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Das Leben als Schauspiel

Markus von Stoiker

Geheimer Meister
20. Mai 2010
407
Du hast eine Rolle zu spielen in einem Schauspiel, das der Dichter bestimmt.
Du mußt sie spielen, ob sie lang oder kurz ist.
Erhälst du die Rolle eines Bettlers, mußt du sie ihrem Charakter nach verkörpern, genauso einen Krüppel, einen König oder Bürger.
Deine Aufgabe ist nur, die zugeteilte Rolle gut zu spielen.
Sie auszuwählen, liegt in der Hand eines anderen.
( Epiktet - Handbüchlein der Moral )
 

lumin

Auserwählter Meister der Neun
29. Januar 2010
987
AW: Das Leben als Schauspiel

Nur blöd, wenn man den Regisseur nicht kennt.
 

lumin

Auserwählter Meister der Neun
29. Januar 2010
987
AW: Das Leben als Schauspiel

Tja. ich dachte du wüsstest das. Aber stimmt ja, du hast auch nur zitiert.
 

Telepathetic

Groß-Pontifex
1. Juli 2010
2.972
AW: Das Leben als Schauspiel

Ist das heute immer noch so in Deutschland, dass ein Mensch eine Rolle annehmen muß?

Ich denke, Du selbst kannst Deine Rolle, die Du ausfüllen möchtest, gestalten.

Deine gottgewollte Form finden.

Sei der Pfeil, der in die Mitte trifft.

Gruß,
Tele
 

Markus von Stoiker

Geheimer Meister
20. Mai 2010
407
AW: Das Leben als Schauspiel

So setzt du ( wie auch ich ) den von Epiktet genannten Dichter Gott gleich.
Mein jetziges Leben ( der Schauspieler ) habe ich demnach auszufüllen.
Als ich das Zitat von Epiktet gelesen hatte erinnerte ich mich an einen Philosophen den ich vor kurzen im TV gesehen hatte.
Er vertrat, wie auch manche Psychologen die Auffassung, das der Mensch keinen freien Willen hat.
Ob Epiktet das mit seiner Aussage meint?
 
Zuletzt bearbeitet:

Telepathetic

Groß-Pontifex
1. Juli 2010
2.972
AW: Das Leben als Schauspiel

Um Deine Frage zu beantworten: aus Epiktet's Formulierungen klingt mir die Einstellung entgegen, dass der Mensch keinen freien Willen hat.

Epiktet klingt für mich fatalistisch. Dem Menschen wird eine Rolle durch Geburt aufgezwängt. Er kann sich daraus nicht befreien, soll sie aber gut ausfüllen. Hmm. Epiktet einem Alkoholiker an's Herz zu legen, wäre dann wohl ein Fehler. Dabei können sich Alkoholiker von ihrer Sucht befreien.

Als ich das Zitat von ihm durchgelesen habe, mußte ich zuerst an die politische und gesellschaftliche Dimension denken. Da kommt bei mir die Frage auf, warum überhaupt noch versuchen, etwas zu verändern, wenn ein freier Wille fehlt, wenn die Geburt bereits über den Werdegang entscheidet. Vertritt Thilo Sarrazin nicht diese These? Die Geburt bestimmt alles vor.


Epiktet derart zu folgen, würde ein Rückschritt bedeuten, außer seine Aussage wird anders gelesen.

Auf der einen Seite wird ein Mensch in eine Umgebung und eine Situation hineingeboren, ohne darauf einen Einfluß zu haben. Dazu gehören das Elternhaus, der Zeitpunkt, der Ort, der Körper. Dies könnte man als Bühne und Schauspiel bezeichnen, dass der Dichter in seinen Stücken vorherbestimmt hat.

Auf der anderen Seite wächst ein Mensch heran, entwickelt ein Bewußtsein für die Dinge und kann seine Fertigkeiten üben, um die Welt manipulieren zu können. Die gottgewollte Form zu finden, heißt in diesem Falle aber seinen Beruf, seine Berufung zu finden. Seinen Platz in der Gesellschaft einzunehmen.

Jetzt könnten wir uns darüber streiten, ob der Mensch einen freien Willen hat oder nicht.
Meine Meinung ist, dass beides stimmt. Wir sind durch unsere angeborenen biologischen Funktionen bereits zu bestimmten Mustern vorherbestimmt, z.B. Essen, Trinken, Schlafen, Sicherheit suchen usw.

Ein Mensch versucht aber im Normalfall, sein Leben zu verbessern. Das Leben als Bettler dürfte so Manchem wenig gefallen, so dass das Einverstandensein mit diesem Zustand widernatürlich wäre. Warum sollte dieser Mensch im Zustand des Bettlers bleiben? Weil Epiktet das denkt?

Was für ein Mensch ist Epiktet gewesen? Welchen Rang hatte er inne? Welches Befinden hat in ihm vorgeherrscht? Ist er vllt. depressiv gewesen, dass er eine solche Aussage aus dem eigenen Fehlen einer Motivation getroffen haben könnte? Ist er gesund gewesen und politische Motivationen haben ihn zu diesen Aussagen geführt?

Ich kann mich an die These erinnern, dass ein Unterschied zwischen Mensch und Tier wäre, dass der Mensch Disziplin entwickeln kann, so dass er seinen Emotionen, bzw. seinen Trieben nicht gezwungenermaßen und stehenden Fußes folgen muß.
Der Mensch kann seine Emotionen, seine Triebe auch kreativ einsetzen. Dies macht ihn anpassungsfähiger als andere Wesen auf dieser Welt. Dies will ich hier als freien Willen bezeichnen.

Tele
 

lumin

Auserwählter Meister der Neun
29. Januar 2010
987
AW: Das Leben als Schauspiel

Auch ich folge eher Epiktet weniger. Sinniger bei den alten Griechen erscheint mir da schon Heraklit. Hier einige seiner Zitate:
Die Wachenden haben eine einzige und gemeinsame Welt.
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Daher ist es Pflicht, dem Gemeinsamen zu folgen. Aber obschon das Weltgesetz allen gemein ist, leben die meisten doch so, als ob sie eine eigene Einsicht hätten.
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Trockene Seele die weiseste und beste.
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Diese Welt, dieselbige von allen Dingen, hat weder der Götter noch der Menschen einer gemacht, sondern sie war immer und ist und wird immer sein ein ewig lebendiges Feuer, nach Massen sich entzündend und nach Massen erlöschend.
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Das Widerstrebende vereinige sich und aus den entgegengesetzten Tönen entstehe die schönste Harmonie, und alles Geschehen erfolge auf dem Wege des Streites.
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Wir können nicht zweimal in denselben Fluss steigen
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Das auseinander Strebende vereinigt sich und aus den verschiedenen Tönen entsteht die schönste Harmonie und alles entsteht durch den Streit.
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Ich stimme ebenso Tele sehr zu was den freien Willen betrifft.
 

Markus von Stoiker

Geheimer Meister
20. Mai 2010
407
AW: Das Leben als Schauspiel

Hallo Tele

Zuerst einmal Anerkennung zu deinen tiefen Gedankengang

Epiktet, von Kindheit an zu behindert für körperliche Sklavenarbeit wurde, von einen Philosophen, zum Erzieher der Kinder seines römischen Herrn ausgebildet.
Er hatte eine schwächliche Gesundheit und blieb sein Leben lang arm.
Epiktet ist ein Philosoph der Stoa.

Der fatalistische Gedanke von Epiktet gefällt mir auch nicht besonderst.
Ein Mensch sollte sein "Schicksal" nur immer gegenwärtig akzeptieren es sei denn es ist unabänderlich.
Ich verleihe hier oben dem Schicksal bewußt eine negative Bedeutung ( im buddhistischen Sinne, das Leben ist leiden ).

Der nicht existierende freie Wille wird wie mir bekannt, folgend beschrieben:

Der Mensch soll nicht in der Lage sein, "gegenwärtig" einen "freien Willen" auszuführen zu können.
Das bedeutet das eine gegenwärtige Handlung vorherbestimmt ist, durch eine Verkettung der Handlungen und Erfahrungen aus der Vergangenheit.

In der Situation X, kann ich also nur Y ausführen und nicht Z.

( Jeder von uns kennt das. Das ist das unangehme Gefühl was dann später aufkommt und zum Nachdenken bringt.)

Das bedeutet aber nicht, das man keinen Einfluß hat.

Komme ich also wieder in die Situation X und möchte diesmal Z ausführen so muß ich eine entsprechende Verkettung haben und Z auszuführen.
Allerdings ist keine Situation dieselbe und so kann es sein das man wieder Y ausführt.
Ein Teufelskreis:-D

Ist das jetzt von mir nur eine philosophische Spielerei?

Die Diskussion um den "freien Willen" ist für die Psychologie, Rechtphilosophie und für die Gesellschaft wichtig.
Es gibt z. B. Psychologen die einen Sexualstraftäter aufgrund magelnden "freien Willen" für nicht schuldfähig beschreiben.
Rechtsphilososhen widersprechen dem heftig.
Erkennen des Unrechts, weil der Gedanke der Tat voraus geht.

Allerdings soll nach wissenschaftlichen Erkenntnisse die gegenwärtige Ausführung vom Gehirn ausgehen und nicht vom gegenwärtigen Gedanken ( Geist ) lenkbar sein.

Ich halte von dem Gedanken Epiktet nicht so viel.
Wenn nämlich jemand der Meinung ist seine Rolle sei ein Krimineller.
Oder er sei dazu bestimmt ein Sozialempfänger zu sein.

Vielleicht besizte ich nicht die Weisheit des Epiktet um diesen Gedankengang zuverstehen.
Oder er irrt.

In der Philosophie gibt es auch die Formulierung das alles was passiert ein Recht hat zu passieren.

Aber Epiktet sagt auch, " Kein Ziel ist errichtet, damit es verfehlt werde. Genauso wenig hat das Böse irgendeine Berechtigung in der Welt".

Niemand ist ohne Widerspruch:gruebel:
 

lumin

Auserwählter Meister der Neun
29. Januar 2010
987
AW: Das Leben als Schauspiel

Thema freier Wille: Leg deine Hand auf den Tisch und leg einen Hammer daneben. Dann überleg mal, ob du einen freien Willen hast, dir mit dem Hammer selber auf die Hand zu schlagen oder nicht.
 

Markus von Stoiker

Geheimer Meister
20. Mai 2010
407
AW: Das Leben als Schauspiel

Ich hab mal von Menschen gehört die so etwas machen um das Tagegeld während des Aufenthalt im Krankenhaus zu kassieren.

Da stellt sich dann wieder die Frage welche Verkettung sie dazu gebracht hat.

Also nach der Formel des freien Willen.

Wenn ich mich mental auf eine solche Situation vorbereite, kann ich mit einen Hammer meine Hand zerschmettern.

Wenn du allerdings vor mir stehst und mir einen Hammer in die Hand drückst und sagst, "Schlag dir auf die Hand!", ist die Situation gegenwärtig und ich würde dich fragen, "Ob du gescheit bist?".
 

lumin

Auserwählter Meister der Neun
29. Januar 2010
987
AW: Das Leben als Schauspiel

eben, du kannst selber entscheiden, ob du bewusst auf deine Hand schlagen willst oder nicht. Genauso kannst du entscheiden ob du in ein Auto läufst, oder ob du in ein Feuer rennst. Oder ob du nun einenMenschen bestiehlst, oder ihn verprügelst. Du bist da schon frei zu handeln und auch frei es zu lassen. Niemand steht hinter dir, der dir befielt dir auf die Hand zu schlagen
 

CocoLoco

fisherman´s friend
10. November 2008
325
AW: Das Leben als Schauspiel

@lumin du möchtest jetzt hier nicht suggerieren, wer sich nicht auf die hand schlägt, hat keinen freien willen?
 

lumin

Auserwählter Meister der Neun
29. Januar 2010
987
AW: Das Leben als Schauspiel

wie schräg denkst du denn coco, natürlich nicht. Ich rede von Möglichkeiten die der einzelne hat. Und Wahlmöglichkeit heisst Freiheit
 

Markus von Stoiker

Geheimer Meister
20. Mai 2010
407
AW: Das Leben als Schauspiel

Danke. Fühle mich in meinen Handeln bestätigt.:-D

Aber, (immer dieses aber)
ich sitze mit meinen Kollegen vor Arbeitsbeginn im Umkleideraum ( keine Fiktion ).
Meine Kollegen, kleines Team, wir arbeiten heute nicht länger als 10 Stunden.
Sehr schön, ganz in meinem Sinne. Der Chef kommt rein und fragt, "Bleibt ihr heute alle bis zum Schluss?"
Jetzt rate mal wer als einziger nach 10 Stunden Feierabend macht?
Wo ist der freie Wille der Kollegen. Der ist seltsamerweise nur dann da, wenn der Chef außer seh- und hörweite ist.
Seltsam :gruebel:
 

CocoLoco

fisherman´s friend
10. November 2008
325
AW: Das Leben als Schauspiel

lumin du meinst ich denk schräg, weil ich dich gerade schief angeschaut habe ;-)
neinnein hab nur kurz eine statistenrollen im schauspiel des lebens eingenommen

edit
markus der freie wille ist doch auch früher später und/oder gar nicht zu gehen (einige möglichkeiten ausgelassen)
 

lumin

Auserwählter Meister der Neun
29. Januar 2010
987
AW: Das Leben als Schauspiel

Markus es ist kein entweder oder sondern ein sowohl als auch.
Du hast 50%freien Willen (z.B. jetztb über die Strasse zu gehen, jetzt zu rauchen, jetzt ein Lächeln zu schenken) und du hast 50% durch bedingungen gesetzte Rahmen, in denen du dich bewegen kannst (z.B. deine Arbeit, deine Gesundheit, die Tatsache einen menschenkörper zu haben, das Land in dem du geboren bist, etc). Du hast Bedingungen im Leben, mit denen du dich auseinandersetzen musst (manche nennen das Schicksal, ich nenen das KArma, was aber eben nicht gleichbedeutend zu Schicksal ist). In diesem Rahmen bist du aber immer frei, die jederzeit sehr individuell im positiven oder negativen zu entscheiden.
 

Markus von Stoiker

Geheimer Meister
20. Mai 2010
407
AW: Das Leben als Schauspiel

Um das zuletzt von mir geschriebene zu ergänzen ( schlage mal in meinen psychologischen Ratgeber nach ) besitze ich einen "bedingten Gehorsam" ( psychologisch erwünscht ) die anderen Kollegen einen "unbedingten Gehorsam".

Ich handle nach Abwägung ( persönliche und moralische Einstellung ), die anderen nach Anweisung ( Obrigkeitsgehorsam ).

Damit ich also meinen freien Willen ausführen kann, bedarf es unter anderen Prinzipien oder Maxime.
 

lumin

Auserwählter Meister der Neun
29. Januar 2010
987
AW: Das Leben als Schauspiel

damit sind wir uns also einig, dass es einen freien Willen gibt. Hurra.
 

Telepathetic

Groß-Pontifex
1. Juli 2010
2.972
AW: Das Leben als Schauspiel

Hallo Markus von Stoiker

Hallo Tele

Zuerst einmal Anerkennung zu deinen tiefen Gedankengang
Vielen Dank!

Der Mensch soll nicht in der Lage sein, "gegenwärtig" einen "freien Willen" auszuführen zu können.
Das bedeutet das eine gegenwärtige Handlung vorherbestimmt ist, durch eine Verkettung der Handlungen und Erfahrungen aus der Vergangenheit.

In der Situation X, kann ich also nur Y ausführen und nicht Z.

( Jeder von uns kennt das. Das ist das unangehme Gefühl was dann später aufkommt und zum Nachdenken bringt.)

Das bedeutet aber nicht, das man keinen Einfluß hat.

Komme ich also wieder in die Situation X und möchte diesmal Z ausführen so muß ich eine entsprechende Verkettung haben und Z auszuführen.
Allerdings ist keine Situation dieselbe und so kann es sein das man wieder Y ausführt.
Ein Teufelskreis:-D
Psychotherapie ist zum Teil ein Reife-Prozess in Gesprächsform. Ein Ziel ist ein größeres Verständnis für sich selbst und die Wirkungen von Ereignissen auf sich selbst zu entwickeln. Ein anderes Ziel ist die vergrößerte Abgrenzung des eigenen Ich von den anderen Ich's. Mit der verstärkten Selbst-Erkenntnis und erhöhtem Wissen um die Vorgänge in der Welt, ist ein Mensch in der Lage freiere Entscheidungen zu treffen.

Ich bin der Meinung, dass bereits ein logisches Verarbeiten von Wissen und Erfahrung zu einer nüchternen, unmystifizierten Ausweitung des persönlichen Horizontes führt, so dass z.B. Altruismus lediglich eine Ableitung von Egoisimus ist. Ein Egoismus, der den Vielen nützen kann. Wenn es Vielen nützt, so wird es auch mir nützen.

Zum Teufelskreis: ein bestimmtes Grundprojektionsmuster lässt sich verändern. Damit ist schon die Hälfte der Veränderung bewirkt, die einem mehr Kontrolle über das eigene Leben bringt.:-D

Tele
 

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