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Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
Wann gehört ein Verbrecher eigentlich ins Gefängnis und wann in die Psychiatrie? Die Grenzen sind fließend, häufig wird bei besonders schweren Straftaten wie bei Vergwaltigungen dem Täter schuldunfähig zugespochen aufgrund psychiatrischer Gutachten. Die sind jedoch wie im Falle Mollath auch nicht frei von Zweifel.

Die gesetzliche Umsetzung eines zweigliedrigen Umgangs mit schweren Straftaten, Strafe für Tatschuld, Sicherung und Besserung für Schuldunfähigkeit wurde im September 1893 im Vorentwurf zum schweizerischen Strafgesetzbuch von dem Berner Professor Carl Stooss formuliert. Vom Entwurf dieses Gedankens in Europa bis zu seiner Festlegung dauerte es noch 40 Jahre. Am 24. November 1933, auf den Tag genau 7 Monate nach der Veröffentlichung der Ermächtigungsgesetze im Reichsgesetzblatt, wurden mit dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung (RGBl. Band 1, 995) die Maßregeln der Sicherung und Besserung in das Strafgesetzbuch eingeführt. Die Zweispurigkeit des Strafrechts hat bis heute Bestand.
Maßregelvollzug

Der Täter entgeht einer lebenslangen Strafe, was i.R. dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden widerspricht. Ihm müssen auch Sonderkonditionen zugestanden werden:
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Bundesrepublik Deutschland verurteilt und einem klagenden Sicherungsverwahrten 3000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Die Justiz hätte für den psychisch gestörten Sexualstraftäter in Sicherungsverwahrung "eine besser geeignete Unterbringung als das Gefängnis finden müssen", hieß es in dem EGMR-Urteil. Die Bedingungen seiner Sicherungsverwahrung unterschieden sich nicht wesentlich von einer normalen Haft im Gefängnis.

Seit Juni 2013 gelten in Deutschland neue Regeln. Die Sicherungsverwahrung ist - anders als die Haft - keine Strafe für ein Verbrechen. Deshalb müssen die Bedingungen und die Möglichkeiten der Therapie deutlich besser sein als in Haft.
Sicherungsverwahrung: EGMR verurteilt Deutschland zu Schmerzensgeld - SPIEGEL ONLINE

Wann ist ein Täter eigentlich schuldig oder krank? Gilt wirklich immer dieses "entweder - oder" ? Ist ein Täter, dem jegliche Emphatie fehlt und aus vollem Vorsatz handelt z.B. ein Folterknecht im Gefangenenlager nicht auch beides - Täter, aber auch Opfer seiner Herkunft/Sozialisierung, der konkreten Umstände, seiner Geldgier, seiner Triebe oder gar seiner Gene?
 

der laib

Geheimer Meister
5. Juli 2014
142
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Wann ist ein Täter eigentlich schuldig oder krank? Gilt wirklich immer dieses "entweder - oder" ? Ist ein Täter, dem jegliche Emphatie fehlt und aus vollem Vorsatz handelt z.B. ein Folterknecht im Gefangenenlager nicht auch beides - Täter, aber auch Opfer seiner Herkunft/Sozialisierung, der konkreten Umstände, seiner Geldgier, seiner Triebe oder gar seiner Gene?

Um das zu beantworten wäre es vielleicht hilfreich zu wissen ob das nun eine allgemeine Frage ist oder speziell. Denn in Deutschland wird dies ja nun anders gehandhabt als im Ausland. Denn Du kannst ja nicht gleichzeitig den Folterknecht ansprechen aber das Rechtssystem Deutschland zu Grunde legen. Das wäre Äpfel mit Birnen vergleichen. Oder aber es ist Dir egal und Du fragst allgemein nur nach persönlichen Meinungen.
 

Bona-Dea

Gesperrter Benutzer
3. August 2010
5.616
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Hallo rola;
Wann ist ein Täter eigentlich schuldig oder krank? Gilt wirklich immer dieses "entweder - oder" ? Ist ein Täter, dem jegliche Emphatie fehlt und aus vollem Vorsatz handelt z.B. ein Folterknecht im Gefangenenlager nicht auch beides - Täter, aber auch Opfer seiner Herkunft/Sozialisierung, der konkreten Umstände, seiner Geldgier, seiner Triebe oder gar seiner Gene?
Dummheit schützt ja bekanntlich nicht vor Strafe, aber im Sinne der Schuldunfähigkeit gibt es zumindest mildernde Umstände. Insbesondere wird vom Gesetzgeber die legale Droge Alkohol besonders begünstigt, der Gesetzgeber weiss, das die Droge Alkohol Menschen stark beeinträchtigt, schafft aber das sie legal ist, einen extra Freiraum für Delikte unter Alkoholeinfluß.
Ansonsten kommen psychische Störungen in Frage, aber da scheiden sich die Geister wieder was eigentlich eine Störung ist oder ab welcher Leidenskategorie.
Außerdem handelt nach § 20 StGB ohne Schuld, „wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“ Schuldunfähig kann also sein, wer im Moment der Tat nicht das Schuldhafte seines Handelns erkennt oder nicht in der Lage ist, sich zu steuern.
Schuldunfähigkeit
Im Falle von Pädophilie zum Beispiel sieht der Täter das selten ein, er hat also oft gar kein Schuldbewußtsein, keinerlei Empathie, aber denoch schädigt er Kinder erheblich in ihrer psychischen Entwicklung. Auch wenn es sich um eine eindeutige psychische Störung handelt wird dieses Verbrechen bestraft und nur die Angst vor Strafe hält einige davon ab. Andere Länder andere Sitten, da wo es keinen Kinderschutz gibt ist es legal und die Leute die darauf stehen, fühlen sich nicht schuldig weil der Staat es legitimiert.
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Das ist ein grundsätzliches Problem, rola.... Man könnte davon ausgehen dass jegliche Kriminalität ein Ausdruck geistiger Krankheit ist - das würde aber voraussetzen, dass die Gesellschaft dem Grunde und dem Kern nach "gesund" ist. Wenn ich mir jedoch unsere Gesellschaft(en) so ankucke.... wage ich mal zu bezweifeln dass die im Kern "gesund" ist..... ;-)

Die Frage ist dann folgerichtig: Wann ist eine Gesellschaft "gesund" und die Antwort könnte lauten: Wenn alle Teile der Gesellschaft harmonisch daran arbeiten, die Lebensbedingungen Aller kontinuierlich zu verbessern. Da sind wir - lokal, national, kontinental, global - weit von entfernt - ergo ist "die Gesellschaft krank" und demzufolge ist es kein Wunder dass sie sich mit der "Krankheit Kriminalität" 'rumschlägt....

In Deutschland hat man das schon recht bald (nach dem Krieg) erkannt, das Dilema, und so hat man im Strafvollzugsgesetz den "Bestimmungszweck Resozialisierung" verankert. Das Problem: "Wohin" soll der Straftäter "resozialisiert" werden? In eine kranke Gesellschaft, die "halt nur andere Krankheiten" hat, als sie "der Kriminelle hat"? Irgendwie scheint das keine Lösung zu sein..... Psychiatrie und/oder Justizvollzugsanstalt als "Verwahrungsort auf Zeit" ? Kann man machen, wird auch so gemacht - aber eine Lösung des Problems Kriminalität ist das auch nicht.
 

KTGR

Erhabener auserwählter Ritter
2. März 2011
1.113
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Wenn jemand einen Apfel klaut und losrennt dann ist er ein Dieb!
Wenn jemand einen Apfel klaut und ihn auf der Stelle essen tut dann ist er sich nicht seine Schuld bewusst!

Dieses Argument kann man beliebig umändern und anstelle von "Apfel klauen" eine jede Straftat einsetzen.

Es kommt nicht auf die Straftat an sondern auf das Verhalten des Täters danach.

Wenn ich z.B. jemanden umbringe und danach versuche unsichtbar zu bleiben (unter zu tauchen) dann geht man davon aus dass ich mich der Tat bewusst bin.
D.h. wenn ich nicht mehr nach Hause gehe, nicht mehr zur Arbeit, von meinen Freundeskreis austrete, meine Gewohnheiten ändere dann versuche ich irgendwas zu umgehen...
Wenn mich dann die Polizei findet und ich den "gestörten" spiele....weiß ich nicht ob ich das glauben wurde.

Generell ist es aber so wie @ThomasausBerlin beschreibt.
Die Gesellschaft ist, mehr oder weniger, krank. Also können die Produkte dieser nicht gesund sein.
Unter Produkte verstehe ich auch die Gesetze. Diese sind zwar zum Schutz der Gesellschaft da aber oft werden sie gegen diese verwendet.
Lücken und Fenster gibt es in jedes Gesetz. Und Anwälte sind manchmal so schlau und finden diese oder spezialisieren sich auf diesem Gebiet.

Beispiel: Täglich fängt man Dealer die ihre Ware verkaufen wollen. Man nimmt sie fest und lässt sie wieder laufen!
Warum fragt man sie nicht woher sie diese Ware haben? Dann muss man nur diesen festnehmen und ihn fragen woher er sie hat...u.s.w.
Aber man lässt sie...laufen!


Ich kann z.B. eine Frau verstehen die in ihre Verzweiflung, nach dem sie jahrelang von ihren Mann geschlagen worden ist, ihn umbringt!
Nach dem sie ihn angezeigt hat, sich von ihm getrennt hat aber er sie findet und sein "Werk" weiter tut.
Aber einen Mörder kann ich nicht verstehen.

Alkohol ist für mich eine Droge!
Jeder der unter Alkoholeinfluss ein Verbrechen begeht sollte dafür genauso bestraft werden wie jemand der ohne Alkohol das selbe gemacht hat.
Denn zumindest im Augenblick als dieser die Flasche in den Mund führt weiß er was er tut und welche Folgen es haben kann.
Wenn er weiß dass er sein Auto fahren wird...um so schlimmer!
Er kann nicht behaupten....Er stand unter Alkoholeinfluss. Denn als er nüchtern war wusste er was Alkohol aus ihn macht.
Dies gilt für alle Drogen!

Wenn Kinder Opfer sind...dann sehe ich persönlich Rot!
Erwachsene können sich meinetwegen die Köpfe abreißen...
Kinder sind für mich das Besondere, das Kostbarste, das Einzigartige was unsere Gesellschaft vorweisen kann.
Wer bewusst Kinder auf irgendeine Art schädigt, egal aus welchen Grund, gehört für immer hinter Gittern!
Wenn er geistesgestört ist macht es ihm sowieso nichts aus wo er sich befindet! Und da man "Geistesgestörte" nicht heilen kann reicht ein Teller Essen, Wasser und ein Bett vollkommen aus!

PS: Wenn der Verlauf, der zur Tat führt, nicht die Schuld des Täters ist dann gelten natürlich auch andere Vorgehensweisen.
 

der laib

Geheimer Meister
5. Juli 2014
142
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Wenn jemand einen Apfel klaut und losrennt dann ist er ein Dieb!
Wenn jemand einen Apfel klaut und ihn auf der Stelle essen tut dann ist er sich nicht seine Schuld bewusst!

Sagt wer? Wo steht das? Belege, Aktenzeichen, Urteile......

Beispiel: Täglich fängt man Dealer die ihre Ware verkaufen wollen. Man nimmt sie fest und lässt sie wieder laufen!
Warum fragt man sie nicht woher sie diese Ware haben? Dann muss man nur diesen festnehmen und ihn fragen woher er sie hat...u.s.w.
Aber man lässt sie...laufen!

Ja, klar und die plaudern auch alle fleissig wo sie es her haben.......sorry aber was glaubst Du was gemacht wird wenn die festgenommen werden?


Wenn Kinder Opfer sind...dann sehe ich persönlich Rot!
Erwachsene können sich meinetwegen die Köpfe abreißen...
Kinder sind für mich das Besondere, das Kostbarste, das Einzigartige was unsere Gesellschaft vorweisen kann.
Wer bewusst Kinder auf irgendeine Art schädigt, egal aus welchen Grund, gehört für immer hinter Gittern!
Wenn er geistesgestört ist macht es ihm sowieso nichts aus wo er sich befindet! Und da man "Geistesgestörte" nicht heilen kann reicht ein Teller Essen, Wasser und ein Bett vollkommen aus!

PS: Wenn der Verlauf, der zur Tat führt, nicht die Schuld des Täters ist dann gelten natürlich auch andere Vorgehensweisen.

Da bin ich ja froh das es in Deutschland die Unschuldsvermutung gibt und Du kein Richter bist. Und den Begriff Geistesgestörte gibt es nicht. Wen oder was meinst du damit denn genau? Und ich wünsche Dir das Du niemals in eine Situation gerätst wo Du vor einem Richter stehst der so denkt wie Du, aber du unschuldig bist......
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Sorry - in Deutschland gibt's kaum noch Unschuldsvermutung. Sonst müssten nämlich alle Indizienprozesse mit Freispruch enden - weil ein Indiz (oder mehrere) eben kein Beweis ist....
 

der laib

Geheimer Meister
5. Juli 2014
142
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Sorry - in Deutschland gibt's kaum noch Unschuldsvermutung. Sonst müssten nämlich alle Indizienprozesse mit Freispruch enden - weil ein Indiz (oder mehrere) eben kein Beweis ist....
Da machen wir es uns jetzt aber Einfach....oder? Was hat denn die Unschuldsvermutung mit Indizien zu tun. Es ist richtig das ein Indiz kein Beweis ist, wenn aber dieses schlüssig ist und auch nicht widerlegt werden kann hat das ja nicht mehr mit Unschuldsvermutung zu tun. (siehe StPO).
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

..und auf die Art und Weise werden Prozesse wegen Totschlag oder gar Mord geführt, pbwohl gar keine Leiche vorhanden ist..... Ich hab' mal ein Jahr lang in Göttingen in U-Haft gesessen, weil ich dummerweise nachts um zwei leicht angetüdelt nach Hause gelaufen mit - im Winter, mit einem dunklen Mantel bekleidet. Beim 'rauskramen meiner Kippen hab' ich unterwegs einen Taschenkalender verloren. War nicht so wichtig für mich - für die Polizei und die StA schon. Da hat nämlich in der selben Nacht ganz in der Nähe jemand einen Papiercontainer abgefackelt, und Anwohner sahen einen Mann im dunklen Mantel.... Wenn nicht fast genau 12 Monate danach der echte Täter gefasst gewesen wäre, hätte ich laut Aussage meines Anwaltes einem Indizienprozess entgegen sehen dürfen.... und so geil wie seinerzeit StA, Richter und Presse in Göttingen darauf waren, einen "Serienbrandstifter dingfest zu machen" wäre ich wahrscheinlich auch noch verurteilt worden....

Nein, laib, ich mach' mir das gar nicht einfach - ich weiss wie der Hase in D laufen kann. Und ich hab' die Aussage eines "Schliessers" mit dem ich mich in der U-Haft ein wenig anfreunden konnte noch im Kopp: "Der Unterschied zwischen uns bei Justiz und Polizei und euch hinter Gittern liegt oftmals darin, dass man uns bei unseren Jugendsünden nicht erwischt hat....".
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Um das zu beantworten wäre es vielleicht hilfreich zu wissen ob das nun eine allgemeine Frage ist oder speziell.
Die Frage ist ganz allgemein gestellt und kann gerne aus persönlicher Sicht beantwortet werden. Falls jemand Rechtskompetenz hat, kann der auch ganz konkrete Fälle ausführen, egal ob aus Deutschland oder den USA. - Ich will mit meinem Thread aber auch die Strafgerichtbarkeit als solche etwas von ihrem absoluten Sockel stoßen. Es gibt Gutachtenfehler wie im Fall Mollath.- Wichtig sind neben dem Strafen auch Prävention und soziale Integration. Und die kommen oft zu kurz. Urteile sind oft Auslegungssache von Richtern. In den USA werden Beweismittel oftmals nicht zugelassen, etwa wenn eine Pistole einfach so aus einem Müllkübel geholt wird, ohne Durchsuchungsbeschluss.

KTGR schrieb:
Wenn jemand einen Apfel klaut und losrennt dann ist er ein Dieb!

Wenn jemand einen Apfel klaut und ihn auf der Stelle essen tut dann ist er sich nicht seiner Schuld bewusst!
Dieses Argument kann man beliebig umändern und anstelle von "Apfel klauen" eine jede Straftat einsetzen.

Es kommt nicht auf die Straftat an sondern auf das Verhalten des Täters danach.

Wenn ich z.B. jemanden umbringe und danach versuche unsichtbar zu bleiben (unter zu tauchen) dann geht man davon aus dass ich mich der Tat bewusst bin.
Alles kann ich nicht so teilen. Die Art der Straftat ist schon relevant, ob es nun ein Bagatelldelikt ist wie beim Apfelklau oder Mord. Gibt es eine Verbrechensplanung oder geschieht es im Affekt? Ist man Wiederholungstäter? Affekt klingt nach (einmaliger) Triebsteuerung und ist doch im Fall der Tötung eines Menschen relevant für Strafmilderung. Der Fall ist "nur" Totschlag bei den Gerichten. Freilich dauerhafte Triebsteuerung/Impulsgetriebenheit kann einen Täter doch in die Psychiatrie bringen. Eine Frage des Masses und des Deliktes.

Sich der Tat bewusst sein - nennt du das entscheidende Kriterium? - ich weiß nicht. Jemand der sich nicht der Tat bewusst ist, handelt im Affekt, hat einen Aussetzer, jemand der einen Menschen wird zum Totschläger zur Gericht. Wenn ein Ehemann seine Frau bei Fremdgehen erwischt.
Ein Film mit Micheal Douglas hat mich in den 90igern beeindruckt. Falling Down Hier rastet ein Banktyp aus, läuft Amok. Der ist sich seiner Tat schon bewusst, doch es bleibt ein einmaliger Fall, für ihn dann tödlich.

Bona-Dea schrieb:
Im Falle von Pädophilie zum Beispiel sieht der Täter das selten ein, er hat also oft gar kein Schuldbewußtsein, keinerlei Empathie, aber denoch schädigt er Kinder erheblich in ihrer psychischen Entwicklung. Auch wenn es sich um eine eindeutige psychische Störung handelt wird dieses Verbrechen bestraft und nur die Angst vor Strafe hält einige davon ab.
Die Frage des Schuldbewusstseins halte ich für sehr wichtig und ist eine wichtiges Mittel zur charakterlichen Besserung.
Ist es aber das entscheidende Trennmittel, um Krankheit von Verbrechen zu trennen? - Ich denke nein. Psychische Kranke können trotz Einsicht triebgesteuert wieder zum Verbrechen veranlasst werden. Verbrecher keine Reue zeigen/ oder nur vor der Justiz Reue zeigen, was ihnen dann in der Regel vorzeitige Haftentlassung bringt.
Dein Fall Pädophilie ist interessant. ich glaube derartige Menschen kommen in die Gefängnispsychiatrie = Maßregelvollzug. Auf zunächst unbegrenzte Zeit, Gutachter wie im Fall Mollath kann die Einweisung wie die Entlassung erwirken.

Mal ein Link zum Thema:Psychiatrie und Maßregelvollzug: Zur Behandlung verurteilt | ZEIT ONLINE
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Weitere Probleme: Es gibt eine philosophische Diskussion, wie Tätern im allgemeinen ihre Schuldfähigkeit angesprochen wird. Sie hätten das "Verbrechergen". - Alles greift zu kurz, dennoch gehört m.E. schon eine gewisse genetische=charakterliche Veranlagung dazu in bestimmten Konstellationen zum Verbrecher zu werden. Was wäre aus dem KZ-Wächter geworden, wenn er nicht unter dem NAZI-Regime gelebt hätte?
Mehr noch: Wenn so ein Wächter mit saddistischer Veranlagung seine Triebe ausleben kann, tagtäglich motiviert von anderen Wächtern, ist das krank oder ist er voll schuldfähig? (Er leugnet später die Tat nicht, entwickelt aber auch kein Unrechtsbewusstsein.) Gerichte neigen zu letzterem. Jemand, der Opfer jahrelang unterirdisch einsperrt, gehören wohl recht sicher zur 1. Kategorie. Rechtssprechung ist also z.T. relativ.
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Letztlich läuft es auf die Definition von "Schuld" heraus. Mal ein paar sicher ganz provokante Fragen: Ein "Mordmerkmal" nach deutscher Rechtssprechung ist der "niedere Beweggrund". Da stellt sich dann die Frage: Gibt's auch "höhere Beweggründe"? Ist der Mord, den ein Soldat im Krieg begeht, oder ein Polizist "in Ausübung seines Dienstes" ein "höherer Beweggrund"? Nächste Frage: Ein "Totschlag" ist das "in Kauf nehmen des Todes eines anderen, ohne diesen töten zu wollen". Nett - wie aber soll jemand "den Tod eines Anderen billigend in Kauf nehmen" wenn er - oder sie - kein Wissen darüber hat, wie sich das eigene Tatverhalten auswirkt? Einfacher ausgedrückt: Wenn ich bei einer Kneipenschlägerei meinem Nachbarn "ein's auf's Auge drücke" und der arme Kerl stirbt daran, weil sich das gebrochene Jochbein in's Gehirn gebohrt hat - hätte ich eine solche Auswirkung "wissen können/müssen", obwohl ich von Medizin keine Ahnung habe? Womit wir dann bei der "Körperverletzung mit Todesfolge" wären - ist die Todesfolge jetzt ein Unfall - oder eine "bewusst in Kauf genommene Auswirkung"?

In Göttingen habe ich - nach meinem U-Haft-Erlebnis - ein Semester Jura als Gasthörer belegt. Das erste, was der Prof in seiner ersten Vorlesung sagte, hat sich in mein Gehirn "eingebrannt": ..."Meine Damen und Herren, in einem Rechtsstaat haben Recht und Gerechtigkeit nichts miteinander zu tun....". Der Mann hat durchaus Recht; in einem Prozess egal welcher Art entscheiden weniger "objektive Fakten", sondern vielmehr subjektive Eindrücke - und es entscheidet, wer sich den besseren Anwalt leisten kann.... Mit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun, ebensowenig wie es was mit Gerechtigkeit zu tun hat, wenn man - so in Düsseldorf geschehen - wegen "fortgesetztem einfachem Diebstahl von Lebensmitteln in 17 Fällen" nicht nur 2 Jahre Haft bekommt, sondern anschliessend auch noch "sicherheitsverwahrt" wird (der Mann den das betraf, hat aus der Sicherheitsverwahrung aus einen Anwalt kennen gelernt, der ihn nach 4 Jahren Prozess freibekommen hat - Glück gehabt, nachdem der Mann schon 18 Jahre insgesamt "gesessen" hatte....).
 

Dirtsa

Meister vom Königlichen Gewölbe
15. Januar 2011
1.314
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Die Frage ist doch, welche Konsequenzen mit der Feststellung einer Erkrankung bzw Schuld verbunden sind, was der Sinn und Zweck einer Haftstrafe in Abgrenzung zu einer Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie ist.

Eine Strafe hat ja nicht nur das Ziel der Sühne als Gegengewicht zu einer Schuld, sondern soll von weiteren Regelverstößen abhalten und allgemein auch „noch nicht Täter“ im Vorfeld abschrecken.
Wenn der Rechtsbruch auf eine Erkrankung oder psychiatrische Störung zurückzuführen ist, bei der die Störung den Lerneffekt einer Strafe verhindert, macht eine solche aber keinen Sinn. Da ist dann der Verbleib in einer forensischen Psychiatrie zielführender, sowohl für den Täter als auch für den Schutz der Allgemeinheit. Die Therapie, und selbst die Sicherheitsverwahrung wenn man so will, nicht „Gefängnis light“ sondern hat seine Berechtigung, nicht zuletzt in vorbeugendem Opferschutz.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.819
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Ich finde es höchst bemerkenswert, wie ein Semester Jura geeignet ist, für alle Zeiten den Blick ins Gesetzbuch zu ersparen, während Volljuristen im 40. Berufsjahr immer spotten, ein Blick ins Gesetzbuch erleichtere die Rechtsfindung.

Totschlag: "Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein..."

Die Unterscheidung hat mit billigender Inkaufnahme sowas von absolut nichts zu tun... Aber ich bin arrogant. Warum? Wahrscheinlich weil ich mich zu Themen, von denen ich keine Ahnung habe, nicht äußere.
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

...wenn Volljuristen im 40. Berufsjahr nur noch Spott übrig haben - haben sie vielleicht ihren Beruf verfehlt und hätten Tischler werden sollen.... Vielleicht wäre es ihnen da eher gelungen, mit "ihrer Hände Arbeit Vorzeigbares" zu leisten.....

Das Problem bei "unseren Volljuristen" (aber nicht nur bei denen.....) ist das völlig unverständliche "Juristendeutsch", dass sich jeglichem normalen Begriffsverständnis entzieht. Was zum einen daran liegen kann dass man nach 40. Berufsjahren als Pragraphenreiter sicher schon Schwierigkeiten damit hat, das "normale und reale Leben" von den "Buchstaben des Gesetzes" zu unterscheiden, zum anderen aber auch daran liegt, dass sie sich in den Tiefen der Rechtsphilosophie verloren haben und eigentlich nur noch ein "Fall" für eine "rechtsphilosophiische Irrenanstalt" sind. Oder für's WV-Forum - da fällt man unter den vielen anderen "Seltsamen" nicht so auf....
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.819
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Inhaltsleeres Genöle. Die juristische Fachsprache ist im übrigen ausgesprochen präzise und klar. Man muß sie nur lernen.
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Aber klar doch - die ist deshalb so präzise, weil sie so unmissverständlich ist - für Juristen natürlich. Für alle anderen ist das "Fachchinesisch" (wie übrigends auch das sogenannte "Beamtendeutsch" einiger Behörden....).

Ein Tipp Jäger - geh' mal was Vernünftiges arbeiten. Dann musste abends nicht frustriert so einen Blödsinn verzapfen..... Und vor allen Dingen lernste dann vielleicht mal Menschen kennen, die dieser angeblich präzise Sprache absolut nicht verstehen und - o Wunder -trotzdem was geleistet haben....
 

beast

Moderator
Teammitglied
23. Februar 2009
5.806
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

[...]
Das Problem bei "unseren Volljuristen" (aber nicht nur bei denen.....) ist das völlig unverständliche "Juristendeutsch", dass sich jeglichem normalen Begriffsverständnis entzieht. Was zum einen daran liegen kann dass man nach 40. Berufsjahren als Pragraphenreiter sicher schon Schwierigkeiten damit hat, das "normale und reale Leben" von den "Buchstaben des Gesetzes" zu unterscheiden, zum anderen aber auch daran liegt, dass sie sich in den Tiefen der Rechtsphilosophie verloren haben und eigentlich nur noch ein "Fall" für eine "rechtsphilosophiische Irrenanstalt" sind. Oder für's WV-Forum - da fällt man unter den vielen anderen "Seltsamen" nicht so auf....

Ums mal Kurz zu halten...

Wie meinen?
 

der laib

Geheimer Meister
5. Juli 2014
142
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Aber klar doch - die ist deshalb so präzise, weil sie so unmissverständlich ist - für Juristen natürlich. Für alle anderen ist das "Fachchinesisch" (wie übrigends auch das sogenannte "Beamtendeutsch" einiger Behörden....).

Ein Tipp Jäger - geh' mal was Vernünftiges arbeiten. Dann musste abends nicht frustriert so einen Blödsinn verzapfen..... Und vor allen Dingen lernste dann vielleicht mal Menschen kennen, die dieser angeblich präzise Sprache absolut nicht verstehen und - o Wunder -trotzdem was geleistet haben....

Ich muss da Jäger zustimmen. Diese Sprache ist erlernbar. So wie jede andere Fachsprache aus anderen Berufen auch. Jetzt also damit zu argumentieren, dass gerade die Rechtssprache nur bestimmte Personenkreise "verstehen" und andere eben nicht, ist genauso abstrus wie zu argumentieren das man "etwas" vernünftiges arbeiten und lernen soll. Ich denke viele hier haben die unterschiedlichsten Berufe und wenn wir uns alle unsere Fachsprache an den Kopf werfen werden die wenigsten diese auch verstehen. So ist das nun mal mit Fachsprachen, es soll nämlich die Kommunikation derer vereinfachen die damit zu tun haben.
 

Popocatepetl

Ritter Kadosch
27. August 2013
6.395
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

also, gesetzestexte sollten aber dann doch besser so formuliert werden das sie jeder versteht...

entweder das oder kostenfrei anwälte für alle :)
 

der laib

Geheimer Meister
5. Juli 2014
142
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

also, gesetzestexte sollten aber dann doch besser so formuliert werden das sie jeder versteht...

entweder das oder kostenfrei anwälte für alle :)

Dann müssten aber auch alle Fachbücher anderer Berufe umgeschrieben werden, damit sie jeder verstehen kann. Entweder oder.......
Und kostenfreie Anwälte gibt es ja, für diejenigen die sich keinen leisten können. Es gibt ja auch nicht kostenfreie Handwerker für jeden und so weiter.....
 

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