Prozium
Geheimer Meister
- 6. April 2011
- 180
Hey ihr 
Ich bin wieder hier, war nie wirklich weg, hab mich nur versteckt :gruebel:
Zuerst einmal danke für die ganzen netten PN die ich erhalten hab
Sorge war nicht nötig, aber ich weiss es zu schätzen Mit gelesen hab ich durchweg, nur halt nicht angemeldet.
Es ist ja kein Geheimnis, dass ich es nicht soo mit Menschen hab und eher der zurück gezogen lebende Typ bin, aber nach dem was mir widerfahren ist hat sich das ganze irgendwie in eine Resignation vor der Gesellschaft und Fernweh entwickelt. Meine Abwesenheit hatte nichts mit euch zu tun.
Ich hab immer wieder überlegt ob es nur Fernweh von Duisburg ist, weil, sind wir ehrlich - Es ist wirklich eine der letzten Städte in unserem Land und ich hab bisher noch nicht wirklich viel gesehen von der Welt, ausser durch Hobbys bedingt so ziemlich jeden Fleck in Deutschland.
Ich bin letztendlich zum Entschluss gekommen, dass ich hier raus muss. Ich muss weg aus Deutschland, ich muss etwas anderes sehen solang ich noch die Möglichkeiten dazu hab.
Ich werde deshalb ab dem ~1.12 (+/- ein paar Tage, jenachdem wann mein Anschluss frei ist) meine Weisheiten aus Irland im WWW verbreiten. Ich verlasse Deutschland und erfülle mir einen kleinen Traum und werde zum 1.1.2012 für Blizzard als Game Master in der World of Warcraft tätig. Das Spiel dürfte namentlich jedem bekannt sein.
Das grobe Arbeitsgebiet:
Wir kommunizieren mit den Spielern auf den deutschen Live Servern, beantworten ihre Spieltickets und bei greifbaren Problemen in der Spielwelt helfen wir nach Möglichkeit auch sofort aus.
Ausserdem verhängt ein GM Strafen über Spieleraccounts die beim benutzen von sogenannter "Drittanbieter Software" (Hacking, Cheaten, Botten) erwischt werden, beim beleidigen von Spielern oder bei Namensverstößen. Wir ersetzen aus Versehen verkaufte, zerstörte oder weg geworfene Gegenstände, nehmen den Spielern allerdings auch unberechtigt erworbene Gegenstände wieder weg.
Ich spiele WoW seit der US Open Beta 2004, mein "Main" (Hauptcharakter) existiert seit dem offiziellen Launch 2005 und belegt weltweit einen dreistelligen Platz. Ich leite die erfolgreichste Gilde auf dem Server und bin im offiziellen Forum ein gern gesehener Diskutant.
Ich hab blindes Rassen- und Klassenverständnis, kenne jeden Fleck in der Spielwelt und verfüge über Wissen zur Spielmechanik indem ich intensives Theorycrafting betreibe.
Für einen Deutschen ist es heutzutage besonders schwer bei Blizzard anheuern zu können, da natürlich mehr Englisch sprachige Spieler WoW spielen und der Bedarf an Deutschen dementsprechend geringer ausfällt und wenn mal gesucht wird, kommen auf eine Stelle zig Bewerber.
Beworben hatte ich mich in erster Linie um meine Chancen auszuloten und zu gucken was mir meine Erfahrung bringt. Tiefstapler wie ich bin, malte ich mir aber keine realistischen Chancen aus da ich weiss wie schwer es ist in dem Unternehmen zu landen.
Zwei Wochen nach meiner Bewerbung bekam ich dann eine E-Mail aus Irland zurück, mit der Bitte um Antwort wann ich Zeit für ein Telefonat hätte. Ich rief sofort an, ohne erst zurück zu schreiben und die Sekräterin meinte, dass ich gleich zurück gerufen werde, damit der Anruf für mich nichts kostet.
Wenige Minuten später hatte ich die Personalchefin am Hörer, die mir für die Bewerbung dankte und meinte, dass momentan drei Stellen zu vergeben sind und sie wollte anfragen ob ich denn immer noch Interesse hab.
Ich war perplex, versuchte zu realisieren was sie mir grad erzählt hatte und antwortete einfach mit "Ja, klar. Das Interesse besteht immer noch".
"Das freut mich" erwiderte sie mit klassisch-britischen Akzent Ich schlug ihr vor auf Englisch miteinander zu sprechen, aber sie lachte nur und meinte, dass sie ihr Deutsch aufpolieren möchte
Sie löcherte mich natürlich mit allerlei Fragen um ein erstes Bild zu bekommen und das Bild scheint nicht so schlecht gewesen zu sein, denn sie frug mich ob ich Interesse an einem Vorstellungsgespräch hätte.
Ich wusste gar nicht wie mir geschah und war mir nicht sicher ob ich annehmen soll, aber dann hab ich mir blitzschnell gedacht "Wenn nicht jetzt, dann nie" und hab einfach "Ja, sehr gerne" gesagt.
Von Mittwoch bis Freitag war ich also in Irland, genauer gesagt in Cork, was das "kleine Silicon Valley" ist, weil viele IT Unternehmen dort seit Jahren erfolgreich Niederlassungen unterhalten. Abends kam ich am Flughafen in Cork an (eigener Flughafen :top: ) , wurde von einem Kollegen (zumindest dachte ich das zu dem Zeitpunkt) abgeholt und in eine kleine, schnucklige Frühstückspension gebracht, mit einem urigen, irischen alten Paar als Betreiber
Nach Bezug meines Zimmers lud mich mein "Kollege" dann in einen Pub ein und wir quatschten zwei Stunden über alles mögliche, vorzugsweise natürlich über WoW. Seit meiner Landung in Irland sprach ich nur noch Englisch und wurde immer sicherer in der Sprache.
Wir verabschiedeten uns dann und er wünschte mir viel Glück beim Vorstellungsgespräch und zwinkerte mir zu ...
In der Pension angekommen ging ich nur noch Duschen und legte mich ins Bett. An einschlafen war nicht zu denken, ich hab die ganze Nacht kaum ein Auge zugemacht vor Anspannung.
Der Morgen kam relativ schnell und meine Anspannung transformierte sich in Angst. Ich sortierte nochmal meine Gedanken und machte mich dann auf den Weg zur Haltestelle.
Nach knapp 20 Minuten Busfahrt kam ich dann an und musste noch ein paar Meter laufen, bis ich vor der Blizzard Vertretung stand. In der Empfangshalle stehen lebensgroße Exponate ihrer größten Erfolge und Bilder der Masterminds hängen an den Wänden und überall liegt Informationsmaterial und Gratisspiel-Exemplare zur Mitnahme rum.
Ich ging zum Empfang, stellte mich vor und wurde gebeten in den 3. Stock zu fahren. Oben angekommen verlief ich mich erstmal, weil ich nicht wusste wo ich hin muss, bis jemand hinter mir meinen Namen rief und mein "Kollege" vom Vorabend stand vor mir und grinste mich an.
Mir dämmerte schlimmes und der gute stellte sich erneut vor und entpuppte sich als Stellvertretender Personalchef für den GM Bereich und wollte den Vorabend nutzen um mir auf den Zahn zu fühlen, was ich so für ein Typ bin.
Wir gingen dann ins Büro, wo auch die mir schon bekannte Personalchefin saß und mich begrüßte. Wir redeten über eine Stunde miteinander und ich konnte richtig gut glänzen. Dank meiner überdurchschnittlich guten Erfahrung was WoW betrifft, meine Ungebundenheit und Begeisterungsfähigkeit für meine Interessen wurd ich dann gefragt ob ich mir das ganze in der Praxis anschauen möchte.
Allein das ist schon ein Ritterschlag, einem GM über die Schulter schauen zu dürfen, wo Blizzard sich gegenüber dem "Fussvolk" normalerweise ausschweigt über die genauen Arbeitsabläufe und GM selber (egal welche Stufe sie bekleiden) dürfen keinerlei Details ihres Alltags preisgeben, was nicht von Blizzard authorisiert ist. Innerlich fast am platzen vor Freude versuchte ich so entspannt wie möglich zu reagieren und antwortete mit "Ja, klar. Warum nicht?", hätte aber am liebsten einen Stepptanz aufgeführt
Von der Rundführung, die knapp 2 Stunden dauerte, einiges an Gesprächen mit Angestellten beinhaltete und mir eine Menge erzählt wurde darf ich leider nichts berichten. Ich darf auch leider nicht erzählen wie mein Arbeitsumfeld aussieht. Nur: Man kann es gut aushalten
Die Mittagszeit brach an und ich wurde gebeten in der Kantine Essen zu gehen, man werde dann gleich zu mir kommen. Eine halbe Stunde später gesellte sich dann der stellv. Personalchef zu mir und meinte mich erneut schocken zu müssen.
Er setzte sich an meinen Tisch, lächelte mich an, holte tief Luft und meinte dann in fast akzentfreien Deutsch zu mir "Und? Wie siehts aus? Hast Du Lust mit uns zu arbeiten?" ... Ich schob mir grad einen Löffel Joghurt in den Mund und hätte fast das Schlucken vergessen, weil ich so überwältigt war. Zum einen, weil ich die Stelle quasi hatte und zum anderen, weil mein "Kollege" der angeblich "nur Englisch" spricht, sich dann als Personalchef entpuppte, der fast akzentfrei fließend Deutsch spricht, hier studiert und gelebt hat und mich nach Strich und Faden, im positiven Sinne, an der Nase herum geführt hat
Er sah mein Gesicht und lachte auf und meinte, dass ich in Zukunft fast nur noch Englisch sprechen werde und das sozusagen der Einstand war. Im Spiel kommunizieren werde ich zwar ausschließlich mit Deutschen Spielern, aber die innerbetriebliche Sprache wird natürlich Englisch sein.
Wenn ich mir noch nicht sicher sei, könne ich ja eine Nacht drüber schlafen und dann morgen Bescheid geben. Die Nacht brauchte ich natürlich nicht, keine viertel Stunde später saß ich wieder im Büro und bekam den Vorvertrag samt Informationsmaterial überreicht, was es zu erledigen gilt von meiner Seite aus um ab dem 1.12 in Irland leben und ab dem 1.1 auch arbeiten zu dürfen. Mit der Bitte um ruhige Durchsicht und Rückgabe am nächsten Tag durfte ich dann, innerlich völlig fertig aber glücklich, gehen.
Blizzard kümmert sich um eine Kontoeröffnung, hilft mir eine Wohnung zu bekommen, bezahlt den Umzug und erledigt alle behördlichen Angelegenheiten in Irland zum problemlosen Start. Ich hab so viele Urlaubstage wie noch nie, Überstunden sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld gibt es auch.
Das Gehalt wurde ausgehandelt ... Ich wollte mit weniger Gehalt anfangen, aber sie eröffnete mit mehr Ich ging dann noch etwas höher und wir trafen uns dann in der Mitte. Ich werd auch damit nicht reich, aber vermutlich wieder glücklich mit dem neuen Leben ...
Die lokalen Geschäfte in Cork sind recht günstig. Das was ich besucht hab war ein kleinerer Laden, die Preise lagen maximal auf Edeka Niveau und ausser landestypischen Lebensmitteln hatten die auch nichts anderes als es hier im Supermarkt gibt.
Desweiteren wird die Betriebskantine von der Stadt und dem Unternehmen subventioniert und ein Mittagessen, mit Nachtisch und Getränk kostet nur zwischen 2€ und maximal 3€, bei ständig wechselnden Angeboten, stets frisch zubereitet bei großer Auswahl.
Die Probezeit beträgt 3 Monate, vor der ich aber keine Angst hab und auch keine Angst zu haben brauch. Während dieser Zeit wird viel Theorie gepaukt, die den größten Anteil in den ersten 3 Monaten haben wird. Praxiseinsätze in verschiedenen Situationen und Schwierigkeitsstufen runden das ganze ab. Die Chefin meinte, dass die Probezeit eher als "verkürzte Lehrzeit" zu betrachten ist, statt als mit Stolpersteinen bestückte Probezeit wie es heute oft der Fall sei.
Im Wechsel mit der Arbeit als GM finden immer wieder Aufbauseminare statt, damit wir auf dem laufenden bleiben. Zusätzlich zum normalen Dienst besteht noch die Möglichkeit an Fortbildungsseminaren teilzunehmen, die allerdings zusätzlich zum normalen Dienst bewältigt werden müssen und ebenfalls mit viel Theorie verbunden sind.
Ich hab mich natürlich danach erkundigt aber mir wurde geraten mich erstmal einzuleben, die Aufbauseminare, die natürlich auch Arbeit sind, zu absolvieren und wenn ich dann alles am laufen hab, die Fortbildungsseminare zu besuchen. Das wär sonst zu Anfangs direkt eine Dreifach Belastung die einfach keinen Sinn macht.
Ich kam nach dem Tag zurück in die Pension und legte mich aufs Bett und las mir den Vertrag immer und immer wieder durch. Er war leicht verständlich, aber trotzdem ausführlich. Ich kannte ihn schon fast auswendig, las ihn aber trotzdem immer und immer wieder.
Nicht, weil ich nach einem Haken gesucht hab, sondern weil ich es nicht fassen konnte, dass ich in Irland in einer Pension liege, mit einem Vorvertrag für Blizzard in der Hand, wo ich wenige Wochen vorher noch hätte vielleicht nie wieder aufstehen können und mich bis zu dem Zeitpunkt der Reise nach Irland soviel nur noch angekotzt (sorry) hat.
Mir war schon ab dem Moment der Einladung zum Vorstellungsgespräch klar, dass ich auf jeden Fall unterschreiben werde, falls es soweit kommt, also legte ich den Vertrag auf den Tisch und quälte mich wieder durch die Nacht, eine Nacht in der mein Kopf vor lauter Nachdenkerei über die Zukunft schon qualmte.
Am nächsten Tag stand ich um 9 Uhr in der Zentrale auf der Matte und wir haben Nägel mit Köpfen gemacht. Zuerst hat die Chefin unterschrieben, dann ihr Stellvertreter, dann ich. Stempel drauf, fertig. Kurz und schmerzlos.
Dann erfuhr ich, dass auf die Drei ausgeschriebenen Stellen eine beträchtliche Anzahl an Bewerbungen eingegangen sind, die aber überwiegend ungenügend waren. Gründe die ich ruhig nennen kann waren z.B. Kontaktadressen wie "hunnybunny82@mail.de" (Fantasieadresse) oder grauenhafte Rechtschreibung, keinerlei Erfahrung und absolute Unlust sich ansprechend und interessant zu präsentieren. Lediglich 7 Leute für die drei Stellen kamen näher in Betracht. Zwei wurden nach Irland eingeladen und eingestellt. Die dritte Stelle konnte nicht besetzt werden.
Wir beredeten dann noch einiges grundsätzliches und wie es jetzt erstmal weiter geht und dann verabschiedete ich mich wieder Richtung Deutschland. Ich fuhr zurück in die Pension, verabschiedete mich auch von meinen liebenswerten Gastgebern und kam grad noch rechtzeitig zum Flughafen. Im Flugzeug sitzend bin ich nach der Einweisung sofort eingeschlafen und erst zum Anschnallen wieder wach geworden, so fertig war ich.
Irgendwann war ich dann endlich in meiner Bude, hab mich nur noch abgepellt und bin sofort eingeschlafen wieder.
Am Wochenende hab ich schon alle wichtigen Unterlagen zusammen gesucht, Kündigungen geschrieben und abgeschickt und am Montag hab ich meine Kündigung auf der Arbeit eingereicht, zum letzten des November. Mitte November ist aber schon mein letzter Tag, bis dahin heb ich meinen verbliebenen Urlaub auf und nehm dann die zwei Wochen um hier die letzten Zelte abzubrechen.
Desweiteren hab ich einen befreundeten Händler gebeten einen Großteil meiner Film Sammlung möglichst ertragreich an andere Sammler weiter zu verkaufen. Die Menge würde den Umzug sprengen und ich möchte einen stressfreien und problemlosen Umzug. Ein Teil meiner Möbel werde ich dem Sozialkaufhaus überlassen, auch da gilt, weniger ist mehr beim Umzug.
Im Spiel als normaler Spieler wird sich für mich nichts ändern. Ich genieße durch die Arbeit bei Blizzard keinerlei Vorteile gegenüber normalen Spielern. Niemand im Spiel darf erfahren, dass man GM ist.
Als GM selbst gibt es keine Bevorteilung gegenüber befreundeten Spielern.
Generiert ein GM einen Gegenstand der Auswirkung auf die Wirtschaft im Spiel hat (Gold, teure Rohstoffe, Rüstungen, Waffen) oder einen Spieler verbessert, wird der Gegenstand aufgezeichnet und gegebenenfalls kann sein Weg nach verfolgt werden um Missbrauch aufzudecken.
Wir sind unsichtbar im Spiel, können uns aber jederzeit sichtbar machen. Wir tragen eine blaue Robe die uns als GM identifiziert. Die Kleidung ist einzigartig und kann nur von uns getragen werden. Desweiteren haben wir ein extra Fenster, indem der Spieler mit uns ausserhalb des normalen Chats kommuniziert. Unser Name hat den Zusatz [GameMaster] und vor jeder Nachricht von uns ist das Firmenlogo eingeblendet. Der Spieler weiss so immer, dass er mit einem offiziellen GM schreibt und nicht mit einem Betrüger, der versucht an Zugangsdaten zu kommen.
Wir sind nicht angreifbar, können uns teleportieren genauso wie wir normale Spieler teleportieren können, fliegen und jedes im Spiel vorhandene Objekt herstellen. Das sind alles keine Geheimnisse und öffentlich bekannt. Wir sind GM - Widerstand ist zwecklos
Ich hoffe ich habe nichts vergessen und mir ist alles eingefallen, was ich schreiben wollte.
Ja, jetzt "sitze ich meine Zeit hier ab" und dann heisst es auf in (m)ein neues Leben. Deutschland wird immer mein Heimatland sein, aber meine Zeit hier ist vorbei. Ihr habt mich noch nie auf Deutschland schimpfen sehen, bin kein Krawallmacher oder notorischer Schwarzmaler ... aber die Chance muss ich einfach nutzen, so eine Möglichkeit bekommt man nur ein einziges mal in seinem Leben. Es gibt hier nichts mehr was mich hält, meine Mutter lebt jetzt schon 500km entfernt, da kommt es in Zukunft auf ein paar mehr auch nicht an. Ansonsten bin ich bereit und gespannt auf mein neues Leben
LG
Pro
Ich bin wieder hier, war nie wirklich weg, hab mich nur versteckt :gruebel:
Zuerst einmal danke für die ganzen netten PN die ich erhalten hab
Sorge war nicht nötig, aber ich weiss es zu schätzen Mit gelesen hab ich durchweg, nur halt nicht angemeldet.Es ist ja kein Geheimnis, dass ich es nicht soo mit Menschen hab und eher der zurück gezogen lebende Typ bin, aber nach dem was mir widerfahren ist hat sich das ganze irgendwie in eine Resignation vor der Gesellschaft und Fernweh entwickelt. Meine Abwesenheit hatte nichts mit euch zu tun.
Ich hab immer wieder überlegt ob es nur Fernweh von Duisburg ist, weil, sind wir ehrlich - Es ist wirklich eine der letzten Städte in unserem Land und ich hab bisher noch nicht wirklich viel gesehen von der Welt, ausser durch Hobbys bedingt so ziemlich jeden Fleck in Deutschland.
Ich bin letztendlich zum Entschluss gekommen, dass ich hier raus muss. Ich muss weg aus Deutschland, ich muss etwas anderes sehen solang ich noch die Möglichkeiten dazu hab.
Ich werde deshalb ab dem ~1.12 (+/- ein paar Tage, jenachdem wann mein Anschluss frei ist) meine Weisheiten aus Irland im WWW verbreiten. Ich verlasse Deutschland und erfülle mir einen kleinen Traum und werde zum 1.1.2012 für Blizzard als Game Master in der World of Warcraft tätig. Das Spiel dürfte namentlich jedem bekannt sein.
Das grobe Arbeitsgebiet:
Wir kommunizieren mit den Spielern auf den deutschen Live Servern, beantworten ihre Spieltickets und bei greifbaren Problemen in der Spielwelt helfen wir nach Möglichkeit auch sofort aus.
Ausserdem verhängt ein GM Strafen über Spieleraccounts die beim benutzen von sogenannter "Drittanbieter Software" (Hacking, Cheaten, Botten) erwischt werden, beim beleidigen von Spielern oder bei Namensverstößen. Wir ersetzen aus Versehen verkaufte, zerstörte oder weg geworfene Gegenstände, nehmen den Spielern allerdings auch unberechtigt erworbene Gegenstände wieder weg.
Ich spiele WoW seit der US Open Beta 2004, mein "Main" (Hauptcharakter) existiert seit dem offiziellen Launch 2005 und belegt weltweit einen dreistelligen Platz. Ich leite die erfolgreichste Gilde auf dem Server und bin im offiziellen Forum ein gern gesehener Diskutant.
Ich hab blindes Rassen- und Klassenverständnis, kenne jeden Fleck in der Spielwelt und verfüge über Wissen zur Spielmechanik indem ich intensives Theorycrafting betreibe.
Für einen Deutschen ist es heutzutage besonders schwer bei Blizzard anheuern zu können, da natürlich mehr Englisch sprachige Spieler WoW spielen und der Bedarf an Deutschen dementsprechend geringer ausfällt und wenn mal gesucht wird, kommen auf eine Stelle zig Bewerber.
Beworben hatte ich mich in erster Linie um meine Chancen auszuloten und zu gucken was mir meine Erfahrung bringt. Tiefstapler wie ich bin, malte ich mir aber keine realistischen Chancen aus da ich weiss wie schwer es ist in dem Unternehmen zu landen.
Zwei Wochen nach meiner Bewerbung bekam ich dann eine E-Mail aus Irland zurück, mit der Bitte um Antwort wann ich Zeit für ein Telefonat hätte. Ich rief sofort an, ohne erst zurück zu schreiben und die Sekräterin meinte, dass ich gleich zurück gerufen werde, damit der Anruf für mich nichts kostet.
Wenige Minuten später hatte ich die Personalchefin am Hörer, die mir für die Bewerbung dankte und meinte, dass momentan drei Stellen zu vergeben sind und sie wollte anfragen ob ich denn immer noch Interesse hab.
Ich war perplex, versuchte zu realisieren was sie mir grad erzählt hatte und antwortete einfach mit "Ja, klar. Das Interesse besteht immer noch".
"Das freut mich" erwiderte sie mit klassisch-britischen Akzent
Ich schlug ihr vor auf Englisch miteinander zu sprechen, aber sie lachte nur und meinte, dass sie ihr Deutsch aufpolieren möchte Sie löcherte mich natürlich mit allerlei Fragen um ein erstes Bild zu bekommen und das Bild scheint nicht so schlecht gewesen zu sein, denn sie frug mich ob ich Interesse an einem Vorstellungsgespräch hätte.
Ich wusste gar nicht wie mir geschah und war mir nicht sicher ob ich annehmen soll, aber dann hab ich mir blitzschnell gedacht "Wenn nicht jetzt, dann nie" und hab einfach "Ja, sehr gerne" gesagt.
Von Mittwoch bis Freitag war ich also in Irland, genauer gesagt in Cork, was das "kleine Silicon Valley" ist, weil viele IT Unternehmen dort seit Jahren erfolgreich Niederlassungen unterhalten. Abends kam ich am Flughafen in Cork an (eigener Flughafen :top: ) , wurde von einem Kollegen (zumindest dachte ich das zu dem Zeitpunkt) abgeholt und in eine kleine, schnucklige Frühstückspension gebracht, mit einem urigen, irischen alten Paar als Betreiber
Nach Bezug meines Zimmers lud mich mein "Kollege" dann in einen Pub ein und wir quatschten zwei Stunden über alles mögliche, vorzugsweise natürlich über WoW. Seit meiner Landung in Irland sprach ich nur noch Englisch und wurde immer sicherer in der Sprache.
Wir verabschiedeten uns dann und er wünschte mir viel Glück beim Vorstellungsgespräch und zwinkerte mir zu ...
In der Pension angekommen ging ich nur noch Duschen und legte mich ins Bett. An einschlafen war nicht zu denken, ich hab die ganze Nacht kaum ein Auge zugemacht vor Anspannung.
Der Morgen kam relativ schnell und meine Anspannung transformierte sich in Angst. Ich sortierte nochmal meine Gedanken und machte mich dann auf den Weg zur Haltestelle.
Nach knapp 20 Minuten Busfahrt kam ich dann an und musste noch ein paar Meter laufen, bis ich vor der Blizzard Vertretung stand. In der Empfangshalle stehen lebensgroße Exponate ihrer größten Erfolge und Bilder der Masterminds hängen an den Wänden und überall liegt Informationsmaterial und Gratisspiel-Exemplare zur Mitnahme rum.
Ich ging zum Empfang, stellte mich vor und wurde gebeten in den 3. Stock zu fahren. Oben angekommen verlief ich mich erstmal, weil ich nicht wusste wo ich hin muss, bis jemand hinter mir meinen Namen rief und mein "Kollege" vom Vorabend stand vor mir und grinste mich an.
Mir dämmerte schlimmes und der gute stellte sich erneut vor und entpuppte sich als Stellvertretender Personalchef für den GM Bereich und wollte den Vorabend nutzen um mir auf den Zahn zu fühlen, was ich so für ein Typ bin.
Wir gingen dann ins Büro, wo auch die mir schon bekannte Personalchefin saß und mich begrüßte. Wir redeten über eine Stunde miteinander und ich konnte richtig gut glänzen. Dank meiner überdurchschnittlich guten Erfahrung was WoW betrifft, meine Ungebundenheit und Begeisterungsfähigkeit für meine Interessen wurd ich dann gefragt ob ich mir das ganze in der Praxis anschauen möchte.
Allein das ist schon ein Ritterschlag, einem GM über die Schulter schauen zu dürfen, wo Blizzard sich gegenüber dem "Fussvolk" normalerweise ausschweigt über die genauen Arbeitsabläufe und GM selber (egal welche Stufe sie bekleiden) dürfen keinerlei Details ihres Alltags preisgeben, was nicht von Blizzard authorisiert ist. Innerlich fast am platzen vor Freude versuchte ich so entspannt wie möglich zu reagieren und antwortete mit "Ja, klar. Warum nicht?", hätte aber am liebsten einen Stepptanz aufgeführt
Von der Rundführung, die knapp 2 Stunden dauerte, einiges an Gesprächen mit Angestellten beinhaltete und mir eine Menge erzählt wurde darf ich leider nichts berichten. Ich darf auch leider nicht erzählen wie mein Arbeitsumfeld aussieht. Nur: Man kann es gut aushalten
Die Mittagszeit brach an und ich wurde gebeten in der Kantine Essen zu gehen, man werde dann gleich zu mir kommen. Eine halbe Stunde später gesellte sich dann der stellv. Personalchef zu mir und meinte mich erneut schocken zu müssen.
Er setzte sich an meinen Tisch, lächelte mich an, holte tief Luft und meinte dann in fast akzentfreien Deutsch zu mir "Und? Wie siehts aus? Hast Du Lust mit uns zu arbeiten?" ... Ich schob mir grad einen Löffel Joghurt in den Mund und hätte fast das Schlucken vergessen, weil ich so überwältigt war. Zum einen, weil ich die Stelle quasi hatte und zum anderen, weil mein "Kollege" der angeblich "nur Englisch" spricht, sich dann als Personalchef entpuppte, der fast akzentfrei fließend Deutsch spricht, hier studiert und gelebt hat und mich nach Strich und Faden, im positiven Sinne, an der Nase herum geführt hat
Er sah mein Gesicht und lachte auf und meinte, dass ich in Zukunft fast nur noch Englisch sprechen werde und das sozusagen der Einstand war. Im Spiel kommunizieren werde ich zwar ausschließlich mit Deutschen Spielern, aber die innerbetriebliche Sprache wird natürlich Englisch sein.
Wenn ich mir noch nicht sicher sei, könne ich ja eine Nacht drüber schlafen und dann morgen Bescheid geben. Die Nacht brauchte ich natürlich nicht, keine viertel Stunde später saß ich wieder im Büro und bekam den Vorvertrag samt Informationsmaterial überreicht, was es zu erledigen gilt von meiner Seite aus um ab dem 1.12 in Irland leben und ab dem 1.1 auch arbeiten zu dürfen. Mit der Bitte um ruhige Durchsicht und Rückgabe am nächsten Tag durfte ich dann, innerlich völlig fertig aber glücklich, gehen.
Blizzard kümmert sich um eine Kontoeröffnung, hilft mir eine Wohnung zu bekommen, bezahlt den Umzug und erledigt alle behördlichen Angelegenheiten in Irland zum problemlosen Start. Ich hab so viele Urlaubstage wie noch nie, Überstunden sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld gibt es auch.
Das Gehalt wurde ausgehandelt ... Ich wollte mit weniger Gehalt anfangen, aber sie eröffnete mit mehr
Ich ging dann noch etwas höher und wir trafen uns dann in der Mitte. Ich werd auch damit nicht reich, aber vermutlich wieder glücklich mit dem neuen Leben ...Die lokalen Geschäfte in Cork sind recht günstig. Das was ich besucht hab war ein kleinerer Laden, die Preise lagen maximal auf Edeka Niveau und ausser landestypischen Lebensmitteln hatten die auch nichts anderes als es hier im Supermarkt gibt.
Desweiteren wird die Betriebskantine von der Stadt und dem Unternehmen subventioniert und ein Mittagessen, mit Nachtisch und Getränk kostet nur zwischen 2€ und maximal 3€, bei ständig wechselnden Angeboten, stets frisch zubereitet bei großer Auswahl.
Die Probezeit beträgt 3 Monate, vor der ich aber keine Angst hab und auch keine Angst zu haben brauch. Während dieser Zeit wird viel Theorie gepaukt, die den größten Anteil in den ersten 3 Monaten haben wird. Praxiseinsätze in verschiedenen Situationen und Schwierigkeitsstufen runden das ganze ab. Die Chefin meinte, dass die Probezeit eher als "verkürzte Lehrzeit" zu betrachten ist, statt als mit Stolpersteinen bestückte Probezeit wie es heute oft der Fall sei.
Im Wechsel mit der Arbeit als GM finden immer wieder Aufbauseminare statt, damit wir auf dem laufenden bleiben. Zusätzlich zum normalen Dienst besteht noch die Möglichkeit an Fortbildungsseminaren teilzunehmen, die allerdings zusätzlich zum normalen Dienst bewältigt werden müssen und ebenfalls mit viel Theorie verbunden sind.
Ich hab mich natürlich danach erkundigt aber mir wurde geraten mich erstmal einzuleben, die Aufbauseminare, die natürlich auch Arbeit sind, zu absolvieren und wenn ich dann alles am laufen hab, die Fortbildungsseminare zu besuchen. Das wär sonst zu Anfangs direkt eine Dreifach Belastung die einfach keinen Sinn macht.
Ich kam nach dem Tag zurück in die Pension und legte mich aufs Bett und las mir den Vertrag immer und immer wieder durch. Er war leicht verständlich, aber trotzdem ausführlich. Ich kannte ihn schon fast auswendig, las ihn aber trotzdem immer und immer wieder.
Nicht, weil ich nach einem Haken gesucht hab, sondern weil ich es nicht fassen konnte, dass ich in Irland in einer Pension liege, mit einem Vorvertrag für Blizzard in der Hand, wo ich wenige Wochen vorher noch hätte vielleicht nie wieder aufstehen können und mich bis zu dem Zeitpunkt der Reise nach Irland soviel nur noch angekotzt (sorry) hat.
Mir war schon ab dem Moment der Einladung zum Vorstellungsgespräch klar, dass ich auf jeden Fall unterschreiben werde, falls es soweit kommt, also legte ich den Vertrag auf den Tisch und quälte mich wieder durch die Nacht, eine Nacht in der mein Kopf vor lauter Nachdenkerei über die Zukunft schon qualmte.
Am nächsten Tag stand ich um 9 Uhr in der Zentrale auf der Matte und wir haben Nägel mit Köpfen gemacht. Zuerst hat die Chefin unterschrieben, dann ihr Stellvertreter, dann ich. Stempel drauf, fertig. Kurz und schmerzlos.
Dann erfuhr ich, dass auf die Drei ausgeschriebenen Stellen eine beträchtliche Anzahl an Bewerbungen eingegangen sind, die aber überwiegend ungenügend waren. Gründe die ich ruhig nennen kann waren z.B. Kontaktadressen wie "hunnybunny82@mail.de" (Fantasieadresse) oder grauenhafte Rechtschreibung, keinerlei Erfahrung und absolute Unlust sich ansprechend und interessant zu präsentieren. Lediglich 7 Leute für die drei Stellen kamen näher in Betracht. Zwei wurden nach Irland eingeladen und eingestellt. Die dritte Stelle konnte nicht besetzt werden.
Wir beredeten dann noch einiges grundsätzliches und wie es jetzt erstmal weiter geht und dann verabschiedete ich mich wieder Richtung Deutschland. Ich fuhr zurück in die Pension, verabschiedete mich auch von meinen liebenswerten Gastgebern und kam grad noch rechtzeitig zum Flughafen. Im Flugzeug sitzend bin ich nach der Einweisung sofort eingeschlafen und erst zum Anschnallen wieder wach geworden, so fertig war ich.
Irgendwann war ich dann endlich in meiner Bude, hab mich nur noch abgepellt und bin sofort eingeschlafen wieder.
Am Wochenende hab ich schon alle wichtigen Unterlagen zusammen gesucht, Kündigungen geschrieben und abgeschickt und am Montag hab ich meine Kündigung auf der Arbeit eingereicht, zum letzten des November. Mitte November ist aber schon mein letzter Tag, bis dahin heb ich meinen verbliebenen Urlaub auf und nehm dann die zwei Wochen um hier die letzten Zelte abzubrechen.
Desweiteren hab ich einen befreundeten Händler gebeten einen Großteil meiner Film Sammlung möglichst ertragreich an andere Sammler weiter zu verkaufen. Die Menge würde den Umzug sprengen und ich möchte einen stressfreien und problemlosen Umzug. Ein Teil meiner Möbel werde ich dem Sozialkaufhaus überlassen, auch da gilt, weniger ist mehr beim Umzug.
Im Spiel als normaler Spieler wird sich für mich nichts ändern. Ich genieße durch die Arbeit bei Blizzard keinerlei Vorteile gegenüber normalen Spielern. Niemand im Spiel darf erfahren, dass man GM ist.
Als GM selbst gibt es keine Bevorteilung gegenüber befreundeten Spielern.
Generiert ein GM einen Gegenstand der Auswirkung auf die Wirtschaft im Spiel hat (Gold, teure Rohstoffe, Rüstungen, Waffen) oder einen Spieler verbessert, wird der Gegenstand aufgezeichnet und gegebenenfalls kann sein Weg nach verfolgt werden um Missbrauch aufzudecken.
Wir sind unsichtbar im Spiel, können uns aber jederzeit sichtbar machen. Wir tragen eine blaue Robe die uns als GM identifiziert. Die Kleidung ist einzigartig und kann nur von uns getragen werden. Desweiteren haben wir ein extra Fenster, indem der Spieler mit uns ausserhalb des normalen Chats kommuniziert. Unser Name hat den Zusatz [GameMaster] und vor jeder Nachricht von uns ist das Firmenlogo eingeblendet. Der Spieler weiss so immer, dass er mit einem offiziellen GM schreibt und nicht mit einem Betrüger, der versucht an Zugangsdaten zu kommen.
Wir sind nicht angreifbar, können uns teleportieren genauso wie wir normale Spieler teleportieren können, fliegen und jedes im Spiel vorhandene Objekt herstellen. Das sind alles keine Geheimnisse und öffentlich bekannt. Wir sind GM - Widerstand ist zwecklos
Ich hoffe ich habe nichts vergessen und mir ist alles eingefallen, was ich schreiben wollte.
Ja, jetzt "sitze ich meine Zeit hier ab" und dann heisst es auf in (m)ein neues Leben. Deutschland wird immer mein Heimatland sein, aber meine Zeit hier ist vorbei. Ihr habt mich noch nie auf Deutschland schimpfen sehen, bin kein Krawallmacher oder notorischer Schwarzmaler ... aber die Chance muss ich einfach nutzen, so eine Möglichkeit bekommt man nur ein einziges mal in seinem Leben. Es gibt hier nichts mehr was mich hält, meine Mutter lebt jetzt schon 500km entfernt, da kommt es in Zukunft auf ein paar mehr auch nicht an. Ansonsten bin ich bereit und gespannt auf mein neues Leben
LG
Pro
