B
Booth
Gast
Wird daran liegen, daß ich von diesen Aussagen von Scholl-Latour ziemlich enttäuscht war. Dies als "Gift und Galle" zu bezeichnen wundert mich wiederum.Rupert schrieb:Dass du so mit Gift und Galle um dich wirfst, bin ich gar nicht gewohnt, Booth.
Was man natürlich für alle Zeiten vorhersagen kann. Es scheint wohl eine Art Gesetz der Ewigkeit zu sein, daß zig Millionen Türken nirgendwo anders hinwollen, als nach Deutschland. Seltsames Verständnis von zukünftigen Entwicklungen...Das "Wann" hat er wohl aus Gründen des Selbstverständnisses weggelassen. Aus dem Kontext geht für mich nämlich hevor, dass diese unmittelbar nach einem Beitritt der Türkei in den Westen bzw. nach Deutschland immigrierten.
Nur seltsam, daß die EU beim Beitritt der ehemaligen Ostblockländer gar nicht völlig dumm gehandelt hat. Sicher hätte vieles besser sein können. Aber zu behaupten, daß bei einem (in wievielen Jahren auch immer) Beitritt der Türkei die EU viel dümmer handeln würde als jetzt, und die heutige Situation als dann gültige vorauszusetzen finde ich ziemlich unsachlich.Dass der EU relativ schnuppe ist, wie sie den Beitritt der Türkei zu regeln hat
Was mir zu wenig ist. Welche Soziologen? Wo muss ich die politisch einsortieren? Glaubst Du im ernst, daß ALLE Soziologen in der Türkei dasselbe behaupten würden? Ich kann ja verstehen, daß Scholl-Latour Geld verdienen möchte, und ich verstehe, daß es den Fragensteller nicht interessiert. Aber kritisieren kann ich es dann allemal, und halte für sehr geboten, wenn dieser Artikel hier als Grundlage eingebracht wird.Außerdem benennt er die Soziologen, oder umschreibt sie zumindest recht eindeutig. Er meint, das hätten ihm Soziologen der Universitäten in Istanbul und Ankara mitgeteilt.
Diese Forderungen vieler Kurden bestehen seit langem, und es ist verständlich, daß sie bestehen, da das Volk sehr lange unterdrückt wurde. Kann man auch durchaus an den Basken sehen, was passiert, wenn ein Volk glaubt innerhalb einer bestehenden Autonomie weiterhin einen Freiheitskampf führen zu müssen. Ich habe kritisiert, daß Scholl-Latour keine Ideen liefert, um eine Strategie für diesen Konflikt zu entwickeln. Ich habe zumindest die Hoffnung, daß es innerhalb eines freiheitlichen Landes innerhalb der EU eher Strategien gibt. Wenn ich noch weiter drüber nachdenke, kann ich mir sogar vorstellen, daß Scholl-Latour gemeint hat, daß der Konflikt am besten in einem unfreiheitlichen Staat aufgehoben wäre, da er dann nicht ausbricht, sondern mit Gewalt unterdrückt wird. Würde zum Rest seiner Aussagen durchaus passen. Aber ich gebe zu, daß diese Interpretation jetzt wirklich "Gift und Galle" ist.Nun, dass er das voraussetzt, daran haben die Kurden selbst "Schuld":
Aber von Experten erwarte ich mir Ideen. Habe keine einzige in seinen Aussagen finden können. Er kann sehr gerne Ideen haben, die deutlich darauf abzielen, die Türkei ausserhalb der EU zu belassen. Aber was wäre eine konstruktive Idee - diejenige, die ich oben skizziert habe? Wohl kaum...Bei diesem Spiel steht keineswegs fest, wie es ausgehen wird - und ein Nahost-Experte ist kein Wahrsager.
Wenn Du den Status Quo nicht weiterentwickeln willst, wozu dann überhaupt politisch diskutieren? Ich kenne den Status Quo. Aber den Anschein zu erwecken, daß dieser Status Quo in 10 oder 20 Jahren exakt derselbe wäre, und nicht damit zu argumentieren, was man tun sollte, um die VERHANDLUNGEN so zu gestalten, daß ein Beitritt sinnvoll wäre - das erscheint mir sehr rückwärtsgerichtet. Aber es entspricht natürlich den Intentionen des Fragenstellers. Fragt sich nur, ob es auch den Intentionen von Scholl-Latour entspricht.Rupert schrieb:Wenn du nicht vom Status Quo ausgehen möchtest, wovon dann?
Die Unterstellung, daß dies hier irgendjemand behaupten würde, wäre ziemlich an der Realität vorbei, denn es gibt NIEMANDEN, der eine Aufnahmen "einfach so - am besten sofort" will, um damit die Dinge zu ändern. Aber mit zielführenden Verhandlungen über viele Jahre kann man jemanden dazu bringen, sich mehr anzustrengen. Und in einem Land kann man die Kräfte stärken, die das Ziel für sinnvoll halten, um dafür zu arbeiten. Simpelstes menschliches Prinzip. Gibt ein lohnenswertes Ziel vor, für daß es sich zu arbeiten lohnt, und man strengt sich mehr an. Gerade Du als als ziemlich liberaler Mensch müsstest dieses Prinzip gut nachvollziehen können.Rupert schrieb:Die alleinige Annahme, dass sich mit dem Beitritt etwas ändern könnte, wäre euphorisch und nicht mit Tatsachen zu decken.
Er redet nicht ein EINZIGES mal davon, daß Entwicklungspotential herrscht. Vielleicht habe ich es überlesen - zeige mir den Passus. Auch wenn ich nicht danach gefragt werde, würde ich darauf hinweisen, da es gerade bei diesem Thema sehr wichtig ist, denn NIEMAND will die Türkei aufnehmen, ohne daß sie sich noch sehr stark weiterentwickelt. Wie ich auch in meiner Kritik zum Schluß schrieb, kann es durchaus in der Publikation rausgelassen worden sein. Aber mir erscheint das Interview dazu zu rund. Und letztlich hat Scholl-Latour der Veröffentlichung zugestimmt. Dann darf er sich nicht wundern, wenn er als destruktiver Panikmacher dargestellt wird, da er keinerlei Hinweise auf Entwicklungsmöglichkeiten gibt. NULL.Allerdings kann man mit einer gewissen Sicherheit sagen, wie sich eine nach Europa geholte Türkei mit der jetzigen Mentalität aufführte, und genau das tut Scholl-Latour.
Es würde mich wundern, wenn die Leute auf dem Marktplatz die Bibel vorlesen - aber ehrlich gesagt ist es mir wurscht, in welcher Sprache man die Bibel liest.plötzlich fingen die Leute auf dem Marktplatz an, die Bibel auf Lateinisch vorzulesen,
Permanent höre ich "Oh mein Gott" oder "Jesus Christus"... kein Problem. Die Frage ist weniger, was die Leute sagen, sondern was sie damit meinen, und wie sie sich verhalten.den Namen Gottes überall und auf jede mögliche Weise zu loben und zu preisen
Würde mich wundern, wenn 50% der Türken in "Mönchskutten" oder "Nonnenkleidern" rumlaufen. Gibt es überhaupt muslimische Klöster? Von daher bitte ich deutlich zu sagen, was Du meinst. Ich war noch nie in der Türkei - aber die Dokumentationen, die ich darüber lesen, zeigen mir in den Städten typisch westliche Kleidung, und in den bäuerlichen Regionen typische Landkleidung. Aber ich lerne gerne dazu...und 50% der Passanten, die du auf der Straße triffst, trügen Mönchskutten oder Nonnenkleider.
Der Islam ist nicht offensiver als das Christentum noch vor wenigen Jahrhunderten. Innerhalb recht kurzer Zeit wurde dann dem Christentum recht stark der Zahn gezogen... wieso sollte das mit dem Islam nicht möglich sein?aber eine zu starke Ausprägung einer ohnehin sehr offensiven Religion wie dem Islam* führt zwangsläufig auch zu einer Radikalisierung der Gesellschaft
Ach ja - zum Abschuß zu diesem "Komplex". Meine Freundin ist Tochter eines erzkonservativen, katholischen Silzilianers, der seine Tochter am liebsten solange einsperren will, bis sie verheiratet ist. Klar, daß sie nur als Jungfrau in die Ehe gehen darf. Er hat mir bei nicht Einhaltung dieser Kleinigkeit bei unserem ersten und einzigen Treffen/Gespräch auch recht unmißverständlich mit dem Tode gedroht. Nicht nur daher halte ich ein "defensives Christentum" für ein Märchen. Das Christentum ist in den vergangenen zweitausend Jahren gemeinsam mit dem Islam DIE offensive Religion gewesen. Ich halte das Christentum noch immer für offensiv - ich glaube nur, daß die meisten Menschen, die noch christlich leben, diese offensive Art abgelegt haben. Und ich hoffe sehr, daß es so bleibt.
Letztlich kann ich nur eines wiederholen: Inhumanes Verhalten in der Auslebung religiöser Traditionen ist kein Vorrecht des Islam.
Nun - die Antwort von Scholl-Latour war letztlich, daß er scheinbar ein mehr an Religiösität befürworten würde. In diese Richtung hat er weit mehr beantwortet, als er gefragt wurde.Insofern kann ein echter Laizismus nur mit rationalem Denken bewirkt werden, allerdings widersprechen sich Religion und Rationalität manchmal, was des ganzen Übels Wurzel darstellt. Wurde aber wiederum nicht gefragt, deswegen auch keine Antwort.
Letztlich glaubt er damit, daß sich die (meisten) Türken nicht nach vorne, sondern nur nach hinten wenden können. Daß sie sich also nicht in eine moderne Welt entwickeln können - also "richtig", insofern daß er an keine Entwicklungsfähigkeit glaubt. Die vielen Millionen aufgeklärten Türken - keine Erwähnung. Daß es vielleicht in der türkischen Gesellschaft eine Menge an unterschiedlichen Tendenzen gibt - keine Erwähnung. Daß man eine moderne, aufgeklärte Religiösität ja auch im Christentum einigermassen verwirklicht hat, und eventuell auch in islamischen Ländern möglich wäre - keine Erwähnung. Im Gegenteil - er redet sogar zum Schluß auf die Frage nach einem Euro-Islam davon, es gäbe nur einen Islam. Was bei den unterschiedlichen islamischen Gruppierungen völlig idiotisch ist. Von den Extremfanatikern unter den Taliban oder in der iranischen Führern bis zu aufgeklärtesten Intellektuellen hat der Islam ne Menge zu bieten. Sunniten, Schiiten, Alewiten, etc ... es gibt eine Menge Glaubensströmungen, so wie auch beim Christentum.Falsch. Scholl-Latour drückt aus, dass [...] die Türken somit keinen Anhaltspunkt mehr haben, was eine zivilisierte Welt sein soll. Also begeben sie sich zu ihren "Wurzeln" zurück, die im Islam liegen [...] hält er [Scholl-Latour] die Demokratie in der Türkei für das Machwerk Atatürks und nicht für den Willen des VolkesBooth schrieb:Scholl-Latour zeigt damit eindeutig, daß er den Türken keinerlei Entwicklungsmöglichkeit in Richtung einer moderneren und aufgeklärteren Welt einräumt.
Egal wieviele Jahre / Jahrzehnte / Jahrhunderte Frankreich Vorsprung gehabt hätte. Es geht mehr darum, ob und wie es versucht wurde. Kennst Du die Innenpolitik in Frankreich so gut, daß Du weisst, wie die Einwanderung gelaufen ist? Ich nicht...Frankreich [...] war unfähig, die Ghettoisierung zu vermeiden
Ääähhh.... Hallo? Erstens lautet exakt so die Frage, daß Helmut Schmidt dies so behauptet hatte (und ich meine es damals so mehrfach als Zitat gelesen zu haben) - und auf die Frage, sagt Scholl-Latour klipp und klar "ja". Danach kam eine Begründung, die Du erst zitierst. Daß Du das wichtige "Ja" einfach weglässt finde ich relativ unsachlich. Hier das exakte Zitat, wie es im Posting von nicolecarine steht:Außerdem haben weder Helmut Schmidt noch Peter Scholl-Latour die Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften einen Fehler genannt
Helmut Schmidt nannte unlängst in einem Interview mit dem "Hamburger Abendblatt" die Einwanderung "seit Beginn der sechziger Jahre" einen "Fehler". Teilen Sie diese Sicht?
Scholl-Latour: Ja, allerdings betrachten ich auch die Einwanderer als Opfer der Einwanderung.
Das erschließt sich weder aus seiner Antwort noch aus der Frage. Die Frage lautet exakt, ob die Einwanderung der Fehler sei - er antwortet mit ja. Die Begründung entspricht dann wieder Deiner Darstellung. Aber dennoch bleibt die Aussage im Raum, daß er die ganze Einwanderung für falsch hält. Er stellt nirgendwo richtig, daß er die Einwanderung in anderer Art für sinnvoll gehalten hätte.Nicht in der Einwanderung selbst, sondern in der Begründung
Geht für mich aus dem Kontext insofern nicht hervor, als daß er nirgendwo ansetzt, daß die Einwanderung damals geboten war (und zwar aus den "raffgierigen" Gründen, die das damalige Wirtschaftswachstum für ein Jahrzehnt stabilisiert haben). Er antwortet eindeutig mit "ja" - also die Einwanderung war falsch. Er setzt die Begründung als "raffgierig" herab, ohne den Zustand der gesamten deutschen Wirtschaft damals im Auge zu behalten. Und er bedauert die Leute, die angeworben wurden, und nimmt die Verantwortung an diesem Zustand von ihnen. Aber er gibt mir mit keiner Silbe das Gefühl, daß er die damalige Notwendigkeit einsieht, und eine andersverlaufende Immigration für ihn OK gewesen wäre. Und er gibt nicht ansatzweise das Gefühl, daß man auch heute wieder die Dinge verbessern könnte.Scholl-Latour deutet damit meines Erachtens an [...]
Soviel zu der Kritik meiner Kritik. Die Kernpunkte bleiben:
1. KEINERLEI Vorschläge, wie man die Situation in der Türkei oder in Deutschland verbessern könnte.
2. KEINERLEI Hinweise auf zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten.
3. Hinweise, daß es nur den "einen Islam" gebe. Hinweise, daß Religionen grundsätlich ein Grundgesetz für "nachrangig" betrachten. Hinweise, daß er eine religiösere Gesellschaftsform befürwortet. Die aus meiner Sicht naheliegenden Schlußfolgerungen daraus habe ich gezogen und mitgeteilt...
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Und nun zum Offttopicbereich, als Du persönlich wirst, und mir eine völlig abstruse und unmögliche Weltansschauung unterstellst.
Vorweg an die Mods. Meinetwegen kann der ganze Passus aus dem Posting von Rupert (und meine jetzige Stellungnahme) gelöscht werden - hat in diesem Thread nix verloren.
Nun - schauen wir mal, wie DEINE Ansichten über Atheisten aussehen... und ich sage Dir, wie MEINE Ansichten ALS Atheist dazu aussehen.Je weiter das hier geht, umso schockierender werden deine Ansichten, Booth.
Daß Du diese These als Tatsache darstellst, finde ich schon ein starkes Stück...Das Atheistentum führt nämlich zu einer ganz neuen Religion, dem Konsum.
Daß Du allen Atheisten in diesem Satz automatisch KEINE "höheren Ziele" unterstellst finde ich allerdings nun wirklich beleidigend. MEINE höheren Ziele sind eindeutig am Humanismus orientiert. Dafür brauche ich überhaupt keinen Glauben an einen Gott, der in dieser Welt eh nichts tut. Wir sind für uns selber verantwortlich, und gerade der Glaube an welche Götter auch immer hat in der Vergangenheit immer zu Missionierung und somit Gewalt geführt. Ich halte es für durchaus denkbar, daß viele Religionen parallel existieren - das hat aber eher untergeordnet mit dem Inhalt der Religionen zu tun, wie uns die Geschichte zeigt, sondern vor allem mit der Einstellung der Menschen selber.Wer keine höheren Ziele hat (Stichwort: Leben nach dem Tod), muss eben schauen, dass er diese Existenz möglichst lohnend rumbringt
Mein höheres Ziel besteht darin, ein klein wenig daran mitzuwirken, daß die Menschheit sich verbessert. Daß sie sich entwickelt, und nicht auf irgendein von welchem Gott auch immer vorgegebenes Szenario wartet (nenne es z.B. Armageddon) und sich bis dahin gegenseitig was auf die Nase haut.
Mein höheres Ziel besteht darin, daß eines Tages jeder Mensch ZUERST Respekt für alle Mitmenschen hat - und dann meinetwegen gerne Respekt für die Götter, die er auf ein Podest heben will.
Mein höheres Ziel ist der Mensch - kein Gott.
Und ich glaube, daß ich mit DIESEM Ziel als Atheist weit weg vom mir unterstellten Konsum bin, was ich übrigens ebenfalls in der Form der Behauptung beleidigend finde.
Wie zum Beispiel Unterdrückung der Frauen - Absolutheitsanspruch einer Person (Papst)... von den in der Geschichte so oft an den Tag gelegten "Werten" wie Protzerei, Völlerei, Sklaverei, Folterei will ich erst gar nicht anfangen...Die Christianisierung verbindet er wohl, ähnlich wie ich, mit vielen Werten, die im Konsummeer einfach abgesoffen sind,
Nicht, daß Du mich mißverstehst. Ich halte Jesus für einen Lichtschimmer im Heer der Milliarden Menschen im Verlaufe der Historie - wie auch Buddha oder Gandhi oder andere... aber was im Laufe von 2.000 Jahren die meisten anderen Menschen aus den Religionen gemacht haben, halte ich nicht für besonders "wert"voll.
Oder Papst zu werden - oder den dicksten Ring am Finger zu haben - oder andere Religionen zu unterdrücken - oder Menschen zu unterdrücken, die nicht denselben Glauben teilen. Gott hat dies sicher nicht gewollt, wenn es einen gibt. Aber es ist alles passiert. Dies alles haben Menschen gemacht - und zwar im Namen Gottes. Die Menschen müssen sich ändern. Aber bisher hat eine Religion die Menschen selten davon abgehalten sich abzuschlachten und gegenseitig zu unterdrücken. Religionen waren dabei sogar sehr oft von großem Nutzen.In stark religiösen Gesellschaften ist eben nicht das höchste Ziel, den dicksten BMW zu besitzen, sondern sein Leben nach Gottes Wille zu führen.
Und mir erneut zu unterstellen, daß ich als Atheist die Entwicklung der Menschheit im Sinne einer humanistischen Gesellschaft nicht für möglich halte, finde ich absolut beleidigend. Hier steht ein Atheist, der einen Scheiss auf BMWs oder ein dickes Einkommen gibt. Was nu? Ich hoffe, ich zerschlage hier durchaus ein wohl offensichtlich bestehendes Vorurteil.
Mir ist völlig wurscht, WIESO ein Mensch das praktiziert, solange er es tut. Aber siehe oben - die Religionen haben Jahrtausende nicht verhindert, daß die Menschen dies NICHT praktizieren.Gottes Wille besteht im Christentum nach meiner Auslegung darin, Friede und Nächstenliebe zu praktizieren
Doch - dies bestreite ich entschieden in der von Dir behaupteten Absolutheit. Denn in den Kirchen arbeiten Menschen. Da leben raffgierige genauso wie bescheidene. Es gibt massig Kinderschänder, und Leute die sich gegenseitig betrügen.- und du wirst doch wohl nicht abstreiten wollen, dass dafür die heutigen christlichen Kirchen genauso stehen wie die Gemeinden.
Für mich sind die christlichen Kirchen letztlich einfach nur Organisationen. Viele der kirchlichen Anliegen haben einen durchaus sinnvollen, gesellschaftlichen Charakter, wie Altenheime, Kindergärten, etc. Aber mit dem ganzen Geld, was da reingepumpt wird, ist das auch kein besonderes Kunststück.
Ich habe großen Respekt vor all den einzelnen Menschen, die sich engagieren. Sehr viele tun dies innerhalb von Gemeinden oder Kirchen. Aber auch sehr viele ohne diesen Hintergrund. Ich sehe darin keinen ursächlichen Zusammenhang.
Für mich hängt der Solidaritätsgedanke NICHT mit Gott zusammen... sondern mit dem Menschen! Und zu unterstellen, daß man nicht ein "höheres Ziel" haben könnte, wenn man an keinen Gott glaubt, halte ich für verdammt arrogant.
Jede Religion IST Bürokratie. Guck Dir doch Deine Kirche an... die katholische wie die evangelische Kirche sind der INBEGRIFF der Bürokratie. Sie sind seit jeher ein Staat im Staate. Kassieren sogar eigene Steuern in Deutschland.Eine Religion, die sich den Gesetzen eines Staates unterordnet, heißt Bürokratie.
Sobald sich irgendwelche Vorschriften mit einer auf humanistische Prinzipien beruhende Verfassung kreuzen, hat die Religion definitiv für mich "nachrangig" zu sein - und NICHT umgekehrt.Jede Religion hat ihre eigenen Vorschriften, die sich nicht einem weltlichen Gesetz beugen, deswegen gibt es auch den Laizismus.
Solange sich die Gebote mit der Verfassung und den Grundwerten einer humanistischen Einstellung decken, kann er meinetwegen dutzende von Geboten folgen. Mir sind Religionen wurscht - mir ist jeglicher Gott wurscht - mir sind die MENSCHEN wichtig.Das heißt aber sehr wohl, dass ein jeder gläubige Christ das Gesetz der Nächstenliebe und die 10 Gebote berücksichtigen sollte.
Daß eine Verfassung die VORRANGIGE und nicht NACHRANGIGE Grundlage sein sollte, hoffe ich dem ersten Satz des folgenden für mich nicht ganz eindeutigen Textes entnehmen zu können:
Scholl-Latour macht den Hinweis, daß es normal sei, daß für religiöse Menschen die religiösen Gebote gegenüber einer Verfassung VORRANGIG wären. Und kurz darauf im selben Absatz und somit Gedanken kommt der Hinweis, daß er es gut fände, wenn die europäische Gesellschaft wieder religiöser würde. Wie soll man das denn sonst interpretieren, wenn nicht so, daß er im Zweifel die religiösen Gebote über die einer Verfassung stellen würde - wie immer die Verfassung auch aussieht.Sollten sich Vorschriften im positiven Sinne überschneiden, so ist das dem Staat egal - bei Bestrafung oder ähnlichen negativen Vorgängen muss allerdings er selbst der Herr bleiben. Das ist natürlich eine komplexe Angelegenheit und erforderte wohl einen eigenen Thread, aber im Grunde finde ich das, was Scholl-Latour über die Christianisierung sagt, ganz zutreffend.
Und genau dies Haltung führt für mich letztlich zum Gegenteil von Laizismus. Es würde bedeuten, daß jeder Mensch das Recht hätte, seinen Glauben über den des Gesetzes zu stellen. Würden wir in einem diktatorischen, anti-humanistischem Staat leben, hätte ich damit wohl weniger ein Problem. Wir leben aber in einem Staat, der sehr viel humanistische Prinzipien in seiner Verfassung verankert hat. In diesem Kontext hielte ich die Aussage, wenn ich sie so richtig interpretiere (und ich sehe leider keinen Anlass, sie anders zu interpretieren), für mittelalterlich, gefährlich und letztlich inhuman.
Solange ein "Gäubiger" sich an die humanistischen Prinzipien hält, und ERST die Menschen respektiert, und DANN seinen Gott, habe ich kein Problem damit. Ich brauche eine Gäubigen nicht zu verstehen - ich muss ihn nur "respektieren". Und ich respektiere alle Menschen, die ihrerseits die Menschheit und somit den Humanismus respektieren.Er behauptet lediglich, ein atheistischter Gesellschaftsteil können einen gläubigen Teil nicht verstehen und das führe zu Reibereien.
Menschen sind ALLE unterschiedlich. Wir brauchen aber unbedingt Schubladen, über die wir uns identifizieren können. Jahrtausende erfanden wir die tollsten Religionen und sonstigen Dinge, um uns zu identifizieren - auf die simpelste Idee uns einfach alle als Menschen zu identifizieren kommt man anscheinnd zuletzt.Unterschiede ergänzen sich eben doch nicht immer.
Menschen müssen sich nicht immer ergänzen - sie müssen sich nur mit einem Mindestmaß respektieren. Das geht mit und das geht ohne einen Gott.
Siehe oben... wer aus meiner Sicht die INterpretation nahelegt, religiöse Gebote über eine humanistische Verfassung stellen zu können, ist für mich KEIN Humanist - und somit kein moderner, fortschrittlicher Mensch.Wer das Interview anders auslegen möchte, darf das gerne tun, aber Unterstellungen sind hier fehl am Platze.
Ich habe in Deinen Ausführungen keinen Hinweis gefunden, die Aussagen von Scholl-Latour anders zu interpretieren. Es mag sein, daß er sie anders gemeint hat. Dies hat er dann verdammt gut verschleiert.
gruß
Booth