielleicht an der Unterschichtmutter mit den beiden schrateligen Kindern, die hier im Internetcafe neben mir sitzt und mir den letzten Nerv raubt. Das hätte ich aber bedenken müssen, bevor ich mich neben sie gesetzt habe.)
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Ein_Liberaler schrieb:
Für den einzelnen Menschen ist aber nicht unbedingt ganz Deutschland oder die ganze Welt interessant, sondern vielleicht das, was er als seine Heimat empfindet. Sowenig sich der eine von den Glocken aus Deutschland vertreiben lassen will, will sich der andere vom Karneval aus dem Rheinland vertreiben lassen.

Anders gesagt, mir kommt es nicht auf die Menge der Belästigten an, sondern auf den Einzelnen.

Als Laie muss ich ich auf meine Intuition verlassen. Und die sagt mir, dass ein riesiger Unterschied dazwischen besteht, ob ein paar Leute in ein paar Regionen für eine bestimmte Zeit am Rad drehen, oder landesweit Pastoren und Priester allmorgendlich (und auch sonst) mit ihren Glocken rumbimmeln.

Wenn kein Unterschied bestünde, dann könnten Volksfeste (Kirmes, Domweih, was es da alles gibt) auch gerne Mal ein, zwei oder gleich fünf Jahre dauern, oder?

Ein_Liberaler schrieb:
Recht muß nach meiner Auffassung gefunden (nicht gesetzt) werden, und dabei werden natürlich auch Rechtsirrtümer korrigiert. Beispielsweise galt ja mal die Sklaverei als durchaus rechtens, ohne es je wirklich zu sein.

Wieso kann sich deiner Menung nach denn nicht herausstellen, dass das laute Bimmeln auch zu diesen Irrtümern gehört? Ich verstehe deine Beiträge jedenfalls so, als würdest du das ausschließen.

Das verstehe ich trotz folgender Ausführungen nicht:

Ein_Liberaler schrieb:
Oben sprach ich aber nicht vom Recht, sondern von einzelnen Rechten, wie dem Eigentumsrecht an einem bestimmten Grundstück, dem Jagdrecht auf einer bestimmten Fläche, oder dem Recht zu bestimmten Geräuschemissionen.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Aphorismus schrieb:
Als Laie muss ich ich auf meine Intuition verlassen. Und die sagt mir, dass ein riesiger Unterschied dazwischen besteht, ob ein paar Leute in ein paar Regionen für eine bestimmte Zeit am Rad drehen, oder landesweit Pastoren und Priester allmorgendlich (und auch sonst) mit ihren Glocken rumbimmeln.

Nach meiner Erfahrung wird keineswegs landesweit allmorgendlich gebimmelt. In meiner Gegend wird, soweit ich das mitbekomme, zum Gottesdienst geläutet, also Sonn- und Feiertags und bei den Katholiken zum Vorabendgottesdienst. Ich persönlich höre das nur alle paar Monate, bei Ostwind eben, und dann nur eben so hörbar, und ich bewohne keinen Einödhof.

Wenn kein Unterschied bestünde, dann könnten Volksfeste (Kirmes, Domweih, was es da alles gibt) auch gerne Mal ein, zwei oder gleich fünf Jahre dauern, oder?

Mit welchem Recht?

Wieso kann sich deiner Menung nach denn nicht herausstellen, dass das laute Bimmeln auch zu diesen Irrtümern gehört? Ich verstehe deine Beiträge jedenfalls so, als würdest du das ausschließen.

Du verstehst mich miß.

Es gibt einerseits das Recht. Das ist die Gesamtheit der anerkannten rechtlichen Vorstellungen. Das Recht regelt etwa, was als Eigentum gelten kann, wie Eigentum übertragen wird usw.

Dann gibt es zahllose einzelne Rechte, so Trivialitäten wie das Eigentum eines ganz bestimmten Menschen an einer ganz bestimmten Sache.

Daß jede Kirche das Recht hätte, zu läuten, ist in meinen Augen ein Rechtsirrtum, der sich erledigt hat. Eine neugebaute Kirche muß sich mit den Betroffenen einigen oder auf das Läuten verzichten. (Das handhabt der Gesetzgeber aber wieder anders.)

Bestehende Kirchen haben aber zumindest ein Gewohnheitsrecht. Wer ein Haus im Bereich ihres Geläuts kauft oder eine Wohnung mietet, kauft oder mietet mit dem Mangel, Kirchenglocken hören zu müssen.

Ich sehe das ähnlich wie ein Wegerecht, nur daß das eine im Grundbuch steht und das andere nicht - aber das ist gesetzgeberische Willkür.
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Ein_Liberaler schrieb:
Bestehende Kirchen haben aber zumindest ein Gewohnheitsrecht. Wer ein Haus im Bereich ihres Geläuts kauft oder eine Wohnung mietet, kauft oder mietet mit dem Mangel, Kirchenglocken hören zu müssen.

Ist das deine Einschätzung oder die derzeitige Rechtslage?

Selbst wenn man von einem Gewohnheitsrecht ausgehen kann, wird dieses m.E. durch bestimmte Parameter, wie etwa die zulässige Lautstärke, geregelt sein. Zumindest verstehe ich das in diesem Thread verlinkte Urteil so.

Das Gewohnheitsrecht geht also imho auch nur so weit, wie es den Einzelnen nicht unzumutbar stört.

Die Frage würde also in diesem Fall eigentlich nur noch lauten: Was ist zumutbar?
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Das ist meine Vorstellung vom Recht. Der Gesetzgeber sieht das anders. Der genehmigt ja auch Kirchenneubauten, die mir die Ohren volläuten dürfen, ob es mir paßt oder nicht, solange es nur für den Normalbürger nicht gesundheitsschädlich ist. Ob es das für den aktuell Betroffenen ist, ist ihm schnurz.
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
Widerspricht das nicht irgendwo deiner Aussage, dass (sinngemäß) einzelne, neuzugezogene Querulanten der Kirche das Bimmeln im Zweifelsfall per Gericht verbieten können, bzw. es solche Fälle in der Vergangenheit gegeben hat?

Oder waren das nur vergebliche Versuche, zu klagen, die dann vor Gericht gescheitert sind?
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Erstens wäre ich überrascht, wenn das deutschlandweit enheitlich entschieden würde, jedenfalls solange der Bundesgerichtshof sich nicht geäußert hat.

Zweitens wird, so wie ich das sehe, von den Gerichten und Behörden ein Zustand angestrebt, "mit dem alle leben können". Neue Kirchen bekommen das Recht, in einem bestimmten Umfang zu läuten, der einzelnen Betroffenen immer noch zuviel sein kann. Bestehende Kirchen erhalten Läuteverbot (außer zu bestimmten Zeiten), auch wenn sich nur ein Querulant beklagt.

Insofern sehe ich keinen Widerspruch.

(Querulantentum richtet sich ja auch nicht nur gegen Kirchenglocken. Meines Wissens sind schon Leute aufs Dorf gezogen und später mit einer Klage gegen Kuhglocken oder stinkende Schweineställe durchgekommen. Nur wer das Spiel mit Truppenübungsplätzen versucht, dürfte schlechte Karten haben.)
 

erik

Erlauchter Auserwählter der Fünfzehn
4. April 2004
1.002
Also da ja Antworten hier oft überlsen werden, kanne es sein dass ich mich wiederhole.

Ich wollte es nur noch mal in aller Deutlichkeit sagen, bevor ich meinen Glauben ans Forum (insbesondere an aphorismus) verliere...

Ich bin weltanschaulich überhaupt nicht an die Kirche gebunden und störe mich in keinster Weise an Glockenläuten. ich habe auch schon unmittelbar neben Kirchen gewohnt, die die Nacht hindurch sogar die Uhrzeiten geschlagen haben.

Ich finde es auch völlig unverständlich, wie man ein kulturelles "Ereignis" (zugegeben kein Großereignis) aber doch eben ein bewußt musikalisches (Glocken sind ja auch alle gestimmt) zu bloßen Lärm herab würdigen kann.

Wollt ihr demnächst auch gegen Vögel klagen, wenn die vor eurem Fenster vög... äh zwitschern???

LASST DOCH MAL DIE KIRCHE IM DORF!!!
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
erik schrieb:
Ich finde es auch völlig unverständlich, wie man ein kulturelles "Ereignis" (zugegeben kein Großereignis) aber doch eben ein bewußt musikalisches (Glocken sind ja auch alle gestimmt) zu bloßen Lärm herab würdigen kann.

Du klingt für mich wie der Veranstalter der Loveparade. :p

EDIT: Und was den überhaupt für ein "Ereignis", bittesehr? "Es ist schon wieder eine Stunde rum, juchu juchu!" :?:

Auch bestechend die Argumentation von dir und den Befürwortern:

Es stört mich nicht, also kann/darf es auch niemand anderen stören. :roll:
 

holo

Frechdachs
27. August 2005
2.712
erik schrieb:
Ich finde es auch völlig unverständlich, wie man ein kulturelles "Ereignis" (zugegeben kein Großereignis) aber doch eben ein bewußt musikalisches (Glocken sind ja auch alle gestimmt) zu bloßen Lärm herab würdigen kann.
Ich mache sowas nicht an Glocken fest. Wenn gegenüber ein Standesamt eröffnet wird, hast du die hupenden Wagenkolonnen. Da kannst du sicher sagen: "Kulturelles Ereignis"
Aber nach einem Jahr sagst du vielleicht nur noch: "Heute ist Dienstag"

Klar, was ich meine?

Gruß
Holo

EDIT: @Mal: Wie wäre es mit einem Planspiel? Wie würde man vor Gericht argumentieren, wie könnte die Gegenseite argumentieren?
 

Paran

Vorsteher und Richter
30. November 2003
795
@ Offtopic Kirchenglocken:

Ich werde jetzt nicht auf jede Antwort speziell eingehen, jedoch empfehle ich allen die mit dem verlinkten Urteil argumentiert haben sich das Urteil mal genau durchzulesen. Hier wird das Glockengeläut selbst nicht unterbunden, im Gegenteil wird das Selbstbestimmungsrecht religiöser Gemeinschaften bekräftigt, jedoch wird bewirkt, dass in diesem atypischen Fall aufgrund der besonderen Umstände der Lärmpegel herabgesetzt werden muss (mittels baulichen Maßnahmen am Glockenturm)

Dieses Offtopic-Thema bleibt daher für mich nach wie vor eine leicht überspielte Lächerlichkeit, mit welcher sich einige hier krampfhaft versuchen zu positionieren!

[/quote]
 

morgenroth

Geheimer Sekretär
6. September 2003
685
Aphorismus schrieb:
Und wenn es dich wirklich stört, Morgenroth, dann rate ich dir ebenfalls zu klagen.

Ganz ehrlich - manchmal würde ich ja gern. Leider fehlen mir z.Zt. :wink: die Möglichkeiten. Weder habe ich effektive Beziehungen, noch habe ich genügend Kapital, um an diesem Gebilde zu rütteln. Greifst du die Kirche an, rennst du vor eine Wand.

Du kannst vielleicht bewirken, dass sie dir ein bisschen Kohle geben (um dich Schalldicht zu isolieren :wink: ). Aber das Gebimmel lässt sich - so glaube ich - erstmal nicht abstellen.

Ich schätze, dass hat auch seine Gründe. Kirche und Staat profitieren voneinander. Der Regierung kann es sich nicht leisten, ein moralisch unausgerichtetes Volk zu regieren und die Kirche freut sich über die Vormachtsstellung in diesem Land.

So werde ich - ohne zu vergessen, eine Meinung zuhaben - dieses Geläute erstmal ertragen müssen. Wo selbst liberale am Konservatismus lecken, kann ich mich nur mit dem -schon bekannten- Spruch von Tucholski aus dieser Diskussion verabschieden:

Ich mag mich nicht gern mit der Kirche auseinandersetzen; es hat ja keinen Sinn, mit einer Anschauungsweise zu diskutieren, die sich strafrechtlich hat schützen lassen

@Mr.Anderson: Danke für den Link zu der Wikiseite - diese Wortwahl hätte ich so wahrscheinlich nie eingegeben.
 

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