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Der Ursprung des Bösen und des Leides

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
Die Wesensverwandtschaft mit der ionischen Philosophie

Adamantios schrieb:
Ist das nicht auch bei der ionischen Philosophie so ?

Diese Vorstellungen sind dem heutigen Menschen in der Regel fremd und unbekannt. Falls sie dennoch einmal aufscheinen, so werden sie von Theologen ausdrücklich als »unchristlich« abgetan.

Du meinst wohl, weil manche irrigerweise erklären, es handle sich dabei um Vorstellungen der griechischen Philosophie. Von den alexandrinischen Gelehrten wird gesagt, sie hätten »platonisches Gedankengut« gepflegt, sie hätten das Christentum »hellenisiert« und die christliche Glaubenslehre in ein »philosophisches System« verwandelt.
Erst im Laufe der Zeit sei es der Kirche gelungen, diese wesensfremden griechischen Einflüsse als häretisch zu erkennen und auszusondern.

Dieses Urteil ist indes überhaupt nicht stichhaltig; es erweist sich als die Sichtweise einer Theologie, die seit bald 1800 Jahren römisch geprägt ist und damit überhaupt nichts mehr mit der früheren Lehre gemein hat.

Die Vorstellungen über die 'Präexistenz' der Seele, ihren Sturz aus der Seligkeit sowie die Rückführung in die geistige Heimat bildeten in der frühen Christenheit die wesentliche Grundlage, um das Böse in der Welt und das Vorhandensein von Übeln und Leiden erklären zu können.

Ja sie machen die Verkündigungen der Propheten und die späteren Botschaften aus dem Evangelium über die Persönlichkeit Jesu Christi, über seinen Auftrag und die Bedeutung seiner Erlösungstat überhaupt erst verständlich!

Gruß

Arius
 

Lyle

Vorsteher und Richter
16. Februar 2003
777
Die Vorstellungen über die 'Präexistenz' der Seele, ihren Sturz aus der Seligkeit sowie die Rückführung in die geistige Heimat bildeten in der frühen Christenheit die wesentliche Grundlage, um das Böse in der Welt und das Vorhandensein von Übeln und Leiden erklären zu können.

Ja sie machen die Verkündigungen der Propheten und die späteren Botschaften aus dem Evangelium über die Persönlichkeit Jesu Christi, über seinen Auftrag und die Bedeutung seiner Erlösungstat überhaupt erst verständlich!
Da hatte Paulus, der ja wohl noch etwas früher lebte eine etwas andere Ansicht, (z.B. Röm 5,12ff)
Das das Christentum keine Antwort auf die Frage nach dem URsprung des Leides hat ist schlichtweg falsch. Man muss nur in dem Buch auf den ersten Seiten nachlesen um die christliche Antwort im groben kennenzulernen. Und wem das noch nicht genug ist, der findet an anderen Stellen noch ergänzendes Material und weitere Erklärungen, wie in obiger Referenz.
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
Lyle schrieb:
Da hatte Paulus, der ja wohl noch etwas früher lebte eine etwas andere Ansicht

keineswegs, Paulus reihte sich ein in die Heilsgeschichte wie auch Platon und Origenes! denn die zahlreichsten und größten Christengemeinden befanden sich ja in der griechischen Welt.
Bei dieser Beobachtung stellt sich nun zwangsläufig die Frage: Weshalb war das so? Die Erklärung dafür liegt darin, dass es ganz offensichtlich die Griechen waren, die sich von den Botschaften des Evangeliums, die ihnen vor allem vom Völkerapostel Paulus vermittelt wurden, am meisten angesprochen fühlten. Sie waren es, die als erste wirklich realisierten, welche Bedeutung die Ereignisse in Palästina hatten, wer Jesus von Nazareth war und mit welchem Auftrag er sein Menschendasein angetreten hatte.

Als nämlich Paulus in den griechischen Städten die Botschaft verkündete, der »Gesalbte Gottes«, der »Christos«, sei Mensch geworden und hätte den Menschen die »Auferstehung von den Toten«, die Befreiung vom Totenreich, gebracht, da horchten die in einem ionischen Geist Gebildeten unweigerlich auf; denn hier vernahmen sie Dinge, die ihnen von ihrem eigenen Glauben und ihren Philosophen her vertraut waren.

Auf Grund der Schilderung dieser Begebenheiten und durch eigene Nachforschung ließen sie sich davon überzeugen, dass in Palästina das bedeutungsvollste Geschehen der Weltgeschichte eingetreten war, auf das sie und ihre Vorfahren hofften: die Ankunft jenes hohen Olympiers, der den Herrn der Unterwelt besiegte, die Mauern des Hades(Unterwelt) durchbrach und damit den Weg frei machte für ihre Rückkehr in den Olymp (Sitz der göttlichen Wesen). Gleichzeitig wurde ihnen bewusst, wer dieser hohe Olympier war, der diese Aufgabe auf sich genommen hatte: Sie erblickten in Jesus den Mensch gewordenen Logos höchstpersönlich, das von ihnen verehrte »göttliche Wort« (vgl. Joh. 1,1-3). Diese Überzeugung machte sie zu Christen!
 

NoToM

Intendant der Gebäude
13. Januar 2003
852
Gut und Böse, Leid und Freud, dass alles sind in meinen Augen rein Menschliche definitionen von Empfindungen.
Sie dienen der Orientierung wie Links und Rechts. Was ist Gut, was ist Böse ? Hier wurde behauptet, jeder Mensch wüsste das eigentlich in der tiefe seines Herzens. Ich befürchte nur, die Realität sieht ein wenig anders aus. Vermutlich gibt es so viele Definitionen davon wie es Menschen gibt.
Religionen und auch die Rechtssprechung haben den ehrenwerten Versucht gemacht, diesen Begrifflichkeiten einen Rahmen zu geben um ein friedliches zusammenleben zu ermöglichen.
Es gibt viele Beispiele für zum Teil für uns perverse Auslegungen dieser Begriffe. Kriege von selbsternannten Gutmenschen um das Böse aufzuhalten oder zu vernichten, Massenmörder, welche ohne schlechtes Gewissen duzende Menschen töten und überzeugt sind, das richtige zu tun.
Selbst wenn es einen Gott geben sollte, könnten wir ihn keine Vorwürfe zum Geschehen auf dieser Welt machen. Er gab uns alles, was wir brauchen. Was wir mit diesem Geschenk machen, liegt ganz alleine bei uns.
Viele haben schon versucht, ein Regelwerk oder eine Anleitung zu erstellen, um das zusammenleben Fair und Befriedigend zu gestalten. Warum das bis jetzt nie wirklich funktioniert hat, liegt einfach daran, dass wir Menschen verschieden sind und es so gut wie unmöglich ist, es allen recht zu machen. Wer gegen diese Regeln verstösst, ist dann schnell einmal Böse. Hauptsachte man kann der Regelwiedrigkeit einen Namen geben. Was einen Namen hat, ist nur noch halb so angsteinflössend...
 

Lyle

Vorsteher und Richter
16. Februar 2003
777
Nur seltsam, dass er in seinen Briefen dann immer etwas anderes geschrieben hat.
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
Das Christentum als Fortsetzung der ionischen Geisteswelt

Das Christentum ist sozusagen die Fortsetzung der ionischen Geisteswelt, zu deren hervorragendsten Vertretern Sokrates und Platon zählten.
Diese Wesensgleichheit wurde von den ersten christlichen Gelehrten denn auch immer wieder betont und explizit hervorgehoben!

So nennt einer der berühmtesten Verteidiger der christlichen Lehre (Apologeten), der Philosoph Justin der Märtyrer (gest. in Rom um 165 n.Chr.), beispielsweise Sokrates einen »Christen«, da er im Besitz der Wahrheit - das heißt der Erkenntnis des Logos und seiner Bedeutung - gewesen sei.
Justin zweifelt nicht daran, dass den ionischen Geistesgrößen die Lehren der israelitischen Propheten bekannt und vertraut waren und sie somit aus der gleichen geistigen Quelle schöpften wie die Christen. Auch Origenes erwähnt in seiner Schrift gegen den Christenverfemer Kelsos ausdrücklich, dass bereits Platon sich über Christus, den Sohn Gottes, geäußert und in ihm den Weltschöpfer erkannt habe.

Diese innere Übereinstimmung zu kennen ist äußerst wertvoll; denn sie hilft uns, zu den Quellen zurückzukehren und das ursprüngliche Gedankengut der frühen Christenlehrer wie beispielsweise des Origenes vom Schutt späterer Überlagerungen zu befreien.

Da ihre Schriften teilweise verfälscht und lückenhaft sind, ist es oft schwierig, den ursprünglichen Gedankengang herauszulesen. Daher können in manchen Themenbereichen die Erklärungen der ionischen Philosophen eine große Hilfe sein, um das gesamte Bild wieder zu erschließen und eine Bestätigung der diesem innewohnenden Kerngedanken zu erhalten.
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
NoToM schrieb:
Gut und Böse, Leid und Freud, dass alles sind in meinen Augen rein Menschliche definitionen von Empfindungen.

Sie haben ihre Ursachen aber in der jenseitigen Welt (bitte lese mal auf den vorigen Seiten nach).

Der Mensch ist aufgefordert, seine im Laufe des Abfalls angeeigneten Untugenden im Laufe mehrerer menschlichen Leben gutzumachen.

Damit ergibt sich eine große Verantwortung gegenüber der Natur, dem Mitmenchen und seiner geistigen Urquelle.
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
@ arius

Sie haben ihre Ursachen aber in der jenseitigen Welt (bitte lese mal auf den vorigen Seiten nach).

Kannst du es vielleicht nochmal zusammenfassen. Du hast nicht gerade wenig auf den letzten seiten geschrieben.

Hauptsachte man kann der Regelwiedrigkeit einen Namen geben. Was einen Namen hat, ist nur noch halb so angsteinflössend...

Stimmt, das böse ist keineswegs eine allzu offensichtlich kraft die den menschen auszerrt und ihn nur geißelt. Sie ist auch etwas was ihn umgarnen kann und ihn an diese welt zu binden vermag. Etwas was seinen geist und seine persönlichkeit umschmeichelt und lobpreist.
Am besten hat dies meines erachtens der russische philosoph wladimir solowjew in seiner "kurzen erzählung vom antichristen" zu verdeutlichen vermocht.
Hierin beschreibt solowjew europa in zeiten des umbruchs und der politischen umwälzungen. Später ist europa ein bund von völkern die die vereinigten staaten von europa bilden. In dieser situation der neuorientierung tritt ein bemerkenswerter mensch auf, der durch seine philosophischen, literarischen und sozialen tätigkeiten schon weithin berühmt geworden ist. Solowjew beschreibt ihn als überzeugten spiritualisten, dessen klarer geist ihn immer auf die wahrheit auf dessen hinweist, an das man glauben muss "Er glaubte an gott, liebte aber nur sich selbst"
Darin spricht der antichrist, der sich in einer lichten stunde auch als solcher wahrnimmt:"Ich werde den menschen alles geben, was sie brauchen. Als moralist trennte christus die menschen in gut und böse. Ich werde sie wieder vereinigen durch die güter, deren gut und böse in gleicher weise bedürfen."
Besonders treffend beschreibt solowjew gerade den inneren kampf des antichristen, der sich im geiste keineswegs in konkurrenz zu christus zu sehen glaubt, aber nur alleine durch sein handeln sich entscheidend von ihm abwendet und unterscheidet.
In einer verzweiflungstat in der er sein wahres wesen langsam zu begreifen versteht, versucht er sich anfänglich sogar noch das leben zu nehmen und sich von einer klippe zu stürzen. Aber sorat der dämon der sonne, das gegenstück zum christuslogos schenkt ihm das leben und offenbart sich ihm als sein vater, allerdings mit den gegenteiligen, umgedrehten worte wie sich gott christus offenbarte mit
"Das ist mein lieber sohn..", offenbart sich sorat dem antichristen mit
"Du bist mein lieber sohn, an dem ich wohlgefallen habe."Aber sorat hat nur interesse an der noch nicht geoffenbarten persönlichkeit, dem ich-menschen.
 

NoToM

Intendant der Gebäude
13. Januar 2003
852
arius schrieb:
NoToM schrieb:
Gut und Böse, Leid und Freud, dass alles sind in meinen Augen rein Menschliche definitionen von Empfindungen.

Sie haben ihre Ursachen aber in der jenseitigen Welt (bitte lese mal auf den vorigen Seiten nach).

Der Mensch ist aufgefordert, seine im Laufe des Abfalls angeeigneten Untugenden im Laufe mehrerer menschlichen Leben gutzumachen.

Damit ergibt sich eine große Verantwortung gegenüber der Natur, dem Mitmenchen und seiner geistigen Urquelle.

Ich habe Deine Beiträge gelesen, Du meinen auch oder nur den ersten Satz ?
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
Übereinstimmende Aussagen über die Wurzel des Übels

Sowohl für die griechischen Philosophen Sokrates und Platon als auch für die frühen Christen war es der unverrückbare Kern ihres Glaubens, dass Gott in Wahrheit existiert und er der Urheber alles Guten ist.

Sie setzten sich zeit ihres Lebens gegen Meinungen zur Wehr, die eine Ohnmacht Gottes, seine Indifferenz oder seine Nichtexistenz behaupteten oder die gar unterstellten, das Übel in der Welt stamme von Gott. Sokrates betonte in einem Gespräch mit Adeimantos, dem Bruder Platons:

»Mit aller Kraft muss man gegen den Satz ankämpfen, dass Gott, der immerdar Gute, schuld sei an dem Übel, das einen betroffen!«

Die Wurzeln des Übels galt es nach Ansicht der Genannten anderswo zu suchen, nämlich im Wesen und Streben eines jeden Geschöpfes selbst.

Voraussetzung für diese Sicht war der Glaube an die Präexistenz der Seele, das heißt der Glaube an ihr Dasein vor der Einkleidung in einen irdischen Körper. Platon führt dazu aus:

Was Anfang und Ursache allen Werdens und Vergehens ist, das stellen die Gottesleugner nicht als erstes, sondern als später Gewordenes hin und das später Gewordene als das Frühere, und das hat eben dazu geführt, dass sie über die wahre Natur des göttlichen Wesens im Irrtum sind.
Über Wesen und Wirkungsweise der Seele scheinen so ziemlich alle in Unkenntnis zu sein, und zwar bezieht sich diese Unwissenheit wie auf alles andere an ihr, so besonders auf ihren Ursprung. Man hält sie für das Spätere, während sie doch tatsächlich das erste ist, das vor allen [irdischen] Körpern da war, und zu aller Veränderung und Umgestaltung der Körper ihrerseits erst den Anstoß gibt.
Ist dem aber so, muss dann nicht notwendig alles der Seele Verwandte ursprünglicher sein als alles, was zum Körper gehört, wenn sie doch älteren Ursprungs ist als der Körper?«

Die Wurzel des Bösen liegt auch nach Platon in einer jenseitigen Welt, die er als die »Welt der Ideen«, als »Welt des wahren Seins« oder als »Urbild« bezeichnet.
Das Ereignis, das von den israelitischen Propheten in sinnbildlicher Sprache als Sturz des »strahlenden Morgensterns« und in der Offenbarung des Johannes als »Krieg im Himmel zwischen den Engeln Michaels und den Engeln des Drachens« beschrieben wird, erscheint in griechischen Mythen als Krieg im Olymp, in dem der Titan Kronos die Ungetreuen in die düstere Unterwelt verstieß.

An deren Folge haben wir heute immer noch zu tun, aber wir sind auf dem Weg der Widerherstellung, und das ist postitiv !
 

bombaholik

Auserwählter Meister der Neun
14. Oktober 2003
924
Ist ja alles schön und gut, deine christliche Propaganda, leider ist es halt nur eine HALB-Wahrheit. *g*

Gruss
 

innerdatasun

Intendant der Gebäude
19. Juli 2002
842
Die Wurzel des Bösen liegt auch nach Platon in einer jenseitigen Welt, die er als die »Welt der Ideen«, als »Welt des wahren Seins« oder als »Urbild« bezeichnet.

Find ich zwar ein bisschen irritierend den begriff, aber mit der erklärung kann ich leben.

Ist ja alles schön und gut, deine christliche Propaganda, leider ist es halt nur eine HALB-Wahrheit. *g*

Ich weiß zwar nicht wo du da christlich propaganda siehst, obwohl ich den text und seine aussage auch nicht als besondere bereicherung in diesem thread jetzt noch ansehe.
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
Kein Geschöpf ist wesenhaft gut !

Doch wo sehen Platon udn Origenes die Gründe, die zu diesem Sturz aus der Seligkeit führten? Wo liegt die Erklärung dafür, dass es in einer Welt der Seligkeit und der Harmonie überhaupt zu Schlechtigkeit und Untugenden kommen konnt?

Die deutlichste Antwort darauf finden wir bei Origenes; gemäss seinen Ausführungen gelte es, folgendes sich vor Augen zu halten:
Kein einziges Geschöpf sei wesenhaft gut. Wesenhaft gut sei einzig und allein Gott, der Vollkommene und der Spender und Erhalter allen Lebens (z.B.Markus 10, 18).
Die Geschöpfe dagegen müssten sich aus eigenem Antrieb um das Gute bemühen; sie seien beschenkt worden mit dem freien Willen, der ihnen ein individuelles Streben ermögliche.

Ein Teil der Geschöpfe habe sich im Laufe der Zeit jedoch nicht mehr in »richtiger und lobenswerter Weise« um das Gute bemüht. Gewöhnt an all das Schöne und Gute, das sie umgab, sei in ihnen Überdruss und Trägheit aufgekommen, was zu Nachlässigkeit im Bemühen um das Gute führte. Diese Nachlässigkeit gegenüber dem Besseren sei der Anstoß gewesen, sich vom Guten zu entfernen und in Schlechtigkeit zu geraten.

Dieses Ins-Schlechte-Geraten bedeute die Vernachlässigung der Werte der gedeihlichen Gemeinschaft, beziehungsweise das Auflehnen gegen die Gesetze, die diese Gemeinschaft ermöglichen: Bei den fehlbaren Vernunftwesen habe nicht mehr das gemeinsame Glück im Vordergrund gestanden, sondern das eigene; das heißt, es wurden eigennützige Interessen und Wünsche gehegt und verfolgt, während das Wohl der Gemeinschaft vernachlässigt wurde.

Das Vergessen der wahren Aufgaben und damit die Entwicklung zum Schlechten könne man jedoch nur verstehen, wenn man sich der zeitlichen Dimension dieses Prozesses bewusst sei: Dieser habe sich über unermesslich lange Zeitraume hingezogen - denn nur auf diese Weise würden die Bosheit und die Verdorbenheit, wie sie bei den gefallenen Geschöpfen mehr oder weniger aufschienen, überhaupt erklärbar.

Origenes vergleicht das Geschehen mit den Fachkenntnissen eines Berufsmanns, die, so sie über einen großen Zeitraum hinweg nicht mehr mit Fleiß und Ausdauer geübt und gepflegt werden, mehr und mehr entfallen und mit der Zeit ganz in Vergessenheit geraten.
 

Woppadaq

Großmeister-Architekt
2. August 2003
1.228
Re: Kein Geschöpf ist wesenhaft gut !

arius schrieb:
Dieses Ins-Schlechte-Geraten bedeute die Vernachlässigung der Werte der gedeihlichen Gemeinschaft, beziehungsweise das Auflehnen gegen die Gesetze, die diese Gemeinschaft ermöglichen: Bei den fehlbaren Vernunftwesen habe nicht mehr das gemeinsame Glück im Vordergrund gestanden, sondern das eigene; das heißt, es wurden eigennützige Interessen und Wünsche gehegt und verfolgt, während das Wohl der Gemeinschaft vernachlässigt wurde.

Fazit:
1. Man muß an Gott glauben, um die Existenz von Gut und Böse NICHT in frage zu stellen.
2. Der Mensch ward vernünftig, damit fehlbar, damit eigennützig. Ein guter Mensch ist also unfehlbar, unvernünftig und uneigennützig.
3. Das Wohl der Gemeinschaft ist wichtiger als das Wohl des Einzelnen.
4. Emanzipation ist, genaugenommen, was Schlechtes.
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
Die irdische Welt - bewohnt von gefallenen Geschöpfen

Woppadaq schrieb:
Der Mensch ward vernünftig, damit fehlbar, damit eigennützig.

Unter "Mensch" muss man sich aber hier ein vernunftbegabtes feinstoffliches Wesen vorstellen, denn der Abfall ereignete sich ja vor unvorstellbar langen Zeiten, also Hudnerten Milliarden von Jahren in einer geistigen Sphäre, unendlich lange, bevor das All überhaupt geschaffen wurde.

In die irdische Welt heute ist eben bewohnt von diesen damals gefallenen Geschöpfen, hier haben sie sich als grobstoffliche Menschen zu bewähren.

Im Wissen über diesen einstigen Abfall vom Guten und über die Rückkehr der reuig Gewordenen liegt für die ionischen Philosophen wie auch für die Lehrer der frühen Christenheit die Antwort auf die Frage nach dem Bösen in der Welt. Wenn man die Verhältnisse unserer irdischen Welt betrachte und angesichts all des Übels die Frage nach Gottes Gerechtigkeit und Güte aufwerfe oder gar die Frage, weshalb er all das Böse zulasse, so gelte es, die Gesetze von Ursache und Wirkung im Auge zu behalten.

Nicht Gott sei der Urheber des Übels, wie einige Fehlgeleitete behaupten würden, sondern in den Geschöpfen selbst liege die Ursache des Bösen. Die irdische Welt werde bevölkert von gefallenen, belasteten Wesenheiten, die durch eigenes Verschulden in Schlechtigkeit geraten und in denen die Tugenden in unterschiedlichem Maß der »Vergessenheit« anheim gefallen seien; auch befänden sich die Geschöpfe seit unterschiedlich langer Zeit auf dem Weg der Läuterung. Aus diesen Gründen träten unter ihnen unterschiedliche Gesinnungen zutage. Origenes erklärt dazu:

»Die Rückkehr in die Welt der Seligkeit muss man sich nicht als ein plötzliches Geschehen vorstellen, sondern als ein allmähliches, stufenweise im Lauf von unzähligen und unendlich langen Zeiträumen sich vollziehendes, wobei der Besserungsprozess langsam einen nach dem andern erfasst; einige eilen voraus und streben rascher zur Höhe, andere folgen in kurzem Abstande, und wieder andere weit hinten, und so gibt es zahllose Stufen von Fortschreitenden, die aus der Feindschaft zur Versöhnung mit Gott kommen.«
 

arius

Großer Auserwählter
16. Juli 2003
1.555
Der "Kampf" um den Menschen zwischen Ober- und Unt

Um das Vorherrschen des Übels in seiner Gesamtheit zu verstehen, sollte doch ein vernünftig denkender Mensch erkennen, dass die Menschen unter dem Einfluss der Unterwelt und deren Mächte stehen.

Origenes erklärt, es fände ein Ringen um den Aufstieg statt: Während die göttliche Welt versuche, den Menschen innerlich zu heben und zu stärken, würden die Mächte der Finsternis alles daran setzen, ihre einstigen Anhänger von der Rückkehr zu Gott abzuhalten und sie in ihrem Bemühen um das Gute zu Fall zu bringen; sie würden versuchen, den Menschen in seiner ihm (noch) innewohnenden Bosheit und in seinen Untugenden zu unterstützen, ihn dementsprechend zu inspirieren und zum willfährigen Werkzeug des Bösen zu machen, das seinen Mitmenschen an Leib und Seele Schaden zufügt.
Sie würden seine Trägheit und Schwäche ausnutzen und »von seinem Bewusstsein Besitz nehmen, vor allem wenn kein Tugendglanz sie zum Widerstand treibt.

Von dieser geistigen Auseinandersetzung zeugt das Alte Testament: Es berichtet vom Kampf Jahwes, des lebendigen Herrn, um das Volk Israel, das immer wieder von ihm und seinen Geboten abfiel und sich den Götzen der Unterwelt zuwandte, deren Sitten frönte, den »Baalen« opferte und sogar seine Kinder als Brandopfer darbrachte (Jer. 19, 3-5).

Auch im Neuen Testament spielt dieser Kampf um den Menschen eine zentrale Rolle. So zitiert Origenes beispielsweise Paulus, der es als die Aufgabe des Menschen betrachtet habe, die »Werke der Finsternis« abzulegen und anzuziehen die »Waffen des Lichts« (Röm. 13, 12); die Rückkehr des Menschen in seine geistige Heimat sei ein »Ringkampf, der nicht wider Fleisch und Blut geht, sondern wider die Gewalten, wider die Mächte, wider die Beherrscher dieser Welt der Finsternis, wider die Geisterwesen der Bosheit in den jenseitigen Regionen«.
(Eph. 6, 12)
 

Woppadaq

Großmeister-Architekt
2. August 2003
1.228
Re: Der "Kampf" um den Menschen zwischen Ober- und

arius schrieb:
Origenes erklärt, es fände ein Ringen um den Aufstieg statt: Während die göttliche Welt versuche, den Menschen innerlich zu heben und zu stärken, würden die Mächte der Finsternis alles daran setzen, ihre einstigen Anhänger von der Rückkehr zu Gott abzuhalten und sie in ihrem Bemühen um das Gute zu Fall zu bringen; sie würden versuchen, den Menschen in seiner ihm (noch) innewohnenden Bosheit und in seinen Untugenden zu unterstützen, ihn dementsprechend zu inspirieren und zum willfährigen Werkzeug des Bösen zu machen, das seinen Mitmenschen an Leib und Seele Schaden zufügt.

Nun gibts da ein kleines Wort, was mich irritiert: zurück ! Wieso zurück zu Gott? Warum nicht "Vorwärts zu Gott" ?

Es ist nicht zu übersehen, daß der Verlauf der Geschichte immer mehr Menschlichkeit in der Gesellschaft gebracht hat. Wem ist dies anzulasten, Gott oder den Mächten der Finsternis ?

Sie würden seine Trägheit und Schwäche ausnutzen und »von seinem Bewusstsein Besitz nehmen, vor allem wenn kein Tugendglanz sie zum Widerstand treibt.

Es ist aber erfahrungsgemäß so, daß gerade die Starken und Schnellen den Mitmenschen Schaden an Leib und Seele zufügen. Trägheit ist deshalb oft in Verbindung mit Spiritualität zu sehen, die Unterstützung der Schwachen wird von ihnen betrieben.
 

dimbo

Meister vom Königlichen Gewölbe
30. September 2002
1.434
Eine "Wo kommt XY her?"-Frage führt selten zu etwas. Das ist in etwa vergleichbar mit einem kleinen Kind, das immer weiter "Waruu-um?", weil es noch nicht weiß, dass jede Antwort eine neue Frage impliziert.

Beginnen wir mit dem infiniten oder unendlichen Regress: In diesem Fall begründen Sie Argument 1 mit Argument 2, dieses wiederum mit Argument 3 usw. (wie in dem oben erwähnten Beispiel des wissbegierigen Kindes). Stets tauchen neue Warum-Fragen auf, die weitere Begründungen provozieren. Sie könnten ewig so fort fahren, wenn sie die nötige Zeit und Ressourcen haben, aber sie würden niemals auf festen Boden gelangen. Deshalb ist dieses Verfahren praktisch wertlos. Sie versinken immer tiefer im Sumpf der Letztbegründungen und werden niemals ein echtes Problem lösen können.
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Deswegen empfinde ich Fragen wie:

  • Wo kommen wir her?
    Wo beginnt Bewusstsein?
    Gibt es einen oder mehrere göttliche Wesen?
    Was ist die Wahrheit?

nur dann als sinnvoll, wenn man sie sich selbst stellt. All diese Fragen kann jeder Mensch nur selbst beantworten, es gibt keine allgemein gültige Antwort. Der letzte Satz ist keine Spekulation, sondern er ist logisch auf wissenschaftlicher Basis verifizierbar.

Es gibt mehrer Möglichkeiten der Beantwortung dogmatischer Fragen (den infiniten Regreß hatten wir ja oben schon):

Kommen wir zum zweitem Verfahren, dem logischen Zirkel: Nehmen wir an, Sie behaupten, Albert Schweizer sei ein guter Mensch gewesen. Auf die Frage, warum Sie das glauben, antworten Sie: Weil er sich mit aller Kraft für Mensch und Tier eingesetzt hat. Warum? Weil er Ehrfurcht vor dem Leben hatte. Warum aber ist Ehrfurcht vor dem Leben etwas Gutes? Ganz einfach, antworten Sie: Weil Albert Schweitzer ein guter Mensch war.

Beim logischen Zirkel begründen Sie Argumente mit Argumenten, die sich bereits zuvor als begründungswürdig erwiesen haben - ein Verfahren, das - wie man sofort erkennt - ebenfalls keine Chancen bietet, dem Sumpf der Letztbegründungen zu entfliehen. Gefangen im logischen Zirkel drehen Sie sich lediglich im Kreis...
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Bleibt also nur noch der Abbruch des Verfahrens. Auch hierzu ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie behaupten: Verheiratete sollten sich niemals scheiden lassen können. Auf die entrüstete Gegenfrage, warum das denn so sein müsse, antworten Sie, weil Jesus es so wollte und wir ihm folgen müssen. Warum? Weil er Gottes eingeborener Sohn war und ist und alle Menschen den Anordnungen Gottes zu folgen haben. Um weitere Gegenfragen bereits im Keim zu ersticken, fügen Sie hinzu: Wer?s glaubt, wird selig, alle anderen werden in die Hölle verdammt und damit Ende der Diskussion!

Dieses letzte Verfahren bietet nun in der Tat ein festes Fundament, mit dem man den Sumpf verlassen könnte. Allerdings zahlt man für dieses stabile Fundament einen hohen Preis, nämlich den Preis des Fundamentalismus, denn der "Abbruch des Letztbegründungsverfahrens an einem bestimmten Punkt" bedeutet letztlich - nichts anderes als "eine Begründung durch Rekurs auf ein Dogma".
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Dr. Michael Schmidt-Salomon schrieb:
Als Gefangene im Letztbegründungssumpf scheint es, dass wir keine andere Möglichkeit haben, als das skandalöse Verfahren des dogmatischen Abbrechens der Begründungskette in Anspruch zu nehmen. Auch wenn Autoren wie Karl Otto Apel uns mit "hermeneutischen Sprachspielen" das Gegenteil einreden wollen: Je genauer wir die einzelnen philosophischen Strömungen unter die Lupe nehmen, desto offensichtlicher wird es, dass jedes Denken - in letzter Instanz - auf Unbegründbarem gründet. Mit anderen Worten: Niemand entrinnt dem Münchhausen-Trillemma - nicht einmal Hans Albert, der es entdeckt und in präzisen Worten beschrieben hat.

Es gibt in der Tat nur einen Weg, dem Sumpf zu entkommen, und der liegt in der (zeitweiligen) Aufhebung der normalerweise bindenden, rationalen Begründungszwänge, d.h. in der Inanspruchnahme eines willkürlich gesetzten Dogmas. Die kritische Frage: Geht das da noch mit rechten Dingen zu?, ist in diesem Fall nicht angebracht. Der Sumpf der Letztbegründungen ist - und damit müssen wir uns wohl abfinden - so etwas wie die "twilight zone" der Philosophie, hier gelten andere Gesetze als auf anderem philosophischen Terrain, hier ist die Schwerkraft der rationalen Argumentation aufgehoben. Und darum gibt es hier auch nur diesen einen, von Münchhausen angedeuteten Ausweg: und der besteht in der Tat darin, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Wir werden schlichtweg keinen festen Boden unter den Füßen finden, wenn wir nicht gewillt sind, ihn uns selbst zu geben.

Die Frage ist nun: Welchen Boden wollen wir uns geben? Wie ist der Schopf beschaffen, mit dessen Hilfe wir uns aus dem Sumpf ziehen wollen?

Hier gibt es höchst verschiedene Vorschläge: religiöse, nationalistische, ethnozentristische, biologistische, formalistische usw. Ich für meinen Teil ziehe ein radikal-humanistisches Fundament vor. Quelle

Stellt man diese Frage anderen Menschen, dann darf man nicht erwarten, eine zufriedenstellende Antwort zu bekommen. Religionen sind organisierte Dogmen, vereinheitlichte Methoden der Letztbegründung.

Religionen waren lange also sinnvoll, da sie gesellschaftlichen Zusammenhalt durch eine kollektive Vorgabe von Antworten auf die Frage der Letzbegründung gefördert haben. Da die Zusammenarbeit untereinander sehr viel besser klappt, wenn alle glauben, vom selben Gott geschaffen worden zu sein, als wenn einer dies, einer das, und der dritte gar nichts glaubt, war es zu Beginn der Ausbreitung der großen Religionen mit Sicherheit kein Zufall, dass sie derart erfolgreich waren. Sie haben eben nicht nur Dogmen, sondern auch Struktur, Zusammenhalt und Organisation eingeführt. Nebenbei haben sie auch noch schicke Kathedralen, Synagogen und Moscheen gebaut. Die Verbechen der Kirche lasse ich aus dieser eher theologischen Debatte an dieser Stelle mal ganz außen vor.

Die Sache ist nur, dass wir uns heute auch ganz prächtig weiter entwickeln können, ohne alle das Gleiche glauben zu müßen. In einem nicht-laizistischen aber für alle Religionen offenen Staat wie der Bundesrepublik Deutschland muss ganz besonders auf den Grundsatz der Toleranz gegenüber allen Glaubensüberzeugungen geachtet werden und die Gleichwertigkeit aller Religionen gelten!

Ich fasse meinen Punkt nochmal kurz zusammen:

  • Wenn man Menschen Fragen, die eine Letztbegründung als Antwort voraussetzen, stellt, dann sollte man sich darüber im Klaren sein, dass dies zu Zwietracht und Ärgernissen führen muss - ausser man begegnet jedem geäußerten Glauben mit Toleranz and Akzeptanz. Und zwar ist nicht die Akzeptanz dessen, dass das, was der andere da glaubt, stimmt, gemeint, sondern eine Akzeptanz dessen, dass dies Fragen sind, bei denen man nur zu einer gemeinsamen Antwort gelangen kann, wenn man sich den gleichen Dogmen beugt und es deswegen kein Zeichen von Schwäche, Dummheit oder mangelndem Wissen des jeweils anderen ist, wenn man nicht zu einer gemeinsamen Überzeugung kommt. Menschen sind wie Schneeflocken - jede anders!

Wem das hier viel zu wissenschaftlich ist, dem empfehle ich die Ringparabel.[/url]
 

Zerch

Prinz des Tabernakels
10. April 2002
3.809
"des einen Leid ist des anderen freund"

"es gibt nichts das gut und böse ist - es sind alles Begebenheiten,Umstände,Taten und Auswirkungen die das sind was sie sind -und was sie sind ist je nach Ansichtsweise relativ und nur Personenbezogen bestimmbar"
 

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