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Aromen im Wein

forrest

Geselle
16. Oktober 2005
10
Hallo,

kann mir jemand erklären, wie es möglich ist, dass Wein nach allen möglichen Sachen schmecken kann?
Ich meine, wie es möglich sein kann, dass ein deutscher Riesling nach exotischen Früchten schmeckt; oder warum ein Bordeaux Tabakaromen haben kann, oder wieso ein Sauvignon nach Gras, ein Grüner Veltliner nach Pfeffer, eine minderwertige Bachus-Spätlese nach Friseursalon, und ein spanischer Rotwein nach Bastelklebstoff und Schlachthof riechen kann?

Gibt es dafür eine saubere wissenschaftliche Erklärung?

MfG,
forrest
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
Die Aromen kommen aus den Trauben, ihrem Kontakt zum Fass (bei Barrique-Weinen ist die Holzart wichtig, meist Eiche) und den Flavoniden und Aromen der verschiedenester Traubensorten, die es gibt.

Hier gibt es einiges an Erkenntnissen mit vielen Zahlen:
http://www.weinhandel-barrique.de/info/derwein.htm

oder hier zum Beispiel kannst mehr dazu erfahren:
http://www.einfachgeniessen.de/

kannst Du Dich üben, sie bieten auch Seminare an.

Wenn du so mal zum Aromen testen anfangen willst:

Jacques Weindepot bietet auch bundesweit in seinen Filialen Verkostungen an und die Weine kann man alle graris probieren !

Falls du auch mal in München bist, können wir gerne mal gemeinsam einen Besuch machen.

Gruss Arius
 

Auredin

Geselle
12. September 2003
22
Hallo,

eine restlos zufriedenstellende Antwort auf Deine Frage ist wahrscheinlich nicht möglich.
Wein ist ein Naturprodukt und stellt ein dermaßen komplexes Gemisch aus verschiedensten Inhaltsstoffen dar,
dass man mit Fug und Recht sagen darf: Wein ist eine Wissenschaft für sich ...
Die sogar einen Namen hat - Oenologie.
Der endgültige Geschmack eines Weins ist sogar für den Winzer meist eine Überraschung und wird durch viele, verschieden Faktoren beeinflusst.
Da wäre als erstes natürlich die Traubensorte zu nennen.
Ich hab noch nicht nachgezählt, aber allein bei den roten Sorten die in Deutschland angebaut werden, fallen mir bestimmt schnell ein Dutzend ein.
Und dann gibt's ja auch noch weiße Sorten (naja, mich interessieren sie nur am Rande :-) ).
Es macht auch einen großen Unterschied, ob und wie lange die Schalen der Trauben zusammen mit dem Traubensaft vergoren werden.
Es gibt unterschiedliche Hefesorten, die auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Der Boden, auf dem die Reben wachsen hat ebenso Einfluss auf Geschmack und Qualität wie das Wetter und die Anbaulage (Mikroklima!).
Manche Winzer entfernen sogar zu einem frühen Zeitpunkt Reben vom Weinstock, damit die verbliebenen besser reifen.
Die Art und Weise der Kelterung ist wichtig: Reift der Wein im Holzfass, im Edelstahltank oder gar im Kunststofftank? Bei einem Holzfass kann Luftsauerstoff durch die Poren des Holzes in den Wein eindringen und die Oxidation der Inhaltstoffe verläuft ganz anders als im Kunststofftank. Im Holz sind ausserdem Aromastoffe, die während der Lagerung an den Wein abgegeben werden.
Ersatzweise werden z.B. in Amerika oder Südafrika auch Eichenholzpellets oder ähnliches in den Tank geworfen.
Es gibt also eine Menge Gründe, warum Wein ganz unterschiedlich schmecken kann. Und das waren jetzt nur einige "offizielle" Gründe.
Auch mir kam gelegentlich der böse Verdacht, dass zB bei den recht preiswerten und trotzdem teilweise ausgesprochen aromatischen Californischen, Südafrikanischen oder Australischen Weinen nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht. - Wie auch immer: in Deutschland ist das Hinzufügen von "Fremdaromen" jedenfalls verboten.
 

OxO

Geselle
8. Juni 2005
15
@Forrest
Vielleicht reicht mein WEinkonsum nicht ganz aus aber solche Aromen wie du sie hier beschreibst sind mir bisher verborgen geblieben.
So lange nicht noch ein Schluck aromatisierter JayJays Kaffee im WEinglas war oder ein Wrigleys Juicy Fruit im Mund, vor dem Riesling mit exotischen Früchten, müsste der Wein eigentlich vorrangig nach Traube, Holz oder Erde schmecken... :D
Welcher spanische Rotwein hat denn nach Bastelkleber geschmeckt??? Der Geschmack wäre mal ganz interessant..., vielleicht ist es auch nur der Frostschutz den du geschmeckt hast
 

forrest

Geselle
16. Oktober 2005
10
Hallo,

ich hätte wohl erwähnen sollen, dass ich beruflich mit Wein zu tun habe.
Ich brauche also weder Sensorikkurse, oder sonst was...
(Trotzdem Danke für das Angebot.)
Bis jetzt hapert es nur an einer schlüssigen Erklärung, warum diverse Weine nach Dinken schmecken, oder riechen, welche eigentlich eigenständig sind.
Ok, Tabakaromen kommen vermutlich durch getoastetes Holz in die Weine; aber wieso kann ein im Stahltank ausgebauter Riesling (vorzugsweise eine Spät-, Auslese oder noch ein größeres Gewächs) aus Deutschland nach exotischen Früchten schmecken und riechen?
Ich habe einfach den Gedanken, dass der Wein die großartigste Frucht überhaupt sein muss, wenn er in seiner Vielfältigkeit typische Aromen von Apfel, Pfirsich, Birne, usw. vereinen kann.
Natürlich ist stets die Rede vom Terroir - was eigentlich nur den Schluss erlaubt, dass Wein eine Art geschmackliches Chamäleon ist, welches sich stets anpasst und aich immer wieder anders präsentiert.

Ich hatte gehofft, dass hier ein schlauer Kopf die Antwort auf meine Frage kennt, und sie auch in einfache Worte gekleidet vermitteln kann.
Nun ja...

MfG,
forrest
 

Shiraffa

Geheimer Meister
16. September 2002
372
Ganz einfach: die Weine schmecken nicht nach Südfrüchten etc., sie erinnern daran :D

Der Geruch, den du irgendwo aufschnappst und der dich an eine verflossene Liebe erinnert, ist ja meistens auch nicht von betreffender Person; er erinnert dich nur an sie.
 

Hidratos

Geheimer Meister
15. März 2005
165
ich vergleiche das mal mit gummi bärchen. warum schmecken die alle nach anderen sachen? es sind ester drin soweit ich weiss... wenn mich nicht alles (das hatte ich mal vor 2 jahren in der schule das thema) täuscht müsste Phenylessigsäuremethylester zB honigaroma haben... und so ein zeug das nach zahnpasta gerochen hat haben wir hergestellt. j
ede pflanze bastelt also quasi beeinflusst von ihrer umgebung diese stoffe, die dem getränk letztendlich den geschmack geben :D chemie ist toll
 

holo

Frechdachs
27. August 2005
2.712
Zahnpasta? Dazu fällt mir Salicylsäuremethylester ein. Ist auch in manchen Kaugummis drin - widerlicher Geschmack.
Aber mal ernsthaft.
Na klar, damit musst du richtig liegen. Säure+Alkohol. Und wieviele organische Säuren kommen im Wein so vor? Bestimmt reichlich. So könnten sich die vielen Nuancen erklären.

Vielleicht eine Hilfe:
http://www.guidobauersachs.de/referate/esterref.html
 

Shiraffa

Geheimer Meister
16. September 2002
372
Schade, daß alles chemisch erklärt werden muss. Gerade bei einer Sache, die eigentlich Genuß bedeuten und imho nicht so verkopft gesehen werden sollte.
 

holo

Frechdachs
27. August 2005
2.712
@Shiraffa
Erklärungsversuch: Wenn Alkohole (Methanol, Ethanol(unser "Trinkalkohol") mit organischen Säuren (Essigsäure, Zitronensäure, ... ) reagieren, entstehen sogenannte Ester. Also Verbindungen mit "Geschmack"
Das sagt die Seite aus. Der Geschmack eines Weines wird durch Ester beeinflusst. Dabei wirken eine Reihe verschiedener Ester, die sich auch zu einer Geschmacksrichtung vereinen
Beispiel: "Der Kaffee-Geruch ist ein typisches Beispiel; hier werden die Ester aber aus Phenolcarbonsäuren (Zimtsäuren) abgeleitet."
Das bezieht sich dann unterm Strich auf die Bildung verschiedener Geschmäcker z. B. in einem Stahlbehälter entstehen. Forrest fragte auch nach den verschiedenen Aromen, wie z. B. Birne. Und - wenn man mal die ganzen Formeln ignoriert - es gilt mehr der Verdeutlichung, wieviele organische Prozesse ablaufen können und den Geschmack beeinflussen.
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.304
Man darf in diesem Zusammenhang nicht die Komplexität der Inhaltsstoffe von Naturprodukten aus den Augen verlieren.

Vanillin (das erste vollsynthetisch hergestellte Aroma) ist das Hauptaroma der Vanilleschote. Trotzdem schmeckt Vanillin nicht genauso wie Bourbon-Vanille. Das weiß jeder, der mal Vanille-Aroma mit echter Vanille verglichen hat: Vanillin schmeckt im Vergleich flach, irgendwie künstlich.
Grund dafür ist aber nicht die synthetische Herstellung des Vanillins oder die natürliche Herkunft der Vanille, sondern die Tatsache, dass Bourbon-Vanille neben Vanillin um die 300 andere Substanzen enthält.
 

forrest

Geselle
16. Oktober 2005
10
@Shiraffa

Natürlich ist es eine Gratwanderung, wenn Du behauptest, ich wäre lediglich einer Erinnerung aufgesessen, ich aber sicher bin, dass es z.B. diesen Duft nach Birne (oder sonst was) gab. Aber OK.
Um Dir zu ersparen, 10 Jahre lang Weine zu probieren, damit Du das nachvollziehen kannst, empfehle ich die Lektüre einer Weinzeitschrift (Alles Über Wein), um mal zu lesen, welche Geschmacksnotitzen zu diversen Weinen abgegeben werden.
Das ist echt interessant.
Vielleicht gibt es ein begrenztes Geschmacks- und Geruchsempfinden bei Menschen. Ich hab mal gelesen, dass ein Aal so empfindlich ist, dass er "einen Tropfen Blut verdünnt in der Wassermenge des Bodensees" wahrnehmen würde. Das schafft ein Mensch sicher nicht!
So gesehen hast Du vll. recht, dass Menschen aufgrund einer Art "sensorischen Unzulänglichkeit" einen Filter eingebaut haben, der durch Erinnerungen gespeist wird.(?)
Aber die chemische Seite finde ich auch sehr interessant, zumal ich davon keine Ahnung habe.
Vielleicht sollte ich Önologie studieren, um hinter das Geheimnis zu kaommen - aber hier findet sich sicher eine Antwort, die mir die Jahre erspart. ;-)

MfG,
forrest

Ach ja: Das Beispiel mit der Vanille fand ich gut. Und da ich gerochen und geschmeckt habe, dass jene Aromen im Wein nicht flach sind, gehe ich davon aus, dass Mutter Natur hier eine Art "Krönung" an den Tag gelegt hat.
 

Shiraffa

Geheimer Meister
16. September 2002
372
Nett gemeint, aber ich mag es nicht, wenn mir jemand vorgibt, was mir wie zu schmecken hat. Weinzeitschriften werde ich gewiss nicht lesen, da jeder Geschmack verschieden ist und ich damit nur nach/plappern/empfinden würde, was andere denken. Das gilt aber nicht für mich. Ich habe, wie die meisten Weintrinker, nicht so einen empfindlichen Geschmacksinn.

Selber austesten halte ich da für die bessere Möglichkeit. Was Bier angeht, habe ich immerhin 6 von 7 am Geschmack bestimmen können ;)

Wein ist wohl wie Gemälde: wahre, teure Kunst zu erkennen bleibt denen über, die schon wahre, teure Kunst besitzen und vergleichen können.
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.304
Shiraffa schrieb:
Weinzeitschriften werde ich gewiss nicht lesen, da jeder Geschmack verschieden ist und ich damit nur nach/plappern/empfinden würde, was andere denken. Das gilt aber nicht für mich. Ich habe, wie die meisten Weintrinker, nicht so einen empfindlichen Geschmacksinn.

Schaden kann's nicht, aber wie bei jedem subjektiven Input sollte man sich nicht zu stark davon beeinflussen lassen.
Kürzlich las ich über den Star der Weinkritik, so ein Ami. Der hat viele Weine durch seine Kritik stark gehypt, sodass diese extrem an Wert gewonnen haben. Das hat dazu geführt, dass viele Winzer dazu übergegangen sind, die Weine möglichst so zu keltern, dass sie eben diesem Weinkritiker am besten schmecken. Das ist natürlich voll daneben.
 

Hidratos

Geheimer Meister
15. März 2005
165
interessant ist in dem zusammenhang auch, das mit steigendem alter die geschmacksknospen, die für "bitter" zuständig sind, mit zunehmendem alter "abstumpfen". heisst im klartext in 20 jahren schmecken mir wein und kaffe noch viel besser :D
 

holo

Frechdachs
27. August 2005
2.712
Demnach sollte dann aber das Alter des Weinkritikers ein weiteres Kriterium für die Güte sein, oder etwa nicht?
 

rai69

Geheimer Meister
15. Januar 2004
164
hallo,

die ester entstehen nicht bei der kelterung oder lagerung, da das "gleichgewicht" auf der seite der ausgangsstoffe liegen sollte:

alkohol + säure ---> ester + wasser

da im wein aber deutlich mehr wasser als alkohol vorhanden ist gibt es keinen grund, noch mehr wasser zu produzieren (auch wenn dabei die ester entstehen würden).

wahrscheinlich sind die ester zuvor auf zellulärer ebene entstanden, und kommen beim keltern (grob gesagt " brutales zerquetschen der zellen unter austritt des zellinhaltes") in den most. welche der ester "überleben" hängt von der kunst des kellermeisters und der anschließenden lagerung statt.

meiner frau habe ich mal eine flasche st. emillion aus ihrem geburtsjahr geschenkt - wir haben den wein nicht erst groß "atmen" lassen, denn der duft war schon nach dem öffnen der flasche sehr verführerisch...
... aber nach einer halben stunde war der spaß vorbei, denn die zarten erdbeer- und mango/karotte/terpen-aromen waren weg, einfach oxidiert.


aber nicht nur die ester schmecken - also eigentlich riechen sie ja nur - sondern auch viele andere organische verbindungen, die deutlich stabiler sind. wenn die sich olfaktorisch vordrängelnden ester erst einmal abgebaut sind, kommen andere geruchsstoffe zum voschein, aber die sind oft sehr flüchtig bzw. die nase "gewöhnt" sich schnell an sie (s.o.).


gruß

rai69
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
rai69 schrieb:
meiner frau habe ich mal eine flasche st. emillion aus ihrem geburtsjahr geschenkt - wir haben den wein nicht erst groß "atmen" lassen, denn der duft war schon nach dem öffnen der flasche sehr verführerisch...
... aber nach einer halben stunde war der spaß vorbei, denn die zarten erdbeer- und mango/karotte/terpen-aromen waren weg, einfach oxidiert.

Nur sehr gute Jahrgänge und Chateaus halten länger als 10-20 Jahre, es ist bei jungen Weinen ratsam, sie zu belüften in einer Karaffe, alte sollte man wirklich sofort wegtrinken.
Lagern kann man z.B. noch 1995 und 1996, 1991-1994 und 1997 sollte bereits leer getrunken sein. Bei Aldi wäre ich bei St.Emillion auch vorsichtig...

Inzwischen haben die teuren Franzosenweine Absatzprobleme, weil Länder wie Chile, Spanien, Portugal und Australien weitere Fortschritte in der Vinifizierung machten und entsprechende Qualität früher trinkbar zu deutlich günstigerem Preis liefern.

Die Evakuierung der Flasche rettet das Aroma auch noch ein zwei Tage länger, wenn sie nicht zu alt sind, außerdem Lagerung im Kühlschrank.
 

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