Giacomo_S
Prinz der Gnade
- 13. August 2003
- 4.324
Was beabsichtigst Du denn überhaupt, mit Nüssen zu tun?ich glaub ich steig lieber auf geröstete und gesalzene Mandeln um und umgehe diese Problematik
M.E. liegt über Nüssen in der Postmoderne eine Art Informationswolke, die aber auch eine solche ist. Gut: Wenn Du Nüsse essen magst, dann iss Nüsse. Aber geh nicht davon aus, dass im Verzehr von Nüssen als solchen ein besonderer Enährungsvorteil zu sehen ist. Im Folgenden möchte ich vor allem mit zwei Mythen aufräumen:
1. Nüsse sind gut für das Gehirn, die Nerven.
Dieser Standpunkt wird von manchen Zeitgenossen noch vertreten, teils sogar hartnäckig. Allerdings stammt er aus antikem oder mittelalterlichem Denken, Hypothesen über "Ähnlichkeiten": Weil das Innere der Walnuss aussieht wie ein Gehirn, war man der Meinung, sie sei gut für das Gehirn. Nun ... das wollen wir heutzutage nicht mehr wirklich annehmen, oder? Ja, Nüsse enthalten auch wertvolle Mineralstoffe und Spurenelemente, aber bei unserer modernen Ernährung hat an diesen niemand mehr einen Mangel. Und mehr ist keineswegs mehr, was wir im Überschuss nicht brauchen, das scheiden wir einfach aus.
2. Nüsse enthalten wertvolle Proteine.
Ein Argument, welches vor allem von Vegetariern und Veganern vertreten wird, und ja: Falsch ist es nicht. Nüsse enthalten bis zu 25% pflanzliches Protein, was angesichts der eher proteinarmen Pflanzenwelt viel ist.
Nur: Der vergleichsweise hohe Proteingehalt geht auch mit zwei Nachteilen einher:
2.1. Die Proteine sind vergleichsweise minderwertig und haben nur eine Wertigkeit von maximal 50%.
2.2. Die Proteine gehen mit einem hohen Fettanteil daher, angefangen mit der Haselnuss (49%), gefolgt von der Erdnuss (50%), der Mandel (60%), um bei der Macadamia-Nuss (73%) zu enden. "Magere" Nüsse gibt es überhaupt keine. Zwar handelt es sich um "gesunde", da ungesättigte Fette, aber dennoch: Auch der Gesamtfettanteil der Nahrung will im Auge behalten werden.
Oder anders: Hält man die Fettzufuhr im Rahmen, dann sind die Proteine unbedeutend. Will man eine nennenswerte Proteinzufuhr durch Nüsse erzielen, dann sind das Fett- und Kalorienbomben.
Zum Vergleich: Mit einem Fettanteil von min. 50% der Nüsse ist selbst eine "fettige" Leberwurst mit ihrem 30%igen Fettanteil eher "mager". In diesem Fall dann allerdings eher "ungesunde", gesättigte Fette - aber das sieht bei der Erdnuss auch nicht sonderlich anders aus, denn Erdnussöl ist auch mehrheitlich gesättigt (ja: es gibt auch gesättigte, pflanzliche Fette).
3. Die Paranuss ... kommt ausschließlich wild vor und zieht tatsächlich strahlende Elemente. Nur warum sollte man sie - außer in kleinen Mengen in irgendeiner Nussmischung - überhaupt essen? Macht schon aromatisch Spaß, so eine Paranuss, aber so überlegen ist sie dann der "heimischen" Wal- oder Haselnuss dann auch nicht.
Nüsse in der küchentechnischen Praxis ... oder in der Kultur des Mitteleuropäers:
Entweder als Kuchen, dann handelt es sich i.d.R. um die Haselnuss. Oder man hat in der Weihnachtszeit Nüsse auf dem "Bunten Teller" und futtert von dem Fernseher Walnüsse (und klemmt sich am Nussknacker den Daumen). Erdnusssauce, Asia-Style, kann man schon mal machen. Wobei die Erdnuss überhaupt nicht aus Asien stammt, sondern aus Südamerika, und es die Europäer waren, die sie nach Asien eingeführt haben. Erdnussbutter ist mehr etwas für fettleibige Amerikaner zum Frühstück, aber nun ... selbst das darf sich der gesunde und schlankere Europäer gelegentlich erlauben.
Nussmmischungen, als Knabberkram vorm Fernseher: Lieber nicht, kann man schon mal machen ... mal. Es kommt darauf an, wie Du sonst so aufgestellt bist und körperlich arbeitest, aber ich würde Antipasti für die bessere Alternative halten.
Wir Köche setzen in der Praxis Nüsse eigentlich nur als Streugut für Salate ein - da sind sie allerdings außerordentlich beliebt. Wenngleich dennoch nicht unproblematisch, denn eine der häufigsten Nahrungsmittelallergien ist die auf Nüsse.