Aphorismus
Ritter vom Osten und Westen
- 22. Dezember 2004
- 2.466
Malakim schrieb:Hinzu kommt auch noch, das man sich ja als profaner zunächst einmal nur dafür entscheiden muß ob das was in den blauen Graden Thema ist etwas für sich ist. Die Hochgrade sind ja von den blauen Graden abgekoppelt (zumindest in den meisten Systemen).
Soetwas wie die hier so gerne postulierte direkte Einflußnahme der Hochgarde auf die niederen Grade gibt es eben nicht. Man kann sehr schön in den blauen Graden arbeiten ohne dabei das Gefühl haben zu müssen was verpasst zu haben.
Na gut, nehmen wir mal "just for the sake of argument" an, in einigen der als regulär anerkannten Hochgradsysteme würde etwas laufen, was mir nicht passt, während die blauen Grade nichts derartiges aufweisen. Es wäre trotzdem, so ich um diese Situation vor Beitritt wüßte, ein Grund für mich, nicht beizutreten. Aus mehreren Gründen: Zum einen verpflichte ich mich als Maurer per Eid dazu, allen meinen Mitbrüdern, Hochgrad oder nicht, zur Seite zu stehen. Komme ich etwa - als völlig überspitztes Beispiel - in eine Situation, in der ich zwei Menschen, die beide in brennenden Häusern sitzen, helfen kann, allerdings nur genug Zeit habe einen von beiden zu retten und stelle fest, dass eine von beiden Freimaurer ist, so habe ich einen Eid geleistet, dieser Person den Vorzug zu geben. Was, wenn die andere ein Kind ist? Und was, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass ich lieber einen Mitbruder gerettet habe, der in einem Hochgradsystem arbeitet, dass ich ablehne, sogar verurteile?
Der andere Punkt ist der, dass natürlich keine Befehlsgewalt herrscht, es aber in meinen Augen trotzdem etwas naiv ist, davon auszugehen, dass die blaue Maurerei wirklich gleichberechtigt gegenüber den Hochgradsystemen sei. Dann könnte man genau so gut behaupten, der Lehrling sei dem Meister gegenüber gleichberechtigt, bzw. hätte einen ebenso tiefen Einblick in die FM. Wahrscheinlich ist das mit dem gleichberechtigt schlecht ausgedrückt. Ich meine eher, dass man jemanden, der einen höheren Grad in der FM hat, automatsch ernster nehmen wird, wenn es um das Thema "Was ist und soll FM?" geht als jemanden, der gerade mal Geselle ist. Das ist doch ganz natürlich, oder nicht?
Warum heißt denn der Meister nur "Meister" während es in den Hochgraden Titel wie "Geheimer Meister", "Vollkommener Meister" oder gar "Großer Auserwählter" (und das sind noch die weniger pompösen) gibt? Wenn der 2. Grad der FM für weniger Einblick als der 3. Grad steht, wieso sollte dies bei den folgenden Graden anders sein, bis hinauf zum 33. Grad des AASR?
Malakim schrieb:Sehr renomierte und alte Logen (z.B. Absalom zu den drei Nesseln i.O. Hamburg) lehnen Hochgrade komplett ab und somit sind nach der Hausordnung der Loge den Brüdern die Hochgrade verwehrt. Viele Logen die nach Schröder arbeiten machen das so.
Schön und gut, aber sitzen deren Leute auch in der VGL? Wie soll das funktionieren?
Malakim schrieb:Wenn Du als Bruder Meister den Weg in die Hochgrade einschlagen möchtest kannst Du Dich mit der Materie auseinandersetzen und zu einem recht genauen Schluß kommen ob das etwas für Dich ist oder nicht.
"Recht genau"? Wie soll das funktionieren, wenn du weder weißt, was für Eide man von dir zu schwören erwartet noch welche Inhalte in den Ritualen vorkommen werden? Mehr als Menschenkenntnis und Vertrauen kannst du da eigentlich nicht anführen können und das ist für mich alles andere als "recht genau".
Ich persönlich hätte keine große Lust erst beim Schwören zu merken, dass mir der Schwur nicht passt, Vertrauen hin oder her, da geht es mir schlicht ums Prinzip.
Malakim schrieb:Ok ich muß mich dem Widerspruch nicht stellen. Ob das ein logischer Widerspruch ist weiß ich auch nicht, schließlich geht das ja irgendwie in Richtung Glaube an einigen Stellen
Worum es inhaltlich geht ist für die logische Struktur des Widerspruchs total Banane, so wie der Satz "Ich esse XY gerne, aber ich esse XY ungerne." immer ein Widerspruch ist, egal was man für XY einsetzt. Man kann Jesus nicht einerseits als seinen Erlöser und das Licht der Welt sehen und gleichzeitig um Erlösung und mehr Licht betteln, das funktioniert einfach nicht ohne sich zu widersprechen.
struppo gong schrieb:(insofern finde ich gott rein sprachlich gesehen[in bezug auf die personalisierung]fast noch neutraler als z.b. architekt oder baumeister- dafür sind die beiden letzteren zumindest in der funktionellen bedeutung konkreter und zusätzlich deismus implizierend - wobei ich deismus auf einen personifizierten gott ja eher unterstützen würde als einen deismus auf ein "prinzip gott")
Du beschreibst da den Unterschied zwischen Deismus und Theismus.
wikipedia schrieb:Der Begriff Theismus (vom griechischen θεος theos Gott) ist die Bezeichnung für die religiöse oder philosophische Überzeugung vom Dasein eines höchsten, überweltlichen, persönlichen Wesens (Gott), das die Welt erschaffen hat, erhält und regiert.
Der Theismus begreift Gott als Schöpfer der Welt, der sie auch erhält und lenkt. Gott ist immanent und gleichzeitig darüber hinaus transzendent.
Der Theismus grenzt sich ab vom Deismus, der zwar einen Gott als Schöpfer der Welt annimmt, aber nicht an seine weitere Einwirkung auf sie glaubt.
Als Deismus [de:'ismus] (Gottgläubigkeit, nach lat. Deus ['dej)us]- Gott) bezeichnet man im Allgemeinen den Glauben an Gott aus Gründen der Vernunft. Allen Deisten gemeinsam ist die Kritik an der Verabsolutierung der Bibel.
Einige Anhänger des Deismus gehen zwar von der Schöpfung des Universums durch Gott aus (etwa im Sinne eines perfekten Uhrmachers, der ein Uhrwerk in Gang setzt), aber sie nehmen an, dass Gott im Folgenden keinen Einfluss mehr auf die Geschehnisse im Universum nimmt. Andere Deisten, allen voran Voltaire, lehnen diese Theologie eines geschichtlich abwesenden Gottes (deus absconditus) ab.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deismus
http://de.wikipedia.org/wiki/Theismus
struppo gong schrieb:und ich bin mir auch nicht sicher inwieweit ich mich mit bestimmten wortlauten oder dem aufsagen von rituellen texten allgemein identifizieren kann.
Das ist auch ziemlich genau auf den Punkt gebracht der Grund, wieso ich bei aller Sympathie noch nicht zu irgendeiner Loge gerannt bin, sondern erst einmal weitergelesen habe, was ich nur in die Finger kriegen konnte. Ich finde schwören so oder so ziemlich unangenehm und wenn ich mir den Schwur nicht einmal selber ausdenken darf, sprich: irgendetwas schwörend nachplappern soll, bei dem ich noch nicht einmal vorher erfahre, was es da eigentlich zu schwören gilt, so übersteigt das meinen Willen, den Brüdern einer Loge einfach blind zu vertrauen, dass es schon nichts so furchtbares sein wird. Da geht es mir schlicht ums Prinzip.
Malakim schrieb:(Anmerkung: Das englische Original wäre hier sicher auchinteressant, das habe ich aber gerade nicht zur Hand. Ich schau mal zu Hause nach.)
Anderson benutzte sowohl in den Alten Konstitutionen von 1723 als auch in den Neuen Konstitutionen von 1738 die Formulierungen "stupid atheist" (dummer Atheist) und "irreligious libertine" (Freigeist ohne Religion).
In den Neuen Konstitutionen erfährt das ganze jedoch eine Präzisierung, da dort der Begriff "Noachide" Einzug hält. "Der Maurer ist durch seinen Beruf verbunden, das Sittengesetz zu achten wie ein echter Noachide, und wenn er seine Kunst recht versteht, wird er weder ein dummer theist noch ein Freigeist ohne Religion sein, noch gegen sein Gewissen handeln."
Charles von Bokor bemerkt hierzu: "Der Ausdruck "Noachide" zerstreut die letzten Zweifel. Der Noachide, der Nachkomme Noahs, achtet die Gebote Gottes nach der Sintflut und glaubt daher an Gott und die Lehren der Bibel." (V. BOKOR, CHARLES: Winkelmass und Zirkel, S. 103; Amalthea-Verlag; Wien; 1982)
Malakim schrieb:Der Schlüssel Satz ist für mich der letzte Satz im Zitat, es geht also um Einigung und Freundschaft zwischen Menschen mit ganz unterschiedlichen Ansichten, eben auch was Religion und glaube betrifft.
Wenn ich v. Bokor richtig verstehe (und er Recht hat, wovon auszugehen ist), dann ist der Zusatz, den du hier ansprichst ebenfalls erst 1738 in den Neuen Konstitutionen hinzugekommen. Abschnitt 3e:
"Daher dürfen keine Privathändel und Streitigkeiten über die Schwelle der Loge mitgebracht werden, am allerwenigsten Streitigkeiten über Religion oder Nationen und Staatsverwaltung."
Malakim schrieb:In der Tat. Es ist mir auch sehr schwer gefallen z.B. von einer aufliegenden Bibel wegzuabstrahieren und das als Symbol zu sehen und nicht im Hinterkopf zu haben das dort die Bibel liegt. Einige Logen legen wegen dieser Problematik ein weißes Buch auf, oder umschichtig Koran, Bibel, Talmud,...
So ähnlich ist das mit dem GBAW. Man muß auch erst lernen das als Symbol, oder als Platzhalter zu erkennen. Das die FM christlich geprägt ist und somit auch in diesen Symbolen Christliche einflüsse zu finden sind muß man akzeptieren denke ich.
Dass du als Nicht- oder Nominal-Christ da abstrahieren kannst, verstehe ich. Was ich nicht verstehe, ist, wie ein echter Christ sich darauf einlassen kann. Und damit meine ich nicht, dass alle Christen zu engstirnig dafür sind, sondern ich finde schlicht, dass es sich inhaltlich widerspricht. Ich finde, dass das Schwören auf die Bibel, die man dann aber "nur als ein Symbol" benutzt, Blasphemie ist, ob ich jetzt daran glaube oder nicht ist für diese Feststellung erst einmal egal.
Daher wäre ich ganz persönlich ausschließlich mit einem weißen Buch einverstanden. Und die Vorstellung, dass andere dann doch die Bibel auflegen - dieser Widerspruch - turnt mich irgendwo ab.
Malakim schrieb:Freimaurerei (so sehe ich es) ist ein Weg und nicht der Weg zu ... tja und das ist schwierig zu sagen ... ich glaube "Zufriedenheit" oder hochgegriffen "Selbsterkenntnis"?
Schwer zu sagen, wie bei allen etwas spirituelleren Dingen.
Sorry, falls es so wirken sollte, als hätte ich "über Nacht die Fronten gewechselt" oder so, weil ich gerade etwas entgegenlaufend argumentiere, aber ich finde es etwas waghalsig einen Weg zu betreten, von dem man nicht weiß, wohin er überhaupt führt. Wirkt etwas verrückt auf mich. Die Kirchen sind wenigstens präzise und rücken gleich mit allem raus, ohne dass ich mich halbnackig machen und mir eine Kordel um den Hals schnüren lassen muss. "Glaub an das und das, lass jenes und mach ab und zu so'n Zeug, und diese und jene tollen Sachen sind dir sicher." Muss einem ja nicht einleuchten, aber wenigstens weiß ich, was der Deal ist, bevor der Vetrag zu Stande kommt.
Malakim schrieb:Aber es ist mir schon wichtig die Freimaurerei anderen Menschen nahe zu bringen, denn sonst kann sich niemand dafür oder dagegen entscheiden.
Ich finde das auch hervorragend, insbesondere in Anbetracht dessen, was man so alles an kruden Theorien im Netz findet, die weder aufklären noch informieren, sondern nur Hass schüren. Und damit ist meine Senftube auch erst einmal ausgequetscht.