hives
Ritter Rosenkreuzer
- 20. März 2003
- 2.785
Woppadaq schrieb:hives schrieb:Flexibilisierung ist mit Sicherheit nicht die Lösung aller Probleme, wird jedoch in den Massenmedien (zusammen mit Eigenverantwortung) immer mehr als solche angepriesen
Ja, weil die bürokratische Gängelung in Deutschlnd stellenweise wirklich die wirtschaftliche Entwicklung hemmt und teilweise auch für Stellenabbau verantwortlich ist.
Ein Beispiel kenne ich aus eigener Erfahrung:
Ich arbeitete im Jahre 2001 für eine Werbefirma (als Programierer), die die schwedische Firma Skanska betreute. Das war eine Baufirma, die im wesentlichen kleinere Häuser für ca 250 000 Euro anbot. Diese Häuser mußten natürlich erstmal gebaut werden. Also beschäftigte Skanska ca 300 Bauarbeiter über Subfirmen.
Ein halbes Jahr später bekam die Firma eine Anzeige wegen Schwarzarbeit. Man war verwundert, waren doch ihrer Meinung nach keine Arbeiter illegal beschäftigt. Es kam heraus: Nicht die Arbeiter waren illegal, sondern was sie taten ! Die von Skanska beauftragte Subfirma hatte nicht nur Maurerarbeiten übernommen, sondern auch die Verklinkerung der Häuser. Meiner Meinung nach ist Verklinkerung zwar auch Maurerarbeit, aber die Maurer waren nicht speziell dafür ausgebildet worden, also war ihre Arbeit illegal. Diese geniale Regelung, die die Qualität erhöhen und mit Gewalt Arbeitsplätze schaffen sollte, bewirkte genau das Gegenteil: Skanska zog sich vom deutschen Markt zurück, und zwar ziemlich plötzlich.
Ich muß hier zu bedenken geben, daß Skanska eine ziemlich große Firma ist, also durchaus das Geld gehabt hätte, noch eine weitere Firma zu bezahlen. Nur hätten sich dann die Häuser nicht mehr gerechnet.
Meine Werbefirma, die bereits den nicht zu knappen Etat von Skanska verplant hatte, mußte Ende des Jahres ihren Mitarbeiterstamm von 18 auf 6 reduzieren. Meine Arbeitsstelle ging auch dabei drauf. Nur mal als Beispiel.
Du hast hier ein Beispiel beschrieben - ich habe nie behauptet, dass jede Flecibilisierung schlecht ist und die totale Inflexibilität ein Ziel sein sollte - wichtig ist mir bei der ganzen Diskussion das folgende:
"Flexibilisierung" ist auch (und momentan vor allem) die Entsorgung der sozialen Sicherungen ("Bevormundungen"), das Abschaffen der langfristig gesicherten Beschäftigung etc.
Ich kenne auch viele Dinge, die in unserer Gesellschaft nicht "flexibel" genug sind, die Frage ist doch: Werden sie geändert, wenn ich nach Flexibilisierung rufe?
"Es gibt keine Alternativen" wird in (fast) allen Medien verbreitet - das heisst vor allem: Es gibt keine starke Lobby, die diese vertreten...
Flexibilisierung ungleich Flexibilisierung. Es ist eine Worthülse, die vor allem gerne von Menschen gebraucht wird, die darin die totale Ökonomisierung des Menschen und Sozialabbau "verstecken".
Das alles allein bringt den Leuten, die nach Flexibilisierung gerufen haben, jedoch nur wenig...