- Administration
- #1
Lazarus
éminence grise
- 10. April 2002
- 1.280
Mir ist mal aufgefallen, das viele Karl Koch irgendwie verehren....
Vorab: dieses ist meine persönliche Meinung, die sich nach diversen Recherchen, Büchern und Gesprächen gebildet hat.
Ich will niemanden überzeugen oder bekehren, sondern eher wissen, was an ihm für euch so besonderes war, oder was ihr daran anders seht.
Also ich wurde auf die 23 durch ein Gespräch mit unserem Linux Dozenten aufmerksam. Beim Thema Passwörter kam man dann auf den Film zu sprechen...
Ich machte mich nach dem Film 23 mal auf die Suche nach etwas genaueren Informationen, über Karl und was damals eigentlich wirklich abging...
Und da muss ich hier noch sagen, dass mir am Film und Buch 23 einiges wirklich sauer aufgestoßen ist:
Es wird erst mal ein ganz falscher Eindruck von Karl und seiner Art, was und wie er seine Fähigkeiten erwarb vermittelt!
Er war keineswegs jemand, dem seine Fähigkeiten zugeflogen waren. Er hat sehr lange und hart dafür gearbeitet.
Die Sache mit dem Kokain kommt auch irgendwie so rüber, als hätte es seine Genialität gefördert.... er nahm es nur um wachbleiben zu können... es behinderte ihn eher!
Auch war er kein so genialer Hacker im eigentlichem Sinne. Er war eigentlich sehr faul, und scheute große Mühen. Ich würde ihn eher als kreativ bezeichnen.
Seine Art in Systeme einzubrechen basierte auf der Taktik sich Superuser-rechte zu verschaffen.
Zu seiner Zeit tauchte Windows bestenfalls in den unruhigen Träumen eines Bill Gates auf.
Fast alles, was es damals an Computern mit brauchbarer Leistung gab lief mit dem Betriebssystem UNIX.
Und das machte sich Karl zu nutze: UNIX, wie heute auch Linux basiert auf den sogenannten Gnu-Tools. Quasi eine Sammlung von nützlichen Programmen.
Er nutzte einen Fehler im Programm Gnu-Emacs. Einer selbst zu diesem Zeitpunkt übrigens nicht unbekannten Sicherheitslücke! Die Admins waren zum großen Teil einfach zu faul, oder desinteressiert sie zu schließen.
Die Hacks von "Hagbard" basierten also nicht auf einem genialem Hacker sondern vielmehr auf dem ausnutzen von bekannten Sicherheitslöchern.
Auch zeugte sein technisches Wissen nicht unbedingt vom übermäßigem Können. Man denke an den Einkauf des Supercomputers...
Übrigens: Warum wollten Karl und seine Mannen unbedingt so ein Rechenmonstrum?? Hier sie Erklärung:
Karl und Co luden sich von den jeweiligen Rechnern die Passwort Dateien runter.
Diese waren zu dieser Zeit auch nicht besonders geschützt, da die Passwörter nach einem Falltür System verschlüsselt abgespeichert waren. Das bedeutet ein Passwort kann zwar verschlüsselt werden, aber nie mehr entschlüsselt.
Karls Idee war nun, ein ganzes Wörterbuch in einem Rechner einzugeben und verschlüsseln zu lassen. Die Verschlüsselungsroutine war wie alle Gnu-Tools Open-Source also öffentlich.
Er wollte dann, basierend auf der Annahme, das immer irgendwelche User normale Wörter als Passwort nehmen einfach die verschlüsselten Daten vergleichen, und hätte so ganz einfach Passwörter bekommen können. Sein Comodore war damit allerdings ziemlich überfordert...
Also mangelndes Wissen mit Rechenleistung kompensieren... Eigentlich mehr Detektivarbeit, als richtiges Hacken.
Er war auch in Sachen Betriebssystemen nicht sehr bewandert. Im Gegensatz zu Europa benutzte man in diesem Teil der USA eine UNIX Variante von AT&T. Diese unterschied sich ein wenig im Dialekt der Befehlssyntax. Karl scheiterte so manches mal daran, ohne sich der Ursache bewusst zu werden. Ein Blick in die ein oder andere Fachlektüre hätte ausgereicht, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Unter richtigen Hackern war das ein alter Hut....
Auch die lange Zeit, die er aktiv war, ist nicht auf irgendwelche Genialität zurückzuführen....
Clifford Stoll, Systemadministrator einer UNIX-Anlage im Rechenzentrum des Lawrence Berkeley Laboratory hatte Karl schon sehr früh bemerkt. Er war einer Differenz von 76 Cent in der Abrechnung der verkauften Rechenleistung des Laboratory auf der Spur.
Allerdings wollte damals niemand aktiv werden, da die amerikanischen Geheimdienste sich alle irgendwie nicht zuständig fühlten. Für Stoll wurde es dann irgendwann persönlich, und er beobachtete und dokumentierte Karl´s Aktivitäten über einen langen Zeitraum. Auch die deutsche Bundespost, die damals noch das Telekommunikationsmonopol hatte zeigte sich in Ermittlungsfragen anfangs nicht sehr kooperativ... Wer die ganze, übrigens sehr empfehlenswerte Geschichte lesen möchte, sollte sich unbedingt DAS KUCKUCKSEI von Clifford Stoll besorgen! Nach 23 ist das eigentlich Pflicht!
Worauf ich hinaus will: Eigentlich hätten sie ihn schon schnappen können, lange bevor er sein Drogenproblem bekam!
Auch sollte man sich mal über die Motive Karls nachdenken. Für mich nicht unbedingt ehrenhaft. Er hat sein Wissen bewusst dazu genutzt, Schaden anzurichten und finanzielle Vorteile zu erlangen. Er wurde durch Wilsons Buch, das ihm sein Vater wohl etwas zu früh schenkte, dazu gebracht einer Romanfigur nachzueifern, ohne ein Auge für die Realität zu haben.
Ob Selbstmord, oder nicht: Er wusste genau, in was für Kreisen er sich bewegt, und wie die Spielregeln dort sind! Eines war klar: Er wusste zuviel! Es muss auch ihm klar gewesen sein, das nach seinem Geständnis die Sache noch nicht ausgestanden war. Ich halte es nicht für unmöglich, das er sich theatralisch am 23. Selbsthingerichtet hat, um anderen zuvor zu kommen...
Denn eins war ja wohl klar: Nach seinen Aktionen hatte er besuch von beiden „Seiten“ zu erwarten!
Ich glaube, der Mythos Karl Koch wäre ohne den Film und das Buch 23 überhaupt nicht zustande gekommen.
Dabei betrübt, das dadurch Schicksale wie etwa das Tron´s in den Hintergrund gedrängt werden.
Boris F. alias Tron war nicht nur ein schüchterner, netter junger Mensch, er war auch ein absolut genialer Forscher! Seine Definition des Hackens war allerdings nicht Schaden anzurichten, sondern aufzuklären. Er wollte sein Wissen teilen, und weitergeben.
Er galt z.B als derjenige, der als Erster die d-box Leo Kirchs und den Sender Premiere gehackt hat. Oder die Krankenkassen- und Telefonkarten.
Es ging ihm nicht um Geld sondern darum, den Entwicklern von Chipkarten in großen Konzernen zu zeigen, wie leicht ihre ach so sicheren Systeme zu hacken sind. Aber er wollte sich wohl nicht verkaufen...
Am 22. Oktober 1998 fand ein Spaziergänger in der Nähe des U-Bahnhofes Berlin-Britz seine Leiche. Die Todesumstände sind bis heute sehr mysteriös und nur die Polizei glaubt an Selbstmord, aber das ist eine andere Geschichte...
Vorab: dieses ist meine persönliche Meinung, die sich nach diversen Recherchen, Büchern und Gesprächen gebildet hat.
Ich will niemanden überzeugen oder bekehren, sondern eher wissen, was an ihm für euch so besonderes war, oder was ihr daran anders seht.
Also ich wurde auf die 23 durch ein Gespräch mit unserem Linux Dozenten aufmerksam. Beim Thema Passwörter kam man dann auf den Film zu sprechen...
Ich machte mich nach dem Film 23 mal auf die Suche nach etwas genaueren Informationen, über Karl und was damals eigentlich wirklich abging...
Und da muss ich hier noch sagen, dass mir am Film und Buch 23 einiges wirklich sauer aufgestoßen ist:
Es wird erst mal ein ganz falscher Eindruck von Karl und seiner Art, was und wie er seine Fähigkeiten erwarb vermittelt!
Er war keineswegs jemand, dem seine Fähigkeiten zugeflogen waren. Er hat sehr lange und hart dafür gearbeitet.
Die Sache mit dem Kokain kommt auch irgendwie so rüber, als hätte es seine Genialität gefördert.... er nahm es nur um wachbleiben zu können... es behinderte ihn eher!
Auch war er kein so genialer Hacker im eigentlichem Sinne. Er war eigentlich sehr faul, und scheute große Mühen. Ich würde ihn eher als kreativ bezeichnen.
Seine Art in Systeme einzubrechen basierte auf der Taktik sich Superuser-rechte zu verschaffen.
Zu seiner Zeit tauchte Windows bestenfalls in den unruhigen Träumen eines Bill Gates auf.
Fast alles, was es damals an Computern mit brauchbarer Leistung gab lief mit dem Betriebssystem UNIX.
Und das machte sich Karl zu nutze: UNIX, wie heute auch Linux basiert auf den sogenannten Gnu-Tools. Quasi eine Sammlung von nützlichen Programmen.
Er nutzte einen Fehler im Programm Gnu-Emacs. Einer selbst zu diesem Zeitpunkt übrigens nicht unbekannten Sicherheitslücke! Die Admins waren zum großen Teil einfach zu faul, oder desinteressiert sie zu schließen.
Die Hacks von "Hagbard" basierten also nicht auf einem genialem Hacker sondern vielmehr auf dem ausnutzen von bekannten Sicherheitslöchern.
Auch zeugte sein technisches Wissen nicht unbedingt vom übermäßigem Können. Man denke an den Einkauf des Supercomputers...
Übrigens: Warum wollten Karl und seine Mannen unbedingt so ein Rechenmonstrum?? Hier sie Erklärung:
Karl und Co luden sich von den jeweiligen Rechnern die Passwort Dateien runter.
Diese waren zu dieser Zeit auch nicht besonders geschützt, da die Passwörter nach einem Falltür System verschlüsselt abgespeichert waren. Das bedeutet ein Passwort kann zwar verschlüsselt werden, aber nie mehr entschlüsselt.
Karls Idee war nun, ein ganzes Wörterbuch in einem Rechner einzugeben und verschlüsseln zu lassen. Die Verschlüsselungsroutine war wie alle Gnu-Tools Open-Source also öffentlich.
Er wollte dann, basierend auf der Annahme, das immer irgendwelche User normale Wörter als Passwort nehmen einfach die verschlüsselten Daten vergleichen, und hätte so ganz einfach Passwörter bekommen können. Sein Comodore war damit allerdings ziemlich überfordert...
Also mangelndes Wissen mit Rechenleistung kompensieren... Eigentlich mehr Detektivarbeit, als richtiges Hacken.
Er war auch in Sachen Betriebssystemen nicht sehr bewandert. Im Gegensatz zu Europa benutzte man in diesem Teil der USA eine UNIX Variante von AT&T. Diese unterschied sich ein wenig im Dialekt der Befehlssyntax. Karl scheiterte so manches mal daran, ohne sich der Ursache bewusst zu werden. Ein Blick in die ein oder andere Fachlektüre hätte ausgereicht, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Unter richtigen Hackern war das ein alter Hut....
Auch die lange Zeit, die er aktiv war, ist nicht auf irgendwelche Genialität zurückzuführen....
Clifford Stoll, Systemadministrator einer UNIX-Anlage im Rechenzentrum des Lawrence Berkeley Laboratory hatte Karl schon sehr früh bemerkt. Er war einer Differenz von 76 Cent in der Abrechnung der verkauften Rechenleistung des Laboratory auf der Spur.
Allerdings wollte damals niemand aktiv werden, da die amerikanischen Geheimdienste sich alle irgendwie nicht zuständig fühlten. Für Stoll wurde es dann irgendwann persönlich, und er beobachtete und dokumentierte Karl´s Aktivitäten über einen langen Zeitraum. Auch die deutsche Bundespost, die damals noch das Telekommunikationsmonopol hatte zeigte sich in Ermittlungsfragen anfangs nicht sehr kooperativ... Wer die ganze, übrigens sehr empfehlenswerte Geschichte lesen möchte, sollte sich unbedingt DAS KUCKUCKSEI von Clifford Stoll besorgen! Nach 23 ist das eigentlich Pflicht!
Worauf ich hinaus will: Eigentlich hätten sie ihn schon schnappen können, lange bevor er sein Drogenproblem bekam!
Auch sollte man sich mal über die Motive Karls nachdenken. Für mich nicht unbedingt ehrenhaft. Er hat sein Wissen bewusst dazu genutzt, Schaden anzurichten und finanzielle Vorteile zu erlangen. Er wurde durch Wilsons Buch, das ihm sein Vater wohl etwas zu früh schenkte, dazu gebracht einer Romanfigur nachzueifern, ohne ein Auge für die Realität zu haben.
Ob Selbstmord, oder nicht: Er wusste genau, in was für Kreisen er sich bewegt, und wie die Spielregeln dort sind! Eines war klar: Er wusste zuviel! Es muss auch ihm klar gewesen sein, das nach seinem Geständnis die Sache noch nicht ausgestanden war. Ich halte es nicht für unmöglich, das er sich theatralisch am 23. Selbsthingerichtet hat, um anderen zuvor zu kommen...
Denn eins war ja wohl klar: Nach seinen Aktionen hatte er besuch von beiden „Seiten“ zu erwarten!
Ich glaube, der Mythos Karl Koch wäre ohne den Film und das Buch 23 überhaupt nicht zustande gekommen.
Dabei betrübt, das dadurch Schicksale wie etwa das Tron´s in den Hintergrund gedrängt werden.
Boris F. alias Tron war nicht nur ein schüchterner, netter junger Mensch, er war auch ein absolut genialer Forscher! Seine Definition des Hackens war allerdings nicht Schaden anzurichten, sondern aufzuklären. Er wollte sein Wissen teilen, und weitergeben.
Er galt z.B als derjenige, der als Erster die d-box Leo Kirchs und den Sender Premiere gehackt hat. Oder die Krankenkassen- und Telefonkarten.
Es ging ihm nicht um Geld sondern darum, den Entwicklern von Chipkarten in großen Konzernen zu zeigen, wie leicht ihre ach so sicheren Systeme zu hacken sind. Aber er wollte sich wohl nicht verkaufen...
Am 22. Oktober 1998 fand ein Spaziergänger in der Nähe des U-Bahnhofes Berlin-Britz seine Leiche. Die Todesumstände sind bis heute sehr mysteriös und nur die Polizei glaubt an Selbstmord, aber das ist eine andere Geschichte...