Lupo
Ritter Kadosch
- 3. Oktober 2009
- 6.320
AW: Freimaurerei und katholische Kirche
Hallo Suum,
hat einen Moment gedauert, aber ich hatte die letzten Tage den Kopf nicht wirklich frei. Und die Diskussion ist ja recht interessant, dass ich Dir da auch nichts hinschludern will.
Noch mal kurz zum "Greis": Da hast Du dann aber ein recht individuelles Sprachverständnis, üblicherweise hat das Wort Greis keine abwertende Konnotation, auch für mich persönlich nicht. Wenn ich "Tattergreis" geschrieben hätte, sähe es anders aus.
Das ist genau auch Auffassung, wie sie auch in den Alten Pflichten von 1723 , sozusagen dem Grundgesetz der Freimaurerei vertreten wird:
Und genau dieser Relativismus, der in letzter Konsequenz einem Anzweifeln des Papstes als unfehlbarer Autorität in Sachen Religion gleichkommt, ist der Dreh- und Angelpunkt, der laut Bischofskonferenz die Unvereinbarkeit der Freimaurerei mit dem katholischen Glauben begründet. Du würdest also auf Dein Zitat so ziemlich die gleiche Stellungnahme der Bischofskonferenz bekommen. Und wenn Du nicht mit diesem Zitat aneckst, dann hätten sie spätestens mit jenem ihre Probleme:
Du würdest damit - zumindest auf den ersten, oberflächlichen Blick - selbst bei den Freimaurern Probleme haben:
Aber das gleiche Problem hätte ich auch. Punkt ist allerdings, dass ich weder "engstirnig" noch "bindungslos" bin. Dass ich mit dem von den Religionen gelieferten Gottesbegriff nichts anfangen kann, macht mich allenfalls aus der Sicht eines strenggläubigen Anhängers einer Religion zum Gottesleugner hinsichtlich seiner Definition von "Gott". Allerdings wirst Du - außer in den Freimaurerorden - bei den Freimaurern auch - je nach Lehrart sogar ausdrücklich - nicht nach Deinem Glaubensbekenntnis befragt.
Da hast Du allerdings recht - ich würde es allerdings so ausdrücken, dass sie mir ziemlich fremd ist und umso fremder wird, je mehr ich von ihr kennen lerne. Die Frage, wie die katholische Kirche eine Mitgliedschaft in der Freimaurerei oder die Vereinbarkeit der Freimaurerei mit dem katholischen Glauben beurteilt, interessiert mich persönlich überhaupt nicht. Ich nehme nur mit einigem Schaudern ihren von der Bischofskonferenz mitgeteilten offiziellen Standpunkt zur Kenntnis. Soll jetzt die VGLvD auf die katholische Kirche zugehen? Ich hätte nichts dagegen, wenn sie es täte, es ist aber organisatorisch nicht ganz so einfach.
Die Freimaurerei ist die konsequenteste "bottom up" - Organisation, die ich kenne. Der VGLvD ist ein Sprachrohr, aber hat nach innen keinerlei Führungs- oder Lenkungsfunktion. Um initiativ tätig zu werden, müsste sie erstmal ein Mandat haben. Und ihr dieses zu verschaffen, dürfte eine Lebensaufgabe werden.
Na ja, Dein Verständnis in allen Ehren, aber im Freimaurer-Tempel werden keine Gottheiten angebetet. Der große Baumeister aller Welten ist keine eigene Gottheit der Freimaurer, sondern ein Symbol für das, woran der einzelne Freimaurer glaubt. Wenn nun im Ritual der große Baumeister aller Welten zur Sprache kommt, ist dies kein Gebet. Zum Gebet kann es allenfalls für den einzelnen Freimaurer werden, wenn er entsprechend dieses Symbol in die Inhalte seines Glaubens "übersetzt". Ich gebe aber zu, dass der Unterschied wirklich hauchdünn ist - und das auch von vielen Freimaurern anders verstanden wird. Man darf sich das Ritual aber keinesfalls als "Gottesdienst" für den großen Baumeister aller Welten vorstellen. Er spielt hier keine tragende Rolle.
Ich glaube, da bist etwas auf der falschen Fährte. Die Freimaurerei schließt ja keineswegs einen Glauben aus. Wer gläubig ist, ist ohnehin überzeugt, dass mit dem Tod nicht einfach nur Licht aus und Schluss ist. Gut, also für einen Gläubigen ist das praktisch selbsterklärend.
Aber auch abseits des Glaubens ist der "ewige Osten" durchaus verdaulich. Mal meine ganz persönliche Sicht dazu: Wenn Du nicht einfach in den Tag hineinlebst, hast Du in Deinem Leben ein Ziel, das Du erreichen, oder eine Aufgabe, die Du erfüllen willst. Du arbeitest daran und dabei lernst Du und entwickelst Dich weiter. Hier passt als Metapher: Du näherst Dich dem Licht - aber auch dem Tod. Wenn Du irgendwann mal in Zufriedenheit auf Deinen Lebensweg zurück blicken kannst, dann ist der Tod vielleicht nicht mehr nur einfach Ende, sondern Vollendung des Lebens. Du bist nicht nur dem Tode entgegen, sondern auch ins Licht gegangen. Und das ist alles "diesseits". Nicht ganz einfach auszudrücken, aber ich hoffe, der Gedankengang ist einigermaßen nachvollziehbar.
Aaaach so! *Grins* Na ja ... dann sind die Brüder im FO aber von der Freimaurerei assimiliert worden, bevor sie etwas unterwandern konnten. Eine, wie oben erwähnt, "bottom-up"-Struktur mag zwar kaum nach außen handlungsfähig sein - ist aber dafür kaum zu unterwandern. Ich kenne etliche Brüder aus Lehrarten, die ein christliches Glaubensbekenntnis verlangen, und sie sind einfach nur Brüder.
Es ist nachvollziehbar, dass die Handlungsunfähigkeit auch als Zerstrittenheit wahrgenommen wird. Allerdings wüßte ich auch nicht, wozu die Freimaurerei eine Handlungsfreiheit, oder eine nach außen hin einige Linie bräuchte. Wenn ich in meiner Freizeit für eine einheitliche, handlungsfreie und schlagkräftige Organisation arbeiten wollte, bräuchte ich nur unbezahlte Überstunden zu machen oder mich einer politischen Partei anschließen. Die Kehrseite der Handlungsunfähigkeit der Freimaurerei als Organisation ist meine persönliche und menschliche Freiheit in Loge. Es gibt hier keine "Staatsräson", die mich dazu zwingt, irgendwelche Kröten zu schlucken.
Wirklich zerstritten war die Freimaurerei in Deutschland nur in der Zeit zwischen den beiden Kriegen, als es einen "humanitären" und einen "nationalen" Zweig der Freimaurerei gab. Der nationale Zweig hat sich allerdings nach der Wiederzulassung der Freimaurerei nicht wieder etabliert.
Ufff. War jetzt etwas lang. Ich hoffe, es ist OK für Dich, dass ich Dich nur kursorisch zitiert habe und dass die Diskussion konstruktiv weiter geht.
Hallo Suum,
hat einen Moment gedauert, aber ich hatte die letzten Tage den Kopf nicht wirklich frei. Und die Diskussion ist ja recht interessant, dass ich Dir da auch nichts hinschludern will.
Noch mal kurz zum "Greis": Da hast Du dann aber ein recht individuelles Sprachverständnis, üblicherweise hat das Wort Greis keine abwertende Konnotation, auch für mich persönlich nicht. Wenn ich "Tattergreis" geschrieben hätte, sähe es anders aus.
Suum schrieb:... Das Problem mit dem Religionsbegriff ist ja, dass es keine allgemein gültige Definition davon gibt, d.h. es bleibt der Interpretation eines jeden Menschen selbst überlassen, was er als Religion erachtet und was nicht. ...
Das ist genau auch Auffassung, wie sie auch in den Alten Pflichten von 1723 , sozusagen dem Grundgesetz der Freimaurerei vertreten wird:
Alte Pflichten schrieb:In alten Zeiten waren die Maurer in jedem Land zwar verpflichtet, der Religion anzugehören, die in ihrem Lande oder Volke galt, heute jedoch hält man es für ratsamer, sie nur zu der Religion zu verpflichten, in der alle Menschen Übereinstimmen, und jedem seine besonderen Überzeugungen selbst zu belassen.
Und genau dieser Relativismus, der in letzter Konsequenz einem Anzweifeln des Papstes als unfehlbarer Autorität in Sachen Religion gleichkommt, ist der Dreh- und Angelpunkt, der laut Bischofskonferenz die Unvereinbarkeit der Freimaurerei mit dem katholischen Glauben begründet. Du würdest also auf Dein Zitat so ziemlich die gleiche Stellungnahme der Bischofskonferenz bekommen. Und wenn Du nicht mit diesem Zitat aneckst, dann hätten sie spätestens mit jenem ihre Probleme:
Suum schrieb:Um etwaige Missverständnisse in der Diskussion vorzubeugen, möchte ich aber darauf hinweisen, dass ich persönlich ungläubig bin. Nichtsdestotrotz bin ich auch vollwertiger Katholik, da ich die Sakremente Taufe, Kommunion und Firmung durchlaufen habe.
Du würdest damit - zumindest auf den ersten, oberflächlichen Blick - selbst bei den Freimaurern Probleme haben:
Alte Pflichten schrieb:Der Maurer ist als Maurer verpflichtet, dem Sittengesetz zu gehorchen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er weder ein engstirniger Gottesleugner, noch ein bindungsloser Freigeist sein.
Aber das gleiche Problem hätte ich auch. Punkt ist allerdings, dass ich weder "engstirnig" noch "bindungslos" bin. Dass ich mit dem von den Religionen gelieferten Gottesbegriff nichts anfangen kann, macht mich allenfalls aus der Sicht eines strenggläubigen Anhängers einer Religion zum Gottesleugner hinsichtlich seiner Definition von "Gott". Allerdings wirst Du - außer in den Freimaurerorden - bei den Freimaurern auch - je nach Lehrart sogar ausdrücklich - nicht nach Deinem Glaubensbekenntnis befragt.
Suum schrieb:Mir scheint, du kennst auch die katholische Kirche nicht.
Da hast Du allerdings recht - ich würde es allerdings so ausdrücken, dass sie mir ziemlich fremd ist und umso fremder wird, je mehr ich von ihr kennen lerne. Die Frage, wie die katholische Kirche eine Mitgliedschaft in der Freimaurerei oder die Vereinbarkeit der Freimaurerei mit dem katholischen Glauben beurteilt, interessiert mich persönlich überhaupt nicht. Ich nehme nur mit einigem Schaudern ihren von der Bischofskonferenz mitgeteilten offiziellen Standpunkt zur Kenntnis. Soll jetzt die VGLvD auf die katholische Kirche zugehen? Ich hätte nichts dagegen, wenn sie es täte, es ist aber organisatorisch nicht ganz so einfach.
Die Freimaurerei ist die konsequenteste "bottom up" - Organisation, die ich kenne. Der VGLvD ist ein Sprachrohr, aber hat nach innen keinerlei Führungs- oder Lenkungsfunktion. Um initiativ tätig zu werden, müsste sie erstmal ein Mandat haben. Und ihr dieses zu verschaffen, dürfte eine Lebensaufgabe werden.
Suum schrieb:Ein Tempel ist nach meinem Verständnis immer eine Art Gotteshaus, da dort in der Regel immer Gottheiten angebetet werden.
Na ja, Dein Verständnis in allen Ehren, aber im Freimaurer-Tempel werden keine Gottheiten angebetet. Der große Baumeister aller Welten ist keine eigene Gottheit der Freimaurer, sondern ein Symbol für das, woran der einzelne Freimaurer glaubt. Wenn nun im Ritual der große Baumeister aller Welten zur Sprache kommt, ist dies kein Gebet. Zum Gebet kann es allenfalls für den einzelnen Freimaurer werden, wenn er entsprechend dieses Symbol in die Inhalte seines Glaubens "übersetzt". Ich gebe aber zu, dass der Unterschied wirklich hauchdünn ist - und das auch von vielen Freimaurern anders verstanden wird. Man darf sich das Ritual aber keinesfalls als "Gottesdienst" für den großen Baumeister aller Welten vorstellen. Er spielt hier keine tragende Rolle.
Es gibt da den Begriff des "ewigen Ostens", der für den Tod steht. Viele Leute nehmen das zur Kenntnis, ohne darüber nachzudenken, aber bei mir ist das anders. Meines Erachtens macht der Begriff überhaupt keinen Sinn, wenn die Freimaurerei ausschließlich auf das Diesseits ausgerichtet ist, denn in diesem Falle müsste der Begriff doch eigentlich eher der "ewige Westen" lauten, da im Westen die Sonne untergeht, d.h. das Licht geht dort aus.
Ich glaube, da bist etwas auf der falschen Fährte. Die Freimaurerei schließt ja keineswegs einen Glauben aus. Wer gläubig ist, ist ohnehin überzeugt, dass mit dem Tod nicht einfach nur Licht aus und Schluss ist. Gut, also für einen Gläubigen ist das praktisch selbsterklärend.
Aber auch abseits des Glaubens ist der "ewige Osten" durchaus verdaulich. Mal meine ganz persönliche Sicht dazu: Wenn Du nicht einfach in den Tag hineinlebst, hast Du in Deinem Leben ein Ziel, das Du erreichen, oder eine Aufgabe, die Du erfüllen willst. Du arbeitest daran und dabei lernst Du und entwickelst Dich weiter. Hier passt als Metapher: Du näherst Dich dem Licht - aber auch dem Tod. Wenn Du irgendwann mal in Zufriedenheit auf Deinen Lebensweg zurück blicken kannst, dann ist der Tod vielleicht nicht mehr nur einfach Ende, sondern Vollendung des Lebens. Du bist nicht nur dem Tode entgegen, sondern auch ins Licht gegangen. Und das ist alles "diesseits". Nicht ganz einfach auszudrücken, aber ich hoffe, der Gedankengang ist einigermaßen nachvollziehbar.
Suum schrieb:Der Autor meint mit der evangelischen Unterwanderung vermutlich in erster Linie den Freimaurerorden, welcher von evangelischen Geistlichen gegründet wurde.
Aaaach so! *Grins* Na ja ... dann sind die Brüder im FO aber von der Freimaurerei assimiliert worden, bevor sie etwas unterwandern konnten. Eine, wie oben erwähnt, "bottom-up"-Struktur mag zwar kaum nach außen handlungsfähig sein - ist aber dafür kaum zu unterwandern. Ich kenne etliche Brüder aus Lehrarten, die ein christliches Glaubensbekenntnis verlangen, und sie sind einfach nur Brüder.
Suum schrieb:Daneben steht der Begriff Protestantismus auch sinnbildlich für die zerstrittene und zersplitterte Freimaurerei, welche von der Einheit träumt, aber nicht einmal in der Lage ist mit einer Stimme zu sprechen.
Es ist nachvollziehbar, dass die Handlungsunfähigkeit auch als Zerstrittenheit wahrgenommen wird. Allerdings wüßte ich auch nicht, wozu die Freimaurerei eine Handlungsfreiheit, oder eine nach außen hin einige Linie bräuchte. Wenn ich in meiner Freizeit für eine einheitliche, handlungsfreie und schlagkräftige Organisation arbeiten wollte, bräuchte ich nur unbezahlte Überstunden zu machen oder mich einer politischen Partei anschließen. Die Kehrseite der Handlungsunfähigkeit der Freimaurerei als Organisation ist meine persönliche und menschliche Freiheit in Loge. Es gibt hier keine "Staatsräson", die mich dazu zwingt, irgendwelche Kröten zu schlucken.
Wirklich zerstritten war die Freimaurerei in Deutschland nur in der Zeit zwischen den beiden Kriegen, als es einen "humanitären" und einen "nationalen" Zweig der Freimaurerei gab. Der nationale Zweig hat sich allerdings nach der Wiederzulassung der Freimaurerei nicht wieder etabliert.
Ufff. War jetzt etwas lang. Ich hoffe, es ist OK für Dich, dass ich Dich nur kursorisch zitiert habe und dass die Diskussion konstruktiv weiter geht.
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