Jünger folget:
Zum Thema: Transplantation .................. von KÖPFEN!!!!!
Mit einer spektakulären Operation will der amerikanische Arzt ROBERT WHITE Kranken mit zerstörten Körpern "den Kopf retten".
Deren Schädel mit Inhalt sollen auf die Leiber von Hirntoten gepropft werden!
Der Professor wird verlacht, verhöhnt, angefeindet und "der Schänder", "Spezialist des Grauens" oder "Kopf-ab-White" genannt.
Das Interview:
Mit dem Ellenbogen stützt er sich auf den Tisch und fährt mit dem Zeigefinger an der Mitte seines Halses entlang. Der Nagel hinterläßt eine feine Linie, die schnell wieder verblaßt. Genau dort will er den Schnitt führen.
Schon im nächsten Jahr will der Neurochirurg den zerstörten Körper eines noch völlig klar denkenden Menschen durch einen Spenderleib ersetzen.
Mitnichten eine Horrorutopie.
Die Skizze vor ihm zeigt in schräger Draufsicht einen liegenden Mann, der die Operation bereits überstanden hat. Um Hals, Venen und Arterien ziehen sich feine rote Linien mit winzigen Querstrichen - die Nähte.
Durch das Fleisch getriebene Bolzen fixieren über mattglänzende Metallplättchen den Kopf auf dem fremden Körper.
Brutstatt des Plans ist ein vollgestelltes Büro im MetroHealth Medical Center der nordamerikanischen Stadt Cleveland, wo Professor White in einem bunten Sammelsurium residiert.
Schreibtisch und Boden seines Büros versperren Türme von Büchern und Journalen. Die "Literaturgeschichte Rußlands" liegt ganz oben, daneben eine Biographie Franz von Assisis und "Wie man einen Mammut tieffriert". Mindestens ein Buch liest der Professor pro Nacht und gönnt sich meist nur vier Stunden Schlaf. "Ein 19jähriges Mädchen hat meine Karriere zerstört", sagt er mit schelmisch hochgezogener Stimme. Er meint Mary Shelley, die junge Autorin, die Anfang des 19. Jahrhunderts die Horrorgeschichte von "Frankenstein" schrieb.
Professor White ist kein Spinner, der abstruse Visionen propagiert, ihn treibt auch kein Dämon.
Er war der jüngste Professor für Neurochirurgie der USA. Heute, mit 71, kann er seine Auszeichnungen stapeln. Und er gehört dem exklusivsten Forscherzirkel der Welt an - der vatikanischen Pontifikalakademie der Wissenschaften, deren Ursprung ins 17. Jahrhundert zurückgeht.
Von den 80 Akademiemitgliedern sind die Hälfte Nobelpreisträger.
Auf Anregung des Neurochirurgen White setzte der Pontifex die Bioethische Kommission des Vatikans ein, die zu brisanten Themen von Wissenschaft und Forschung die Position der Katholischen Kirche verkündet.
"Warum", fragt Professor White, "sollen wir nicht Patienten mit einem unheilbar von Krebs zerfressenen Leib helfen, indem wir ihnen einen neuen geben, der von einem hirntoten Unfallopfer stammt?
Warum sollen solche gepeinigten Menschen wie 'Superman' Christopher Reeve oder Astrophysiker Stephen Hawking, deren Körper durch die Lähmung schneller verfallen, nicht ihren Kopf retten können, indem man ihn auf einen anderen Leib verpflanzt, der sonst, begraben, für niemanden mehr von Nutzen wäre?"
White ist Direktor der neurochirurgischen Abteilung. Auf einem der Betten liegt ein zehnjähriges Mädchen. Ihr zarter Körper ist bleich und regungslos. Entlang der zur Seite gerutschten Decke windet sich ein Gewirr von zwei Dutzend Kabeln und Schläuchen über ihren Kopf, ihre Arme, ihren Leib. Professor White betrachtet sie stumm, tritt ans Bett und zieht die Decke behutsam über den durchscheinenden Körper.
"Unglücklich gestürzt... Koma seit zehn Tagen...wir bringen sie vermutlich durch", sagt der Neurochirurg und tritt ans nächste Bett, "aber dieser junge Mann hier... Autounfall... keine Möglichkeit mehr... sein Gehirn kann bald versagen... wer weiß."
Das Gesicht des Verunglückten ist blutunterlaufen, wirkt wie eine überreife Frucht. Mit abgespreizten Armen liegt der Körper ausgestreckt, sieht immer noch kraftvoll aus. Er könnte zu dem Kopf auf der Projektzeichnung gehören.
Seine Montage-Menschen, das weiß Professor White schon jetzt, werden allenfalls lachen und singen, aber niemals gehen können.
Sie müssen ein Dasein als Querschnittsgelähmte ertragen, weshalb er für seine Operation zuerst an jene Patienten denkt, die es bereits sind und wegen ihres hinfälligen Körpers bald sterben werden. Noch ist es unmöglich, die bei einer Operation unterhalb des Hirnstamms durchtrennten Hunderttausende feinster Fasern des Rückenmarks wieder zu verbinden, die als Hyperleitung für alle Befehle und Informationen im menschlichen Körper dienen.
"Es geht doch wohl darum, Leben zu erhalten", wischt der optimistische Arzt Bedenken wegen der unabänderlichen Behinderung beiseite, "und außerdem: In zehn Jahren wird es möglich sein, das Rückenmark wieder zusammenwachsen zu lassen."
"We can do it", sagt Professor White nachdrücklich. Amerikanischer Pragmatismus. "We did it", setzt er nach.
Armaturen, Instrumente, Metallstreben, Nirostakästen mit Hebeln und Stutzen glänzen im Neon des Raums, in dem er mit seinen Assistenten eine Pioniertat vollbrachte: Auf einer winzigen Stahlplatte mit höhenverstellbaren Beinen hat Professor White einen Rhesusaffen (Macaca mulatta) erst um den Kopf gebracht und diesen anschließend auf den Körper eines anderen verpflanzt. Durch den Zugwind vibriert der aus Drähten zusammengefügte Korb, in dem damals der Schädel des Affen lag und mit Schrauben in Position gehalten wurde.
Bei diesem Experiment vor zwanzig Jahren hat Professor White am Hals des Tieres zunächst die Haut, alle Muskeln, Sehnen, die Luft- und Speiseröhre, die Wirbelsäule und das Rückenmark unter dem Hirnstamm durchtrennt, bis der im Drahtkorb fixierte Kopf nur noch über sechs Adern mit dem künstlich beatmeten und blutdruckregulierten Körper verbunden war. Ein Assistent legte dann den ähnlich präparierten körperspendenden Affen daneben.
Für die nächsten Griffe flogen die Hände: Beim Durchschneiden und Ankoppeln der Gefäße hätte eine nur fünfminütige Unterbrechung des Blutstroms das Gehirn für immer zerstört.
Um es kontinuierlich zu versorgen, trennte Professor White zuerst nur vier der sechs Leitungen - die dicht unter der Haut verlaufenden Schlagadern und Venen -, preßte ein Stück Plastikschlauch in die Enden und stöpselte sie in die Rumpfgefäße des Spender-Affen.
Für Momente durchströmte Blut aus beiden Körpern den Kopf.
Dann durchschnitt White die verbliebenen zwei Arterien bei der Wirbelsäule und pfropfte sie nicht um, sondern verschloß sie, da sie im Körper nur wie eine Art Notversorgung wirken. Allein das Herz im Spenderleib durchblutete nun den Kopf.
Während Professor White an dem zusammengefügten Affen begann, Adern sowie Speise- und Luftröhre zu vernähen und das Gewebe miteinander zu verbinden, schalteten seine Assistenten die Geräte an dem nun separiert liegenden Kopf des Spenders und am Rumpf des Empfängers ab.
Schaurig. Gruselhaft ...
"Schaurig nur für jemanden, der noch nie an einem verletzten Gehirn arbeiten und Leben retten mußte", sagt der Professor mit nachsichtigem Kopfschütteln und läßt eine milde Suada gegen militante Tierschützer los. Bislang habe noch keiner seiner vielen Patienten eine Operation abgelehnt, weil die notwendigen Mittel und Techniken vorher an Affen oder Hunden ausprobiert worden seien.
Am Anfang war der Wissensdurst. Um die zerebralen Funktionen zu erkunden, hatte Professor White in der berühmten Mayo Klinik Gehirne von Affen immer weiter heruntergekühlt und dadurch gelernt, die Operationszeiten an verletzten Köpfen von Unfallopfern zu strecken. Später isolierte er Makaken-Gehirne, hielt sie über Maschinen am Leben und setzte die Forschungsergebnisse in neue Techniken für die chirurgische Arbeit am offenen Schädel von Patienten um. Schließlich nähte er zum ersten Mal den Kopf eines Rhesusaffen auf einen fremden Körper.
Irgendwann während dieser Experimente hatte White eine Erleuchtung: "Eine solche Operation könnte ja das Leben von Querschnittsgelähmten verlängern." Der Professor gerät ins Schwärmen. "Beim Menschen geht alles viel leichter, weil die Gefäße größer sind als bei den Affen." Und weil er viel mehr Blut im Körper hat als die kleinen Primaten und Verluste deshalb leichter verkraftet.
Den Einwand, daß ein Menschenhirn ungleich komplexer sei als das eines Makaken, schmettert der Neurochirurg ab: "Alle Anschlüsse sind gleich."
Nahezu 16 Stunden hatte Professor White damals ununterbrochen über einen Affen gebeugt am Operationstisch gestanden. Er war sehr müde, als er plötzlich sah, wie "diese Kreatur mit dem neuen Körper oder dem neuen Kopf, wie man es betrachtet" aus der Narkose erwachte und die Augen öffnete. Sie schaute ihn an. Professor White ging ein wenig nach rechts, und ihr Blick folgte ihm. Erschüttert blieb er stehen, und die Kreatur verzog das Maul zu Grimassen. Dem Arzt schien es, als streckte sie ihm die Zunge aus, als sei sie empört. "Diese Kreatur konnte schnuppern, schmecken, hören. Der Affe war böse, wie diese Tiere so sind. Beim Füttern biß er einem Assistenten fast den Finger ab."
Nach fünf Tagen ließ ihn Professor White sterben: Er war einzig für den Beweis geschaffen worden, daß er auch mit einem fremden Körper wie ein Affe reagiert. Deshalb hatte der Chirurg nicht die alle Fremdzellen abstoßende Immunabwehr durch dämpfende Mittel lahmgelegt. Zwischen den Immunbataillonen des Kopfes und denen des Körpers war eine tödliche Schlacht entbrannt.
Zur Schöpfung seines Montage-Menschen braucht Professor White nun allerdings einen Sieg über die Immunabwehr und muß dafür noch einmal mit Affen experimentieren. Zwar glaubt der Mediziner, daß es ihm gelingt, die Immunabwehr mit größeren Dosen des gängigen Mittels Ciclosporin zu beruhigen, sicher ist er sich aber nicht. Die Immunkrieger des Körpers mit seiner großen Zellmasse könnten die des Kopfes überrennen.
"Haut, Nase, Ohren und das Gesichtsgewebe sind wohl bedroht", räumt er ein, "aber nicht das Gehirn.
Durch die Blut-Hirn-Schranke hat es eine eigene Verteidigung, und die scheint auszureichen."
Er hat für sich die Antworten gefunden, die ihn legitimieren, den lebenden Kopf eines Menschen auf den Leib eines Hirntoten zu pfropfen. "Eine grausige Vorstellung für die meisten", gesteht er ein.
Und was ist mit der Seele des Menschen?
Antwort: "Auch die Seele werde ich mittransplantieren." Sie ist für ihn, wie die übrige Essenz des Menschen, ausschließlich im Gehirn lokalisiert.
Daß womöglich die Körperzellen neben den genetischen Informationen der DNA auch welche über den Geist enthalten könnten, schließt er aus, "sonst würde ja ein Mensch, dem das Herz eines gentechnisch veränderten Schweins eingesetzt wurde, plötzlich eine andere Seele haben". Er sinnt einen Moment. "Und was ist mit jemandem, dessen Bein amputiert wurde?" setzt er nach. "Der hat ja auch nicht einen Teil seiner Seele verloren."
Mit der Unverblümtheit eines Menschen, für den das Grauen beim Operieren an den Gehirnen von Unfallopfern tägliche Praxis ist, erzählt White, daß im Vorfeld seiner geplanten Operation "für viele Leute noch schwerer Vorstellbares, weit Unerträglicheres" heute schon möglich sei: etwa den von Krebs zerstörten Leib eines Kindes abzutrennen und seinen Kopf dann über das Blutsystem der Mutter so lange zu versorgen, bis ein Spenderleib gefunden ist. Oder einfacher: den Kopf über eine Herz-Lungen-Maschine weiter am Leben halten und von gekühltem Blut durchfließen lassen, um ihn bis zur Transplantation zu lagern.
Daß Chirurgen heute schon Gehirne isolieren und deren Funktionsfähigkeit bewahren können, hat Professor White bereits während seiner zurückliegenden Experimente am Affen bewiesen.
Um Operationstechniken für Menschen zu verbessern, schälte er Gehirne von Makaken aus dem Schädel heraus, legte sie in eine Schale mit Nährflüssigkeit und versorgte sie über eine Herz-Lungen-Maschine. Führte der Assistent eine Lampe an den ebenfalls freigelegten und weiterhin über Nervenstränge mit dem Hirn verbundenen Augenkugeln vorbei, zeigte sich auf dem Bildschirm eine völlig normale Reaktion der Synapsen, die alle Denk- und Lernprozesse steuern. Die Tätigkeit dieses Gehirns habe sich in nichts von dem eines unversehrten Affen unterschieden, beteuert der Professor.
"Vergiß die ganze Klonerei!" ruft er plötzlich "Die Aufbewahrung von lebenden Köpfen ist heute schon möglich." Sehr lange dagegen werde es dauern, bis die Klonierung von Menschen gelinge. "Und überhaupt - zu welchem Zweck?" ereifert er sich. Auch die geklonten Nachkommen eines Nobelpreisträgers hätten wie alle Babys ein ungeprägtes, leeres Gehirn.
Mit seiner Operation aber transplantiere er das bereits mit Wissen, Gefühlen, Erinnerungen gefüllte Gedächtnis und die Persönlichkeit mit.
Eine Million Dollar, rechnet Professor White vor, verschlingen Affenexperiment und Training des Transplantationsteams.
Die erste Operation und die folgende einjährige Rehabilitation setzt er mit einer weiteren Million Dollar an - ebenso teuer wie die erste Verpflanzung eines künstlichen Herzens. "Die Leute werden aber meine Millionen für unangebracht halten, was ich zum Teil auch verstehe", gibt er zu, weil sie zunächst nur einem engen Kreis von Patienten zugute kämen.
"In meinem Alter habe ich nicht mehr viel Zeit zu verlieren", meint Professor White draufgängerisch.
Er will aus diesem Grunde nach Kiew (Ukraine) ausweichen, wo er seit längerem "hervorragende Chirurgen, Anästhesisten und weitere Fachleute" kennt und auch schon mit ihnen zusammengearbeitet hat.
(Mitte nächsten Jahres will er dort, mit Spendengeld aus den USA, seine Operation wagen)
Monsignor Elio Sgreccia, Sekretär der Pontifikalakademie für das Leben und Dozent für Bioethik an der Katholischen Universität im Vatikan, zeigte sich jedenfalls perplex über die Transplantationspläne des Professors:
"Man kann nicht den Körper wie Hemd und Hose wechseln. Die Identität einer Person formt sich auch durch die Wahrnehmung der Körperlichkeit. Das Ich ist im ganzen Menschen", bemerkte der Kleriker gereizt.
"Das ist nur eine Meinung und nicht die offizielle." Professor White senkt die Stimme. "Wenn die Kirche eine Darlegung wünscht: Bitte sehr - ich kann meinen Fall überzeugend vortragen."
Minister
Zum Thema: Transplantation .................. von KÖPFEN!!!!!
Mit einer spektakulären Operation will der amerikanische Arzt ROBERT WHITE Kranken mit zerstörten Körpern "den Kopf retten".
Deren Schädel mit Inhalt sollen auf die Leiber von Hirntoten gepropft werden!
Der Professor wird verlacht, verhöhnt, angefeindet und "der Schänder", "Spezialist des Grauens" oder "Kopf-ab-White" genannt.
Das Interview:
Mit dem Ellenbogen stützt er sich auf den Tisch und fährt mit dem Zeigefinger an der Mitte seines Halses entlang. Der Nagel hinterläßt eine feine Linie, die schnell wieder verblaßt. Genau dort will er den Schnitt führen.
Schon im nächsten Jahr will der Neurochirurg den zerstörten Körper eines noch völlig klar denkenden Menschen durch einen Spenderleib ersetzen.
Mitnichten eine Horrorutopie.
Die Skizze vor ihm zeigt in schräger Draufsicht einen liegenden Mann, der die Operation bereits überstanden hat. Um Hals, Venen und Arterien ziehen sich feine rote Linien mit winzigen Querstrichen - die Nähte.
Durch das Fleisch getriebene Bolzen fixieren über mattglänzende Metallplättchen den Kopf auf dem fremden Körper.
Brutstatt des Plans ist ein vollgestelltes Büro im MetroHealth Medical Center der nordamerikanischen Stadt Cleveland, wo Professor White in einem bunten Sammelsurium residiert.
Schreibtisch und Boden seines Büros versperren Türme von Büchern und Journalen. Die "Literaturgeschichte Rußlands" liegt ganz oben, daneben eine Biographie Franz von Assisis und "Wie man einen Mammut tieffriert". Mindestens ein Buch liest der Professor pro Nacht und gönnt sich meist nur vier Stunden Schlaf. "Ein 19jähriges Mädchen hat meine Karriere zerstört", sagt er mit schelmisch hochgezogener Stimme. Er meint Mary Shelley, die junge Autorin, die Anfang des 19. Jahrhunderts die Horrorgeschichte von "Frankenstein" schrieb.
Professor White ist kein Spinner, der abstruse Visionen propagiert, ihn treibt auch kein Dämon.
Er war der jüngste Professor für Neurochirurgie der USA. Heute, mit 71, kann er seine Auszeichnungen stapeln. Und er gehört dem exklusivsten Forscherzirkel der Welt an - der vatikanischen Pontifikalakademie der Wissenschaften, deren Ursprung ins 17. Jahrhundert zurückgeht.
Von den 80 Akademiemitgliedern sind die Hälfte Nobelpreisträger.
Auf Anregung des Neurochirurgen White setzte der Pontifex die Bioethische Kommission des Vatikans ein, die zu brisanten Themen von Wissenschaft und Forschung die Position der Katholischen Kirche verkündet.
"Warum", fragt Professor White, "sollen wir nicht Patienten mit einem unheilbar von Krebs zerfressenen Leib helfen, indem wir ihnen einen neuen geben, der von einem hirntoten Unfallopfer stammt?
Warum sollen solche gepeinigten Menschen wie 'Superman' Christopher Reeve oder Astrophysiker Stephen Hawking, deren Körper durch die Lähmung schneller verfallen, nicht ihren Kopf retten können, indem man ihn auf einen anderen Leib verpflanzt, der sonst, begraben, für niemanden mehr von Nutzen wäre?"
White ist Direktor der neurochirurgischen Abteilung. Auf einem der Betten liegt ein zehnjähriges Mädchen. Ihr zarter Körper ist bleich und regungslos. Entlang der zur Seite gerutschten Decke windet sich ein Gewirr von zwei Dutzend Kabeln und Schläuchen über ihren Kopf, ihre Arme, ihren Leib. Professor White betrachtet sie stumm, tritt ans Bett und zieht die Decke behutsam über den durchscheinenden Körper.
"Unglücklich gestürzt... Koma seit zehn Tagen...wir bringen sie vermutlich durch", sagt der Neurochirurg und tritt ans nächste Bett, "aber dieser junge Mann hier... Autounfall... keine Möglichkeit mehr... sein Gehirn kann bald versagen... wer weiß."
Das Gesicht des Verunglückten ist blutunterlaufen, wirkt wie eine überreife Frucht. Mit abgespreizten Armen liegt der Körper ausgestreckt, sieht immer noch kraftvoll aus. Er könnte zu dem Kopf auf der Projektzeichnung gehören.
Seine Montage-Menschen, das weiß Professor White schon jetzt, werden allenfalls lachen und singen, aber niemals gehen können.
Sie müssen ein Dasein als Querschnittsgelähmte ertragen, weshalb er für seine Operation zuerst an jene Patienten denkt, die es bereits sind und wegen ihres hinfälligen Körpers bald sterben werden. Noch ist es unmöglich, die bei einer Operation unterhalb des Hirnstamms durchtrennten Hunderttausende feinster Fasern des Rückenmarks wieder zu verbinden, die als Hyperleitung für alle Befehle und Informationen im menschlichen Körper dienen.
"Es geht doch wohl darum, Leben zu erhalten", wischt der optimistische Arzt Bedenken wegen der unabänderlichen Behinderung beiseite, "und außerdem: In zehn Jahren wird es möglich sein, das Rückenmark wieder zusammenwachsen zu lassen."
"We can do it", sagt Professor White nachdrücklich. Amerikanischer Pragmatismus. "We did it", setzt er nach.
Armaturen, Instrumente, Metallstreben, Nirostakästen mit Hebeln und Stutzen glänzen im Neon des Raums, in dem er mit seinen Assistenten eine Pioniertat vollbrachte: Auf einer winzigen Stahlplatte mit höhenverstellbaren Beinen hat Professor White einen Rhesusaffen (Macaca mulatta) erst um den Kopf gebracht und diesen anschließend auf den Körper eines anderen verpflanzt. Durch den Zugwind vibriert der aus Drähten zusammengefügte Korb, in dem damals der Schädel des Affen lag und mit Schrauben in Position gehalten wurde.
Bei diesem Experiment vor zwanzig Jahren hat Professor White am Hals des Tieres zunächst die Haut, alle Muskeln, Sehnen, die Luft- und Speiseröhre, die Wirbelsäule und das Rückenmark unter dem Hirnstamm durchtrennt, bis der im Drahtkorb fixierte Kopf nur noch über sechs Adern mit dem künstlich beatmeten und blutdruckregulierten Körper verbunden war. Ein Assistent legte dann den ähnlich präparierten körperspendenden Affen daneben.
Für die nächsten Griffe flogen die Hände: Beim Durchschneiden und Ankoppeln der Gefäße hätte eine nur fünfminütige Unterbrechung des Blutstroms das Gehirn für immer zerstört.
Um es kontinuierlich zu versorgen, trennte Professor White zuerst nur vier der sechs Leitungen - die dicht unter der Haut verlaufenden Schlagadern und Venen -, preßte ein Stück Plastikschlauch in die Enden und stöpselte sie in die Rumpfgefäße des Spender-Affen.
Für Momente durchströmte Blut aus beiden Körpern den Kopf.
Dann durchschnitt White die verbliebenen zwei Arterien bei der Wirbelsäule und pfropfte sie nicht um, sondern verschloß sie, da sie im Körper nur wie eine Art Notversorgung wirken. Allein das Herz im Spenderleib durchblutete nun den Kopf.
Während Professor White an dem zusammengefügten Affen begann, Adern sowie Speise- und Luftröhre zu vernähen und das Gewebe miteinander zu verbinden, schalteten seine Assistenten die Geräte an dem nun separiert liegenden Kopf des Spenders und am Rumpf des Empfängers ab.
Schaurig. Gruselhaft ...
"Schaurig nur für jemanden, der noch nie an einem verletzten Gehirn arbeiten und Leben retten mußte", sagt der Professor mit nachsichtigem Kopfschütteln und läßt eine milde Suada gegen militante Tierschützer los. Bislang habe noch keiner seiner vielen Patienten eine Operation abgelehnt, weil die notwendigen Mittel und Techniken vorher an Affen oder Hunden ausprobiert worden seien.
Am Anfang war der Wissensdurst. Um die zerebralen Funktionen zu erkunden, hatte Professor White in der berühmten Mayo Klinik Gehirne von Affen immer weiter heruntergekühlt und dadurch gelernt, die Operationszeiten an verletzten Köpfen von Unfallopfern zu strecken. Später isolierte er Makaken-Gehirne, hielt sie über Maschinen am Leben und setzte die Forschungsergebnisse in neue Techniken für die chirurgische Arbeit am offenen Schädel von Patienten um. Schließlich nähte er zum ersten Mal den Kopf eines Rhesusaffen auf einen fremden Körper.
Irgendwann während dieser Experimente hatte White eine Erleuchtung: "Eine solche Operation könnte ja das Leben von Querschnittsgelähmten verlängern." Der Professor gerät ins Schwärmen. "Beim Menschen geht alles viel leichter, weil die Gefäße größer sind als bei den Affen." Und weil er viel mehr Blut im Körper hat als die kleinen Primaten und Verluste deshalb leichter verkraftet.
Den Einwand, daß ein Menschenhirn ungleich komplexer sei als das eines Makaken, schmettert der Neurochirurg ab: "Alle Anschlüsse sind gleich."
Nahezu 16 Stunden hatte Professor White damals ununterbrochen über einen Affen gebeugt am Operationstisch gestanden. Er war sehr müde, als er plötzlich sah, wie "diese Kreatur mit dem neuen Körper oder dem neuen Kopf, wie man es betrachtet" aus der Narkose erwachte und die Augen öffnete. Sie schaute ihn an. Professor White ging ein wenig nach rechts, und ihr Blick folgte ihm. Erschüttert blieb er stehen, und die Kreatur verzog das Maul zu Grimassen. Dem Arzt schien es, als streckte sie ihm die Zunge aus, als sei sie empört. "Diese Kreatur konnte schnuppern, schmecken, hören. Der Affe war böse, wie diese Tiere so sind. Beim Füttern biß er einem Assistenten fast den Finger ab."
Nach fünf Tagen ließ ihn Professor White sterben: Er war einzig für den Beweis geschaffen worden, daß er auch mit einem fremden Körper wie ein Affe reagiert. Deshalb hatte der Chirurg nicht die alle Fremdzellen abstoßende Immunabwehr durch dämpfende Mittel lahmgelegt. Zwischen den Immunbataillonen des Kopfes und denen des Körpers war eine tödliche Schlacht entbrannt.
Zur Schöpfung seines Montage-Menschen braucht Professor White nun allerdings einen Sieg über die Immunabwehr und muß dafür noch einmal mit Affen experimentieren. Zwar glaubt der Mediziner, daß es ihm gelingt, die Immunabwehr mit größeren Dosen des gängigen Mittels Ciclosporin zu beruhigen, sicher ist er sich aber nicht. Die Immunkrieger des Körpers mit seiner großen Zellmasse könnten die des Kopfes überrennen.
"Haut, Nase, Ohren und das Gesichtsgewebe sind wohl bedroht", räumt er ein, "aber nicht das Gehirn.
Durch die Blut-Hirn-Schranke hat es eine eigene Verteidigung, und die scheint auszureichen."
Er hat für sich die Antworten gefunden, die ihn legitimieren, den lebenden Kopf eines Menschen auf den Leib eines Hirntoten zu pfropfen. "Eine grausige Vorstellung für die meisten", gesteht er ein.
Und was ist mit der Seele des Menschen?
Antwort: "Auch die Seele werde ich mittransplantieren." Sie ist für ihn, wie die übrige Essenz des Menschen, ausschließlich im Gehirn lokalisiert.
Daß womöglich die Körperzellen neben den genetischen Informationen der DNA auch welche über den Geist enthalten könnten, schließt er aus, "sonst würde ja ein Mensch, dem das Herz eines gentechnisch veränderten Schweins eingesetzt wurde, plötzlich eine andere Seele haben". Er sinnt einen Moment. "Und was ist mit jemandem, dessen Bein amputiert wurde?" setzt er nach. "Der hat ja auch nicht einen Teil seiner Seele verloren."
Mit der Unverblümtheit eines Menschen, für den das Grauen beim Operieren an den Gehirnen von Unfallopfern tägliche Praxis ist, erzählt White, daß im Vorfeld seiner geplanten Operation "für viele Leute noch schwerer Vorstellbares, weit Unerträglicheres" heute schon möglich sei: etwa den von Krebs zerstörten Leib eines Kindes abzutrennen und seinen Kopf dann über das Blutsystem der Mutter so lange zu versorgen, bis ein Spenderleib gefunden ist. Oder einfacher: den Kopf über eine Herz-Lungen-Maschine weiter am Leben halten und von gekühltem Blut durchfließen lassen, um ihn bis zur Transplantation zu lagern.
Daß Chirurgen heute schon Gehirne isolieren und deren Funktionsfähigkeit bewahren können, hat Professor White bereits während seiner zurückliegenden Experimente am Affen bewiesen.
Um Operationstechniken für Menschen zu verbessern, schälte er Gehirne von Makaken aus dem Schädel heraus, legte sie in eine Schale mit Nährflüssigkeit und versorgte sie über eine Herz-Lungen-Maschine. Führte der Assistent eine Lampe an den ebenfalls freigelegten und weiterhin über Nervenstränge mit dem Hirn verbundenen Augenkugeln vorbei, zeigte sich auf dem Bildschirm eine völlig normale Reaktion der Synapsen, die alle Denk- und Lernprozesse steuern. Die Tätigkeit dieses Gehirns habe sich in nichts von dem eines unversehrten Affen unterschieden, beteuert der Professor.
"Vergiß die ganze Klonerei!" ruft er plötzlich "Die Aufbewahrung von lebenden Köpfen ist heute schon möglich." Sehr lange dagegen werde es dauern, bis die Klonierung von Menschen gelinge. "Und überhaupt - zu welchem Zweck?" ereifert er sich. Auch die geklonten Nachkommen eines Nobelpreisträgers hätten wie alle Babys ein ungeprägtes, leeres Gehirn.
Mit seiner Operation aber transplantiere er das bereits mit Wissen, Gefühlen, Erinnerungen gefüllte Gedächtnis und die Persönlichkeit mit.
Eine Million Dollar, rechnet Professor White vor, verschlingen Affenexperiment und Training des Transplantationsteams.
Die erste Operation und die folgende einjährige Rehabilitation setzt er mit einer weiteren Million Dollar an - ebenso teuer wie die erste Verpflanzung eines künstlichen Herzens. "Die Leute werden aber meine Millionen für unangebracht halten, was ich zum Teil auch verstehe", gibt er zu, weil sie zunächst nur einem engen Kreis von Patienten zugute kämen.
"In meinem Alter habe ich nicht mehr viel Zeit zu verlieren", meint Professor White draufgängerisch.
Er will aus diesem Grunde nach Kiew (Ukraine) ausweichen, wo er seit längerem "hervorragende Chirurgen, Anästhesisten und weitere Fachleute" kennt und auch schon mit ihnen zusammengearbeitet hat.
(Mitte nächsten Jahres will er dort, mit Spendengeld aus den USA, seine Operation wagen)
Monsignor Elio Sgreccia, Sekretär der Pontifikalakademie für das Leben und Dozent für Bioethik an der Katholischen Universität im Vatikan, zeigte sich jedenfalls perplex über die Transplantationspläne des Professors:
"Man kann nicht den Körper wie Hemd und Hose wechseln. Die Identität einer Person formt sich auch durch die Wahrnehmung der Körperlichkeit. Das Ich ist im ganzen Menschen", bemerkte der Kleriker gereizt.
"Das ist nur eine Meinung und nicht die offizielle." Professor White senkt die Stimme. "Wenn die Kirche eine Darlegung wünscht: Bitte sehr - ich kann meinen Fall überzeugend vortragen."
Minister