ein kleiner erlebnisbericht aus der psychiatrie:
im rahmen meiner krankenpflegeausbildung musste ich auch einen 8 wöchigen 'psychiatrie einsatz' machen.
"krisenintervention für akut- und langzeitbereich, halbgeschlossene abteilung" nannte sich das ganze.
wow, wie interessant, endlich mal die richtigen hardcore-irren sehen, und vielleicht kann ich ihnen ja helfen, mann, wie toll kann man da mit den patienten arbeiten und ähnlich bescheuertes zeug dachte ich so in meinem jugendlichen eifer.
als erstes bekam ich einen haufen schlüssel mit unglaublichen vielen ermahnungen, diesen auch ja zu benutzen, nirgendwo liegen zu lassen und ihn überhaupt niemandem auszuhändigen. 'halbgeschlossen' bedeutet nämlich abgeschlossene türen, die für bestimmte leute zu bleiben, für die anderen auf- und hinter ihnen wieder abgeschlossen werden.
das hatte dann zur folge, dass ich innerhalb einer woche überall alles abschloss und ich seitdem meinen schlüssel nirgendwo mehr vergesse.
die station hatte, dank des alten gebäudes (die anlage ist 100 jahre alt, ungefähr) tatsächlich noch den 'kuckucksnest"-charme, mit beruhigungzimmer und der forensichen jugenpsychiatrie -klinik-intern 'jurassic parc' genannt- als nachbar.
die patienten waren nicht nett, innerhalb kürzester zeit wurde mir gesagt, ich sei eine verkommen hure, ich habe einen tumor im bauch, eine gabel wurde auf mich gerichtet und alle wollten meine zigaretten.
das personal, das in gemütlicher runde entspannt kaffee trank und nett plauderte, sagte mir, derartige äusserungen gehören manchmal zu den krankheitsbildern, wenn sie ' richtig eingestellt seien, würden sie ganz gut laufen'. ach ja, akut...psychopharmaka. heil und segen für die geplagte seele, die stimmen schweigen und so.
ehrlich gesagt ging mir der arsch auf grundeis.
ich habe noch nie tagelang mit einer kaffeetasse in der hand versucht mich zu weigern oder zu drücken, einen raum zu verlassen, ich konnte schnell wie kein anderer zur küche spurten, in der ich stundenlang immer neue quarknachtischkreationen zauberte, unendlich lang eine spülmaschine ausräumte, unterstützt von einer nicht ganz so kranken frau, die fortwährend mit 'dem baron' plauderte, was ich allerdings zuerst nicht begriff, denn stell dir vor: jemand steht neben dir und spricht während ihr zusammen arbeitet, du gibst auch antwort, wirst dann aber jedesmal darauf hingewiesen, dass du gar nicht gemeint bist. bist du dann gemeint, merkst du es nicht.
es war sehr laut dort, denn es waren ja viel mehr leute anwesend als man sehen konnte, sehr wohl aber spüren, und selbst der heizkörper stellte einen unheimlich interessanten gesprächspartner für einen der menschen dar.
viele der patienten sassen den ganzen tag im aufenthaltsraum, plauderten, rauchten und warteten auf die nächste mahlzeit. manche von ihnen taten das bereits seit 20 jahren, einige wenige waren erst seit kurzem dabei. hauptgesprächthemen waren medikamente, kaffee, zigaretten. das personal riet mir, wenn ich nichts zu tun habe mich dazuzusetzen, zu plaudern, kaffee zu trinken, die sind gar nicht so schlimm. ich setzte mich also dazu und redete mit einem ehemaligen ingenieur, der früher, 'bevor ich meine psychose hatte' kernkraftwerke gebaut hat, einem ehemaligen mathematiker, der den teufel in einem kind gesehen hatte und dann trat, einem jungen mädchen, die schon mit 18 eine sogenannte psychiatriekarriere aufgrund mehrer gewalttaten gegen sich und andere hinter sich hatte und diversen anderen menschen, die aber oft schon so weit weg waren, das man durch die stimme von jehova, der heizung oder sonstwem gar nicht mehr durchkam.
einmal in der woche gab es bt. beschäftigungstherapie. eine frau (die therapeutin) brachte buntstifte und aus malbüchern für kinder fotokopierte seiten mit, setzte sich in einen raum und wartete. es kam manchmal jemand, und ihre stelle sollte ja sowieso gestrichen werden, wie sie mir erzählte.
manchmal bin ich auch mit einigen 'fitteren' patienten zum spar gegangen, einmal ist mir einer abgehauen. ich wurde jedoch beruhigt, sowohl von den patienten, die mich begleiteten als auch vom pflegepersonal, das mir, entspannt kaffetrinken und plaudernd, versicherte, das sei nicht schlimm, ich soll mich mal nicht verrückt machen, der macht das immer, den kennen wir, morgen kommt der wieder. was sich dann auch als wahr heraustellte.
so vergingen die 8 wochen wie im flug, ich habe vieles gelernt (quarknachtisch für 25 personen, die stimmen sind real), eine menge dinge gesehen, gehört, wie ein mensch 24h am stück schreien kann, während er in der fixierung liegt, zigtausend zigaretten geraucht, noch mehr kaffee getrunken und war froh das mein damaliges auto viel ps hatte, damit ich mich noch ein bisschen nach dienstende austoben konnte.
wie gesagt, es ist ein erlebnisbericht. also total subjektiv. und ich war jung. aber es war krass.
im rahmen meiner krankenpflegeausbildung musste ich auch einen 8 wöchigen 'psychiatrie einsatz' machen.
"krisenintervention für akut- und langzeitbereich, halbgeschlossene abteilung" nannte sich das ganze.
wow, wie interessant, endlich mal die richtigen hardcore-irren sehen, und vielleicht kann ich ihnen ja helfen, mann, wie toll kann man da mit den patienten arbeiten und ähnlich bescheuertes zeug dachte ich so in meinem jugendlichen eifer.
als erstes bekam ich einen haufen schlüssel mit unglaublichen vielen ermahnungen, diesen auch ja zu benutzen, nirgendwo liegen zu lassen und ihn überhaupt niemandem auszuhändigen. 'halbgeschlossen' bedeutet nämlich abgeschlossene türen, die für bestimmte leute zu bleiben, für die anderen auf- und hinter ihnen wieder abgeschlossen werden.
das hatte dann zur folge, dass ich innerhalb einer woche überall alles abschloss und ich seitdem meinen schlüssel nirgendwo mehr vergesse.
die station hatte, dank des alten gebäudes (die anlage ist 100 jahre alt, ungefähr) tatsächlich noch den 'kuckucksnest"-charme, mit beruhigungzimmer und der forensichen jugenpsychiatrie -klinik-intern 'jurassic parc' genannt- als nachbar.
die patienten waren nicht nett, innerhalb kürzester zeit wurde mir gesagt, ich sei eine verkommen hure, ich habe einen tumor im bauch, eine gabel wurde auf mich gerichtet und alle wollten meine zigaretten.
das personal, das in gemütlicher runde entspannt kaffee trank und nett plauderte, sagte mir, derartige äusserungen gehören manchmal zu den krankheitsbildern, wenn sie ' richtig eingestellt seien, würden sie ganz gut laufen'. ach ja, akut...psychopharmaka. heil und segen für die geplagte seele, die stimmen schweigen und so.
ehrlich gesagt ging mir der arsch auf grundeis.
ich habe noch nie tagelang mit einer kaffeetasse in der hand versucht mich zu weigern oder zu drücken, einen raum zu verlassen, ich konnte schnell wie kein anderer zur küche spurten, in der ich stundenlang immer neue quarknachtischkreationen zauberte, unendlich lang eine spülmaschine ausräumte, unterstützt von einer nicht ganz so kranken frau, die fortwährend mit 'dem baron' plauderte, was ich allerdings zuerst nicht begriff, denn stell dir vor: jemand steht neben dir und spricht während ihr zusammen arbeitet, du gibst auch antwort, wirst dann aber jedesmal darauf hingewiesen, dass du gar nicht gemeint bist. bist du dann gemeint, merkst du es nicht.
es war sehr laut dort, denn es waren ja viel mehr leute anwesend als man sehen konnte, sehr wohl aber spüren, und selbst der heizkörper stellte einen unheimlich interessanten gesprächspartner für einen der menschen dar.
viele der patienten sassen den ganzen tag im aufenthaltsraum, plauderten, rauchten und warteten auf die nächste mahlzeit. manche von ihnen taten das bereits seit 20 jahren, einige wenige waren erst seit kurzem dabei. hauptgesprächthemen waren medikamente, kaffee, zigaretten. das personal riet mir, wenn ich nichts zu tun habe mich dazuzusetzen, zu plaudern, kaffee zu trinken, die sind gar nicht so schlimm. ich setzte mich also dazu und redete mit einem ehemaligen ingenieur, der früher, 'bevor ich meine psychose hatte' kernkraftwerke gebaut hat, einem ehemaligen mathematiker, der den teufel in einem kind gesehen hatte und dann trat, einem jungen mädchen, die schon mit 18 eine sogenannte psychiatriekarriere aufgrund mehrer gewalttaten gegen sich und andere hinter sich hatte und diversen anderen menschen, die aber oft schon so weit weg waren, das man durch die stimme von jehova, der heizung oder sonstwem gar nicht mehr durchkam.
einmal in der woche gab es bt. beschäftigungstherapie. eine frau (die therapeutin) brachte buntstifte und aus malbüchern für kinder fotokopierte seiten mit, setzte sich in einen raum und wartete. es kam manchmal jemand, und ihre stelle sollte ja sowieso gestrichen werden, wie sie mir erzählte.
manchmal bin ich auch mit einigen 'fitteren' patienten zum spar gegangen, einmal ist mir einer abgehauen. ich wurde jedoch beruhigt, sowohl von den patienten, die mich begleiteten als auch vom pflegepersonal, das mir, entspannt kaffetrinken und plaudernd, versicherte, das sei nicht schlimm, ich soll mich mal nicht verrückt machen, der macht das immer, den kennen wir, morgen kommt der wieder. was sich dann auch als wahr heraustellte.
so vergingen die 8 wochen wie im flug, ich habe vieles gelernt (quarknachtisch für 25 personen, die stimmen sind real), eine menge dinge gesehen, gehört, wie ein mensch 24h am stück schreien kann, während er in der fixierung liegt, zigtausend zigaretten geraucht, noch mehr kaffee getrunken und war froh das mein damaliges auto viel ps hatte, damit ich mich noch ein bisschen nach dienstende austoben konnte.
wie gesagt, es ist ein erlebnisbericht. also total subjektiv. und ich war jung. aber es war krass.