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Der Sinn und die Ziele der EU???

haruc

Vorsteher und Richter
16. Dezember 2002
776
Mir wurde von meinem (ehemaligen) Politik- und Geschichtelehrer gesagt, dass Deutschland zum Gegewärtigen Zeitpunkt mehr Geld reinsteckt, als an EU-Geldern wieder reinkommt. Eigentlich kanns ja auch garnicht viel anders sein. Stellt euch mal vor, wieviele Löcher man ohne die EU-Abgaben stopfen und dennoch Subventionieren könnte!
Schweizer passt auf, dass ihr den Sche*ß nicht mitmachen müsst.
Ich habe mir auch schon überlegt, in ein paar Jahren aus Deutschland auszuwandern, irgendwohin, wo es keine EU gibt. Ich dachte da an was nordisches, Norwegen.

HOffentlich sind wir nur alle schwer paranoid und bekloppt!
 

sublimus

Geselle
15. Mai 2005
6
3. Es gibt keine gemeinsame europäische Identität

Das Problem ist, dass die meisten Europäer nur Europa kennen (ich zähle die Sandstrände Thailands in einem gewissen Sinne auch zu Europa). Das gemeinsam europäische wird einem aber erst bewusst, wenn man lange in einem aussereuropäischen Land gelebt hat. Auch ein Deutscher findet sich in Rom besser zurecht als in Los Angeles und Kopenhagen fühlt sich sogar für einen Südspanier vertrauter an als Peking. Die kulturellen, politischen und mentalitätsmässigen Unterschiede innerhalb Europas sind klein im Vergleich zu den Unterschieden, die zwischen Europa und den USA, Asien oder Afrika als ganzes herrschen.

Vielleicht ein paar Beispiele dazu:
- Umweltschutz: generell in Europa weitaus mehr Sorge zur Umwelt getragen als in anderen Teilen der Welt. Selbst Dreckschleudern wie Frankreich oder Italien sind heilig im Vergleich zur Sorglosigkeit mit der in den USA oder Asien mit der Umwelt umgegangen wird. Dank dem Druck der EU wurde das Kyoto-Protokoll umgesetzt, welches zumindest den Versuch darstellt, die CO-2-Emissionen zu begrenzen (leider hat die EU noch zuwenig Macht, um auch die USA dazu zu zwingen). Europa ist die einzige Macht auf der Welt, die sich ernsthaft um eine nachhaltigen Umgang mit der Umwelt einsetzt. Mehr Macht für Europa bedeutet eine bessere Chance, den Ökokollaps zu verhindern.
- Minimales Sozialsystem: auch wenn in Europa grosse Unterschiede bezüglich Sozialsystem herrschen, so sind selbst relativ wirtschaftsliberale Länder wie Grossbritannien oder die Schweiz wahre Sozialparadiese im Vergleich zu Ultrakapitalisten wie die USA oder China. Aufgrund der zahlreichen politischen Umstürze und Extremismen, die in Europa stattgefunden haben, ist uns klar, dass es ein minimales Sozialsystem braucht, um politische Stabilität zu haben.
- Menschenrechte: da muss ich nicht viel dazu sagen. Europa ist trotz aller Ungwägbarkeiten ein Hort der Menschlichkeit im Vergleich zu Ländern wie China (Diktatur), Indien (Kastensystem), USA (Todesstrafe, Guantamano).
- Rechtsstaatlicher Umgang zwischen Staaten: Europa will - im Gegensatz zu den USA - Krieg und Willkür zwischen Staaten verhindern und versucht, den Umgang zwischen Staaten mittels Verträgen und rechtsstaatlicher Prinzipien zu gestalten. Nicht immer perfekt, aber beispielhaft im Vergleich zu den USA, die Krieg als legitimes Mittel zum Regimesturz sehen, die handelspolitische Willkür walten lassen oder China, das sich am liebsten heute statt morgen Taiwan gewaltsam einverleiben möchte. Natürlich wird auch in der EU gefeilscht und gestritten, aber dies in einer weit zivilisierten Art als irgendwo anders auf der Welt.

Es gibt natürlich auch kulturelle Gemeinsamkeiten, auch hier nur ein paar Beispiele:
- Kultur ist den Europäern wichtig: Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es mehr Theater, Kunstgalerien, Opern und Museen. Nirgendwo sonst wird mehr Kultur konsumiert als in Europa und werden die Künste so intensiv gefördert, staatlich und privat.
- Historisches Bewusstsein: die Europäer kennen und diskutieren ihre eigene Geschichte intensiv, gerade weil sie so bewegt war. Unsere gemeinsame Erfahrung mit verheerenden Kriegen, politischen, gesellschaftlichen oder ideologischen Revolutionen, technologischen Umwälzungen sind einmalig. Was heute die USA (Grossmachtstatus) oder die Schwellenländer (Industrialisierung) durchmachen, haben wir schon erlebt. Wir sind quasi die Grossväter der Welt und es wäre schade, wenn dieses Wissen wegen mangelndem Einfluss nicht gehört wird.
- Die Struktur europäischer Städte ist sehr ähnlich: ein meist historischer Kern mit Fussgängerzonen, Einkaufspassagen und Strassencafés bis zu den Vororten und Industriezonen. Generell sind europäische Städte gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen und es wird Sorge zu historischer Bausubstanz getragen (eine Stadtplanung wie in Peking mit dem niederplanieren historischer Stadtteile wäre in Europa in diesem Ausmass undenkbar).

Nun, leider werden diese Gemeinsamkeiten den Europäern erst klar, wenn ein Grossteil von ihnen intensiven Kontakt mit aussereuropäischen Kulturen hatte. Die Globalisierung ist aber nicht so weit fortgeschritten, als dass dies schon stattfindet. Doch in Ansätzen geschieht dies auch heute schon:
- Die immer stärkere Immigration aus völlig anderen Kulturkreisen konfrontiert die Europäer heute schon damit. Die Problem der Marrokaner in Belgien oder der Algerier in den Banlieus von Paris sind denen der Türken in Deutschland sehr ähnlich.
- Der Irakkrieg, in dem eine breite Öffentlichkeit in ganz Europa kritisch (auch in Ländern, deren Regierung die USA unterstützt haben), in Amerika aber befürwortend eingestellt war, hat die Europäer vielleicht ihre politischen Gemeinsamkeiten etwas bewusster werden lassen.

All diese Gemeinsamkeiten bilden eine gute Basis, um unsere Interessen in der Welt zu verteidigen. Zu unserem eigenen Wohl, denn es nützt nichts, wenn wir auf eine saubere Umwelt achten, aber in Brasilien der Regenwald abgeholzt wird und die Amis noch fettere Autos kaufen. Oder wenn wir ein Hort von Wohlstand und Stabilität sind, aber die verarmten Massen aus Afrika und Asien nach Europa strömen. Wenn wir keine anderen Länder angreifen, aber die Konflikte im Nahen Osten die muslimische Bevölkerung in Europa radikalisieren. Europa ist leider keine Insel.
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
haruc schrieb:
HOffentlich sind wir nur alle schwer paranoid und bekloppt!

das wäre schön... dann täts vielleicht mal ein besuch beim psychiater... aber ich fürchte so lässt sich das problem nicht in den griff bekommen :)
 

sublimus

Geselle
15. Mai 2005
6
4. Deutschland geht es schlecht. Also ist die EU schlecht.

Deutschland geht es nicht schlecht wegen der EU. Sondern trotz der EU.

Die Probleme in Deutschland mit hoher Arbeitslosigkeit und Steuern sind vorwiegend hausgemacht. Der Beweis dafür sind EU-Länder, die ausserordentlich erfolgreich wirtschaften wie Finnland, Schweden, Irland, Luxemburg oder auch Grossbritannien.

Deutschland und die anderen Krisenländer Frankreich und Italien sind im grossen selbst für ihre Probleme verantwortlich und müssen ihr Haus selbst in Ordnung bringen. Die EU ist nicht ihr Problem, aber genauso wenig ist die EU natürlich ein Erfolgsgarant.

Dennoch ist man sich in Wirtschaftskreisen einig, dass die EU für alle Länder einen nicht unterschätzbaren wohlstandsfördernden Effekt hat. Man hat dies z.Bsp. in Österreich gesehen, welches seit seinem Beitritt einen wahren Wirtschaftsboom gesehen hat.

Das Problem ist, dass man nicht ausprobieren kann, wie es ohne EU wäre, weil sie nunmal da ist und man die daraus resultierenden Vorteile als selbstverständlich nimmt.

Aber schauen wir uns den Fall Deutschland mal etwas genauer an: Deutschland zahlt grosse Beträge in die EU, sicher. Aber schauen wir uns an, was Deutschland dafür zurückbekommt: einen gigantischen Binnenmarkt, in dem sich der Exportweltmeister nach Belieben austoben kann. Fast alle europäischen Ländern haben ein Handelsdefizit mit Deutschland und kaufen massenhaft deutsche Produkte. Die EU garantiert, dass diese Länder nicht plötzlich Handelsschranken einführen, was ein beliebtes populistisches Mittel ist, um Wähler zu beruhigen (siehe USA und Bush). Die EU verteidigt auch die handelspolitischen Interessen Deutschlands im Rest der Welt, sorgt für gemeinsame technische Standards, schützt die deutsche Industrie gegen Willkür und treibt die Liberalisierung des Handels voran.

Diese offenen Märkte sind mehr wert als alle Beiträge, die Deutschland ans EU-Budget zahlt. Die Gewinne, die Deutschland im Export erwirtschaftet sind gigantisch. Das aktuelle bisschen Wachstum, das in Deutschland noch herrscht, wird fast ausschliesslich vom Export getragen. Nicht auszudenken, wenn dieses auch noch fehlen würde.

Unter dem Strich ist der Deal EU für Deutschland mehr als vorteilhaft.
 

sublimus

Geselle
15. Mai 2005
6
haruc schrieb:
Mir wurde von meinem (ehemaligen) Politik- und Geschichtelehrer gesagt, dass Deutschland zum Gegewärtigen Zeitpunkt mehr Geld reinsteckt, als an EU-Geldern wieder reinkommt. Eigentlich kanns ja auch garnicht viel anders sein. Stellt euch mal vor, wieviele Löcher man ohne die EU-Abgaben stopfen und dennoch Subventionieren könnte!
Schweizer passt auf, dass ihr den Sche*ß nicht mitmachen müsst.
Ich habe mir auch schon überlegt, in ein paar Jahren aus Deutschland auszuwandern, irgendwohin, wo es keine EU gibt. Ich dachte da an was nordisches, Norwegen.

HOffentlich sind wir nur alle schwer paranoid und bekloppt!

Siehe Beitrag oben.
 

sublimus

Geselle
15. Mai 2005
6
aber ist nicht das ein beispiel für letztlich den druck, der ausgeübt wird um z.b. die schweiz in die eu zu bringen?

also mir kommt das jetzt irgendwie so vor als würde man eine pistole an der schläfe haben und würde halt dann besser mal nachgeben... ( was zwar verständlich ist, aber ich würde dann den erpresser nicht unbedingt als freund verstehen )

Begriffe wie "Freund" haben in der Politik nichts zu suchen. Es sind meist egoistische Interessen, die die Länder allenfalls dazu bringen miteinander zu kooperieren. Europa ist keine romantische Angelegenheit und man kann auch nicht erwarten, dass alle nett sind.

Aber gerade WEIL mit kleinen Staaten nicht immer besonders fein umgegangen wird, müssen diese versuchen, sich möglichst viele politische und Rechtsmittel verschaffen, um ihre Interessen durchzusetzen. Die EU ist hierfür ein sehr geeigneter Rahmen. Denn ein kleiner Staat hat hier überproportional viel Einfluss und erhält eine sehr weitgehende Rechtssicherheit, die er alleine aufgrund seines fehlenden Gewichts nicht hätte.

Dass man aus irgendeinem kuriosen Stolz (dem Erpresser nicht nachgeben) auf diese Mittel freiwillig verzichtet ist schlicht und einfach leichtsinnig.

Das ist wie wenn jemand, der sich in einen rechtsfreien Raum wie einen Dschungel oder brasilianischen Slum begibt, um sich ja nicht dem erpresserischen Rechtsstaat unterzuordnen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er wieder zu Sinnen kommt.



im prinzip bin ich kein europagegner ( zumindest war ich das nicht immer.... ) ganz im gegenteil ich war einmal ein wirklicher fan des gedankens eines vereinten europa.. nur.. so wie europa jetzt aussieht und wie es sich entwickelt macht es mir angst.

Mir macht es weit weniger Angst als die Säbelrassler aus China oder den USA oder die Fundis aus dem nahen Osten.
 

Woppadaq

Großmeister-Architekt
2. August 2003
1.228
Ellinaelea schrieb:
Meine Hauptargumente gegen die EU sind immer
- dass Europa auch ohne EU eine gemeinsame Aussenpolitik führen kann

Europa kann ja momentan nicht einmal MIT der EU gemeinsame Außenpolitik betreiben - siehe Irakkrieg !

- dass die EU die Ängste vor den USA oder China absichtlich schürt, um folgsamere Schäfchen zu erhalten. Dass dies aber nur ein Deckmäntelchen ist, hinter dem die Wirtschaftsgiganten ihr eigenes Süppchen kochen können.

stimmt gewissermaßen.

Irgendwie seh ich hier Parallelen zu Religionsfanatikern. Unser Gott (EU) ist der einzig richtige Gott und wenn ihr nicht alle gehorsam seid, kommt ihr in die Hölle (USA/China übernehmen die Macht und zwingen Europa ihre üblen Sitten und sozialen Missstände auf, wie zB Todesstrafe, etc). Der neue Gott heisst Wirtschaft.

Naja, der neue Gott heißt auch so Wirtschaft. Aber stell dir mal vor, Bush will die Schweiz zur Wiedereinführung der Todesstrafe überreden. Momentan sagt die Schweizer Regierung einfach "Nein" und Schluß is.
Stell dir nun aber mal vor, jeder Bezirk in der Schweiz könne sich selbst regieren, und Bush findet einen Bezirk, der sich dann doch für die Todesstrafe ausspricht. Und dann fängt Bush an, die Bezirke gegeneinander auszuspielen, bis sich überall in der Schweiz die Todesstrafe durchsetzt, warum auch immer. So ähnlich hat ers doch mit Europa gemacht.

Meine grösste Sorge ist der Verlust der Vielfalt. Ist es nicht ähnlich wie bei einem Genpol? Unter einer bestimmten Menge wird die Spezies lebensunfähig, weil mit den verlorenen Unterschieden auch die Flexibilität verloren geht.
Wie seht ihr das?

Würd ich dir auch Recht geben, aber mir scheint, die vielgelobte Vielfalt schwindet auch so, ohne EU-Überbau. Die fehlende Konkurrenz in sozialen Fragen z.B. mag zwar ein Problem sein, ist aber m.E. nicht so stark eingeschränkt, wie man vielleicht vermutet.
 

haruc

Vorsteher und Richter
16. Dezember 2002
776
Stell Dir mal vor: Der Bush will die Schweiz überreden, die Todesstrafe wieder einzuführen. Und die Regierung sagt ja. Dann hat die ganze Schweiz die Todesstrafe. Könnte aber jeder Bezirk selbst abstimmen, dann würde Bush vll einen finden, der sich dazu bereit erklärt.
 

UltraDoc

Geheimer Meister
26. Dezember 2004
125
Während die EU sich sofort dagegen mit Gegenzöllen durchgesetzt hat, musste Russland, das auf die USA wegen dem WTO-Beitritt angewiesen ist, einer Selbstbeschränkung der Exporte zustimmen, die zahlreiche russische Stahlarbeiter ins Elend gestürzt hat.

Ist vielleicht etwas übertrieben die russischen Metallurgiekombinate verdienen recht viel Geld allein Severstal ist bei 1.1 mrd $ das ist nach russischem Standard sehr viel alle anderen vie MMK oder Mechel fahren auch hohe Gewinne ein.

Eine Gegenfrage weiß jemand wer der EU noch alles beitreten soll???
Rumänien Kroatien Bulgarien sind fast drin. Es gibt Länder wie die Türkei oder Kasachstan die auch zum Teil Europa sind. Der Kaukasus ist zwar nicht Europa aber man versucht es vermutlich trotzdem einzubinden (geostrategisch wichtig)
 

MrPalmer

Geheimer Meister
15. Februar 2004
399
@UltraDoc

Es gibt einige "Kandidaten" ausser der Türkei und Kasachstan z.B Israel,
Marokko,und die Ukraine. Nicht zu vergessen Kroatien und andere Balkan Staaten.

Aber es scheint ein Flügelkampf innerhalb der EU zu entstehen zwischen
den Befürworter einer Vertiefung also "Vereinheitlichung Europas" und den
der Fraktion von Aussweiterungs Befürworter die eine "größtmögliche Erweiterung" anstreben.

z.B ist Tschechien so ein Erweiterungsbefürworter und die Niederländer
ein Vertiefungsbefürworter.

@Ellinaelea

Eins der Hauptargumente hier in der Schweiz pro-EU ist, dass sich nur ein gemeinsam orientiertes Europa wirtschaftlich und politisch gegen die USA behaupten kann. Und nun sagt ihr mir, genau das Gegenteil sei der Fall? Eine EU ist für die USA besser zu kontrollieren als meine vielgeliebten Einzelstaaten?
Erbitte dringend genauere Aufklärung!

Nun ich denke das ist Ansichtssache. Zuvor konnte die USA einzelne Europäische Staaten gegeneinander ausspielen siehe Irak.

Neu durch den Verfassungsvertrag würde die EU durch den EU-Außenminister, der als einziger Repräsentant der Union einen Ministertitel trägt und zugleich Vizepräsident der Kommission ist und über den weltweit operierenden Apparat der Brüsseler Behörde gebietet quasi als Sprachrohr der EU ein einheitliches Auftretten der EU zwingen. Nicht so
wie im Falle des Irakkrieg.

Gegen die USA mit den USA ? Ich glaube diese Frage sollte sich nicht stellen wenn man die EU als souverän agierenden "Staat" sieht der seine
Interessen verfolgt, können diese gegen amerikanischer sein oder mit ihnen. Es geht darum das Europa das politische Gewicht hat mit Amerika
auf gleicher Ebene "Augenhöhe" zu sein.

noch etwas zum Thema Demokratie und der Verfassung;
°Neu geschaffen wurde eine Bürgerinitiative; mit einer Million Unterschriften kann sie die Kommission zum Handeln zwingen.
°Gestärkt wird das Europäische Parlament, das künftig über den gesamten Haushalt, auch über das voluminöse Agrarbudget abstimmt und den Kommissionspräsidenten wählt.
°Und ausgebaut wurde schließlich der Einfluss der nationalen Parlamente, die jedes EU-Gesetz genau wie das Europäische Parlament von Beginn an begleiten und dagegen intervenieren können.

Das oft beklagte demokratische Defizit der Union wird mit diesem Werk kleiner.
 

Angostura

Großmeister
16. Januar 2005
77
Wenn uns die EU-Politiker wenigstens irgend einen zündenden und konstruktiven Vorschlag gemacht hätten wie sie sich die EU überhaupt vorstellen.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Wir brauchen die EU also, um Wirtschaftskriege zu führen? sublimus, ich fürchte, wenn China und Indien je auf vier Milliarden Einwohner anwachsen und uns wirtschaftlich einholen, werden wir ihnen auch vereint nichts entgegenzusetzen haben. Nichts, außer ihrer eigenen wirtschaftlichen Einsicht.
 

Ellinaelea

Geheimer Meister
7. März 2005
494
...

Sehr interessant:

Zitat: "Nach der Lektüre des Verfassungstextes drängt sich der Schluss auf, dass die EU-Verfassung das Grundgesetzes aushöhlt und der Politik die rechtlichen Mittel zum willkürlichen Umgang mit dem Sozialstaat in die Hände gibt."

oder

"Der Ratschlag des Bundeskanzlers während der Bundestagsdebatte "nicht allzu kleinlich auf diesen oder jenen Halbsatz zu sehen, der vielleicht nicht ganz den Erwartungen entspricht", stellt die deutsche Regierung hier in ein eher unseriöses Licht."

Den gesamten Artikel könnt ihr hier nachlesen:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20100/1.html
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Artikel 20
[Staatsstrukturprinzipien; Widerstandsrecht]
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

Das ist das ganze grundgesetzliche Sozialstaatsgebot. Mit Inhalten zu füllen haben es Gesetze, die mit einfacher Mehrheit erlassen, geändert oder aufgehoben werden können. Der Sozialstaat ist also auch bisher der Willkür der Politik ausgeliefert - wem auch sonst?
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
wenn man bedenkt, wer schon jetzt und in der vergangenheit die geschicke europas beeinflusst, also in die ihnen genehmen bahnen lenkt...siehe europaartikel startseite...dann sollte man auch dieser neuen verfassung kritisch gegenüber stehen. oder glaubt hier wirklich jemand, bei den machern ist plötzlich das große europäische menscheln ausgebrochen?

ich möchte jetzt unter vielen aspekten erstmal einen herausgreifen- die todesstrafe, die hier durch die hintertür wieder eingeführt wird.

zu der EU-verfassung gibt es protokolle und erklärungen- das ganze wird in X unterpunkte aufgefächert, die die ursprünglichen aussagen bezüglich grundrechten aufweichen bzw. in ihr gegenteil verkehren.

einzelne artikel nehmen bezug auf diese erklärungen, die damit auch inhalt der verfassung werden und insbesondere für die rechtsprechung als auslegung dienen.

heißt es noch in artikel II-62 absatz 2:"Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden", steht dann im artikel 2 der erläuterungen:

a) Artikel 2 Absatz 2 EMRK:
„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen.
d) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK:
„Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in
Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden ...“.

aber wer erkennt schon die feinheiten bei einem werk, das

a) kaum jemand gelesen hat

und

b) selbst wenn, man nicht gefragt wird...

das ist neusprech-demokratie, diese "wir scheissen auf euch mentalität" (aber wir verpacken es ganz harmlos) und wagt es nur nicht dagegen aufzumucken...dann werden wir euch ganz offiziell in den arsch fi***n bzw. euch denselben wegblasen.

das kam mir noch per mail zu:

schlägt ein repräsentationsdemokratisches Verfahren in eine
realsozialistische Satire um? Bei einer Ja-Sager-Quote von 90,7%, von
95,8% oder erst bei einer Quote von 99,9%? Und wie weit muss diese Rate von der öffentlichen Meinung abweichen? Mögen sich Politologen und
Politphilosphen über solche Fragen die Köpfe zerbrechen. Die
Bundestagsabgeordneten, die letzten Donnerstag mit "überwältigender
Mehrheit" für den EU-Verfassungsvertrag gestimmt haben, scheinen
jedenfalls die Empfehlung des Kanzlers, sich "nicht allzu kleinlich und
detailversessen" mit dem Vertragstext auseinanderzusetzen,
bereitwilligst im Voraus befolgt zu haben. Denn je genau man hinsieht,
desto fremder schaut diese "Verfassung" zurück.

Beispiel 1: Als große Errungenschaft gilt - auch für den Korrespondenten
des GA - die Charta der Grundrechte. Ihr Gebrauchswert wird aber durch
die Erläuterungen relativiert, "die als Anleitung für die Auslegung der
Charta der Grundrechte verfasst wurden" und die "von den Gerichten der
Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen" sind (Art.
II-112 Abs. 7). So wird etwa das zweifelsohne fundamentale Recht auf
Leben (Art. II-62) gleich zweifach relativiert: "Eine Tötung wird nicht
als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine
Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um..."
und "Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen,
die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden"
heißt es in Art. 2 der 12. Erklärung. Wenn das mal kein Türchen zum
Fahrstuhl auf das Schafott ist! Doch keineswegs nur in diesem
Zusammenhang ist ein positivistisches Grundrechtsverständnis zu
erkennen, das dem Grundrechtsverständnis unseres Grundgesetzes eklatant widerspricht.

Beispiel 2: Als besonderer Zugewinn an demokratischer Substanz wird
vielfach - abermals auch im GA - gepriesen, dass es "Möglichkeiten für
Bürger (gibt), Themen auf die politische Tagesordnung der EU zu setzen".
Angelica Beer, MdEP für die Grünen, verstieg sich gar zu der Behauptung,
auf diesem Weg könnten Inhalte des Verfassungsvertrags, "die in keine
Verfasslung gehören", korrigiert werden (FR vom 26.03.05). Der
einschlägige Art. I-47 Abs. 4 lautet im Wortlaut: "Unionsbürgerinnen und
Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million betragen und bei
denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von
Mitgliedstaaten handeln muss, können die Initiative ergreifen und die
Kommission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht der Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verfassung umzusetzen."
Demnach handelt es um nichts weiter als eine Art kollektives
Petitionsrecht, auf keinen Fall aber besteht eine Möglichkeit, den
Verfassungsvertrag "von unten" zu korrigieren.

Beispiel 3: Für den GA-Korrespondenten wird die soziale Marktwirtschaft
durch den Verfassungsvertrag zur "Grundlage der EU" und Franz
Müntefering liest eine Bestätigung seiner Kapitalismuskritik heraus,
sieht damit dem "Raubtierkapitalismus" sozusagen die Zähne gezogen. Von sozialer Marktwirtschaft ist aber nur an einer Stelle, in Art. I-3 Abs.
3, die Rede; sie wird zudem ebenda als "in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft" qualifiziert. Dagegen wird wiederholt der "Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb" eingeschärft (Art. III-177, III-178, III-185) und gleich zu Anfang wird als eins der Hauptziele der Union der "Binnenmarkt mit freiem und unververfälschtem Wettbewerb" (Art. I-3 Abs. 2) propagiert. Im Namen des Wettbewerbs sollen auch die Dienstleistungen möglichst weit gehend liberalisiert werden (Art. III-147 und III-148), die "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse", also die sog. öffentlichen Dienste, eingeschlossen (Art. III-122). Unter "freiem und unververfälschtem Wettbewerb" scheint Wettbewerb ohne jede soziale und ökologische Einschränkung und ohne Schutzmöglichkeit für schwächere Wirtschaftskreisläufe verstanden zu werden. Wie auch immer, wer die soziale Marktwirtschaft mit diesem Verfassungsvertrag kommentarlos garantiert sieht, den Kapitalismus gezähmt glaubt, hat entweder den Vertragstext nur flüchtig durchgesehen, ist ein Opfer eigenen Wunschdenkens oder versucht, den Leuten ein X für ein Y vorzumachen.

Beispiel 4: Der Eindruck (eines Versuchs) bewusster Täuschung kann vor
allem im Hinblick auf die sicherheits- und verteidigungspolitische
Orientierung des Verfassungsvertrags entstehen. Nachdem bereits die
Präambel verkündet, "ein nach schmerzlichen Erfahrungen nunmehr geeintes Europa" wolle "auf Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt hinwirken", wird auch in Art. I-3 Abs. 1 versichert, Ziel der Union sei
es, "den Frieden, die Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu
fördern". Gewiss, liebliche Zeilen! Leider aber wird die
friedenspolitische Werte- und Ziele-Lyrik in dem ganzen Vertragswerk
nicht durchbuchstabiert. Wirklich nicht? Richtig, die rund 50
militärpolitisch bedeutsamen Artikel buchstabieren im Namen der
„(grundlegenden) Interessen“ der Union (z.B. Art. I-40 (5),
I-41 (5),
III-292 Abs. 2a) so etwas wie einen "militärischen Pazifismus" durch ,
detailreich und geradezu konkretistisch, im Rahmen der altbekannten
imperialen Machtlogik - u.a. mit der Verpflichtung zu kontinuierlicher
Aufrüstung unter der Obhut einer supranationalen Rüstungs- bzw.
"Verteidigungsagentur" (Art. I-41 Abs. 3 und III-311), mit der
Ermöglichung selbstmandatierter weltweiter Kampfeinsätze (Art. I-41 Abs.
1 und III-309) und mit der Herausbildung eines militarisierten
Kerneuropa (Art. I-41 Abs. 5 und 6, III-310 und III-312). Orwells
"Neusprech" lässt sich kaum plastischer exemplifizieren als mit dem sicherheits- und verteidigungspolitischen EU-Jargon.

na dann- auf ins "neue" europa...*jubelapplaus*..und sollte widerstand
aufkommen, wird der dann ganz "legal" beantwortet.

wer sich persönlich durch diesen text wühlen möchte:

http://europa.eu.int/constitution/print_de.htm

aber ist doch toll, in zukunft können sie immer sagen "ich wars nicht- adolf hitler...sorry...die eu gesetze waren es".
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
wie hättest du es denn gemacht?

nachtrag: ich mein jetzt eher die todesstrafensache speziell...
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
@antimagnet

wie hättest du es denn gemacht?

nachtrag: ich mein jetzt eher die todesstrafensache speziell...

ganz diktaktorlike- genau so!

und du wärst, solltest du aufmucken bzw. (un)rechtmäßig festgenommen werden oder dich in einem zukünftigen aufruhr wiederfinden (eher nicht, gelle?), einer der kandidaten welcher...*peng* aus die maus. der finale todesschuss ganz legal und antimagnet fällt mal wieder nichts auf.

das wird die macher aber freuen, das sie so willfährige untertanen wie dich haben, die sich an der wiedereinführung der todesstrafe eigentlich nicht sonderlich stören, sondern denen dazu nur dumme fragen einfallen, die ein heimliches einverständnis schon voraussetzen.

bravo!
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
entschuldige die dumme frage.

selbstverständlich hätt ich an der wiedereinführung der todesstrafe was auszusetzen.
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
tja, die welt ist halt schlecht... :roll:

für die einen ists halt ne verschwörung, für die andern emergenzeffekte. letzteres ist halt ein bisschen komplizierter...
 

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