B
Booth
Gast
Auf dem Papier meines Wissens schon - real definitiv nicht so weit, wie es für einen jetzigen Beitritt erforderlich wäre. Sehr richtig. Sollten wir den demokratischen Kräften in der Türkei dabei helfen, die Türkei weiter zu entwickeln? Was glaubst, wie die Antidemokratischen Kräfte reagiert hätten, wenn die EU die Tür für alle Zeiten für eine Aufnahme geschlossen hätte?GrossesIrrlicht schrieb:1) die Türkei ist kein demokratischer Staat.
Was nachweislich (leider) auch woanders geschieht - aber das Thema ist viel zu ernst, um es zu bagatellisieren.2) in der Türkei wird nachweislich gefoltert.
Die Türkei hat gerade im Hinblick auf einen EU-Beitritt vor einigen Jahren endlich Gesetze erlassen, die die Folter verbiete - nur halten sich bei weitem noch nicht alle dran, und die, die sich nicht dran halten, werden viel zu selten bestraft. Das Ziel "EU-Beitritt" könnte aber doch den Regierenden weiter dabei helfen, sich hier weiter anzustrengen, die eingeführten Gesetze auch mit Leben zu füllen, oder?
Und hierbei sogar zum Teil sehr moderne moslemische Minderheiten, wie die grösste Gruppe der Alewiten. Gerade die Einhaltung der Menschenrechte und der Schutz der Minderheiten ist eine Forderung der EU. Die Türkei sollte auf keinen Fall in die EU aufgenommen werden, ohne hier weitere Gesetze zu erlassen, und diese mit Leben zu füllen. Aber wie wäre wohl die Motivation, sich hier zu verbessern, wenn die EU für alle Zeiten die Tür für einen Beitritt zugeschlagen hätte?3) in der Türkei werden ethnische Minderheiten verfolgt und unterdrückt
Ähem - die Falschauslegung einer religiösen Schrift duldet jeder demokratische Staat - denn das Gehört zu den Menschenrechten, daß man Schriften auslegen darf, wie man will. Rede mal mit Katholiken, wie sie die Auslegung der Bibel durch die Zeugen Jehovas empfinden.4) die Türkei duldet die Unterdrückung der Frau, sowie die Falschauslegung des Koran.
Die Unterdrückung der Frau bzw die Anwendung des Patriarchats ist eher eine Tradition, die erst in den vergangenen Jahrzehnten verstärkt von fundamentalistischen Moslems instrumentalisiert wird - gerade auch um eine Trennlinie zum Westen zu ziehen. Hier müssen vor allem die modernen Kräfte in der Rürkei gestärkt werden. Wenn du durch Ankara oder Istanbul gehst, wirst Du die Frauen so erleben, wie in nahezu jeder anderen europäischen Metropole auch. Auch dieses Thema ist nicht zu bagatellisieren, und bedarf aus meiner Sicht einer Modernisierung der Türkei, so wie sie in Westeuropa in den 60er und 70er Jahren stattgefunden hat (vorher waren die Frauen hier teilweise auch ziemlich arm dran). Die gesetzlichen Voraussetzungen müssen definitiv gegeben sein. Damit sich eine Emanzipation der Frauen aber landesweit durchsetzt, werden noch einige Jahrzehnte ins Land gehen.
Wo hast Du diese Information her? Meines Wissens ist die Türkei strikt laizistisch, als die Trennung genauso ausgeprägt wie bei uns. Aber ich lerne gern dazu.5) in der Türkei herrscht keine strikte Trennung von Staat und Religion. (und das noch weniger, als bei uns)
Ich halte diese Aussage schlicht für falsch.6) die Türkei gehört nicht zu Europa.
Und ich füge noch ein paar Punkte hinzu:
Rechtsstaatlichkeit. Die Gerichtsbarkeit muss sich in der Türkei noch deutlich entwickeln. Gerade hier kann aktive Hilfe aus der EU vor einem Beitritt möglich sein, durch Austauschprogramme, etc
Militäreinfluss. Der Einfluss des MIlitärs muss in den nächsten Jahrzehnten auf das übliche Maß reduziert werden. Militärs dürfen keinen so essentiellen politischen Einfluss haben.
Pressefreiheit. Hier gibt es ebenfalls noch einiges zu tun. Es werden noch immer diverse Journalisten gegängelt, und mundtot gemacht.
Völlig richtig. Habe ich nie. Der langfristige Beitritt der Türkei zur EU hat nicht das geringste mit dem Beitritt von anderen Nationen zu tun.[Stichwort] Zypern
Meine Frage: Wer würde in der Türkei davon profitieren und Zulauf erhalten, wenn von der EU die Aussage käme: "Beitritt wird es nie geben".
Der Türkei wurden seit den 60er Jahre Verhandlungen in Aussicht gestellt. Wer kann eine solche Änderung im Verhalten der EU (man könnte es beinahe als Wortbruch bezeichnen) eher politisch nutzen.
Moderne, westlich orientierte Kräfte, oder rückwärtsgerichtete, fundamentalistisch-islamische Kräfte?
gruß
Booth
edit: Übrigens wurden mit Spanien damals auch nur wenige Jahre nach Ende der Franko-Diktator offizielle Verhandlungen aufgenommen (sie dauerten dann über 8 Jahre). Sicherlich gab es damals auch erhebliche Vefürchtungen, ob der Stabilität Spaniens. Und die Befürchtungen waren damals sicher auch gerechtfertigt, und haben geholfen, daß die Verhandlungen umso kritischer geführt wurden.