Lupo
Ritter Kadosch
- 3. Oktober 2009
- 6.320
Ich habe doch geschrieben, daß man kein Ereignis explizit dem Klimawandel zuschreiben kann.
... und dennoch schaffst Du es, auch hier den Klimawandel explizit ins Spiel zu bringen. Diesmal eben als diffuse Bedrohung, die sich in den vielen Superlativen „seit Beginn der Aufzeichnungen“ widerspiegelt. Soweit mir bekannt ist, hatten viele Staaten in den USA in diesem Jahr den kältesten Oktober seit Beginn der Aufzeichnungen. Beruhigt Dich das? Nö - es ist ja schon wieder ein Superlativ, es geht ja alles drunter und drüber! Tja der Klimawandel bringt Extreme hervor.
So kann man allgemeines Unbehagen schüren.
Dabei ist die Sache so stinkeinfach. Da kein Jahr dem anderen gleicht, lassen sich rein logisch in jedem Zeitraum irgendwelche Superlative (er)finden, die es seit Beginn der Aufzeichnungen noch nie gegeben hat. Man ist in der Auswahl des Kriteriums ja völlig frei, und hat eine Vielzahl von weltweiten Daten zur Verfügung. Für irgendwas wie notfalls den frühesten „Kuckuck“-Ruf aus dem Wald, was ein Zeichen für die Erwärmung ist, reicht‘s immer. Das entspricht etwa der hohen Kunst, aus jedem Datum irgendwie die Zahl 23 herauszufieseln.
Hauptsache, man kann „seit Beginn der Aufzeichnungen“ sagen. Framing wirkt immer.
Klingt wie eine hohle Phrase, bleibt aber eine Tatsache.
Es bleibt eine hohle Phrase. Aber es wird sicherlich zur Tatsache, wenn die Politik dazu antritt, mein Leben zu verändern.
Ich finde es vernünftig, in einem so dicht besiedelten Land wie Deutschland die Art wie gebaut wird, den damit einher gehenden Flächen- und Ressourcenverbrauch etc. kritisch zu beleuchten und grundlegend zu diskutieren.
Damit bist Du auf der simpelsten Rückzugsebene gelandet. Richtig. Nun wird in dem Papier allerdings nun genau nichts zur Diskussion gestellt, sondern ein Beschluss gefasst, auf dessen Umsetzung gepocht werden wird. Und da finde ich es bedenklich, wie unkritisch so ein Pamphlet aufgenommen wird.
Ich nehme einfach mal eine Kernthese heraus: „Insbesondere den Bau von Eigenheimen können wir uns aufgrund des hohen spezifischen Ressourcenverbrauchs nicht mehr leisten.“ Wer bitte genau ist „wir“? Wollen die Grünen den Gemeinden vorschreiben, ob sie Baugebiete ausweisen dürfen? Und eigentlich sollte es beim Bau selbst völlig ausreichen, wenn der Bauherr sich den erforderlichen und sicherlich gegenüber dem Quadratmeterpreises eines DDR Plattenbaus höheren Aufwand leisten kann. Mich bringt schon die Unverfrorenheit, mit der sich dieses grüne „wir“ überall hineindrängt, auf die Palme.
Einschub: Oder bezieht sich dieses „wir“ womöglich auf die Eigentumsrechte am Kapital der Bauherren? Nach dem Schema „Alles gehört erstmal uns. Und natürlich haben wir ein Mitspracherecht bei allem, was ein Bürger mit dem, was wir ihm großzügigerweise überlassen, anfängt.“? Würde zur linken Abschöpf- und Umverteilmentalität passen. /Einschub.
Das alles wird hanebüchen begründet wie mit der Verödung und Leerstand in den Orstkernen, die natürlich eine Folge des Baues von Eigenheimen ist. Soso. Und mit der Landschaftszerstörung durch den Abbau von Sand, der sich in Asien teilweise bereits bis zum Raubbau gesteigert hat. Das leuchtet natürlich ein, die deutsche Landschaft ist ja wirklich landauf, landab von Sandgruben verschandelt, die man mühsam mit Windrädern kaschieren muss, die natürlich keinerlei Baustoffe benötigen. Und gleichzeitig zerstören die deutschen Eigenheimer mit ihren illegalen Sandimporten auch das Mekong-Delta.
So fachliche Unmöglichkeiten wie 100% Recyclingfähigkeit der Baustoffe zusammen mit 100% Energieneutralität (Es gibt keine bezahlbaren recylingfähigen Isolierstoffe) lasse ich mal außer Acht. Würden sich die Grünen um Machbarkeit und Realismus kümmern, läsen sich ja ihre Beschlüsse plötzlich viel weniger „vernünftig“.
Und natürlich lässt sich diese Orgie ganz einleuchtend mit der Notwendigkeit, Dinge kritisch zu beleuchten, begründen. Zumindest für Dich scheint das ja eine hinreichende Legitimation für jede beliebige Übergriffigkeit bis ins Privatleben hinein zu sein. Ich mache den Grünen auch nicht zum Vorwurf, dass sie sich überhaupt mit dem Thema beschäftigen, sondern dass sie so einen Unfug dazu zusammenschreiben.
Wenn Dir dazu aber nichts anderes als "bis in jedes Detail fremdbestimmten, kollektivierten Leben in einem Ökototalitarismus der Marke Grün" einfällt, und zwar auffällig reflexhaft, dann wirkt das auf mich einfach bloß verstockt. Und übrigens auch realitätsfremd. Es gibt inzwischen hinreichend Beispiele grüner Regierungen auf allen Ebenen. Such' den Ökototalitarismus...
Muss ich nicht lange suchen. Dann lass Dir noch mal die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung zum flächensparenden Wohnen und Arbeiten zur besseren Nutzung bestehender Flächen durch den Kopf gehen. Was bedeutet das ganz konkret in der Umsetzung? In welche Richtung weist das?
Mittlerweile ist es Politikum, was Du Dir auf den Teller tust, welches Verkehrsmittel Du nutzt und ob und wo Du Urlaub machst. Ich denke an den, wenn es nach grün ginge, gesetzlich verordneten Veggie-Day. Addiere hinzu, dass noch nicht mal mehr in Australien der Busch brennen kann, ohne dass Du an Klimawandel und „Wir müssen uns ändern!“ denken musst.
Ein Kennzeichen für Totalitarismus ist, dass sich die Politik bis in die letzten Ritzen des Privatlebens drängt und jede Daseinsäußerung eine politische Dimension erhält. Können wir abhaken. Andere Kennzeichen: Auch die grün geförderte Straßenkampf-Komponente gibt es, die Terrorisierung Andersdenkender, die Vergewaltigung der Sprache. Und es erzeugt insgesamt eine korrekte Haltung, die über jede Widersprüchlichkeit und jeden blanken Unsinn der Weltanschaung hinweg hilft.
Das war alles schon da gewesen und es ist alles wieder da. Dieses Mal eben in bunt.
Wenn Du die Ablehnung all dessen als Verstockheit bezeichnen willst, dann soll’s halt so sein.