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Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

sillyLilly

graues WV- Urgestein
14. September 2002
3.269
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Arbeitest du in einer größeren Stadt?
Ich frage nicht, weil ich indiskret sein will, sondern nur weil es ich glaube dass es schon Unterschiede z.b. zwischen Kiel, Hamburg, Berlin,Uelzen, Freiburg oder München gibt.
Die Problemlagen in einer Großstadt treten ja je nach Größe der Stadt und Haushalt unterschiedlich zutage und dementsprechend kann sich das natürlich überfordernder auf das Personal auswirken.
In den meisten Fällen allerdings ohne größere Auswirkungen auf die Betroffenen.
Ich habe leider doch des öfteren erlebt, dass sich das doch auf die Betroffenen auswirkt. Beziehungsweise, dass man helfend eingreifen muss, damit die Person nicht völlig untergeht.
Und dabei meine ich nicht mal, dass das von den Leuten bei der Behörde extra so gemacht wird, sondern gehe davon aus, dass die Mitarbeiter beim Jobcenter überfordert sind.
Auch das sie manchmal Anweisungen haben, die die Antragsannahme betreffen, die eigentlich so nicht per Gesetz geregelt sind und die Sache für Betroffene erschweren.

Z.B. ist es bei einigen Jobcentern Anweisung und Regel, dass der Antrag nicht entgegengenommen wird, wenn noch nicht alle Unterlagen beisammen sind.... obwohl der Antrag trotzdem entgegengenommen werden müsste. Oder es wird verlangt, dass alle Kontoauszüger kopiert werden, weil ansonsten der Antrag wieder nicht angenommen wird .... Dabei müssen die nicht zu den Akten genommen werden. Kontoeinsicht geben bedeutet nicht, dass das Jobcenter die Daten speichern darf ... sondern das das Jobcenter die einsehen darf und sich vielleicht ein paar Daten darauf abschreiben oder kopieren darf .... aber nicht blind alle Kontoauszüge der letzten Monate kopieren und abheften.

( Ich habe zwischendurch mit Menschen zu tun, die sich an mich wenden, wenn sie Hilfe bei Behörden brauchen, deswegen bekomme ich natürlich mehr negatives als positives mit. Das ist mir schon bewußt :) Also ich will kein Behördenmitarbeiterbashing betreiben ;)
Nur bei deinen Erzählungen wünsche ich mir, dass du hier in der Behörde arbeiten würdest und wir bei Problemen miteinander zu tun hätten ... das hört sich engagiert und menschlich an bei dir :) )
 

Benutzer

Geselle
22. Oktober 2011
11
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Relativ groß, sillyLilly - Rheinland-Pfalz. Es geht größer, aber auch kleiner. Ich denke aber, dass das keinen Unterschied macht, sondern wirklich von den Angestellten abhängig ist und der individuellen Bewilligung in jeder Gemeinde, Stadt und Bundesland.
Da wird es garantiert Unterschiede geben. Möchte ich gar nicht abstreiten. Trotzdem hat man einen gewissen Spielraum, den man hier und da auch nutzen, aber nicht ausnutzen kann. Ein Stück weit auch vom Dienststellenleiter abhängig, also dem direkten Vorgesetzten.

Z.B. ist es bei einigen Jobcentern Anweisung und Regel, dass der Antrag nicht entgegengenommen wird, wenn noch nicht alle Unterlagen beisammen sind.... obwohl der Antrag trotzdem entgegengenommen werden müsste.

Die Unterlagen müssen vollständig vorhanden sein, weil die Daten der z.B. RV und KV mit in die Maske eingeben werden müssen, damit der Antrag im System durchgewunken wird. Kann da aber nicht mehr zu sagen, weil ich damit nichts zu tun hab und ich das nur von Betroffenen selbst erfahre.

Oder es wird verlangt, dass alle Kontoauszüger kopiert werden, [...]

Irrelevante Daten darf man schwärzen, allerdings kann ich Dir nicht sagen, was geschwärzt werden darf und was ersichtlich sein muss. Das weiss ich auch nicht und ich spekuliere ungern.

Engagiert und menschlich? Hm, ich bin Verwaltungsangestellter, kein Sozialarbeiter oder gar Streetworker. Säß ich nicht im Bezirksamt und hätte ich nicht schon im Amt für soziales und Wohnen gearbeitet, dann wär ich vielleicht im Ordnungsamt und müsste am laufenden Band Ordnungswidrigkeiten ausfüllen und Bußgeldbescheide raus schicken...
Es ist in erster Linie meine Arbeit, wenn ich einen "Fall" abgeschlossen hab, seh ich die Menschen nicht mehr wieder. Wenn sie bei mir das letzte mal die Türe verlassen haben, greife ich quasi zur nächsten Akte oder eröffne eine neue.
Dafür freue ich mich über jeden, der zu uns kommt, trotz aller Probleme und wünsche ihm guten Gewissens und ehrlich alles gute für sein Leben.
Versteh mich nicht falsch. Ich bin kein Samariter, ich halte mich an Vorschriften und achte auf die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmungen. Was ich vorgelegt haben muss, will ich vorgelegt sehen. Wen ich sehen muss, den will ich sehen und zwar pünktlich und wenn nicht pünktlich, dann mit einer passenden Entschuldigung, warum man sich verspätet hat.
Ich kann nichts streichen, kürzen oder sperren, aber ich kann dem Menschen ins Gewissen reden und ihn an seine Pflichten erinnern. Mag hart klingen, aber das ist auch ein Teil meiner Arbeit, zugegeben, der unangenehmste.
 

Grubi

Moderator
Teammitglied
1. Juni 2008
6.686
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Moin

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Zitat von Grubi
[...] Ich habe sonst nicht viele Anlässe zur Verfügung um Kontakt zu Obdachlosen aufzunehmen nette Gesten sind ja nicht schlecht ans ich... Ja und dazu ein Frühstück
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Gruss Grubi

Nach der guten Tat fühlst Du Dich dann besser und gehst, wohlig, in Deine warme Wohnung, knallst Dir ein fettes Schnitzel in die Pfanne, pflanzt Dich vor Deinen 100er Plasma, mit dickem Laptop auf den Beinen und lässt es Dir gut gehen?
Der Obdachlose hingegen sitzt weiter auf der Straße, ist froh, dass er was in den Magen gekriegt und wieder einen Tag überstanden hat... Eigentlich blöd, denn "Sepp" stand kurz davor, sich endlich Hilfe zu suchen, weil er das Leben so nicht mehr ertragen kann und Deine Gabe seit Tagen das erste war, was er in den Magen gekriegt hat. Jetzt ist der Magen erstmal wieder "gefüllt" und die nächsten Tage lassen sich schon irgendwie überstehen. Gehofft wird auf den nächsten, mit Herzensgüte. Ist das ein Lösungsansatz? Das war kein Angriff auf Dich, hoffe Du verstehst das nicht falsch.


Nur kurz dazu...

Das ist natürlich nur als eine Art der ersten Hilfe zu betrachten, meine Ambitionen gehen garnicht in die Richtung dass ich Obdachlose von der Strasse holen möchte.
Obdachlose gehören hier zum Strassenbild und ich muss irgendwie mit ihnen umgehen, da macht es keinen Sinn dass ich jeden Anlass dazu nutze diesen Leuten erstmal klarzumachen dass sie ihr Leben falsch führen...

Wenn jemand früh morgens, völlig ungünstig irgendwo rumliegt, dann braucht er keine Grundsatzdiskussion über seinen Lebensstil und ich kann nicht erstmal alle möglichen Gründe abwiegen die zu seiner Situation geführt haben, um mir dann im Laufe das Tages darüber klarzuwerden wie ich mit der Situation umgehen sollte und was für die betreffende Person das Beste ist...

Würdest du denn selbst jede ungünstige Situation von Obdachlosen dazu nutzen, ihnen ins Gewissen zu reden um die gerade schlechte Situation zum Anlass zu nehmen diesen Leuten mal ein paar dringliche Probleme klarzumachen?


Gruss Grubi
 

es könnte ja sein

Ritter vom Osten und Westen
22. September 2010
2.582
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

hallo benutzer

erstmal danke für deine ausführliche schilderrung


ich möchte nochmal auf dem punkt des "wollens" eingehen, irgendwie raffe ich das nicht

kann es sein das dass argument des "nichtwollens" nicht exakt ist? sondern eine plumpe ausrede? das es im amtsdeutsch und gesellschaftlich benutzt wird um die verantwortung von sich zu weisen? damit wir unsere werte nicht kritisch hinterfragen müssen, wir weiterhin eine art lügengerüst aufrecht halten wollen?

wenn wir fest halten das die meisten obdachlosen schon zu alt und zu sehr durch den alkohol zerstört sind, dass eine umfassende hilfe zu teuer würde? das diese hilfe wirtschaftlich sich nicht rentiert? keine erfolgsaussicht mehr auf gesellschaftliche integration?

selbst wenn man einen genesungserfolg erzielen würde, ist doch auch die frage ob ein rehabilitierter überhaupt noch arbeit findet, überhaupt noch belastbar im job ist? zu lange raus ist um überhaubt noch ein halbwegs vernünftigen job zu machen


das man dann besser in seiner geschickten retorik das problem so von sich weisst, damit der staat keine angriffsfläche bieten muss,von megen moral usw? das wir als staat diese härtefälle abschreiben? wenn ja, warum kann man nicht offen und direkt die wirklichen gründe offenlegen? nicht medientauglich? würde die kirche aufschreien? wären wir damit unmenschlich?

vermute ich richtig, kann da was drannsein?

anders bei jungen obdachlosen, die in diese situation geraten,bei den jungen odachlosen wird ja draufzugegangen,durch streetworker. denen bietet man ja auch hilfe an ohne das sie es gewollt haben.ergibt sich bei den jungen odachlosen eine grössere erfolgsaussicht in dem kosten nutzen vergleich? oder gibt es da noch andere gründe?

die kirche z.b. bietet auch hilfe an ohne forderungen zu stellen, die helfen uneigeschränkt. ohne unterschiede zu machen.


oder sehe ich da jetzt was verkehrt?

interessant ist da auch der vergleich mit ameisen. sobald eine ameise nicht mehr in der lage ist ihren soll zu erfüllen, wird sie lebendig auf einen sammelplatz gebracht,wo sie dann ihrem schicksal ausgeliefert ist. brutal aber effektiv

in der natur gibt es kein gewissen oder moral, nur das überleben zählt

handeln wir nicht ähnlich?
 

Benutzer

Geselle
22. Oktober 2011
11
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Hallo, Grubi.

Moin

[...] Würdest du denn selbst jede ungünstige Situation von Obdachlosen dazu nutzen, ihnen ins Gewissen zu reden um die gerade schlechte Situation zum Anlass zu nehmen diesen Leuten mal ein paar dringliche Probleme klarzumachen?

Nein, ich wüsste auch nicht wie ich das Privat anstellen soll. Im Gegenteil... Laufe ich durch die Stadt und seh jemanden Passanten anbetteln, mach ich entweder einen Bogen oder schaue beschämt zur Seite. Noch mehr sogar, wenn ich gerade einkaufen war oder zum Beispiel ein Eis esse...
Das hat nichts mit Unmenschlichkeit zu tun, sondern einfach mit Unwohlsein wenn ich angebettelt werde. Zumal einem nicht immer freundlich begegnet wird, was zwar keine Entschuldigung für meine Zurückhaltung sein soll, man aber auch nicht vergessen darf.
Eigentlich Ironie... Auf der Arbeit sorge ich für die ersten Schritte in ein geregeltes Leben, auf der Straße gehe ich Obdachlosen aus dem Weg.

Hallo, es könnte ja sein.

[...]kann es sein das dass argument des "nichtwollens" nicht exakt ist? sondern eine plumpe ausrede? das es im amtsdeutsch und gesellschaftlich benutzt wird um die verantwortung von sich zu weisen? damit wir unsere werte nicht kritisch hinterfragen müssen, wir weiterhin eine art lügengerüst aufrecht halten wollen?[...]

Doch, das ist sogar sehr exakt. Es gibt Menschen, die sich wirklich nicht helfen lassen wollen. Nicht, weil sie nicht können oder weil sie nicht wollen, sondern weil sie ein Leben auf der Straße, einem Leben in der Gesellschaft vorziehen. Es mag für uns seßhafte nur schwer vorstellbar sein. Verstehen? Nein - Akzeptieren? Ja!
Al´Azrad hat das weiter zurück richtig beschrieben. Wir können die Menschen nicht jagen und einfangen, weil das ein Eingriff in die persönliche Freiheit des einzelnen wär. Das wurde vor 70, 80 Jahren schon versucht in Deutschland und ist, drei Kreuze mach, zum Glück nicht immer noch Praxis.
Ich seh da auch keine Diskrepanz in unseren Wertevorstellungen und schon gar kein Lügengerüst. Hätten wir ein falsches Verständnis von Werten, dann gäb es nicht die Suppenküchen, keine Tafel und keine ehrenamtlichen Helfer die im Winter auf eigene Kosten durch die Städte ziehen und heissen Kaffee, Tee und Semmel an Obdachlose verteilen.
Dann hätten wir kein Netz, nebenbei bemerkt wohl das großartigste in Europa, was Obdachlosen die Chance bietet in die Gesellschaft zurück zu kehren.

wenn wir fest halten das die meisten obdachlosen schon zu alt und zu sehr durch den alkohol zerstört sind, dass eine umfassende hilfe zu teuer würde? das diese hilfe wirtschaftlich sich nicht rentiert? keine erfolgsaussicht mehr auf gesellschaftliche integration?

Grundsätzlich geht es in Deutschland um den menschlichen Aspekt. Ein Obdachloser der 5, 10 oder 20 Jahre auf der Straße gelebt hat, ist aller Voraussicht nach wirtschaftlich nie wieder tragbar. Er hat einen Ar*ch voll Schulden und ist körperlich sowie geistig völlig neben der Spur. Die Einzelschicksale lesen sich alle fast gleich, nur Namen und Gesichter ändern sich.
Der Mensch hat in den seltensten Fällen noch eine Chance auf dem 1. Arbeitsmarkt, ja, nichtmal auf dem 2. Arbeitsmarkt. Langzeitarbeitslos, nicht vermittelbar. Je nach Alter und Gesundheitszustand werden die Menschen dann Arbeitsunfähig geschrieben oder direkt in Frührente geschickt. Ich weiss von ehemaligen Betreuten, die mit 40 Jahren in Rente gegangen sind, wo ich noch lockere 20 Jahre Arbeit vor mir hab. Eifersucht? Nein, warum?
Gesellschaftlich integriert sind sie aber trotzdem, nicht wie Du und ich, aber sie führen ein eigenständiges Leben unter Selbstkontrolle, Selbstentfaltung und in den eigenen vier Wänden.
In Deutschland gilt das Leistungsprinzip, wer diesem Leistungsprinzip nicht Stand halten kann, wird vom sozialen Netz aufgefangen.
Wir beurteilen Menschen nicht nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sondern sehen sie als Menschen.
Dass der Staat, das Land, die Stadt oder Gemeinde bei jeder Wiedereingliederung mit einem dicken Minus abschließt dürfte jedem bewusst sein.
Was jetzt? Soll der Staat also zu gescheiterten Existenzen hingehen und sagen "Hör ma! Du hast keinen Nutzen für uns, guck also wie Du zurecht kommst!" Wär das richtig? Ich glaube nicht, Tim...

das man dann besser in seiner geschickten retorik das problem so von sich weisst, damit der staat keine angriffsfläche bieten muss,von megen moral usw? das wir als staat diese härtefälle abschreiben? wenn ja, warum kann man nicht offen und direkt die wirklichen gründe offenlegen? nicht medientauglich? würde die kirche aufschreien? wären wir damit unmenschlich?

Auf sozialer Ebene sehe ich unsere Moral in weiten Teilen durchaus in Takt. Ich beschrieb es ja schon, dass wir wohl das beste soziale Netz haben und viel für Menschen auf den Straßen, die nicht runter können/wollen, getan wird.
Klar, es geht immer mehr, es geht immer besser, aber das, was wir haben, sucht wohl seines gleichen.
Härtefälle abschreiben bringt mich wieder zu der Aussage von Al´Azrad zurück... Du kannst und darfst Menschen nicht vorschreiben, wie sie ihr eigenes Leben zu leben haben. Wie soll das funktionieren?
Obdachlose sind eine Randgruppe, damit kannst Du keine Boulevard-Magazine oder bunte Presse füllen, solang es nicht auf den Winter zugeht und die ersten Tannebäume verkauft werden...
Menschen wollen unterhalten werden, wollen sehen wie irgendein Prinz im Nazikostüm besoffen durch die Gegend turnt oder wollen die Leiche von Michael Jackson sehen.
Das Volk erreichst Du mit unbequemen Themen nur sehr selten und wenn, dann sorgt der springende Axel schon dafür, dass das mächtig in die Hose geht.
DA würd ich mir eher Gedanken drum machen, statt beim Staat fehlendes Engagement im Kampf gegen Obdachlosigkeit zu suchen.

anders bei jungen obdachlosen, die in diese situation geraten,bei den jungen odachlosen wird ja draufzugegangen,durch streetworker. denen bietet man ja auch hilfe an ohne das sie es gewollt haben.ergibt sich bei den jungen odachlosen eine grössere erfolgsaussicht in dem kosten nutzen vergleich? oder gibt es da noch andere gründe?

Ich glaub nicht, dass ein Streetworker/Sozialarbeiter unterscheidet, ob der Obdachlose einen wirtschaftlichen Nutzen für die Gesellschaft hat oder nicht. Ein 20 Jähriger Obdachloser ist nicht mehr wert, als ein 40 Jähriger, der schon 20 Jahre auf der Straße lebt. Nicht für den Streetworker, nicht für mich.

die kirche z.b. bietet auch hilfe an ohne forderungen zu stellen, die helfen uneigeschränkt. ohne unterschiede zu machen.

[...] Der Begriff „Diakonie“ wird auch verkürzt für die Diakonischen Werke und deren soziale Einrichtungen in Deutschland, die Diakonie Österreich und diakonische Einrichtungen in der Schweiz gebraucht. In Deutschland wird das Diakonische Werk von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), ihren Gliedkirchen, der Alt-Katholischen Kirche und mehreren evangelischen Freikirchen getragen. [...]

Diakonie
(Quelle: Wikipedia)

Nein, wenn Du nochmal genau liest, gibt es auch bei der Diakonie Schwellen, die es zu überwinden gilt. Allerdings niedrige, wie Ein wilder Jäger recht früh schrieb und ich noch etwas ausführlicher im Eröffnungsbeitrag.

interessant ist da auch der vergleich mit ameisen [...]

Das geschieht bei uns nicht. Wir sammeln (hässliches Wort) keine Menschen und bringen sie auch nicht auf Sammelplätze (noch hässlicheres Wort) und überlassen sie da ihrem Schicksal.
Der Staat veranstaltet keine Ghettoisierung von der Bedeutung her, für was das Wort in unserer Geschichte einmal stand.
Fakt ist aber auch, dass der Staat nicht jedem Obdachlosen ein 5-Zimmer Penthouse mit Swimmingpool und Dachterasse zur Verfügung stellen kann. Ausserdem hast Du ehemalige Obdachlose oder allgemein Leistungsempfänger in weiten Teilen der Gesellschaft leben und nicht nur in sogenannten Mietskasernen oder Plattenbauten.
Das allerdings, ist natürlich wesentlich medientauglicher, ein solches Bild eines Menschen am Rande der Gesellschaft zu zeigen... ;)

Gruß
 

es könnte ja sein

Ritter vom Osten und Westen
22. September 2010
2.582
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

ja so langsam dämmerts mir

ich danke dir recht herzlich für deine aufklärung

gruß
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Hallo Benutzer,

in Worms (du kommst doch aus dem Bundesland) gab (gibt?) es einen Kochlöffel, der von Max Gold mal zum
schmutzigsten Kochlöffel Deutschlands gekürt wurde.
Ich bin trotzdem immer wieder gerne rein.
Die hatten entgegen dem Franchise-Konzept eine Suppe auf der Speisekarte.
Du hast eine Suppe bezahlt, aber nicht gegessen.
Das Pendant zu Frankreich, wo man einen Kaffee bezahlt, aber nicht trinkt.
Der nächste Bedürftige bekam dann auf Nachfrage die Suppe serviert und wurde wie ein zahlender Gast behandelt.
Da saß eigentlich immer ein Zottelbart und schlürfte gerade Suppe.
Gäste die sich deswegen beschwerten, wurden mit freundlichen Worten hinauskomplimentiert.

Schön, so etwas mal erlebt zu haben.
Auch in meinem jetzigen Wohnort kenne ich solche Anlaufstationen.
Es ist also kein Einzelfall.
Und es ist ein guter Weg für Privatmenschen, mit dem Phänomen Obdachlosigkeit umzugehen.
Finde ich jedenfalls.
 

Grubi

Moderator
Teammitglied
1. Juni 2008
6.686
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Hallo Benutzer

Ein paar Worte zum Thema Bettelei.
Das mag wohl niemand wirklich, das ist unangenehm und nicht leicht zu handhaben.

Ich würde da aber erstmal versuchen zu unterscheiden, ob sich jemand bewusst gegen ein Leben abseits der Gesellschaft entschieden hat oder ob jemand eher unverschuldet in diese missliche Lage gekommen ist.

Bekloppt finde ich z.B. Typen die sich in Rudeln irgendwo versammeln, sich demonstrativ so verhalten dass jedem sofort klar ist dass diese Leute gegen die Gesellschaft demonstrieren, aber diese Leute dann wahllos jeden Passanten ansaugen.
"Diese Gesellschaft kann mich mal am A****, aber die Mitglieder dieser Gesellschaft sollen jetzt mal ein paar Euro für mich springen lassen."
Das ist bescheuert.

Es mag Gründe geben die dazu führen dass jemand nur noch auf Bettelei angewiesen ist, aber bevor jemand so tief sinkt und diesen bestimmt sehr unangenehmen Weg geht, könnte er über diverse andere Möglichkeiten nachdenken auch als Obdachloser nicht komplett auf den guten Willen seiner Mitmenschen angewiesen zu sein.
Das ist ja irgendwie ein Dilemma, da verlässt jemand die geordneten gesellschaftlichen Bahnen um nichts mehr mit dieser Gesellschaft ausfechten zu müssen, aber verbringt dann doch seine Zeit damit von genau dieser Gesellschaft und deren Spenden abhängig zu sein.
Ich weiss nicht wie man einem Obdachlosen dieses Problem bewusst machen kann.

Einige "Lebenskünstler" schaffen es irgendwie noch ein kleines bischen "Unabhängigkeit" beizubehalten.
Das Sammeln von Pfandflaschen hilft in einigen Gegenden über die Runden...


Gruss Grubi
 

Benutzer

Geselle
22. Oktober 2011
11
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

So, nachdem sich gestern meine Tastatur in Richtung Walhalla aufmachte, bin ich nun wieder da :)

Hallo, Al´Azrad!

Hallo Benutzer,

in Worms (du kommst doch aus dem Bundesland) gab (gibt?) es einen Kochlöffel, der von Max Gold mal zum
schmutzigsten Kochlöffel Deutschlands gekürt wurde.
Ich bin trotzdem immer wieder gerne rein. [...]

Ja, aber andere Ecke :) Kann da nicht ganz folgen. Meinst Du ein Restaurant mit schmutzigster Kochlöffel? Hab nur einen Max Goldt gefunden, der mit Restaurants aber scheinbar nichts zu tun hat.
Ansonsten eine gute Aktion, war mir komplett neu. Wenn man die Möglichkeit dazu hat kann man das ruhig machen.
Kenn das nur so, dass Cafés, Bäckereien und Supermärkte manchmal zusätzlich zur Tafel was raus geben, wenn Obdachlose danach fragen. Es wurden aber auch schon genug abgelehnt, mit der Begründung, dass ungenehmigt nichts raus gegeben darf, weil dafür keine Verantwortung übernommen werden kann.

Hallo, Grubi!

[...] Ich würde da aber erstmal versuchen zu unterscheiden, ob sich jemand bewusst gegen ein Leben abseits der Gesellschaft entschieden hat oder ob jemand eher unverschuldet in diese missliche Lage gekommen ist. [...]

Das ist auf den ersten Blick aber schwer einzuschätzen. Wenn jemand Dich anbettelt, kannst Du ihn ja nicht erst fragen, ob er bewusst und freiwillig auf der Straße sitzt oder den Sprung runter einfach nicht schafft.

Bekloppt finde ich z.B. Typen die sich in Rudeln irgendwo versammeln [...]

Penner. Politisch unkorrektes Wort, aber es ist so. Das müssen nichtmal Obdachlose sein. Können Hartz4 beziehen und eine Wohnung haben, treiben sich aber trotzdem den ganzen Tag in Grüppchen rum, lärmen, verschmutzen die Straße, trinken eine Flasche nach der anderen und schnorren Passanten an. Kein Verständnis.

[...] Ich weiss nicht wie man einem Obdachlosen dieses Problem bewusst machen kann.[...]

Indem man ihm zeigt, dass ein Leben in der Gesellschaft lebenswert ist und die Gesellschaft, die er einst verlassen hat und vielleicht sogar kritisch gegenüber stand ihn gern wieder aufnimmt. Vorausetzung natürlich, dass...

Einige "Lebenskünstler" schaffen es irgendwie noch ein kleines bischen "Unabhängigkeit" beizubehalten.
Das Sammeln von Pfandflaschen hilft in einigen Gegenden über die Runden...

es keine "Lebenskünstler" sind. Ist doch auch in Ordnung, wenn die sich mit ihrem Leben so im reinen sind. Die mähen vielleicht mal hier Rasen, waschen Autos oder arbeiten auf einem Hof. Gibt es alles. Die kommen auch meistens unter. Ist nochmal eine Abstufung zum wirklich Obdachlosen.
Das Sammeln von Pfandflaschen ist natürlich keine Alternative, aber so kommen wenigstens ein paar Groschen rein. Leistungsempfängern hingegen ist das nur bedingt zu empfehlen, wenn sie es "professionell" betreiben. Gab mal einen Fall, da ist ein Hartz4 Empfänger von Stadtfest zu Stadtfest und Konzert zu Konzert gepilgert, hat Leergut und Pfandbecher eingesammelt und sich damit ein gutes Sümmchen dazu verdient, bis er vom Ordnungsamt auf Leistungsbezug kontrolliert wurde. Ende vom Lied war, dass er zu einer anteiligen Leistungskürzung verdonnert wurde *augen roll*
Wenn jemand Geld vom Staat bezieht und schwarz arbeitet, find ich Leistungskürzungen gerechtfertigt, aber doch nicht, wenn er quasi "Müll" von der Straße aufsammelt, es dem Recycling zuführt und sich so ein paar Cent dazu verdient...

Gruß
Ben
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Kochlöffel ist eine Franchise-Kette.
Spezialitäten sind die halben Hähnchen und der Hawaiburger :sabber:
Für eine Fastfood-Kette ist es eher ungewöhnlich, sich im Bereich Obdachlosigkeit zu engagieren.
Ich denke, es war der dortige Franchise-Nehmer, der sich engagiert(e).
 

dtrainer

Wiedergänger
17. Dezember 2008
10.562
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Wenn jemand Geld vom Staat bezieht und schwarz arbeitet, find ich Leistungskürzungen gerechtfertigt, aber doch nicht, wenn er quasi "Müll" von der Straße aufsammelt, es dem Recycling zuführt und sich so ein paar Cent dazu verdient...
Diese "paar Cent" müssen dann aber über 100 € gelegen haben, was man nicht mit ein paarmal bücken und aufsammeln erreichen kann. Bitte keine Schauermärchen...
 

Benutzer

Geselle
22. Oktober 2011
11
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

[...] da ist ein Hartz4 Empfänger von Stadtfest zu Stadtfest und Konzert zu Konzert gepilgert, hat Leergut und Pfandbecher eingesammelt

Da kommen mehr als "ein paar Cent" zusammen. Hätte das direkt in Anführungsstriche setzen sollen. Pfand auf Becher beträgt 1€, oftmals mehr und Leergut 8 bis 25cent. Da kommt genug zusammen.

Danke, Al, kannte ich tatsächlich noch nicht.
 

beast

Moderator
Teammitglied
23. Februar 2009
5.806
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Hamburg begeistert ja immer wieder gern die Welt mit seltsamen Lösungs-Strategien in allen Bereichen.

Auf der Suche nach etwas gänzlich anderem entdeckte ich nun dies zum Thema... :hut:


Aber die Jungs haben dann ja doch noch die Kurve bekommen.
 

sillyLilly

graues WV- Urgestein
14. September 2002
3.269
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Der Zaun ist doch schon längst wieder weg

edit: habe irgendwie zu spät gesehen, dass das in dem link, wenn man ein paar mal draufklickt ja auch irgendwann kommt.
 

beast

Moderator
Teammitglied
23. Februar 2009
5.806
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Der Zaun ist doch schon längst wieder weg

edit: habe irgendwie zu spät gesehen, dass das in dem link, wenn man ein paar mal draufklickt ja auch irgendwann kommt.

Entschuldigänse... ich hätte das Problem im Vorfeld berücksichtigen müssen. Verspreche aber Besserung... :hut:
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Es stimmt, es gibt in Deutschland ein soziales Netz, das jeden aufangen koennte ...
Doch setzt das ein Mindestmass an Selbstdisziplin, an Eigenengagement der hilfebeduerftigen Person voraus. (Man muss zu den Behoerden, sich in bestimmten Abstaenden melden...).
Abgesehen davon, dass man sich finanziell und auch mit der Offenlegung seinen gescheiterten Lebensplaenen zum glaesernen Menschen machen muss, ist unser Sozialstaat dermassen buerokratisiert, dass so ein Obdachloser ohne Perspektive ueberfordert sein koennte.
Der Deutsche tickt so: Fuelle Formblatt 1A aus, dann Formblatt 1B etc. etc.

Ich hatte auch mal ein Gespraech mit einem Obdachlosen. Mein Ansatz: Er brauchte sich doch nur in regelmaessigen Abstaenden zu melden. Als Antwort kam aber nur Schweigen.
So ein Mensch braucht einen "kleinen Schubser" von Menschen, die ihn auf die rechte Bahn zumindest teilweise zurueckbringen. -
Nicht nur im besten Fall sporadische Lebensbegleitung/ Lebenshilfe + Geld. Es bedarf nachhaltiger Hilfe, die Betreuungszeit erfordert.
Da fehlt es in Deutschland. Soziale Betreuung ist ein knappes Gut und wird von unterbezahlten unter Zeitdruck stehenden Personen ausgeuebt. Ueberall, im Altersheim ...
 

Sisgards

Gesperrter Benutzer
2. Juni 2010
1.178
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Hi,

ich wünsche mir was

in einem Ort oder in größeren Orten ein bis zwei Häuser,
das vielleicht sowieso leer steht.
Das hier vielleicht genutzt wird um Obdachlosen zuhelfen.

Auch vielleicht wo Menschen zufinden sind , die vielleicht den Helfen wieder fuss zufassen.

Und vielleicht an jedem Eingang oder Ausgang einer Stadt oder Dorf,
ein Schild steht wo die nächste Notunterkunft wäre.
Denn viele die Obdachlos wurden wissen überhaupt nicht wo irgendwelche Orte zum Übernachten sind.

LG
Sis

 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.


ich wünsche mir was

Gegenfrage:
Hast du eine Ahnung, welche Unterbringungsmöglichkeiten deine Heimatstadt hat,
welche Angebote es dort gibt, wer zuständig ist, wo die nächste Suppenküche ist,
wieviele Heimplätze und Sozialarbeiter, Therapieangebote, Essensausgaben.....?

Ein Häuschen hingestellt, am Dorfeingang ein Schild "Obdachlose bitte in die Lieschengasse"
und alles ist gut.

Zweite Frage: Ist deine Welt immer so bunt und kuschlig?
 

Sisgards

Gesperrter Benutzer
2. Juni 2010
1.178
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Hi

ja habe ich bzw weiß ich.

Nein das ist sie nicht,
aber es wäre doch schön.
Wenn man mehr tun würde .

Aber wenn vielleicht mehr Nähe da ist zur Gemeinde , vielleicht werden da Hilfsangebote eher angenommen?
Und vielleicht würden auch die einen oder anderen da Ehrenamtlich was machen.


LG
Sis


 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Obdachlosigkeit - Wie man von der "Platte" kommt.

Obdachlosigkeit ist idR ein städtisches Problem.
Neben den oben aufgeführten Angeboten gibt es aber in fast jedem Ort noch ein inoffizielles:
rate mal, wer Tag und Nacht beim Pastor/Pfarrer klingelt?
 

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