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Fanatismus, was ist das eigentlich?

dtrainer

Wiedergänger
17. Dezember 2008
10.562
AW: Ist Gott einen Energieforum von besondere Art?

Wir sind beide OT. Aber ich nehme mit daß du es für akzeptabel hältst, seine Meinung angesichts einer Gewaltdrohung bequem zu ändern.
Das als fanatisch zu bezeichnen, finde ich unverschämt, und du mußt dich nicht wundern, wenn dann jemand hingeht und das Rückgrat erwähnt.

Im Sinne deiner Brockhaus-Defnition ist das jedenfalls nicht. Wenn ich für mich wähle, mir nicht den Glauben vorschreiben zu lassen, ist das nichts mehr als daß ich ein selbstverständliches Recht in Anspruch nehme. Deshalb werte ich andere Glaubensrichtungen ja nicht ab - das ist eine andere Kiste.
 

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.321
AW: Ist Gott einen Energieforum von besondere Art?

Ich kann die Aufregung um Jäger's Aussage beim besten nicht nachvollziehen ...

Es ist auch ein Zeichen von Fanatismus, sich lieber von Löwen zerreißen oder auf dem Scheiterhaufen verbrennen zu lassen ...

Ganz bestimmt gibt es noch andere, viel schlimmere Zeichen und Formen für Fanatismus. Aber im Kern es doch tatsächlich ein Zeichen für Fanatismus, dass man den Wert irgendwelcher Überzeugungen und abstrakter Ideen über den Wert des Lebens, möglicherweise auch des eigenen, stellt.

Wo genau ist denn genau der Unterschied zwischen der "vorbildlichen Standhaftigkeit" eines von den Löwen gefressenen frühen Christen und des "verblendeten Fanatismus" etwa eines Kamikaze-Piloten aus dem zweiten Weltkrieg? Beide sind für abstrakte Ideen gestorben, die ihnen andere in den Kopf gesetzt haben. Und man sollte auch nicht übersehen, das es kaum etwas besseres zur Fanatisierung anderer Menschen gibt, als einen Märtyrer.

Bleibt also die Frage - ab welchem Punkt geht Prinzipientreue in Verblendung über? Woran kann man das messen? An der Größe des abverlangten Opfers? An der "Richtigkeit" der Idee?
 

Garak

Geheimer Meister
20. August 2013
414
AW: Ist Gott einen Energieforum von besondere Art?

Bleibt also die Frage - ab welchem Punkt geht Prinzipientreue in Verblendung über? Woran kann man das messen? An der Größe des abverlangten Opfers? An der "Richtigkeit" der Idee?
Wie wär's damit:
Ab dem Zeitpunkt, ab dem man andere Menschen als nur sich selbst unmittelbar in Mitleidenschaft zieht...

Man könnte dann auch die Frage stellen, was ist mit den Angehörigen eines Standhaften, die aus seinem Ableben auch die Konsequenz erleiden, dass er nicht mehr da ist. Dann allerdings könnte man auch hier von Fanatismus reden, seinen Standpunkt weiter vertreten zu wollen.
 

dtrainer

Wiedergänger
17. Dezember 2008
10.562
AW: Ist Gott einen Energieforum von besondere Art?

Wo genau ist denn genau der Unterschied zwischen der "vorbildlichen Standhaftigkeit" eines von den Löwen gefressenen frühen Christen und des "verblendeten Fanatismus" etwa eines Kamikaze-Piloten aus dem zweiten Weltkrieg?
Na, also, wenn das nicht einleuchtet...? Der Eine will töten, wofür, ist mir erstmal ganz egal. Der Andere will nur klar machen daß Ideen, Glaube etc. stärker sind als Gewalt. Zumal er ja das Recht hat, ganz allein für sich zu bestimmen, was er für richtig hält.
Vielleicht verwischen wir mal besser nicht, wer Täter und wer Opfer ist.
 

Malakim

Insubordinate
31. August 2004
14.025
AW: Ist Gott einen Energieforum von besondere Art?

Wie könnte die Frage ob eines von beidem oder beides Fanatismus ist da was verwischen?
 

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.321
AW: Ist Gott einen Energieforum von besondere Art?

... Der Eine will töten, wofür, ist mir erstmal ganz egal. Der Andere will nur klar machen daß Ideen, Glaube etc. stärker sind als Gewalt. Zumal er ja das Recht hat, ganz allein für sich zu bestimmen, was er für richtig hält ....

Hi dt,

mit anderen Worten - die Frage, ob es Fanatismus oder Standhaftigkeit ist, entscheidest Du nach Geschmack, ob Dir die Intention zusagt oder nicht. Ist ein bisschen dünn, oder?

Sind Ideen wirklich stärker als Gewalt? Du musst Dir ja nur mal vorstellen, dass der Frühchrist sich weigert, seinem Glauben abzuschwören - und seine Peiniger schmeißen nicht ihn den Löwen vor, sondern schnappen sein Kind und raten ihm, seinen Standpunkt nochmal zu überdenken. Wäre es jetzt noch Standhaftigkeit, wenn er nicht abschwört - oder mangelndes Rückgrat, wenn er es tut?

Mit Gewalt und Grausamkeit lässt sich alles erzwingen.

Genau wie ein Geständnis unter Folter, ist auch ein Schwur, der einem unter Todesangst stehenden Opfer von sein Mördern abgepresst wurde, völlig wertlos. Meine Abscheu gilt nicht dem Opfer, das, weil es leben will, womöglich seinem Peiniger erzählt, was dieser gerne hören möchte. Und ich würde es als ziemlich schäbig empfinden, im nachhinein urteilen zu wollen, ob da wer "richtig Rückgrat" hatte oder auch nicht.

Abscheulich ist einzig und alleine die Barbarei einer derartigen Situation ...
 

dtrainer

Wiedergänger
17. Dezember 2008
10.562
AW: Ist Gott einen Energieforum von besondere Art?

Hallo Lupo,
mit anderen Worten - die Frage, ob es Fanatismus oder Standhaftigkeit ist, entscheidest Du nach Geschmack, ob Dir die Intention zusagt oder nicht. Ist ein bisschen dünn, oder?
Es ist mir schleierhaft, wo du das jetzt herholst. Ich habe es nur abgelehnt das Verhalten eines Mörders der obendrein unter Befehl steht, als Vergleich heran zu ziehen.
Sind Ideen wirklich stärker als Gewalt? Du musst Dir ja nur mal vorstellen, dass der Frühchrist sich weigert, seinem Glauben abzuschwören - und seine Peiniger schmeißen nicht ihn den Löwen vor, sondern schnappen sein Kind und raten ihm, seinen Standpunkt nochmal zu überdenken. Wäre es jetzt noch Standhaftigkeit, wenn er nicht abschwört - oder mangelndes Rückgrat, wenn er es tut?
Ja, sind sie. Oder was hatte Bestand, das barbarisch degenerierte römische Kaiserreich oder das Christentum?
Dein Beispiel ist konstruiert, so war das nicht, so ist das nicht. Im Iran werden meine Glaubennsbrüder in die Moscheen geschleppt und sollen abschwören. Tun sie das nicht, gibt es diverse Repressalien, manchmal auch Mord. Damit gehe ich um, nicht mit einer Fiktion. Aber wenn du darauf bestehst: ich habe ausdrücklich gesagt daß es um EIGENE Überzeugung geht. Man kann nicht für Andere standhaft sein, oder?
Mit Gewalt und Grausamkeit lässt sich alles erzwingen.
Eben nicht. Wie du ja selbst sagst, nur Heuchelei.
Siehe nächstes Zitat.
Genau wie ein Geständnis unter Folter, ist auch ein Schwur, der einem unter Todesangst stehenden Opfer von sein Mördern abgepresst wurde, völlig wertlos. Meine Abscheu gilt nicht dem Opfer, das, weil es leben will, womöglich seinem Peiniger erzählt, was dieser gerne hören möchte. Und ich würde es als ziemlich schäbig empfinden, im nachhinein urteilen zu wollen, ob da wer "richtig Rückgrat" hatte oder auch nicht.
Abscheulich ist einzig und alleine die Barbarei einer derartigen Situation ...
Es geht nicht um nachträgliche Urteile. Ich verwahre mich einzig und allein gegen die Bewertung als Fanatismus. Denn wenn man den Gewalttätigen, auf die der Begriff deutlich besser paßt, ihren Willen tut, ergibt sich etwas, in dem ich nicht leben möchte.
Ich dachte, gerade hier in D wäre das allgemein bekannt....
 

Luchs

Erlauchter Auserwählter der Fünfzehn
26. Januar 2010
1.044
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Es bietet sich halt auch an Fanatismus differenziert zu bewerten.
Hierfür von Entscheidender Bedeutung steht natürlich die Frage, welche Ursachen liegen für Willenszustände vor, die man gewöhnlich als fanatisch bezeichnet ?
Bei näherer Betrachtung stellt man fest, das Fanatismus sowohl bei Tätern und Opfern, Triebfeder sein kann.
Fanatismus beinhaltet eigentlich immer "Hass", oder aber zumindest tiefe Verachtung.

Sind solche Emotionen durch Erfahrungen gewachsen und gefestigt, wird Heilung schwierig.
Dann wäre da noch die anerzogene Variante, welche nur durch gewaltfreie Überzeugung zu überwinden ist.

Ganz Banal ausgedrückt ist Fanatismus ganz einfach eine mögliche Ursache-Wirkungserscheinung innerhalb menschlicher Koexistenz.
 
Zuletzt bearbeitet:

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.862
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Beitrag #21 besteht wieder nur aus gegen mich gerichteten Beleidigungen. Ich bitte um Verständnis, wenn ich darauf nicht weiter eingehe.
 

dtrainer

Wiedergänger
17. Dezember 2008
10.562
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Beitrag #21 besteht wieder nur aus gegen mich gerichteten Beleidigungen. Ich bitte um Verständnis, wenn ich darauf nicht weiter eingehe.
Danke, ist auch besser als weiterhin Menschen die ohne jedes Verbrechen begangen zu haben ermordet wurden, auch noch als Fanatiker zu verunglimpfen.
Was wüßtest du wohl vom Christentum, hätten die damaligen Opfer der Massentötungen abgeschworen? Sie wären nicht einmal eine Fußnote der Geschichte geworden, nur ein paar Leute die nicht zu dem gestanden haben,was sie angeblich glaubten.
 

Dirtsa

Meister vom Königlichen Gewölbe
15. Januar 2011
1.314
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Ein und das selbe Verhalten ist je nach Blickwinkel bzw Wertung, für die einen fanatisch, für die anderen konsequent.
DA unterscheidet sich das Opfer, welches durch Abschwören dem Scheiterhaufen entgehen kann, nur unwesentlich von dem Täter, der es auf den Selbigen schickt.

Es mag Einiges auch an abstrakten Ideen, Sehnsüchten oder Visionen geben, , für die es sich zu leben lohnt.
Meinungen zu widersprechen um schadensvolle Entwicklungen abzuwenden macht für mich Sinn, ebenso, seinen Überzeugungen auch im Sturm treu zu bleiben. Dazu braucht es Mut und Zivilcourage.

Den eigenen Tod oder den Anderer zu riskieren um damit anderes Leben zu retten oder es zumindest zu versuchen mag ehrenvoll und mutig sein, aber wer jemals an Notfallübungen teilgenommen hat oder im Rettungsdienst arbeitet, bekommt eingebläut, zunächst auf den Eigenschutz zu achten.

Wer diesen einer Idee opfert, Weltanschauung , Meinung, Überzeugung oder Religion einen Stellenwert einzuräumt, der über dem von menschlichen Leben, sei es dem eigenen als Märtyrer oder Fremden liegt, folgt nicht seiner Überzeugung sondern seinem selbstverliebten Geltungsbedürfnis. Das zeugt nicht von Todesverachtung im Sinne von Mut, sondern von mangelndem Respekt, fehlender Verantwortung sich und anderen Gegenüber und mangelndem Selbstwertgefühl, der Unfähigkeit, "weil" und "obwohl" gegeneinander abzuwägen, eben Fanatismus
 

dtrainer

Wiedergänger
17. Dezember 2008
10.562
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Jo, wunderbar. So macht man Opfer zu Tätern. Mit dieser Logik war Jesus ein verachtenswerter Fanatiker - und mir kommt gleich das Essen hoch.
Weitermachen..ohne mich.
 

Dirtsa

Meister vom Königlichen Gewölbe
15. Januar 2011
1.314
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Nun, ich habe Geltungsbedürfnis und den Wunsch Retter oder Held zu sein, nicht als verachtenswert betitelt. Das sind menschliche Bedürfnisse, jedoch, je nachdem wie sie ausgelebt werden, mit fatalen Folgen.
 

Nachbar

Ritter Kadosch
20. Februar 2011
5.095
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

(Während ich schrieb sind 4 weitere Beiträge entstanden. Denen trage ich vorläufig keine Rechnung, um nicht alles durcheinanderzuwürfeln.)

Fanatismus ist ein Geisteszustand, in dem ein Wert, eine Idee, ein Glaube eine absolutistische Herrschaft erlangt hat. ALLES hat sich dem unterzuordnen, bis hin zur eigenen physischen Existenz.
Solange man noch halbwegs abzuwägen imstande ist, ob man zur Not seinem Wert (... Idee, Glaube) auch den gesamten Besitz oder das eigene Leben oder das der Familie opfert, also unterordnet, ist man meiner Ansicht nach noch kein reinrassiger Fanatiker. Für einen echten Fanatiker steht da wahrscheinlich gar keine Alternative im Raum, über die es nachzudenken gilt.

Es ist eine Art "Geistesenge", ein Mangel an gedanklichem Freiraum. Das muss man auch gar nicht so hoch aufhängen. Nehmen wir z.B. einen "Ordnungsfanatiker", den Begriff gibt es schliesslich. Der opfert dem durchaus sein familiäres Glück oder seinen Arbeitsplatz. In dem Fall nennen wir es aber einen Zwang, und ihn einen zwanghaften Menschen. So, als gäbe es einen prinzipiellen Unterschied, ob sich die geistige Verhärtung auf etwas Ideelles oder einen Aspekt der praktischen Lebensführung bezieht.

Instinktiv respektieren wir Jemanden, der für seinen Glauben in den Tod geht, viel mehr, als Jemanden, der sein familiäres Glück dafür opfert, daß der Inhalt des Kühlschranks grundsätzlich akkurat farblich sortiert ist. Obwohl dies für die beiden Menschen möglicherweise ein gleich hohes Maß an Bedeutung hat. Das ist dann schlicht nur unsere Bewertung, resultierend aus dem, was wir eher nachvollziehen können.

Ich persönlich kann den friesischen Leitspruch "Lever dood as Slaav" noch halbwegs annehmen. Freiheit ist ein wirklich existenzieller Wert. Aber wenn's tatsächlich drauf ankäme, meine Güte... ich bin in einer Gesellschaft groß geworden, in der ein gewisses Maß an freiwilliger Versklavung usus ist... Also was soll's, wenn es um den Tod geht, dann bietet auch ein Leben in der Sklaverei den Anblick von blühenden Kirschbäumen und den tollen Geruch des Regens. Wahrscheinlich tauge ich einfach nicht zum Fanatiker.

:read: Nachbar
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Ist Gott einen Energieforum von besondere Art?

Leider kommt Ihr beide wieder nicht ohne persönliche Angriffe aus, der eine wie gewohnt etwas subtiler als der andere. Erstaunlich, wo wir doch auch ganz sachlich darüber sprechen könnten, was Fanatismus bedeutet.

Da frag mal lieber "olle Brockhaus" wieso Überzeugungsstärke überhaupt tadelnswert sei..... Wenn dem so sei - dann ging der "persönliche Angriff" mit Verwendung des Wortes "Fanatismus" jedenfalls nicht von dt oder von mir aus....

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(


Ich persönlich kann den friesischen Leitspruch "Lever dood as Slaav" noch halbwegs annehmen. Freiheit ist ein wirklich existenzieller Wert. Aber wenn's tatsächlich drauf ankäme, meine Güte... ich bin in einer Gesellschaft groß geworden, in der ein gewisses Maß an freiwilliger Versklavung usus ist... Also was soll's, wenn es um den Tod geht, dann bietet auch ein Leben in der Sklaverei den Anblick von blühenden Kirschbäumen und den tollen Geruch des Regens. Wahrscheinlich tauge ich einfach nicht zum Fanatiker.

:read: Nachbar

Mein Nachname leitet sich direkt von den friesischen "Lever dood as Slaav" ab (hat mein Väterchen mal 'rausbekommen) und wenn man sich mit der Geschichte der Friesen beschäftigt, ist das sehr verständlich. Genau diese Freiheit für die die alten Friesen - aber auch die "Uri-Schwyzer" - kämpften, ist dann in Gefahr, wenn fanatische "Andersdenkende" ihre Mitmenschen bedrohen: "Und willst Du nicht mein Bruder sein - so schlag' ich Dir den Schädel ein...". Genau das passiert im Iran im Umgang mit den Baha'i - oder aktuell in der Art und Weise in der die "Al-Shabab" in Kenia agiert.

Was nutzt der blühende Kirschbaum wenn der Fanatiker Dir die Augen aussticht? Was bringt der Geruch des Regens auf der Wiese, wenn man Dir die Nase abschneidet - uim Dich "zu bekehren"? Was nutzte dem Friesen der Anblick der wunderschönen Weite der Landschaft - wenn er als Sklave sein Leben im Bauch der Galeere oder im Bergwerk unter Tage fristen sollte...?

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Zuletzt bearbeitet:

Dirtsa

Meister vom Königlichen Gewölbe
15. Januar 2011
1.314
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Es geht nicht um Überzeugungsstärke.

Was nutzt der blühende Kirschbaum wenn der Fanatiker Dir die Augen aussticht? Was bringt der Geruch des Regens auf der Wiese, wenn man Dir die Nase abschneidet - uim Dich "zu bekehren"? Was nutzte dem Friesen der Anblick der wunderschönen Weite der Landschaft - wenn er als Sklave sein Leben im Bauch der Galeere oder im Bergwerk unter Tage fristen sollte...?

Wenn du unter der Situation so leidest, dass du das Leben unter den veränderten Bedingungen nicht mehr aushalten kannst und lieber einen Kampf mit vorhersehbarer Niederlage und Tod ausfichst, begehst du meiner Ansicht nach einen Suizid mit dem Nebeneffekt, vielleicht ein Zeichen zu setzen oder etwas anzustoßen. Das fällt das für mich nicht unter Fanatismus, sondern unter Verzweiflung und evtl Flucht nach vorne.
Tot aber hast du keinerlei Chance mehr, irgendwas zu ändern, Netzwerke zu stricken, Widerstand zu unterstützen oder auch nur zu versuchen, deine Leidensgenossen, Familie, Kinder, Mitbetroffenenzu schützen, zu versorgen.


Wenn es aber angesichts der Machtverhältnisse, dein Leben rettet, deine Überzeugung nicht demonstrativ nach außen zu tragen, halte ich es schon für fanatisch, wenn du es trotzdem tust, stirbst und deine Mitmenschen im Stich lässt.

Widerstand und Kampf und in der Folge für eine Überzeugung oder Freiheit zu sterben, sehe ich nicht als fanatisch an. Märtyrertum als eigenständigen Wert um ein richtiger, guter, gottgefälliger ……zu sein ( und hier kannst du jede Gruppenzugehörigkeit einsetzen) zu definieren aber schon.



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MoritzNRW

Geheimer Meister
15. November 2012
369
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Ich bin gerade am überlegen, ob ich begeistert oder entsetzt sein soll, von der Vehemenz mit der die Diskussion hier geführt wird... Sehe ich da Spuren von Fanatismus auf beiden Seiten?

Werden hier ernsthaft Menschen die nicht nur sich selbst in den Tod reißen, sondern versuchen so viele "Ungläubige" wie möglich mitzureißen mit denen auf eine Stufe gestellt, die einsam und für sich alleine entscheiden lieber den Tod zu erleiden als sich "verbiegen" zu lassen?

Die Grundmotivation mag ähnlich sein (für seine Überzeugung zu sterben), jedoch denke ich, dass es eben schon ein deutlicher Unterschied ist, ob ich das für mich alleine entscheide oder möglichst noch anderen dabei schade. Während ich dem einen noch zugestehe, dass des Menschen Wille eben sein Himmelreich ist, sehe ich das für die Oper von Selbstmordattentaten doch deutlich anders.

Das konstruierte (obgleich in der Geschichte mehrfach tatsächlich vorgekommene!) Beispiel, ob ich auch das Leben anderer für meine Überzeugung opfere, scheitert in meinen Augen schon daran, dass doch ganz offensichtlich derjenige der diese Entscheidung von mir verlangt der Fanatiker ist. (Er will doch mit allen Mitteln unbedingt seinen Willen durchsetzen. Und wenn das nicht fanatisch ist, was dann?)

Die Entscheidung die er mir (oder dem Betroffenen halt) aufdrängt ist doch das klassische Dilemma. Was ist wichtiger? Die eigene Freiheit/Unversehrtheit oder die Idee? Und ändert sich an der grundsätzlichen Entscheidung etwas, wenn nicht ich sondern jemand anderes betroffen ist? Kann die Entscheidung für mich richtig sein, wenn ich sie für jemand anderen anders treffen würde? Wenn dann aber das Ergebnis ist, mich dem Fanatismus (letztlich der Gewalt) zu beugen, kann das richtig sein?
Ich hoffe niemals eine solche Entscheidung treffen zu müssen, würde mir aber niemals erlauben ein Urteil über diejenigen zu fällen, die sich so oder anders entscheiden. In der Theorie können wir da lange drüber diskutieren und philosophieren, aber stehen wir noch zu unserem Urteil, wenn wir betroffen sind?
 

Malakim

Insubordinate
31. August 2004
14.025
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Werden hier ernsthaft Menschen die nicht nur sich selbst in den Tod reißen, sondern versuchen so viele "Ungläubige" wie möglich mitzureißen mit denen auf eine Stufe gestellt, die einsam und für sich alleine entscheiden lieber den Tod zu erleiden als sich "verbiegen" zu lassen?

Das steht garnicht zur Debatte. In der Begriffsdefinition für Fanatismus steht nichts von Mord oder Selbstmord oder sich ermorden lassen.
Auch steht keine abschließende Wertung in der Begriffsdefinition. Ein "fanatischer Motoradfahrer" ist sicherlich auch garnicht auf einer Stufe mit
einem fanatischen islamistischen Selbstmordattentäter, trotzdem ist das Wort "fanatisch" wunderbar auf beide anwendbar.

Die Grundmotivation mag ähnlich sein (für seine Überzeugung zu sterben), jedoch denke ich, dass es eben schon ein deutlicher Unterschied ist, ob ich das für mich alleine entscheide oder möglichst noch anderen dabei schade. Während ich dem einen noch zugestehe, dass des Menschen Wille eben sein Himmelreich ist, sehe ich das für die Oper von Selbstmordattentaten doch deutlich anders.

Die Bewertung der Tat hat doch garnichts mit dem Begriff "Fanatismus" zu tun. Eine fanatische Tat muß nicht unbedingt schlecht oder böse sein.

ImhO liegt in dieser Diskussion mal wieder das Problem darin Begriff so zu nutzen wie sie definiert sind und das eigene Kopfkino mal abzuschalten.
Nur weil bei dem Begriff "Fanatiker" bei einigen sofort die Terror Alarmleuchten angehen heißt das überhaupt noch nicht das dies in dem Begriff überhaupt enthalten ist.
 

Dirtsa

Meister vom Königlichen Gewölbe
15. Januar 2011
1.314
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Eine fanatische Tat muß nicht unbedingt schlecht oder böse sein.
yepp, ähnlich wie die inhaltlichen Überschneidungen mit Zwangshandlungen und Suchtverhalten.
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Fanatismus, was ist das eigentlich?

Es geht nicht um Überzeugungsstärke.




Tot aber hast du keinerlei Chance mehr, irgendwas zu ändern, Netzwerke zu stricken, Widerstand zu unterstützen oder auch nur zu versuchen, deine Leidensgenossen, Familie, Kinder, Mitbetroffenenzu schützen, zu versorgen.

[.....]-

Hmmm - der Baha'i der in iranischen Gefängnissen auf seine Hinrichtung wartet, hat mit dem Selbstmordattentäter der Hisbollah oder Hamas was gemeinsam: Die Überzeugung nämlich, dass das "wahre Leben" erst nach dem Tod beginnt. Angesichts der "Heilsversprechens der Ewigkeit" (nach dem Christentum) stellt sich eh die Frage, ob man dem gegenwärtigen Leben in der materiellen Bedingtheit so viel "Wert" beimessen soll.... Andererseits: man stelle sich vor das es das "jenseits" gar nicht gibt. Dann wäre die Sachlage anders....

Trotzdem stellt sich im Hinblick auf Ethik und Moral die Frage, ob Opportunismus allgemein die bessere "Wahl" im Leben ist. Letztlich begünstigt Opportunismus nämlich Gewaltherrschaft; sie lässt dem Tyrannen den Raum tyrannisch zu sein....
 
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