ObiWanKenobi
Geheimer Meister
- 28. Oktober 2002
- 440
Die Grossloge von Kalifornien F&AM, Januar/Februar 2002
Zur Bedeutung "des großen Baumeisters aller Welten"
Vom Club der toten freimaurersichen Dichter
Das wahre Mysterium und das Wunder der Schöpfung kann nicht in Worte gefasst werden, und diese Tatsache ist der Grund, warum wir Gott nicht mit unzulänglichen Begriffen anreden. Warum und wie also sind die Freimaurer zu dem Konzept angelangt, haben sie sich dafür entschieden, dass Gott ein Baumeister ist, und sie dieses überragende Mysterium mit Demut so verehren, wie sie es offensichtlich tun?
Um dies zu verstehen, müssen wir zurück zu den Zeiten des Nahen Ostens und Asiens blicken, wo die großen Denker und Propheten zu zwei grundlegenden Einsichten gelangt sind: die erste ist, dass der Name Gottes nicht erfahrbar ist und die zweite ist, dass die Natur des einen Gottes, dessen Name nicht genannt werden kann, mehrere Facetten aufweist.
Unsere einstigen weisen Brüder aus Asien und aus dem Nahen Osten haben begriffen, dass es mehrere Konzepte der einen höchsten Wesenheit gibt. Sie wussten, dass der Name und die Natur Gottes die Kulturen, die Sprachen, schlicht das ganze menschliche Verständnis transzendiert haben. Wenn wir etwa fünf Jahrtausende zurück gehen und uns selbst in den Nahen Osten versetzen, zwischen den Völkern Israels, dann finden wir eine Kultur vor, die das Konzept eines einzigen Gottes angenommen hat. Diese Idee fußt aber nicht auf den Bräuchen dieser Zeit.
Im Alten Testament wurde uns jedoch von den lebhaften Zeugnissen der Konfrontationen der Menschen mit dem Unbekannten überliefert. In Shemot, im ersten Teil des Buches vom Exodus, hat Moses Gott nach seinem Namen gefragt. "Ehyeh asher ehyeh" war die Antwort, die Moses erhalten hat. "Ehyeh asher ehyeh" transzendiert das gesamte Wissen, und wenn man es wortwörtlich übersetzt, könnte es "Ich bin der, der ich bin" heißen. Dieser Name aber, in diesem ein großes Mysterium mitschwingt, schafft dagegen einen unendlichen Spielraum für Interpretationen. Unter dem Gesichtspunkt eines jüdischen Wortspieles kann "Ehyeh asher ehyeh" auch verstanden werden als: "Ich bin all das, was du wünschst, dass ich sein soll. Und wer bist du, der das fragt?". in der Tat.
"Ehyeh" wird grundsätzlich übersetzt als "ich werde sein". "Asher" ist ein bemerkenswertes hebräisches Wort, das ins Deutsche übersetzt ungefähr "das, was ist, oder wo ist" heißt.
Wenn dies der Fall sein sollte, könnte man "Ehyeh asher ehyeh" folgendermaßen übersetzen: "Ich werde das sein, was ich sein werden will. Ich werde der sein, der ich sein werden will. Ich will der sein, der ich sein werden will. Ich werde dort sein, wo ich sein werden will. Es gibt noch viele andere mögliche Übersetzungen, aber welche Übersetzung für einen persönlich auch immer am passensten erscheint, so kann man trotzdem nicht mit Sicherheit wissen, wie der Name der Gottes ganz genau ist; es ist eben so wie es sein sollte.
Der exakte Name und die Natur Gottes kann nicht beschrieben werden. Wenn man dies in Anbetracht zieht, könnte, und es ist ein bescheidenes "könnte", man annehmen, dass "Ehyeh" sich zu JHVH entwickelt hat, und das sich wiederum die Jahrhunderte über dann zu Jehova weiterentwickelt hat, wobei Jehova schließlich als akzeptabler Platzhalter für den "wahren Namen" Gottes oder als "das fehlende Wort" erachtet wurde.
Vor ungefähr 2800 Jahren haben in Asien die heiligen Männer begonnen die Upanishaden zu verfassen. Der Geist der Upanishaden ist vergleichbar mit dem Geist des Neuen Testaments und er kann mit den Worten "Ich und mein Vater sind eins" und "das Königreich Gottes befindet sich in Dir" zusammengefasst werden, und er entspringt dem Samen, der in den Worten des Psalms "Ich aber sagte: in euch ist Gott, und ihr seid die Kinder des höchsten Wesens", wiederzufinden ist.
Die Upanishaden des Brihad-aranyaka, eine der größten und ältesten spirituellen Abhandlungen die in Sanskrit verfasst wurden, dienen als Quelle für die folgende Geschichte, die charakteristisch für die vielgesichtige Natur von dem ist, was die Allwissenheit transzendiert. König Janaka war ein überaus gelehrter Mann, der fähig war, die Ausführungen der Brahmanen-Gelehrten richtig einzuschätzen, die seine Beurteilungen oft ersuchten, indem sie ihm ihr Wissens darboten, um dadurch gewinnbringende Einsichten zu erlangen.
Eines Tages wurden von ihm folgenden Fragen an Gott Yaj-na-val-kya gestellt: "Wie viele Götter gibt es, Yajnavalkya?" - "333.003", antwortete er. "Es ist tatsächlich so", sagte er. "Wie viele Götter gibt es wirklich, Yajnavalkya?" - "33, es ist tatsächlich so", sagte er. "Wie viele Götter gibt es wirklich, Yajnavalkya?" - "Drei, es ist tatsächlich so", sagte er. "Wie viele Götter gibt es wirklich, Yajnavalkya?" - "Zwei, es ist tatsächlich so", sagte er. "Wie viele Götter gibt es wirklich, Yajnavalkya?" - "Einanthalb, es ist tatsächlich so", sagte er. "Wie viele Götter gibt es wirklich, Yajnavalkya?" - "Einen, es ist tatsächlich so", sagte er. "Was ist dann mit den anderen 33?", fragte er. - "Sie sind auch er, aber sie sind verschiedene Aspekte des einen Gottes", antwortete Yajnavalkya.
Ein Gott. Ein höchstes Wesen, das mit vielen Namen angesprochen wird. Dieser Gedanke wurde in anderen Kulturen nicht verworfen, wie es die Aufzeichnungen des griechischen Philosophen Platon aufzeigen. In seinem Werk "Timaeus", das vor 2400 Jahren verfasst wurde, hat Platon nicht nur die Existenz des einen einzigen Gottes rekapituliert, sondern er hat damals das Fundament für den Begriff, des einen Gottes in der geometrischen Wissenschaft, soweit sie als solche damals aufgefasst wurde, als großer Baumeister gelegt. In "Timaeus" hat Platon den Gedanken eines einzigen Gottes und die Verschiedenheit der Dinge, die aber als eine einzige Realität betrachtet werden können, angeführt, was darauf hinweist, dass die gesamte Schöpfung von Harmonien und Proportionen durchsetzt ist.
In Anbetracht einer harmonischen Schöpfung kann die Architektur, die Kunst, die Musik, oder sogar die Landwirtschaft folglich als eine natürliche Konsequenz betrachtet werden, als eine Erinnerung an unsere harmonischen Beziehung zu dem einen Gott, der, so schrieb es Platon, nicht nur den Menschen mit seiner dreifaltigen oder der drei zugrundeliegenden Natur erschaffen hat, sondern der auch den Bund des Menschen mit der Schöpfung und dem Schöpfer postuliert hat und "man dies am besten durch kontinuierliche geometrische Proportionen ausdrücken kann."
Platon hat, während er nicht versucht hat Gott einen Namen zu geben, ein Fundament für die Annährung zu der Natur Gottes gelegt; das Gott nämlich als der große Geometrie-Meister anzusehen ist. Ebenso wie aus vedischen und hebräischen Überlieferungen vor ihm hervorgeht, wusste Platon, dass es einen Gott gibt, aber nur einen einzigen. Er war davon überzeugt, dass der harmonische Aufbau der Schöpfung vom universellen Geist offenbart wird, wobei dieser direkt nicht wahrgenommen werden kann, er aber perfekt ist, und sich definitiv in der Geometrie entfaltet.
Es sollte für die Freimaurer und die Gelehrten der mittelalterlichen philosophischen Anschauungen im Westen von Interesse sein, wie in zahllosen Klöstern Gott durch ubekannte Mönche urerst dargestellt wurde, indem sie sie sich Gott buchstäblich als einen Baumeister vorgestellt haben und ihn auch so malten, der sich in mitten von Himmel und Erde befand und über der Erde einen riesigen Zirkel über die Finsternis anlegte, die sich in die Tiefe erstreckte. Und bis zum heutigen Tag sind wir fasziniert von diesem unbeschreiblichen Mysterium, welches angedeutet wird durch diese Dunkelheit, die das Licht umgibt.
Im westlichen Denken blieb diese Idee tief verwurzelt und wurde wahrscheinlich am deutlichsten verwirklicht, als eine gefeierte Gruppe von Männern, die wir als die Gründungsväter bezeichnet haben, die ihr Licht in einer Unternehmung ausgesendet haben, um ein neues Land auf dem nordamerikanischen Kontinent zu forcierten. Die meisten der Gründungsväter von Amerika waren Angehörige der philosophischen Weltanschauung der Erleuchteten, oder des Zeitalters der Vernunft. Möglicherweise wird es einige von euch verwundern, dass die Mehrheit der Männer Gottgläubig war, und das viel mehr als die Christen. Die genaue Definition des Gottesglaubens ist der Glaube an einen Gott, der nur auf dem Zeugnis der Vernunft beruht. Der Standpunkt der Gottgläubigen vertritt die Annahme, dass Gott das Universum geschaffen hat und nachdem er es in Bewegung gesetzt hatte, er es herrenlos gelassen hat, er aber nicht auf die Kontrolle über das Leben, er keinen Einfluss auf natürliche Phänomene bestanden hat, und er enthüllte nicht das Übernatürliche.
Diese Gründungsväter, die Freimaurer waren, hatten das Wissen über das platonische Konzept des Schöpfers als göttlicher Baumeister des Universums und sie besaßen Zugang und das Wissen einer Arbeit wie etwa der Bibel moralisee (man sagt das Benjamin Franklin diese gesehen hat, während er sich in Frankreich aufgehalten hat), die aus dem 13. Jahrhundert stammt. und mit anderen Werken vertraut waren wie zum Beispiel mit der Holkham-Bibel aus dem 14. Jahrhundert, und beide haben die höchste Wesenheit mit einem Zirkel in der Hand dargestellt, die im Himmelszelt weilte.
Der Glaube an einen Gott hat sich teilweise klar aus den oben genannten Wissensschätzen und Traditionen von weisen Männern aus anderen Zeiten und anderen Ortschaften entwickelt, der sich wiederum im Zeitalter der Vernunft weiterentwickelt hat.
Männer wie unsere Brüder Franklin und Washington, beide mit Sicherheit Männer der Vernunft, haben Bezug zu Gott genommen, aber sie haben auch verstanden, ebenso wie es die großen Männer von Weisheit, die ihnen vorangegangen sind, verstanden haben, dass das erhabene Mysterium des Schöpfers etwas war, dass man nicht benennen konnte und sollte.
Nirgendwo in der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika oder in der Verfassung wird Gott erwähnt. Es wird nur auf eine Beziehung zum Erschaffer des Menschen hingewiesen. Und es ist eben so wie es sein sollte. Denn in einem neuen Land, mit einer gemischten Bevölkerung, die voranschritt auseinander zu driften, haben diese vorrausblickenden Brüder zum Konzept eines "großen Baumeisters aller Welten" gestanden.
Bis zum heutigen Tage benützen die Freimaurer den Begriff des "großen Baumeisters aller Welten" und andere nicht-unzulängliche Titel um Gott anzureden. Wenn man keine unzulänglichen Begriffe für das verwendet, was die Allwissenheit transzendiert, dann können Personen von unterschiedlichen Glaubensrichtungen in einem Gebet zusammenkommen und sich auf den universellen Geist konzentrieren, anstatt auf die Unterschiede der Kultur und der Religion einzugehen. Die Freimaurerei war immer Verfechter der Glaubensfreiheit, und der Idee dass die Beziehung zwischen dem Individuum und dem einen Gott eine persönliche Sache und eine private und heilige Angelegenheit ist.
Niemand nimmt Gott nur für sich in Anspruch, genauso sicher wie niemand die Wahrheit nur für sich in Anspruch nehmen kann. Es gibt keinen unter uns, der sich wirklich sicher über die Natur von Gott sein kann, so ist der "große Baumeisters aller Welten" ein besonders passender Begriff für Gott, weil dieser Begriff sowohl dem Entwurf als auch den Entwerfer gerecht wird, ohne auf etwas einen Anspruch zu erheben, dass einer exklusiven Beurteilung gleich kommen würde.
Deisten, Christen, - Katholiken und Protestanten - Hindus, Moslems, Buddhisten und Männer vieler anderer Glaubensrichtungen sind in unserer Bruderschaft herzlichst willkommen. Ein gemeinsamer Punkt bei allen ist der Glaube an einen einzigen Gott. Die Freimaurer glauben, dass es einen Gott gibt, aber nur einen einzigen. Die Freimaurer wissen auch, dass seit undenklichen Zeiten die Leute viele verschiedene Wege beschritten haben um das zu suchen und auszudrücken, was sie über Gott wussten, mittels ihrer Erfahrungen und ihrer Beziehung mit dem, dass das gesamte Wissen transzendiert.
Obwohl Gott die Zeitalter hinweg mit vielen unzulänglichen Namen benannt wurde, stellt vielleicht die Beschreibung von Lau-Tzu des "Tao" oder "der Weg" am besten die Schleier, Fallen, Irrglauben und Schatten klar, die dieses Mysterium begleiten, vor dem wir uns ehrfürchtig verbeugen.
Im ersten Kapitel des "Te-Tao Ching" steht geschrieben: Das Tao, das man in Worte fassen kann, ist nicht das ewige Tao. Der Name, der gegeben werden kann, ist nicht der ewige Name. Das Namenlose ist der Anfang von Himmel und Erde. Das Benannte ist die Mutter von 10.000 Dingen. Wenn man einmal ohne Verlangen ist, dann kann man das Mysterium erkennen. Wenn man verlangt, dann kann man nur die Manifestationen sehen. Diese zwei aber entspringen der gleichen Quelle, sie unterscheiden sich jedoch im Namen. Dies erscheint uns als Dunkelheit. Als eine Dunkelheit in der Dunkelheit. Das Tor zu allen Mysterien.
Die freimaurerische Verwendung des Titels "großer Baumeister aller Welten" ist unsere ehrfürchtige Bezeichnung für die Gottheit, dessen ewiger Name nicht benannt werden kann. Es spiegelt auch unsere Wünsche wider, die Dunkelheit zu betreten und vor den Toren aller Mysterien zu stehen, worin wir, während wir all unsere Wünsche ablegen, irgendwie in der Lage sind, unsere großspurigen Hüllen abzustreifen und uns mit dem zu bereichern, was darin vorgefunden werden kann.
Epilog
DMPS ist das Symbol vom "Club der toten freimaurersichen Dichter", deren Angehörige die Mitglieder eines Komitees für freimaurerische Erziehung in Nord-Kalifornien sind. Die Mitglieder sind Past Master Harry Yetter, Crow Canyon No. 551, Past Master Greg Rapp, Crow Canyon, Greg Maier, D.D., Fruit Vale No. 113, und Charles Hintz, M.S., Crow Canyon.
Harry Yetter war über 20 Jahre lang Bibliothekar im schottischen Ritus in Oakloand und ein Mitglied der freimaurerischen Forschungsgruppe. Er wurde im Alter von 90 Jahren bettlägerig. Greg Rapp ist Mitglied des schottischen Ritus von Oakland, wo er ein Interesse für freimaurerische Forschungen entwickelt hat. Dr. Maier and Charles Hintz sind Mitglieder der Körperschaft von San Francisco und sie haben sich vorgenommen eine freimaurerische Erziehung für die neue Generation von Freimaurern zu erarbeiten, die bei ihrer Unternehmung auf die Unterstützung von Larry and Harold Stein, beide anerkannte Gelehrte der Freimaurerei, hoffen können.
Quelle