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Erstaunliche Menschheitsgeschichte

William Morris

Meister des Tabernakels
4. Mai 2015
3.764
Wie dem auch sei, wir entfernen uns vom Thema der Erbsünde und ich möchte darauf wieder zurückkommen.

Ein Hindernis, sie an sich nachvollziehen zu können, ist dabei, dass der heutige Mensch keine auf sich übertragene Schuld seiner Vorfahren empfindet und daher meinen könnte, Erbsünde sei Unsinn. Eben das fehlende Empfinden aber ist die Folge, was als Erlösung genannt wird. Nur dreht die Kirche daran, man sei nur dann Teilnehmer der Erlösung, wenn man ihr angehörig sei und tüchtig an Jesus glaubt, wie sie es für richtig hält.
Ein anderes Problem besteht in der Frage der Art und Weise der Übertragung. Heute versteht darunter der moderne Mensch bestenfalls moralische Vorwürfe, wie etwa "Messerstecher". Es wird traditionell von "Blut" gesprochen, das durch die Generationen rinne. Das Blut sei der Überträger von Generation zu Generation. An dieser Übertragung ist durch die Erlösung eine Bremse bedingungslos für alle Menschheit eingetreten. Dadurch kann der Mensch freier und individueller sein und kann seine Individualität besser entfalten.
Natürlich ist Erbsünde Unsinn, sie ist einfach ein religiöses Konstrukt, einer unbedarften Bevölkerung, die sich damals gegen religiöse Bevormundung nur schwer wehren konnte, eine kaum zu tilgende Schuld aufzubürden, die deren Unterdrückung vereinfachen konnte.
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.321
Ein Hindernis, sie an sich nachvollziehen zu können, ist dabei, dass der heutige Mensch keine auf sich übertragene Schuld seiner Vorfahren empfindet und daher meinen könnte, Erbsünde sei Unsinn. Eben das fehlende Empfinden aber ist die Folge, was als Erlösung genannt wird. Nur dreht die Kirche daran, man sei nur dann Teilnehmer der Erlösung, wenn man ihr angehörig sei und tüchtig an Jesus glaubt, wie sie es für richtig hält.

Also für mich ist das ein Zirkelschluss oder zu mindest nah daran. Denn nur durch das Postulat der Erbsünde braucht es die Erlösung, die anderenfalls nicht notwendig wäre.

Es wird traditionell von "Blut" gesprochen, das durch die Generationen rinne. Das Blut sei der Überträger von Generation zu Generation. An dieser Übertragung ist durch die Erlösung eine Bremse bedingungslos für alle Menschheit eingetreten. Dadurch kann der Mensch freier und individueller sein und kann seine Individualität besser entfalten.

Geht man einmal davon aus, dass man kein Familienangehöriger mit de-facto-Inszest ist (1), dann hat ein jeder von uns je 50% der Gene seines Vaters und seiner Mutter, je 25% von seinen Großeltern, je 12,5% von seinen Urgroßeltern usw. usf. Die Zahlen werden schnell kleiner, sodass schon rein rechnisch kaum mehr von Blutlinien reden kann. Man kann ausrechnen, wie lange man in der Zeit zurückgehen muss, um für heute jeden Menschen einen Verwandten zu finden und wir somit alle miteinander verwandt sind. Weit weniger zurück, als man vielleicht annehmen sollte, liegt die Zeit (wenn ich mich richtig erinnere) um etwa das Jahr 1.000. Aus genetischer Sicht ist es möglich, dass man mit einem Afrikaner in Togo mehr gemeinsame Gene hat als mit einem deutschen Nachbarn 3 Straßen weiter. In jeder Population gibt es auch noch eine unterschiedliche Größenordnung von Kuckuckskindern, 1-18% in westlichen Nationen, die zumindest mit der väterlichen Linie nichts mehr gemein haben.

Traditionelle Konzepte der Moral stammen aus Zeiten mit weniger Erkenntnis und anderen Wirtschafts- und Sozialstrukturen. Sie werden daher heutigem Wissen und Strukturen nicht mehr gerecht und sind daher obsolet. Wir leben in einer Zeit, in der Sex ohne Reproduktion und Reproduktion ohne Sex möglich sind. Die Texte der Bibel beschreiben Gesellschaftsstrukturen, die es heutzutage so nur noch in Entwicklungsländern gibt. Die für sie entstandenen Normen und Regeln waren damals (2) notwendig, heute sind sie es nicht mehr.


Anmerkungen:

(1) Wie etwa im europäischen Adel. Der letzte der spanischen Habsburger, Karl II. "der Verhexte", war genetisch zerschossen, ein Wrack, ständig krank, debil und außerdem impotent. Aufgrund von Ahnenverlust zählte die fünfte Generation der Vorfahren Karls statt der möglichen 32 lediglich zehn Personen und alle seine sechs Urgroßeltern stammten direkt von Johanna von Kastilien („der Wahnsinnigen“) ab.

(2) Und wenn man das AT aufmerksam liest und ggf. mit etwas sachkundiger Hilfe interpretiert, haben die damaligen Strukturen auch oft nicht so funktioniert, wie sie vorgesehen waren - oder zumindest nicht für jeden. Frühe arbeitsteilige Gesellschaften waren anfällig für Krisen und in der Folge kam es zur Bildung von Räuberbanden, dem Kollaps ganzer Wirtschaftssysteme und Schutzgelderpressung (z.B. David).
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.819
Es muss trotz der Parallelen ja einen Unterschied geben, denn Horus ist nicht Träger des Christus geworden. Aber meine Recherchen führen auch dahin, dass die Welt vor Golgatha Vorreiter wie Horus und damit auch ein Vorwissen über das Kommende einer neuen Zeit mit dem Christus hatte.
Die Parallelen sind größtenteils frei erfunden.

Die Parallelen, die es tatsächlich gibt, werden kurioserweise nie thematisiert.

Oder eben nicht kurioserweise, sondern natürlich. Das kommt eben von christlich-fundamentalistischen Amerikanern, die von Ägypten keine Ahnung haben.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.819
Natürlich ist Erbsünde Unsinn, sie ist einfach ein religiöses Konstrukt, einer unbedarften Bevölkerung, die sich damals gegen religiöse Bevormundung nur schwer wehren konnte, eine kaum zu tilgende Schuld aufzubürden, die deren Unterdrückung vereinfachen konnte.
Nur daß das Christentum sich als Graswurzelreligion verbreitet hat und von der Regierung zunächst blutig verfolgt wurde.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.819
Man kann ausrechnen, wie lange man in der Zeit zurückgehen muss, um für heute jeden Menschen einen Verwandten zu finden und wir somit alle miteinander verwandt sind. Weit weniger zurück, als man vielleicht annehmen sollte, liegt die Zeit (wenn ich mich richtig erinnere) um etwa das Jahr 1.000.
Das ist, auch wenn ich jetzt keine Quelle nennen kann, offensichtlich falsch. Populationen, altmodisch ausgedrückt Völker, sind genetisch eigtl. sehr stabil. Ich bin von der einen Seite her vermutlich germanisch-slawische Mischrasse, von der anderen Seite her vermutlich hier ansässig seit der Erstbesiedlung, der Name meiner Urgroßmutter ist ein Flurname hier um die Ecke. Ich nehme an, daß da seit dem Jahr 1000 n.Chr. nicht viel Vermischung stattgefunden hat und ich wüßte auch nicht, wie das in den tausend Jahren davor passiert sein sollte. Durchziehender Hunne oder Ungar? Daß einer meiner Vorfahren umgekehrt ein avarisches Mädchen erbeutet hat, halte ich bei meiner bürgerlichen Abstammung für unwahrscheinlich.

Noch viel unwahrscheinlicher als ein Hunne oder Ungar ist ein Afrikaner oder Asiate, und ein Indianer ist sogar gänzlich ausgeschlossen. Wenn ich überhaupt mit einem Indianer verwandt bin, dann über die paar Tanten und Onkel, die nach Mexiko ausgewandert und heute nur noch Familiensage sind.

Natürlich hat man da noch ein paar hundert Jahren derben Ahnenverlust, aber das ist nicht weiter gefährlich, und soweit ich den Stammbaum überblicke, ohne nachlesen zu müssen, hat es in den letzten 150 Jahren keine Verwandtenehen gegeben und trotzdem ist alles in der engeren Region geblieben, bis erster und zwoter Weltkrieg alles etwas durcheinander gewürfelt haben.
Wie etwa im europäischen Adel. Der letzte der spanischen Habsburger, Karl II. "der Verhexte", war genetisch zerschossen, ein Wrack, ständig krank, debil und außerdem impotent. Aufgrund von Ahnenverlust zählte die fünfte Generation der Vorfahren Karls statt der möglichen 32 lediglich zehn Personen und alle seine sechs Urgroßeltern stammten direkt von Johanna von Kastilien („der Wahnsinnigen“) ab.
Karl war aber keineswegs typisch für den europäischen Adel. Er war das Opfer einer absoluten Sondersituation, nämlich des Versuches, den spanischen und den österreichischen Teil der Familie zusammenzuhalten. Dafür wurden die Kirchengesetze, die sonst immer dazu mißbraucht worden waren, eine gescheiterte Ehe wg. "zu enger Verwandtschaft" aufzulösen, bis zum Zerbrechen in die diesmal andere Richtung verbogen. Aus den österreichischen Habsburgern haben sich die Erbschäden ein paar Generationen nach dem Erlöschen der spanischen Linie wieder hinausgemendelt. Ansonsten war der niedere Adel zahlreich, der hohe Adel international genug, um genetisch ziemlich gesund zu bleiben.

Als seltsame Unfälle der Geschichte muß man dabei Königin Viktoria v. England und das Haus Sachsen-Coburg und Gotha betrachten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt viele für höchste Häuser ebenbürtige Nachkommen hatten und unabsichtlich für eine Verfetterung und Verbasung des europäischen Hochadels sorgten, die so nicht die Regel war.
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.321
Das ist, auch wenn ich jetzt keine Quelle nennen kann, offensichtlich falsch. Populationen, altmodisch ausgedrückt Völker, sind genetisch eigtl. sehr stabil. Ich bin von der einen Seite her vermutlich germanisch-slawische Mischrasse, von der anderen Seite her vermutlich hier ansässig seit der Erstbesiedlung, der Name meiner Urgroßmutter ist ein Flurname hier um die Ecke. Ich nehme an, daß da seit dem Jahr 1000 n.Chr. nicht viel Vermischung stattgefunden hat und ich wüßte auch nicht, wie das in den tausend Jahren davor passiert sein sollte. Durchziehender Hunne oder Ungar? Daß einer meiner Vorfahren umgekehrt ein avarisches Mädchen erbeutet hat, halte ich bei meiner bürgerlichen Abstammung für unwahrscheinlich.

Tatsächlich habe ich es vor einigen Jahren in einem Buch eines renommierten Genetikers gelesen. Tatsächlich ging es in anderen Teilen des Buchs auch um genetische Studien in England, die das o.g. wiedergeben. Im Kapitel über die Zeit weltweit gemeinsamer Vorfahren ist er sich sehr wohl bewusst, dass es sich um eine steile Aussage handelt, die sich nicht so ohne Weiteres erschließt. Ich bringe es aus der Erinnerung nicht mehr zusammen, und das Buch liegt mir nicht vor. Tatsächlich kann man es aber wohl mit einer langsamen, genetischen Drift begründen, die über viele Jahrhunderte dann doch stattfindet.
Der Autor begründet es auch näher, tatsächlich geht es auch um die Mathematik der Aussage als solcher.

"Germanisch" ist, nach heutigem historischen Verständnis und unter ethnischen Gesichtspunkten ins Wanken geraten. Was die Römer um das Jahr 0 als "Germanen" bezeichnet, das war keine einheitliche Ethnie. Wer sich ihnen anschloss und ihre Dinger durchzog, der war Germane, Völker waren erst im Entstehen.
Neuere genetische Untersuchungen archäolologischer Funde haben oft gezeigt, dass die Menschen selbst vorchristlicher Zeiten mobiler waren, als man das immer geglaubt hat. Aufgrund von Funden z.B. auf Irland fand man heraus, dass die irischen Jäger & Sammler genetisch komplett anders waren, als die Ackerbauern und Viehzüchter nach ihnen: Die Jäger & Sammler hatten Genkombinationen, die es heute überhaupt nicht mehr gibt, und die Ackerbauern & Viehzüchter kamen aus dem Nahen Osten, innerhalb weniger Jahrhunderte quer durch Europa, und nach Irland dann innerhalb von nur 100 Jahren und mutmaßlich in großer Zahl. Genauso im Übrigen wie die Nutztiere, die sie mitbrachten.
Und die geradezu typisch germanischen Attribute, blond, rothaarig, blaue oder grüne Augen, helle Haut, die entstanden erst danach.

Karl war aber keineswegs typisch für den europäischen Adel. Er war das Opfer einer absoluten Sondersituation, nämlich des Versuches, den spanischen und den österreichischen Teil der Familie zusammenzuhalten. Dafür wurden die Kirchengesetze, die sonst immer dazu mißbraucht worden waren, eine gescheiterte Ehe wg. "zu enger Verwandtschaft" aufzulösen, bis zum Zerbrechen in die diesmal andere Richtung verbogen. Aus den österreichischen Habsburgern haben sich die Erbschäden ein paar Generationen nach dem Erlöschen der spanischen Linie wieder hinausgemendelt. Ansonsten war der niedere Adel zahlreich, der hohe Adel international genug, um genetisch ziemlich gesund zu bleiben.

Bestimmte Krankheiten kamen im Hochadel häufiger vor, das weiß man schon lange, die Bluterkrankheit etwa.
In der Genetik gilt Karl II. allerdings geradezu als ein Paradebeispiel von systematisch und über Generationen geschrotteter Gene.

Aber es gibt in der Moderne auch andere Beispiele, die Völker der islamischen Welt zum Beispiel.
Statistisch ist das Risiko eines beliebigen saudiarabischen Ehepaars, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen, etwa doppelt so hoch wie in der westlichen Welt. Die bipolare Störung, für die man einen genetischen Zusammenhang vermutet, ist in einem Land wie Marokko viermal so häufig wie in Europa.
Als Grund sieht man die relative Verbreitung von Verwandtenehen an, i.d.R. Cousin-Cousine, die durch meist arrangierte Ehen entstehen.
Der Islam als Religion fördert sie zwar nicht implizit, verhindert sie aber auch nicht. Gesellschaftliche Strukturen wie die Ökonomie von Clans befördern solche Entwicklungen aber, denn wer in der Familie heiratet, der hat weniger Verwandte und muss mit weniger Verwandten teilen.
In der Moderne verstärken sich solche Prozesse sogar, da Fragen wie das Recht auf einen Aufenthalt im Westen und ggf. Familiennachzug solche Vorhaben begünstigen (es ist der familiäre Verwandte, der nachzieht).
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.819
Aufgrund von Funden z.B. auf Irland fand man heraus, dass die irischen Jäger & Sammler genetisch komplett anders waren, als die Ackerbauern und Viehzüchter nach ihnen: Die Jäger & Sammler hatten Genkombinationen, die es heute überhaupt nicht mehr gibt, und die Ackerbauern & Viehzüchter kamen aus dem Nahen Osten, innerhalb weniger Jahrhunderte quer durch Europa, und nach Irland dann innerhalb von nur 100 Jahren und mutmaßlich in großer Zahl. Genauso im Übrigen wie die Nutztiere, die sie mitbrachten.
Ja genau. Allerdings kamen erst die Ackerbauern aus Anatolien und dann die Viehzüchter aus der Steppe, die in Europa teilweise die männliche Bevölkerung praktisch auslöschten, von ihnen stammen wir ab. Mehr oder weniger. Abgesehen von solchen (lange zurückliegenden) Großereignissen herrschte erstaunliche Stabilität, und wenn man heute ein völkerwanderungszeitliches Gräberfeld freilegt und die Gelder für eine genetische Untersuchung an Land ziehen kann, dann sind die nächsten Verwandten der lieben Verstorbenen von damals die Menschen, die heute im Dorf leben. Minus die Heimatvertriebenen von '45.

"Germanisch" ist, nach heutigem historischen Verständnis und unter ethnischen Gesichtspunkten ins Wanken geraten. Was die Römer um das Jahr 0 als "Germanen" bezeichnet, das war keine einheitliche Ethnie. Wer sich ihnen anschloss und ihre Dinger durchzog, der war Germane, Völker waren erst im Entstehen.
Ach naja, das ist modern, aber das kann man so eigtl. nicht sagen. Die Germanen hatten eine gemeinsame Sprache, die sich von der ihrer Nachbarn unterschied. Sowohl Italiener als auch Kelten sind für uns Welsche (Waliser), wie wir für die Slawen die Stummen sind.

Bestimmte Krankheiten kamen im Hochadel häufiger vor, das weiß man schon lange, die Bluterkrankheit etwa.
In der Genetik gilt Karl II. allerdings geradezu als ein Paradebeispiel von systematisch und über Generationen geschrotteter Gene.
Ja, weil das so häufig eben nicht war. Die Kirche sah das ja auch nicht so gern mit der Cousinenheirat.

Aber es gibt in der Moderne auch andere Beispiele, die Völker der islamischen Welt zum Beispiel.
Weit bessere Beispiele sind das, würde ich sagen.
 

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.318
Also für mich ist das ein Zirkelschluss oder zu mindest nah daran. Denn nur durch das Postulat der Erbsünde braucht es die Erlösung, die anderenfalls nicht notwendig wäre.

Na ja, der ganze Glaube operiert ja sehr hart am Zirkelschluss, im es mal vorsichtig zu sagen.

So weit ich es verstanden habe, ist der Begriff der Erbsünde vordergründig doch mit etwas mehr Logik angelegt. Sie ist so etwas wie die Entropie des Handelns, sie zwangsläufig entsteht, sobald man handelt. Im Sinne von „You can‘t make an omelete without braking eggs.“ steht die Erbsünde eben für die zerbrochenen Eierschalen, die übrig bleiben, auch, wenn Du die Welt noch so sehr mit Deinen Omelettes bereicherst.

Jetzt ist vielleicht klarer, worin der Inhalt dieser „Schuld“ besteht - die Frage ist allerdings, ob man es überhaupt als eine „Schuld“ bezeichnen kann. Von Schuld kann man nach heutigen Moralvorstellungen ja nur reden, wenn es unproblematische Handlungsalternativen gäbe. Gibt es aber nicht. Wenn ich darauf verzichte, Eier zu zerbrechen, um Omelettes zu machen, verhungert jemand, und wenn es nur ich selbst bin. Und die Eier würden vollkommen sinnlos und ungenutzt schlecht werden.

Mir kommt auch dieses etwas albern vor. Also gut, es gibt also eine höhere Instanz, die die Welt so geschaffen hat, dass es lebensnotwendig ist, Eier zu zerbrechen, um Rührei zu machen. Wenn Du an diese Instanz glaubst, dann verzeiht sie Dir sogar auch die vielen zerbrochenen Eier, ansonsten macht sie Dir Vorwürfe für das, was nach ihren Regeln unausweichlich ist.

Toll. Das kommt mir jetzt ein bisschen banal vor, aber toll.

Bella Varia - ich frage Sie ganz ausdrücklich nicht um Ihre Meinung dazu. Und Sie haben mir ja lange Vorträge gehalten, wie es zu bewerten ist, wenn Fragen beantwortet werden, die in diesem Fall ausdrücklich nicht gestellt wurden.
 

Bella Varia

Vollkommener Meister
30. Juli 2023
523
Also für mich ist das ein Zirkelschluss oder zu mindest nah daran. Denn nur durch das Postulat der Erbsünde braucht es die Erlösung, die anderenfalls nicht notwendig wäre.

Der Begriff der Erbsünde steht nun einmal in einer religiösen Urkunde, die uns etwas über unsere Geschichte erzählt, wobei es ihr nicht um eine historische Beschreibung geht, sonst wär's ein profanes Geschichtsbuch, sondern um die geistigen Hintergründe.


... hat ein jeder von uns je 50% der Gene seines Vaters und seiner Mutter, je 25% von seinen Großeltern, je 12,5% von seinen Urgroßeltern usw. usf.

Hier ist aber ist nicht von Genen die Rede, sondern vom Blut und auch nicht vom Blut, wie es in einem naturwissenschaftlichen Werk beschrieben wäre, sondern wie‘s in einem religiösen gemeint ist.​
 

Popocatepetl

Ritter Kadosch
27. August 2013
6.404
wir sollten mehr kamelurin trinken. kamelurin wurde schließlich mal in einem sehr wichtigen religiösen schriftstück als gesundheitsförderlich bezeichnet !

prost !
 

Popocatepetl

Ritter Kadosch
27. August 2013
6.404
da wird ernsthaft dran geforscht...

vornehmlich in muslischen ländern weil A. "der prophet" ja recht haben muss ! und B. ernsthafte forschung dort bloß unter scharia gesetzen stattfinden darf....


mir tun die leute leid :( jeglicher fortschritt durch irgend einen auf papier gebrachten fiebertraum zerstört....
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.819
Von Schuld kann man nach heutigen Moralvorstellungen ja nur reden, wenn es unproblematische Handlungsalternativen gäbe.
Diese heutigen Moralvorstellungen wären aber armselig und klein. Sie würden ja ganz nebenbei auch noch die gesamte griechische Tragödie überflüssig machen. Sie wären nachgerade amoralisch.

(Übrigens habe ich einmal gelernt, daß das Nibelungenlied ganz archaisch germanisch und vorchristlich sei, weil das Christentum einen Konflikt gleichrangiger Verpflichtungen wie derjenigen Rüdigers nicht kenne, in einer idealen christlich-mittelalterlichen Welt lasse sich jeder Konflikt auflösen und Tragik sei ihr fremd. Aber das nur als Gedanke am Rande.)
 

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.318
Diese heutigen Moralvorstellungen wären aber armselig und klein. Sie würden ja ganz nebenbei auch noch die gesamte griechische Tragödie überflüssig machen. Sie wären nachgerade amoralisch.

Nö. Sehe ich komplett anders.

Der Grundkonflikt bei der Erbsünde beruht ja darauf, dass ich anderes Leben zerstören muss, wenn ich selbst überleben will. Selbst ein veganer Lebenswandel ändert da nichts dran, es sei denn man möchte behaupten, dass Pflanzen keine Lebewesen seien. Die schlichte Notwendigkeit, sich Naturgesetzen, die man weder geschaffen hat, noch beeinflussen kann, zu unterwerfen, zu einer „Erbsünde“, die einer Vergebung bedarf, hochzustilisieren, sehe ich als armselig und klein.

Und das auf einem naiv-bauernschlauen Niveau, das keinen Stoff für eine griechische Tragödie bietet, weil es einfach nur banal ist.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.819
Was ist armselig und klein daran, die Tatsache zu reflektieren, daß wir nicht leben können, ohne anderen zu schaden?
 

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.318
Dies zu reflektieren? Nichts. Überhaupt nichts. Ganz und gar nicht und im Gegenteil.

Wird dies durch den kirchlichen Gebrauch der sperrigen Begrifflichkeit der Erbsünde reflektiert?
 

Holger1969

Geheimer Meister
29. Juli 2023
266
Griechische Tragödie

Die griechische Tragödie kennt das Prinzip Sünden erben durchaus. Da ist die Rede vom Fluch der Tantaliden, dabei handelt es sich um die Nachfahren des Tantalos. Dieser Fluch besagte, dass jeder Nachfahre aus dem Stammbaum des Tantalos eine Sünde begehen muss - und zwar einen Angehörigen aus dem eigenen Geschlecht töten ->

"Über das von Tantalos gegründete Geschlecht der Tantaliden legten die Götter einen Fluch. Dieser Fluch besagt, dass jeder Nachfahre des Tantalos einen weiteren Nachfahren tötet und neue Schuld auf sich lädt." ->

 

Bella Varia

Vollkommener Meister
30. Juli 2023
523
"Über das von Tantalos gegründete Geschlecht der Tantaliden legten die Götter einen Fluch. Dieser Fluch besagt, dass jeder Nachfahre des Tantalos einen weiteren Nachfahren tötet und neue Schuld auf sich lädt."

So kenne ich es auch: "Zuletzt verfluchten die Götter Tantalos und seine Sippe, die Tantaliden. Solange es Nachfahren gäbe, besitze dieser Fluch Gültigkeit. Der Fluch bestand darin, dass jeder seiner Nachfahren ein Familienmitglied töten und weitere Schuld auf sich laden solle." Quelle: https://anthrowiki.at/Tantalos
 

Holger1969

Geheimer Meister
29. Juli 2023
266
So kenne ich es auch: "Zuletzt verfluchten die Götter Tantalos und seine Sippe, die Tantaliden. Solange es Nachfahren gäbe, besitze dieser Fluch Gültigkeit. Der Fluch bestand darin, dass jeder seiner Nachfahren ein Familienmitglied töten und weitere Schuld auf sich laden solle." Quelle: https://anthrowiki.at/Tantalos
Ja, es bedeutet allerdings auch, dass das Prinzip der Sünde mittels Erbe nicht neu ist.
 
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