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Die aktuelle Debatte zur Cannabis Legalisierung in Deutschland 2022

Giacomo_S

Ritter-Kommandeur des Tempels
13. August 2003
4.538
Legitime punkte. Schätze ich hab da nur aus eigener erfahrung geschrieben.

Grundsätzlich bezweifle ich nicht, das heutzutage noch immer zuviele Drogen genommen und zuviel Alkohol getrunken wird. Und nach wie vor gibt es auch zuviele Drogentote - und jeder Drogentote ist einer zuviel.

Bezugnehmend auf den Alkohol - sehe ich auch als Droge - ist es mal interessant, von welchen Mengen da zu vergangenen Zeiten die Rede war.
Schauen wir einmal auf das 19. und frühe 20. Jh.:

1. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. und danach galt es für einen bürgerlichen Hausherren als völlig normal und ordentlich, pro Jahr einen (persönlichen, alleinigen) Bierverbrauch von 2.000 Litern zu haben, eher mehr. Das sind dann mal so sechs Liter pro Tag, entsprechend 12 Halbliterflaschen heutzutage - 365 Tage im Jahr, Tag für Tag.

2. Ich stamme aus einem ländlichen, im 19. Jh. armen Landkreis in NRW (Lippe). Im 19. Jh. sind viele Lipper den Winter über ins nahegelegene Ruhrgebiet gereist, um da hauptsächlich in der Ziegelei zu arbeiten. Autobiografien und Tagebücher dieser Wanderarbeiter enthalten alle ein Element: Es wird Schnaps an die Arbeiter ausgegeben, er ist Teil der Anstellung und muss von den Arbeitern auch nicht bezahlt werden. Jeder Arbeiter erhält 0,25 l Schnaps morgens, und 0,25 l Schnaps am Nachmittag.
Jeder Arbeiter gibt sich da also in jeder Schicht mal so täglich einen halben Liter Schnaps am Tag, mutmaßlich Korn (40%).
Es gibt auch erklärte Abstinenzler unter den Arbeitern, oft protestantische Pieätisten. Sie verkauften ihre Rationen dann an andere Kollegen, die mehr Schnaps brauchten ...

Selbst in meiner Jugend und als junger Erwachsener gab es keine Handwerker ohne den obligatorischen Kasten Bier, insbesondere auf dem Bau. In den Chefetagen gab's zu Vertragsabschlüssen einen oder zwei Cognac, meine Kolleginnen in der Krankenhausküche tranken mittags zwei Glas Sekt ("für den Kreislauf", natürlich) und in der Schleifsteinfabrik gab es jeden Mittag zwei Gläschen Schnaps.
Heutzutage wäre das alles undenkbar, vor allem wegen der Sicherheit am Arbeitsplatz - ohne Frage zu Recht. Und selbst in den Chefetagen, Sicherheit hin oder her, wäre es ein No-Go.
Der bürgerliche Hausherr, der sich privat jeden Tag 12 Flaschen Bier gibt, der gälte heute als Alkoholiker. Mutmaßlich auch zu Recht ...

... allerdings ist heutzutage in der Sozialwissenschaft praktisch ein jeder ein Alkoholiker, denn das Maß für diese Kategorie beginnt bereits bei zwei Flaschen Bier pro Tag. Lachhaft, oder?

Und genau darauf wollte ich hinaus:
Welches Verhalten "normal" (im Zusammenhang mit Drogen & Alkohol) ist, und welches als "pathologisch" oder "Sucht" zu bezeichnen ist ... ist letztlich eine reine Frage der Definition. Definitionen, die sich ändern können, wie wir gesehen haben: Über die Kulturen, über die Zeiten.
Persönlich wehre ich mich allerdings dagegen, jeden Menschen in solche Kategorien stecken zu wollen, vor allem aus drei Gründen:

1. Es ist meine persönliche Freiheit, Alkohol zu trinken (und mittlerweile auch, Cannabis zu nehmen) - solange ich mich an die Grundregel "Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps" halte ... was ja auch okay ist.
2. Es hilft nichts, jeden, der am Feierabend mal zwei Bier trinkt, als "Alkoholiker" zu diffamieren. Denn wenn man alles als Sucht definiert, dann wird die Definition schwammig. Das nützt weder der Bevölkerung, noch schwer Abhängigen.
3. Wenn eine Gesellschaft bestimmte Aspekte nicht will, dann hat sie sie zu verbieten - mit allen Konsequenzen, die das hat. Kann oder will sie es nicht, dann hat sie sie auch zu erlauben. Ich war schon in einem Land (Marokko), in dem Alkohol im Prinzip legal, aber mehr reglementiert ist.
Es bewirkt dann aber auch, dass sich nur der Wohlhabende eine Flasche Bier leisten kann, der kleine Mann aber eher nicht.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
22.200
1. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. und danach galt es für einen bürgerlichen Hausherren als völlig normal und ordentlich, pro Jahr einen (persönlichen, alleinigen) Bierverbrauch von 2.000 Litern zu haben, eher mehr. Das sind dann mal so sechs Liter pro Tag, entsprechend 12 Halbliterflaschen heutzutage - 365 Tage im Jahr, Tag für Tag.
Da wüßte ich jetzt gern die Quelle, denn das ist allein schon viel mehr Flüssigkeit, als man normalerweise zu sich nimmt.
Jeder Arbeiter gibt sich da also in jeder Schicht mal so täglich einen halben Liter Schnaps am Tag, mutmaßlich Korn (40%).
Oder 32%? Nicht daß es viel ausmachen würde, aber das andere ist Doppelkorn.

Ergänzung. Die Lüttringhauser Bandwirker bekamen zum 2. Frühstück einen Korn und ein Schinkenbrot.
 

Giacomo_S

Ritter-Kommandeur des Tempels
13. August 2003
4.538
Da wüßte ich jetzt gern die Quelle, denn das ist allein schon viel mehr Flüssigkeit, als man normalerweise zu sich nimmt.

Konkret kann ich Dir diese Quelle nicht nennen. Ich erinnere mich, dies aus einem Titel der Ernährungswissenschaft entnommen zu haben. Vordergründig ging es in diesem jenem Absatz eigentlich um andere Dinge, nämlich darum, welches Gewicht man z.B. als ein "Normalgewicht" einstuft, und welches als "Übergewicht" gilt.
Und ja: Im 19. Jh. galt ein ordentliches Mannsbild als einer, den wir heute als eindeutig übergewichtig ansehen würden.

Oder 32%? Nicht daß es viel ausmachen würde, aber das andere ist Doppelkorn.

Ergänzung. Die Lüttringhauser Bandwirker bekamen zum 2. Frühstück einen Korn und ein Schinkenbrot.

Heutzutage hat ein Korn 32%, ein Doppelkorn 38%. Ein guter Wodka 40%.
Bei den damaligen Blindmachern darf ich annehmen: Eher mehr, als weniger.

In den 1970er/80er Jahren gab es eine Marke eines Sprituosenherstellers, die hieß "Haake Milder Frühstückskorn" - das lässt tief blicken.
 

Popocatepetl

Ritter Kadosch
27. August 2013
6.986
Und ja: Im 19. Jh. galt ein ordentliches Mannsbild als einer, den wir heute als eindeutig übergewichtig ansehen würden.
schönheitsideale wandeln sich nun mal immer wieder.

gerade dick (quasi als statussymbol für reichtum) und dünn (für enthaltsamkeit/disziplin) sind da im ständigen hin und her.

beispiellink:
 
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