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Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Ich muss da Jäger zustimmen. Diese Sprache ist erlernbar. So wie jede andere Fachsprache aus anderen Berufen auch.

Alles ist "erlernbar", keine Frage. Aber in unserem GG steht: "Die Amtssprache ist deutsch". Da steht nicht: "Die Amtssprache ist Juristendeutsch, Beamtendeutsch, Technikerdeutsch" oder Ähnliches. Daraus folgt dass die Sprache so gehalten werden muss dass sie für die Mehrheit der Bevölkerung verständlich ist. Und das ist das Juristendeutsch nun mal nicht. Aber auf diesem unverständlichen Kauderwelsch basiert unsere Rechtsfindung - also auf Unverständlichem. Wie soll man da einerseits selbst ein "gesundes Rechtsempfinden" heraus bilden und andererseits die Werte eines Rechtstaates auch noch überzeugt verteidigen?

Unser Rechtsstaat (nicht nur der unsrige; eigentlich der Rechtsstaat aller westlichen Nationen) basiert auf den 3.500 Jahre alten 10 Geboten. Überlege mal, was 3.500 Jahre "Juristerei" daraus gemacht haben.....
 

beast

Moderator
Teammitglied
23. Februar 2009
5.806
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

[....]Unser Rechtsstaat (nicht nur der unsrige; eigentlich der Rechtsstaat aller westlichen Nationen) basiert auf den 3.500 Jahre alten 10 Geboten. Überlege mal, was 3.500 Jahre "Juristerei" daraus gemacht haben.....

Quellen dazu?
 

der laib

Geheimer Meister
5. Juli 2014
142
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Alles ist "erlernbar", keine Frage. Aber in unserem GG steht: "Die Amtssprache ist deutsch".

Damit hast Du Dir die Beantwortung ja schon selber gegeben. Amtssprache.
Die Amtssprache (auch Gerichtssprache und Geschäftssprache) ist die Sprache eines Landes oder Staates und gilt verbindlich für die Regierung und alle staatlichen Stellen untereinander und gegenüber den Bürgern. In der Amtssprache werden Verwaltungsakte und Normen verfasst, Auskünfte an Bürger erteilt, Verhandlungen geführt und protokolliert. In ihr müssen auch Schriftsätze vor Gericht und Anträge eingereicht werden.
(Quelle Wikipedia).

Und Dein sog. Kauderwelsch ist alles andere als unverständlich. Aber gerne gebe ich Dir (auch wenn ich das Gefühl habe das es Dich kaum interessieren möge) ein Beispiel: §323a Vollrausch oder §323c unterlassene Hilfeleistung. Eigentlich sehr klar und deutlich ausgedrückte Paragraphen des Strafgesetzbuches (StGB) die sogar meine Teilnehmer in popeligen Erste Hilfe Kursen verstehen. Wenn mann diese paar Sätzchen so umstellen würde das sie in Deinen Augen leicht verständlich für jedermann wären, dann würde man daraus locker drei bis vier Seiten Text machen.
Und nochmal, ich glaube kaum, dass ein Mediziner seine Fachbücher so umschreiben wird dass sie jedermann versteht. Und abgesehen davon, gibt es tatsächlich mehr als nur eine Quelle und Bücher die Gesetzestexte so beschreiben das sie absolut unmissverständlich sind.
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Da empfehle ich Dir mal einen Ausflug auf die Online-Seiten von BVerfG, EUGG, BGH - und lies Dir mal die veröffentlichten Einzelbegründungen zu Grundsatzurteilen durch..... Und was das "Umschreiben der Fachbücher" angeht: Soll Medizin, Technik, Jura eine "Geheimwissenschaft" sein? Ist es "zu viel verlangt" wenn der Bürger Auskunft über die Angelegenheiten die ihn unmittelbar betreffen haben will, ohne dass er gleich wenigstens 4 Semester "Fachdeutsch" studieren muss? Und: Wir leben in harten Zeiten - soll künftig nur noch derjenige "rechtskundig" werden, der sich einen Anwalt leisten kann, der ihm die "Rechtskundigkeit" vermittelt - soll das "Rechtsstaatlichkeit" sein?
 

der laib

Geheimer Meister
5. Juli 2014
142
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Ich vermute mal das er das GG nicht lesen kann weil es in "Juristendeutsch" geschrieben wurde und er einfach mal irgendwas raushauen wollte.
Das mit der Amtssprache ist aber in vielen Gesetzen verankert: §184 GVG (seit 1879!!!!), §23 I VwVfG, §87 I AO oder §19 I XSGB.
Und die Regelung das Deutsch Amtssprache ist beinhaltet das schöne Wörtchen "Amt". Und wenn man sich die einschlägigen Gesetze anschaut wird sogar erklärt warum das so ist. Diese Mühe solltest Du Dir machen Thomas.
Und wenn Du diese Bücher alle umschreiben möchtest, so dass DU sie verstehst dann mach es einfach. Lässt sich bestimmt Geld mit verdienen. Aber wie bereits erwähnt, so etwas gibt es schon für fast jeden Berufszweig.
Und das hat auch nichts mit Geheimsprachen zu tun. Es erleichtert die Kommunikation innerhalb der einzelnen Berufsgruppen unwahrscheinlich. Ich weiss nicht was Du beruflich gelernt und gemacht hast (will es auch gar nicht). Aber ich denke mal auch da hast Du Dich in der entsprechenden Fachsprache unterhalten und nicht von Anfang an gemeckert wie besch.... doch diese Geheimsprache sei und Dein Chef es Dir doch bitte anders erklären möge.
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Deine Arroganz - so kommt's jedenfalls 'rüber - finde ich "unangebracht", laib.... Ich hab den ehrenwerten Beruf des Betriebsschlossers gelernt, und, ja, wenn ich wollte könnte ich auch in "DIN reden"..... Allerdings lebe ich in dieser Gesellschaft nicht nur "unter Technikern" (im weitesten Sinne...); wenn ich in unserem Schrauberkollektiv den Leut erklären muss warum das nicht so prickelnd ist wenn die Kette verrostet und der Mantel Härterisse aufweist, kann ich das auch nicht mit "DIN-Querverweis" machen..... Stell Dir einfach mal vor, laib, Du kämst in eine Selbsthilfewerkstatt und willst wissen was Du machen musst um Dein Auto oder Fahrrad oder was auch immer wieder "fit" zu bekommen. Und da steht einer und schmeisst Dich mit Fachbegriffen zu - und wundert sich dann auch noch wenn Du als studierter Jurist "nix verstehst"..... Siehste, genauso geht's den "Normalen" die unter "den Juristen" zu leiden haben..... Oder unter der Sprache der Mediziner.... Oder unter der "Beamtensprache" der "öffentlichen Verwaltung" (wenn die "nichtöffentliche Verwaltung ihre eigene Sprache benutzt - kann sie das ja machen. Muss man ja nicht verstehen... aber in der Öffentlichkeit hat das nix zu suchen....).

An dieser Stelle und am Rande gebe ich mal zu bedenken, dass es in vergangenen Zeiten eine sehr gute Idee war, Latein als "Universalsprache" zu verwenden. Heutzutage ist Latein jedoch tot; wird "künstlich am Leben erhalten durch die Wissenschaft". Die Zeiten haben sich geändert; wie wär's denn mal mit einer noch lebenden Sprache als "Universalsprache"...???

Und noch 'ne Frage am Rande: Was ist der Status von Juristen, Medizinern, Philosophen, Theologen, Biologen, Physikern, Chemikern....? Sind sie "Dienstleister am Menschen" - dann müssen sie sich für alle Menschen verständlich ausdrücken. Sind es jedoch die "besseren Menschen" - dann sollen sie sich auch unter den "Besseren" bewegen und uns "ganz Normale" in Ruhe lassen. Vielleicht finden "wir Normalen" noch ein "Elfenbeinturmreservat" für diese "Besseren"......

Und wenn Du jetzt meinst, das sei alles zu "polemisch" - Du hast auf das Wörtchen "Amt" verwiesen. Was ist ein "Amt"; wozu dient es? Wenn es nur sich selbst dient - kann es machen was es will. Es regelt aber normalerweise die Angelegenheiten zwischen Staat und Bürger, und da sollte es sich schon verständlich ausdrücken können - les' Dir mal einschlägige Bescheide des Arbeitslosenamtes, der Rentenversicherungsträger oder des Finanzamtes durch..... den normalen Menschen packt das kalte Grausen..... Das "Amt" ist - kein leichter Job - eigentlich Dienstleister am Staat und am Bürger. So unverständlich wie sich fallweise "das Amt" ausdrückt - scheint es nur "sich selbst zu dienen"; und dafür wurde es nicht eingerichtet (zumindestens nicht in einem modernen demokratischen Rechtsstaat).

Um mal ein wenig näher an's eigentlich Thema zu rücken: Heute wird der Fall Mollath nochmals entschieden - laut "morgenmagazin" glaubt die Oberstaatsanwaltschaft der früheren Aussage der Ex-Ehefrau des Herrn Mollath. Nun kann man als Oberstaatsanwalt natürlich immer glauben was man will - aber wo ist bitteschön der Beweis dafür dass der Mann seine Ex-Frau geschlagen hat? Normalerweise hätte man seinerzeit, vor 7 Jahren, das Verfahren schon einstellen müssen - weil "Aussage gegen Aussage" lässt keinen Schuldspruch zu. Hat man aber nicht...... mit dem Ergebnis dass der Mann vermutlich unschuldig 7 Jahre in der Psychiatrie gesessen hat. Welche "Rechtfertigung" gibt es dafür; kann es dafür überhaupt eine Rechtfertigung geben?

@Jäger: Auszug aus dem GG gibt's heute abend. Ich muss nämlich gleich Fahrräder schrauben gehen.....
 

KTGR

Erhabener auserwählter Ritter
2. März 2011
1.113
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Sagt wer? Wo steht das? Belege, Aktenzeichen, Urteile......


Als erstes solltest du vielleicht die Überschrift des Themas lesen!
Wenn jemand einen Apfel klaut und ihn auf der Stelle essen tut oder wenn er ihn nimmt und losrennt.
Diese Tat wird ja nicht von der Polizei überwacht! D.h. du oder ich beobachten was geschieht.
Wenn nun die Polizei eintrifft und dich fragt was du gesehen hast, was wirst du antworten?
Im Fall A wirst du sagen: Er nahm den Apfel und rannte weg. Im Fall B wirst du sagen: Er nahm den Apfel und aß ihn vor dem Laden bis sie eingetroffen sind.
Im Fall A kann er evtl. geistlich gestört sein aber sein "weg rennen" sieht nach bewusstes Handeln aus.
Er ist sich seiner Tat bewusst und dass diese etwas schlechtes ist. Also verlässt er den Ort des Geschehens.
Im Fall B mag er nicht "gestört" sein jedoch sein Bleiben, bis die Polizei eintrifft, sagt aus dass die Tat von ihm nicht als Straftat anerkannt worden ist.
Ich sehe solches Verhalten täglich!!!!
Mein Beruf ist dabei relevant.


Was wird die Polizei daraufhin, und je nach Antwort denken?
Nimm jetzt anstatt "Apfel klauen" einen Mord oder Vergewaltigung oder sonst eine Straftat.




Ja, klar und die plaudern auch alle fleissig wo sie es her haben


Eben nicht! Und es wird kaum der Versuch gestartet die Hintermänner, durch ein Gespräch, zu finden.


.......sorry aber was glaubst Du was gemacht wird wenn die festgenommen werden?


Das Übliche! Daten feststellen, evtl. 24 Stunden in der Zelle...und dann Tschüß!



Da bin ich ja froh das es in Deutschland die Unschuldsvermutung gibt und Du kein Richter bist. Und den Begriff Geistesgestörte gibt es nicht. Wen oder was meinst du damit denn genau? Und ich wünsche Dir das Du niemals in eine Situation gerätst wo Du vor einem Richter stehst der so denkt wie Du, aber du unschuldig bist......


War ich!!!!! 2 mal schon!!!!!
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Thema Juristen-Fachsprache und Genauigkeit. ist zwar OT ...
Ich war mal eine ganze Zeit in der betrieblichen Altersversorgung einer Versicherung angestellt. Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) versucht mathematische Formeln in einem juristischen Text zu gleiten. Das gelingt zwar, aber auf relativ komplizierte grammatikalische Weise für einfache Formeln. Insbesondere bei Fallunterscheidungen ist der Aufbau eines Gesetzesstextes suboptimal ...
"Grundsätzlich gilt" ... dann werden im Gesetz später erst Ausnahmen definiert und zurück gesprungen/ verwiesen auf frühere Texte wie man es aus goto-Sprüngen bei Basic kennt. Unschön für jemanden, der strukturierte Programmerierung (Turbo Pascal) kennt.

Hinzu kommen Unverbindlichkeiten wie "nach billigem Ermessen". Das ist sehr große Schwammigkeit und jeder Anwalt muss eine komplexe Fallsammlung kennen, um hier ein Strafmaß überhaupt zu erkennen.
So ist es bei jedem gesellschaftlichen Problem, wenn es in Gesetze gegossen werden muss. Zumal die juristische Sprache eben nur ein Formulierungsmittel für inhaltliche Sachverhalte. (Optische Programmablaufdiagramme oder Fließdiagramme aus der Programmierung wären einfacher lesbar und strukturierter, aus rein logischer Sicht.) Gibt es inhaltliche Mängel und die gibt es bei Gesetzen zur Genüge, muss nachgebessert werden. Das mag dann eine schwer lesbare Juristensprache nur zeitweise kaschieren. Die Juristensprache ist schon exakt, wenn man an manch schwammige Formulierung aus den Geisteswissenschaften denkt, aber im Vergleich zur Mathematik und Naturwissenschaft mit ihren Formeln ....

Aber zurück zum Thema. Vieles bleibt trotz eindeutiger Gesetztestexte Auslegungssache. Richter können befangen sein, es gibt Berufsverfahren, Verfahren können wieder aufgenommen werden. Und da kommen auch Gewaltäter davon ... Ich sehe die Kategorien Unschuldig, Schuldig, schuldunfähig.
Juristisch ist es gar nicht so spannend, da bemühen Richter Psychiater, die oftmals auch nur nach Aktenlage urteilen, ohne den Angeklagten zu Gesicht zu bekommen. Dann unterliegen die Gutachter auch zeitlichen Trends. In den 70er Jahren wäre vielleicht jemand in Gefängnis gekommen, jetzt kommt er in den Maßregelvollzug/Forensik/Gefängnispsychiatrie.
Es wäre doch einmal interessamt philosophisch ans Thema heranzugehen? Ist der KZ-Arzt Mengele psysisch krank gewesen oder ein Verbrecher. Hier mag Gerechtigkeitssinn und Recht durchaus auseinandergehen. Oder ein Eichmann/ Bormann, etc. ... (die NS-Ideologie als Katalysator).
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

...ich hab jetzt fast 11 Stunden Arbeit hinter mir, davon alleine zwei Stunden "Stadtradtour" um überhaupt zur Arbeit zu kommen, nix vernünftiges gegessen und nur "für die Allgemeinheit" geschuftet - am möge es mir nachsehen wenn ich Dir, @ Jäger. morgen früh ab 5.00 GG-Zitate bringe....

Zu Rola's Beitrag fällt mir eine Kommentierung zum "Schneider-Prozess" aus der FAZ von vor ein paar Jahren ein (sinngemäss aus dem Gedächnis): ".... Der Staatsanwalt plädiert auf "schweren Betrug" - wie der aber gelaufen ist, weiss der Staatsanwalt nicht. Er hat von Wirtschaft wenig Ahnung. Der Richter fordert Gutachter an, denn auch er hat "nur" Jura studiert und nicht Betriebswirtschaft. Die Gutachter wiederum können sich zwar vorstellen "wie das gelaufen ist", sind sich aber im Gutachten uneins. Der eine wohl, weil er sich die Realisierung dieser wirtschaftlichen Frechheit nicht vorstellen kann, der andere weil er sich vermutlich darüber ärgert, dass er nicht selbst auf den "Dreh" gekommen ist. Bleibt der Verteidiger - der hat von Betriebswirtschaft auch keine Ahnung; muss er auch nicht - er muss nur "das Beste" für seinen Mandanten "herausholen. Der einzigste, der wirklich Bescheid weiss - ist der Angeklagte. Und der schweigt beharrlich..... ".

So, meine Damen und Herren Hobby- oder Berufsjuristen: Nun sag mit mal Einer wie unter solchen Voraussetzungen tatsächlich "Recht" gesprochen werden kann.....
 

Luchs

Erlauchter Auserwählter der Fünfzehn
26. Januar 2010
1.044
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

@rola
Ist doch ganz einfach.

Gemäß der damals in D geltenden Gesetze waren Eichmann,Bormann und co, keine Verbrecher, obwohl gesunder Gerechtigkeitssinn dies anders bewertete.
Doch der Rahmen zur Entfaltung von schlimmsten Bösartigkeiten war gesetzt und ermöglichte die Handhabe um Aktiv oppositionelle Kräfte und Einzelpersonen auszuschalten.

Dies waren 12 Jahre in welchen sich kriminell/psychopathische Kräfte und deren Mitläufer mehr oder weniger positionieren konnten, einen bitterbösen Zeitgeist initiiert hatten und dadurch nachhaltigen einfluss auf die kollektive Entwicklung ausgeübt wurde.

Ärgerlicherweise wurde unser jetzt geltendes recht, massgeblich von ex Ns Rädchen kreiert.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.860
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Bemerkenswert. Ich dachte immer, unser Recht ginge zu wesentlichen Teilen auf die Kaiserzeit zurück, die Strafrechtsreform der dreißiger Jahre habe wenig mehr Spuren hinterlassen als die Umformulierung des Mordparagraphen und es habe große Reformen unter Adenauer und Brandt gegeben.
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Luchs schrieb:
Gemäß der damals in D geltenden Gesetze waren Eichmann,Bormann und co, keine Verbrecher, obwohl gesunder Gerechtigkeitssinn dies anders bewertete.
Deutschland hat sich mit seinen NS-Straftätern ungemein schwer getan, vielleicht liegt das auch am Justiz-Apparat selbst. (Der Kommentator der Nürnberger Rassengesetze, Jurist Globke, kam unter Adenauer zu Ehren.) - Da brauchten wir z.B. Israel mit seinen Eichmann-Prozess, das überhaupt etwas geschieht. Hat aber je jemand einen sadistischen Aufseher verurteilt? Es gibt nach Jahrzehnten einen zaghaften Versuch:Beihilfe zum Mord: NS-Fahndungsstelle strebt Verfahren gegen 30 KZ-Aufseher an - Inland - FAZ
Im Prozess geht um Beihilfe zum Mord, aber NICHT um die tagtäglichen Quälereien, gefährliche Körperverletzung. Die vielen Übertreibungen, die eine saddistische Grundnatur hervorbringt, außerhalb seiner Aufgaben als Aufseher. Dies ist extrem bedauerlich. Die krankhafte individualistische Seite eines Aufsehers außerhalb seines Wirkens in einer unpersönlichen, nahezu automatisierten Tötungsmechanerie im NS-Staat, bleibt unberücksichtigt.

-------------
M.E. betreffen die letzten Beiträge (Abstraktionsprinzip) nur Zivilrecht, im Thread hier soll es jedochnur um Strafrecht gehen und die kritische Auseinandersetzung damit. Nehmen wir mal die USA:

In den USA werden viele psychisch Kranke nicht in Kliniken behandelt, sondern von der Straße weg verhaftet und in Gefängnissen verwahrt - Opfer eines heillosen Drehtürsystems.
DER SPIEGEL*51/1998 - Irrfahrt in den Knast
Welch eine Beliebigkeit, wie die Justiz die Kategorie "psysische Erkrankung" und Verbrechen in der Praxis nicht sauber trennt.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.860
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Abstraktionsprinzip und sonstiges Zivilrecht abgetrennt. Jg, Mod
 

der laib

Geheimer Meister
5. Juli 2014
142
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Danke EWJ.....zurück zum Thema bezgl Schuldfähig oder nicht bzw Psyche. Nebenbei, es fehlt immer noch der versprochene Link vom GG lieber Thomas aus Berlin!!!!!
Im Strafrecht wird sehr wohl unterschieden das es auch Gutachter geben soll. Diese können auf Grund Ihrer Erfahrung und Ausbildung weitaus besser über den Zustand eines Angeklagten urteilen als es jemals ein Richter oder Staatsanwalt könnte. Aber auch Angeklagte sind ja nicht dumm und wissen was man auf welche Fragen, wie antworten sollte. Und nur ein verdammt guter Gutachter wird das dann durch gezielte Fragen feststellen können. Hinzu kommt, dass diese Tätigkeit eines Gutachters bezahlt werden muss. Und nach StPO bekommen diese nur den absoluten Mindestsatz, und ich kenne das, da wird gerade mal das nötigste gearbeitet was drin ist.
Unterschieden werden muss bei der forensischen Psychologie ja auch noch das Fachgebiet. Hier gibt es ja auch verschiedene. Zum einen den Rechtspsychologen der auch Medizinisch ausgebildet ist und dann den Kriminalpsychologen - Landläufig gerne mit einem Profiler gleichgesetzt. Letzteren gibt es aber nur im Fernsehen. Die Beantwortung der Schuldfähigkeit eines Angeklagten ist ebenfalls sehr schwierig. Und je nachdem welche Störung (Persönlichkeitsstörung, Schizophrenie o.v.a; das ICD 10 gibt da so einiges her) wird es richtig schwierig das als Schuldfähigkeit oder eben -unfähigkeit vor Gericht zu begründen. Und selbst wenn zwei verschiedene Gutachter das machen kann es sein das der Angeklagte an beiden Terminen der Überprüfung verschieden drauf war, und schwupp haben wir zwei verschiedene Gutachten. An welches soll sich ein Richter da halten? Er muss ja den Gutachten glauben schenken, denn leider hab ich bisher noch keinen Richter kennen lernen dürfen der auch eine medizinische Ausbildung genossen hat.
 

ThomasausBerlin

Ritter Kadosch
14. Januar 2012
5.094
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Ja, er fehlt noch - entschuldige dass ich den Samstag zur Erholung nutze; ich hoffe ich kann das ohne vom "Richter laib" zur Zwangsarbeit verurteilt zu werden....

Du möchtest jetzt eine Lanze für die Gutachter brechen? Nun, ein Beispiel: Mein Väterchen hat zu seiner Dienstzeit für den Fernmeldedienst der damaligen "Deutschen Bundespost" (später: Telekom) technische Gutachten gefertigt. Nach seiner Pensionierung hat er technische Gutachten gegen die Telekom gemacht. In einem Fall war der zugrunde liegende Fall identisch (es ging um die Manipulation von "c-Funk-Chips") und auf meine Frage hin, wieso er denn zwei Monate vor seiner Pensionierung noch die Position der Telekom gestützt hat und nun, nach seiner Pensionierung genau die gegenteilige Meinung vertritt, war seine Antwort ganz einfach: "Jedes "Ding" hat zwei Seiten, Und vor zwei Monaten konnte mich mein Dienstherr noch zwingen seine Position zu vertreten - jetzt kann er das nicht mehr...." . Ich kenne mich - dank meines Väterchens - ein wenig in der Materie aus, und man konnte tatsächlich zwei verschiedene Gutachten für ein und die gleiche Sache fertigen - und keines der Gutachten war "falsch". Der Blickwinkel war nur ein anderer....

Wenn' s um die psychologische Beurteilung von Tat und Täter geht - könnte das ganz ähnlich sein ( im technischen Bereich fallweise auch - ich kann ein verunfalltes Fahrrad oder verunfalltes Auto technisch so wieder herrichten, das kein Gutachter erkennen kann dass das Fahrzeug mal verunfallt war. Das ist aber u,U, mit Kosten verbunden, die über dem Wert eines Neuwagens liegen - und lohnt sich daher nur für ausgewiesene Oldtimer....). Was nutzt also ein Gutachten, wenn man es nicht anwenden kann, weil die Qualität - oder Wertigkeit - der Gutachtens vom Blickwinkel (oder Kostenaufwand) abhängt? Und wieso "muss" ein Richter einem Gutachter glauben schenken - welche Art von "Glauben" ist das eigentlich, wenn der Richter nach dem Auswahlprinzip: "Ibbe dibbe dab - und Du bist ab" entscheidet, weil er ja von der Materie keine Ahnung hat ?

Und welche Art Recht ist das eigentlich, wenn vom Blickwinkel der Kosten aus gesehen die Qualität des Gutachtens vom Geldbeutel der Angeklagten (oder der Justizkasse, wenn's im Auftrag der StA geschieht) abhängig ist? Wäre es da so vermessen, mal kühn zu behaupten dass in unserem Rechtssystem letztlich Geld und nicht der Mensch entscheidet? Man braucht hier keinen Richter "zu kaufen"... man braucht nur genügend Geld für genügend gute verteidigende Rechtsverdreher und gut arbeitende Gutachter zu haben (der Fall Hoeness ist ein gutes Beispiel dafür, aber auch der Fall Zumwinkel...).
 

Luchs

Erlauchter Auserwählter der Fünfzehn
26. Januar 2010
1.044
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Wie der Fall Mollath zeigt, (und das ist scheinbar kein Einzelfall) wurde Medizinisch Psychologischen Gutachtern ein viel zu scharfes Schwert in die Hände gelegt.
Aus Bequemlichkeit, geldmangel oder dem vermeintlichen bedürfniss heraus die Öffentlichkeit best möglichst schützen zu wollen oder müssen und by the way die psychisch kranken oder auffällig gewordenen, wieder gesellschaftsfähig hin zu behandeln.
Jedenfalls lies oder lässt sich diese Praxis, der Öffentlichkeit ganz gut als notwendig verkaufen, verschleiert aber das offensichtlich zwischen psychisch kranken und psychisch auffällig gewordenen Tätern, nicht sauber getrennt wird.
 

beast

Moderator
Teammitglied
23. Februar 2009
5.806
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Wie der Fall Mollath zeigt, (und das ist scheinbar kein Einzelfall) wurde Medizinisch Psychologischen Gutachtern ein viel zu scharfes Schwert in die Hände gelegt.[....]

Unter Scharf verstehe ich aber etwas anders... In dem Fall erinnert mich dass eher an gewisse Hinrichtungen in den USA der Neuzeit...

[....]by the way die psychisch kranken oder auffällig gewordenen, wieder gesellschaftsfähig hin zu behandeln.[....]

[OTOP]Dein Sprachmodul hat Aussetzer...[/OTOP]

Dass bedeutet also, dass Kranke laut deinem Verständnis nicht mehr zur Gesellschaft gehören und iwie auf Linie gebracht werden müssen?
 

Dirtsa

Meister vom Königlichen Gewölbe
15. Januar 2011
1.314
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

verschleiert aber das offensichtlich zwischen psychisch kranken und psychisch auffällig gewordenen Tätern, nicht sauber getrennt wird.
Ob ein jemand psychisch krank oder auffällig ist, ist doch nicht die Frage, sondern ob eine eventuelle psychiatrische Erkrankung in ursächlichem Zusammenhang mit der Straftat steht, bzw wie die Prognose eingeschätzt wird.
 

Luchs

Erlauchter Auserwählter der Fünfzehn
26. Januar 2010
1.044
AW: Wann ist ein Täter schuldig oder krank?

Offenbar sind sich manche nicht so recht bewusst, wie tief und weitreichend die derzeit angewandte Praxis der Justiz tatsächlich ist, bzw sein kann.
Denn sie kann auch missbraucht werden.
Erfindungen ,Regeln und auch Gesetze wurden selten "nur" für den eigentlich gedachten zweck verwendet, sehr oft ergeben sich weitere zweckdienliche Möglichkeiten welche bei weitem nicht alle, zum Wohle der Öffentlichkeit dienlich sind.

Aber gut, ich hatte gestern eigentlich vor meine Meinung zum Thema ein wenig ausführlicher zu bekunden, dann aber gemerkt das mir die Zeit nicht reichte bzw ich nicht die Lust hatte deswegen auf etwas anderes zu verzichten, was mir wichtiger ist.
So ist das auch jetzt.
 

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