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Erstaunliche Menschheitsgeschichte

Malakim

Insubordinate
31. August 2004
14.013
Wir können das drehen und wenden wie wir wollen, am Ende ist unsere aktuelle Moral von ca. 2000 Jahren christlicher Geschichte geprägt...
Moralvorstellungen sind wohl weltweit durch die jeweilige Geschichte einer Region inklusive der ansässigen Religionen geprägt.
In der Bibel ist durchaus eine langwierige Veränderung der menschlichen Moral abgebildet.

Ich stimme Dir zu das unsere Moralvorstellungen durch die Religionen beeinflußt wurden.
Möchte aber stark anzweifeln das Religion zur Ausbildung einer Moral notwendig sind und bin sogar der Meinung das sie schädlich werden im weiteren Verlauf.

Wir haben diverse Beispiele von Urvölkern die ganz ohne Buchreligion gelernt haben das man sich nicht gegenseitig umbringt oder bestielt. Oft genug haben solche Völker ganz andere Moralvorstellungen zu denen wir heute schauen und uns fragen ob nicht wir es sind die falsch abgebogen sind.
Nicht stehlen, nicht Morden, nicht begehren eines anderen Weib und so weiter ergeben sich ganz von alleine aus dem Streit der durch solche Handlungen entspringt. Sie lassen sich intellektuell erschließen. Durchsetzen lassen sie sich mit weltlichen Strafen.

Mir persönlich machen Menschen eher Angst die als Begründung warum sie ihren Nachbarn nicht umnieten GOtt und Hölle ins Feld führen. Wir haben auch die größten Gewaltexzesse der Menschheit aus diesem Umfeld heraus beobachtet, nämlich genau dann wenn die Obermufftis der Religionen es für richtig hielten die Moral mal ausser Acht zu lassen und es OK zu finden wenn bestimmte Menschen ermordet werden. Jemand der seinen moralischen Kompass aus einer Religion bezieht geht dann los und sprengt sich selbst in einem Einkaufszentrum, ein Mensch der aus Einsicht seine Moral bezieht tut sowas nicht.


Also summa summarum sind die Religionen was das Thema Moral betrifft eher ein Problem als ein Segen würde ich sagen!
 

William Morris

Meister des Tabernakels
4. Mai 2015
3.764
Ich gehe nicht davon aus dass Christen eher von Diebstahl absehen weil sie mit göttlicher Strafe rechnen.
Es ist wohl eher so dass sich bei religiösen Menschen ein erhabenes Grundgefühl der moralischen Überlegenheit breit machen kann.
Im christlichen Umfeld steht Strafe garnicht mehr im Vordergrund, es ist eher die Aussicht auf Belohnung bei kontinuirlich gutem Verhalten und Denken.
Kleinere Fehler wie eine Notlüge oder Diebstahl aus der Not herraus können passieren, wenn die Grundhaltung fromm genug ist wird sich das irgendwie ausgleichen...

Gruss Grubi
Gab da mal so ein Experiment, wo kirchliche Würdenträger zu einem Seminar über Wohltätigkeit eingeladen waren und in der Nähe saß ein Bettler. Der hat von denen weniger bekommen als von der gottlosen Durchschnittsbevölkerung.

Nur weil das Christentum seit Jahrhunderten predigt, keine Moral ohne uns, muss das zwangsläufig stimmen.
 

Grubi

Moderator
Teammitglied
1. Juni 2008
6.686
Ich stimme Dir zu das unsere Moralvorstellungen durch die Religionen beeinflußt wurden.
Möchte aber stark anzweifeln das Religion zur Ausbildung einer Moral notwendig sind und bin sogar der Meinung das sie schädlich werden im weiteren Verlauf.

Wir werden leider keine Gesellschaft finden die frei von religiösen Einflüssen eine Moral mit einem "roten Faden" entwickelt hat.
Selbst in den kleinen noch verbliebenen isolierten Stammesgemeinschaften schwingt schon mindestens ein Ahnenkult mit,
oder ein Ältestenrat ist darum bemüht Moralvorstellungen weiter zu geben weil sie sich bewährt haben.
In der Regel entsteht dann schnell eine Geschichte die man sich gut merken und leicht weiter vermitteln kann.

Ich vermute ebenfalls dass man eine gesellschaftsverträgliche Moral ohne religion entwickeln kann.
Bei Kindern entwickeln sich moralische Gefühle ungefähr ab Kindergartenalter, da sind sie wohl kaum grossartig religiös geprägt und sie lernen eher durch beobachten und ausprobieren verschiedener Verhaltensweisen.
Moralische Verhaltensweisen und Gefühle ändern sich dann wohl ein Leben lang, dementsprechend kann man da noch viel religiös einwirken...
Wir haben diverse Beispiele von Urvölkern die ganz ohne Buchreligion gelernt haben das man sich nicht gegenseitig umbringt oder bestielt. Oft genug haben solche Völker ganz andere Moralvorstellungen zu denen wir heute schauen und uns fragen ob nicht wir es sind die falsch abgebogen sind.
Nicht stehlen, nicht Morden, nicht begehren eines anderen Weib und so weiter ergeben sich ganz von alleine aus dem Streit der durch solche Handlungen entspringt. Sie lassen sich intellektuell erschließen. Durchsetzen lassen sie sich mit weltlichen Strafen.
Vermutlich ist es aber nicht möglich eine ganze Gesellschaft auf einen moralischen Pfad mit zu nehmen wenn man keine gute Geschichte pasend dazu hat.
Eine Gruppe oder Gesellschaft definiert sich durch Normen und Moralvorstellungen.
Das wäre alles nur eine lose Textsammlung mit guten Ideen aber ohne Seele.
Ich vermute dass sich religiöse Geschichten mit moralischem Lerninhalt besser vermitteln und über die Zeit retten lassen.
Wenn eine Gesellschaft keinen "roten Faden" findet, werden sich etablierte Werte nur schwer erhaletn können...

Kurze Frage am Rande.
Wäre es möglich freimaurerische Inhalte über lange Zeit zu vermitteln ohne ein umfassendes Grundgerüst, wie auch immer das aussehen mag?

Also summa summarum sind die Religionen was das Thema Moral betrifft eher ein Problem als ein Segen würde ich sagen!
Das versuche ich gerade etwas versöhnlicher zu sehen.
Wenn die Menschheit nicht diesen religiösen Weg gefunden hätte, der viel mit "Wissen" weitergeben und Lehren zu tun hat.
Hätten wir dann eine Kunstkultur entwickelt, gäbe es die Philosophie, wäre unser Forschungsdrang auch so ausgeprägt?
Am Ende hängt da mehr dran als man meint...

Gab da mal so ein Experiment, wo kirchliche Würdenträger zu einem Seminar über Wohltätigkeit eingeladen waren und in der Nähe saß ein Bettler. Der hat von denen weniger bekommen als von der gottlosen Durchschnittsbevölkerung.

Nur weil das Christentum seit Jahrhunderten predigt, keine Moral ohne uns, muss das zwangsläufig stimmen.

Natürlich ist bei dem Verein irgendwann etwas aus dem Ruder gelaufen, aber selbst die Aufklärung scheint keine religiosität verhindern zu können.

Religion appeliert an unsere moralischen Gefühle und ist dazu geeignet diese auszunutzen.
Besonders verwerflich finde ich es z.B. dass Religionen vielfältig Ängste das Jenseits betreffend schüren um gleich danach das Heilmittel aus dem Kelch zu zaubern.
Wie Malakim auch schon erwähnte werden religiöse Führer schnell zum Problem wenn sie mit ihrer Macht nicht umgehen können.
Aber für solche Vergehen spielt der Verein keine grosse Rolle habe ich gelernt, Ärsche gibts überall.

Gruss Grubi
 

William Morris

Meister des Tabernakels
4. Mai 2015
3.764
Das versuche ich gerade etwas versöhnlicher zu sehen.
Wenn die Menschheit nicht diesen religiösen Weg gefunden hätte, der viel mit "Wissen" weitergeben und Lehren zu tun hat.
Hätten wir dann eine Kunstkultur entwickelt, gäbe es die Philosophie, wäre unser Forschungsdrang auch so ausgeprägt?
Am Ende hängt da mehr dran als man meint...

Gruss Grubi
Ich bin zugegeben vollkommen atheistisch geprägt und hatte in meinem Leben Null Berührungspunkte mit der Kirche und das ist auch gut so.

Da das Christentum die vorherrschende Religion in Europa war und ist, die haben frühzeitig erkannt, Wissen ist Macht und lange Jahre darauf geachtet, das Wissensmonopol zu behalten. Eigentlich schon komplett irre, Bibelübersetzungen in die jeweiligen Landessprachen mit Gewalt (!!) zu verhindern. Und historisch gesehen, nahm die Menschheitsentwicklung erst richtig Fahrt auf, als sie ihre religiösen Fesseln abgestreift hatte. Deswegen kann man zum Beispiel vor Menschen wie Charles Darwin nur den Hut ziehen, der bei seinen Beobachtungen einfach gemerkt hat, was in der Bibel steht, kann einfach nicht stimmen. Und es geschafft hat, sich von dieser Indoktrination zu befreien.

Warum soll es Kunst, Philosophie usw. ohne Religion nicht geben.
 

Grubi

Moderator
Teammitglied
1. Juni 2008
6.686
Warum soll es Kunst, Philosophie usw. ohne Religion nicht geben.

Wenn wir rückblickend die Masse an Hinterlassenschaften unserer Vorfahren betrachten, ist es auffällig dass wir überwiegend Tempel und Grabanlagen vorfinden.
Religiöse Ideologien dürften stets Anriebsfedern gewesen sein die Menschen über sich hinauswachsen liessen.
Tempel oder Kirchenbau hat die Handwerkskunst stets beflügelt und Bauwerke verursacht die uns heute noch zum Staunen bringen.
Das hat jeweils auch ganze Gesellschaften zusammengeschweisst und Identität gegeben.

Religiöse Betrachtungen wurden zu philosophischen Gedankenspielen und aus der guten alten Moral wurde die ethische Betrachtungsweise von richtig und falsch...
Das ist vielleicht ein bischen wie Krieg, keine schöne Sache ansich, aber doch eine enorme Triebfeder wenn es um Forschung und technische Weiterentwicklung geht.
Im Gegensatz zu Dir bin ich übrigens komplett christlich geprägt und erzogen und habe alle Sakramente bis auf die Krankensalbung erhalten.
Nun will ich mit diesem Verein möglichst wenig zu tun haben, als Atheist findet man da langfristig keine Heimat ;)
Aber rückblickend will ich auf diese religiöse Erfahrung nicht verzichten, es hilft mir persönlich ein bischen zu verstehen warum die Menschheit eine überwiegend religiöse Geschichte hinter sich hat....

Gruss Grubi
 

Malakim

Insubordinate
31. August 2004
14.013
Wir werden leider keine Gesellschaft finden die frei von religiösen Einflüssen eine Moral mit einem "roten Faden" entwickelt hat.

Das wirft die Frage auf ob es Gesellschaften ohne Religion gibt.

Vermutlich ist es aber nicht möglich eine ganze Gesellschaft auf einen moralischen Pfad mit zu nehmen wenn man keine gute Geschichte pasend dazu hat.
Eine Gruppe oder Gesellschaft definiert sich durch Normen und Moralvorstellungen.
Das wäre alles nur eine lose Textsammlung mit guten Ideen aber ohne Seele.
Ich vermute dass sich religiöse Geschichten mit moralischem Lerninhalt besser vermitteln und über die Zeit retten lassen.
Wenn eine Gesellschaft keinen "roten Faden" findet, werden sich etablierte Werte nur schwer erhaletn können...

Da werfe ich Konfuzius ins Rennen und werfe ferner die Frage auf ob die Idee der Aufklärung nicht genau das Ziel hatte andere Fundamente als Religiöse zu erschaffen. Gesellschaftliche Einsicht müsste ein stabileres Fundament sein als. Beispielsweise anti rassistische Moralvorstellungen haben sich sogar GEGEN die Religion aus der Einsicht heraus entwickelt. Die großen Religionen sind im Kern eher rassistisch, sexistisch und in keiner Form so tolerant wie sie vorgeben zu sein. Sowohl der Rassismus als auch der Sexismus der Religionen wurde durch Einsicht überwunden.

Kurze Frage am Rande.
Wäre es möglich freimaurerische Inhalte über lange Zeit zu vermitteln ohne ein umfassendes Grundgerüst, wie auch immer das aussehen mag?

Dazu müsste es feste Inhalte geben. Es gibt keine vermittelten Moralvorstellungen innerhalb der Freimaurerei. Aber sag das nicht den anderen Brüdern ... psst.


Das versuche ich gerade etwas versöhnlicher zu sehen.
Wenn die Menschheit nicht diesen religiösen Weg gefunden hätte, der viel mit "Wissen" weitergeben und Lehren zu tun hat.
Hätten wir dann eine Kunstkultur entwickelt, gäbe es die Philosophie, wäre unser Forschungsdrang auch so ausgeprägt?
Am Ende hängt da mehr dran als man meint...

Da es religiöse Beispiele gibt in denen die Religion hier geholfen hat als auch welche in denen Religion der stärkste Hemmschuh ist, möchte ich annehmen das diese Frage schwer zu klären ist. Kunst gibt es sicherlich auch ohne Religion und das Denken über das Sein kommt auch ganz von alleine ... nehme ich an.
Defakto wird Religion immer zum Problem und Hemmschuh weil das Gedankengebäude entweder brüchig ist und nicht durchdacht werden darf (Bahai, Islam) oder durch Festlegungen denkbar gemacht wird (Christentum). So oder so entsteht eine Bremse.
 

William Morris

Meister des Tabernakels
4. Mai 2015
3.764
Wenn wir rückblickend die Masse an Hinterlassenschaften unserer Vorfahren betrachten, ist es auffällig dass wir überwiegend Tempel und Grabanlagen vorfinden.
Religiöse Ideologien dürften stets Anriebsfedern gewesen sein die Menschen über sich hinauswachsen liessen.
Tempel oder Kirchenbau hat die Handwerkskunst stets beflügelt und Bauwerke verursacht die uns heute noch zum Staunen bringen.
Das hat jeweils auch ganze Gesellschaften zusammengeschweisst und Identität gegeben.

Religiöse Betrachtungen wurden zu philosophischen Gedankenspielen und aus der guten alten Moral wurde die ethische Betrachtungsweise von richtig und falsch...
Das ist vielleicht ein bischen wie Krieg, keine schöne Sache ansich, aber doch eine enorme Triebfeder wenn es um Forschung und technische Weiterentwicklung geht.
Im Gegensatz zu Dir bin ich übrigens komplett christlich geprägt und erzogen und habe alle Sakramente bis auf die Krankensalbung erhalten.
Nun will ich mit diesem Verein möglichst wenig zu tun haben, als Atheist findet man da langfristig keine Heimat ;)
Aber rückblickend will ich auf diese religiöse Erfahrung nicht verzichten, es hilft mir persönlich ein bischen zu verstehen warum die Menschheit eine überwiegend religiöse Geschichte hinter sich hat....

Gruss Grubi
So schön es jetzt ist, eine alte Dorfkirche/ Dom usw heute als Tourist zu besuchen. Ich frage mich dann aber eher, wie komplett dumm es eigentlich ist, einem übernatürlichen Wesen (ob es nun existiert oder nicht), das größte und prunkvollste Gebäude der Stadt zu errichten, während die Menschen drumherum in kleinen Lehmhäusern wohnten. Es war natürlich eine reine Machtdemonstration des jeweiligen Kultes und für mich eher ein Zeichen der Verachtung gegenüber den Problemen der einfachen Leute.

Man könnte sich die Frage eben genau andersrum stellen, wie viel Energie und Manpower wurde verschleudert, um einen Gott zu huldigen, der solche Bauten überhaupt nicht benötigt hat. Und was hätte man an dessen Stelle alles erreichen können.

Die Pyramiden, so beeindruckend sie immer noch sind, haben einen erklecklichen Teil der ägyptischen Wirtschaftskraft verschlungen und sind ein reiner Totenkult, der den Lebenden nicht viel gebracht hat.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.828
"
Nach der ersten überlieferten Übersetzung einer biblischen Schrift ins Deutsche im frühen 9. Jahrhundert entstanden in den folgenden Jahrhunderten viele weitere Übersetzungen von Teilen der Bibel. Insgesamt sind etwa 70 deutsche Übersetzungen vor der Reformation nachweisbar, darunter verschiedene Evangelienharmonien.

Im 11. Jahrhundert zeigt Notker Labeos kommentierende Übersetzung „eine neue Stufe übersetzerischen Könnens“, was sich anhand seiner Bibelzitate vor allem in der Freiheit der Wortstellung gegenüber der Vorlage ablesen lässt.[6]

Die über 50 Wien-Münchener Evangelienfragmente gelten als Überreste der einzig bekannten Bibelübersetzung des 12. Jahrhunderts.

Erste komplette deutsche Übersetzungen des Neuen und des Alten Testaments entstanden im 14. Jahrhundert. Die älteste überlieferte Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche ist eine Augsburger Pergamenthandschrift von 1350. Mit der in Prag entstandenen so genannten Wenzelsbibel gab es Ende des 14. Jahrhunderts auch eine handschriftliche Übersetzung des Alten Testaments, allerdings ohne die Kleinen Propheten.[7] Im 14. und 15. Jahrhundert entstanden auch außerhalb der Klöster eine Vielzahl zum Teil hochwertiger mittelhochdeutscher Übersetzungen, auf die Martin Luther und andere zurückgreifen konnten. Eine aus dem 14. Jahrhundert stammende Übersetzung samt Kommentaren des sogenannten Österreichischen Bibelübersetzers wird seit 2016 von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben.[8]

Schon 11 Jahre nach dem Druck der lateinischen Bibel durch Johannes Gutenberg erschien eine erste deutschsprachige Bibel als gedrucktes Buch, die Mentelin-Bibel. Ihr Drucker und Verleger war Johannes Mentelin in Straßburg 1466. Bis zu Luthers Neuem Testament (1522) erschienen 14 oberdeutsche und von 1478 an 4 niederdeutsche Vollbibeln im Buchdruck, einige davon mit Holzschnitten illustriert, dazu viele Ausgaben einzelner Bibelteile. "

Wikipedia.

 

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.320
Ich denke bei diesen Diskussionen immer daran, dass die Römer bereits im 1. Jahrhundert mit den ersten Dampfturbinen experimentiert haben. Was wäre gewesen, wenn sich diese Entwicklung geradlinig fortgesetzt hätte? Und was ist wohl geschehen, dass dies nicht geschehen ist und in dieser Hinsicht 1700 Jahre lang Sendepause war?

Es ist wohl eher kein Zufall, dass der Fortschritt erst wieder einsetzte, nachdem die Kirche von der maßgeblichen weltlichen Macht verdrängt wurde.

Man kann die Vertreibung aus dem Paradis auch als grandiose Metapher auf derartige Prozesse verstehen. Verzichtet man mal darauf, in Kategorien wie Schuld und Strafe zu denken, bleibt von dieser Geschichte eines übrig. Mit seiner Rastlosigkeit, Neugier und Ungestüm ist der Mensch nicht imstande, einen Zustand, und möge er vordergründig noch so ideal sein, unverändert zu lassen. Es entspricht nicht seiner Natur, in einem vorgefertigten Paradis nur zu konsumieren und zu verblöden. Er wird immer hinaus gehen und sich die Welt untertan machen und dabei gutes wie schlechtes schaffen. Gott straft nicht, wenn er dazu sagt „Ich sehe, im All-Inclusive-Büllerbü findet ihr weder Frieden noch Erfüllung. Also: Setzt Eure Ziele selbst, lebt Euer Leben in Selbstbestimmung und macht etwas draus, womit Ihr selbst zufrieden sein könnt!“.

Es ist traurig, dass die Geschichte ganz anders und natürlich viel repressiver gedeutet und ausgelegt wurde.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.828
Der Kirche wird immer eine Menge nachgesagt, was mehr oder minder frei erlogen ist. Da die Kirche ja rückständig ist und ihre Gegner progressiv sind, glaubt man ihnen das gerne und unbesehen.

Tatsache ist natürlich, daß Bibelübersetzungen in die jeweilige Volkssprache vor dem Buchdruck gar nicht besonders sinnvoll waren, da ohnehin nur die gebildeten Stände Zugriff auf die wenigen Bücher hatten.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.828
Die Pyramiden, so beeindruckend sie immer noch sind, haben einen erklecklichen Teil der ägyptischen Wirtschaftskraft verschlungen und sind ein reiner Totenkult, der den Lebenden nicht viel gebracht hat.
Bekanntlich verfechte ich die These, daß die Ägypter gar nicht wußten, wohin mit ihrem Produktionsüberschuß. Welche sinnvolle Verwendung gab es? Die Römer haben Straßen, Aquädukte und Thermen gebaut, das alles kannte man zu Cheops' Zeiten noch nicht.
Man könnte sich die Frage eben genau andersrum stellen, wie viel Energie und Manpower wurde verschleudert, um einen Gott zu huldigen, der solche Bauten überhaupt nicht benötigt hat. Und was hätte man an dessen Stelle alles erreichen können.
Stadtmauern, Spitäler, Universitäten, Markthallen, Rathäuser...

Alle diese Funktionen wurden aber auch von den Kirchen und Kathedralen erfüllt, davon zeugen kuriose Verbote, während der Predigt Viehmarkt zu halten usw...
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.828
Ich denke bei diesen Diskussionen immer daran, dass die Römer bereits im 1. Jahrhundert mit den ersten Dampfturbinen experimentiert haben. Was wäre gewesen, wenn sich diese Entwicklung geradlinig fortgesetzt hätte? Und was ist wohl geschehen, dass dies nicht geschehen ist und in dieser Hinsicht 1700 Jahre lang Sendepause war?
Reichskrise und Barbarensturm?
Es ist wohl eher kein Zufall, dass der Fortschritt erst wieder einsetzte, nachdem die Kirche von der maßgeblichen weltlichen Macht verdrängt wurde.
Brille, Schießpulver, hochseetaugliche Schiffe, Kompaß, Globus, kopernikanisches Weltbild (Kopernikus war Domherr), Mühlen in jedem hinterletzten Kaff, Universitäten, Dreifelderwirtschaft, Kummet, Buchdruck, alles kein Fortschritt?
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.828
Ich würde sagen, daß die Verhältnisse mit denjenigen im römischen Reich kaum zu vergleichen sind. Rom kannte weder Buchdruck noch Universitäten, und eine technische Spielerei kann außerhalb der Hauptstadt komplett unbekannt gewesen sein. Welche Anwendung gab es für die Dampfkraft?
 

Malakim

Insubordinate
31. August 2004
14.013
Ich meine auch das der langsame Zusammenbruch des Römischen Reiches, beginnend quasi direkt nach Hadrain, zum Verlust von technischen Errungenschaften geführt haben kann.
In der Hadrians Villa finden wir zum Beispiel Druckleitungen um ein Tal zu überbrücken und die tierisch Aufwändigen Wasserspiele in der Palastanlage zu beliefern. Die ganze Palastanlage verfällt quasi direkt nach dem Tod Hadrains weil die Nachfolger für sowas schlicht weder Zeit noch Geld hatten. Schon dieses Beispiel zeigt das Errungenschaften die nicht direkt mit Militär oder allgemeiner Versorgung zu tun hatten vergessen werden. Ich habe das Beispiel gewählt weil man da auch Fehler findet, die erste Druckleitung ist versandet und die Zweite wurde angefangen aber nicht fertig gebaut. Das war also noch nicht so ganz Reif und es fehlte dann Zeit und Geld das zu ende zu führen oder für sinnvolle Zwecke zu adaptieren.
Ich nehme an das Dampfdruck auch in einem begrenzten Anwendungsfeld zu finden war und es dann einfach nicht mehr gereicht hat das für alle nutzbar zu machen.

Kann man sich auch ruhig mal ansehen, die Villa Adriana in Tivoli liegt abseits der Touri Massen und ist sehenswert!
 

Giacomo_S

Prinz der Gnade
13. August 2003
4.323
Ich denke bei diesen Diskussionen immer daran, dass die Römer bereits im 1. Jahrhundert mit den ersten Dampfturbinen experimentiert haben. Was wäre gewesen, wenn sich diese Entwicklung geradlinig fortgesetzt hätte? Und was ist wohl geschehen, dass dies nicht geschehen ist und in dieser Hinsicht 1700 Jahre lang Sendepause war?

Nicht die Römer, sondern ein Grieche: Heron von Alexandria, gestorben im Jahr 62.

Wahrscheinlich hat man das Potential der Technologie einfach nicht erkannt. Eine Spielzeug, nicht mehr, und für die echten Aufgaben des Lebens hatte man ja genug Sklaven. Vor einigen Jahren hat man allerdings eine mehrstufige römische Wassermühle gefunden, an einem Hang gelegen. Eine bislang für die Römer unbekannte Konstruktion - die aber wohl auch nur deshalb entstand, weil es in der Region nicht genug Sklaven gab.

Ein anderer, nicht zu unterschätzender Aspekt dürfte wohl auch sein: Die Römer hatten zwar keinen Buchdruck, und kein Papier, wohl aber Papyrus als billiges Schreibmaterial und eine ausgeprägte Lese- und Schriftkultur. Den Papyrus führten sie im großen Stil aus Ägypten ein, nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches brach die Versorgung mit Papyrus zusammen.
Danach gab es in Europa nur noch Pergament - gehämmerter Tierhaut, aufwändig herzustellen und vor allem teuer, außerdem nur langwierig zu beschriften.

Folgerichtig waren Bücher im MA nur etwas für Adlige und Kleriker, entsprechend auch die Inhalte.
In den 2000er Jahren fand und analysierte man ein Buch aus Pergament aus dem 13. Jh., ein sog. Psalimpsest: Jemand hatte im MA ein Buch aus Pergament zerschnitten und dadurch im Format halbiert, den ursprünglichen Text abgekratzt und seinen eigenen Text darauf geschrieben, um es wieder neu als Buch zu binden.
Der ursprüngliche Text war eine Kopie von Texten des Archimedes, darunter auch ein bislang völlig unbekanntes Werk. Ein mittelalterlicher Mönch hatte daraus ein Gebetbuch gemacht, Gebete bei Krankheit, Feuer, Überschwemmung usw. usf. Das zeigt, was für einen Blick man damals auf das ursprüngliche Werk hatte: Pergament war teuer und wurde wiederverwendet, der Archimedes war egal, und der Glaube das einzig Wahre.

Es ist wohl eher kein Zufall, dass der Fortschritt erst wieder einsetzte, nachdem die Kirche von der maßgeblichen weltlichen Macht verdrängt wurde.

Der Fortschritt setzte bereits wieder ein, als die chinesische Erfindung Papier in Europa ankam.
Ohne das Papier ergibt der Buchdruck keinen Sinn, man hätte ihn nicht entwickelt. Mit dem Buchdruck setzte eine Wissensexplosion ein, auch wenn gedruckte Bücher anfangs auch noch teuer waren. Es kommt zur Reformation, und auf einmal ergibt Lesen und Schreiben lernen überhaupt erst einen Sinn, denn vorher hatte man ja zusätzlich auch noch Latein zu erlernen, denn sonst hat es ja nichts zum Lesen gegeben.

Dennoch war längere Zeit nicht das Drucken selbst das Problem, sondern der Mangel an Papier. Frühe Druckproduktionen waren Investionen, die sich in Jahren bemaßen, teilweise sogar bis zu 20 Jahre - solange hat man dann erst einmal gebraucht, um das ganze Papier aufzutreiben. Das Papier stammt zwar ursprünglich aus China, aber wie beim Kompass und dem Schießpulver auch wurden die wesentlichen Weiterentwicklungen dieser Erfindungen dann in Europa gemacht.

Brille, Schießpulver, hochseetaugliche Schiffe, Kompaß, Globus, kopernikanisches Weltbild (Kopernikus war Domherr), Mühlen in jedem hinterletzten Kaff, Universitäten, Dreifelderwirtschaft, Kummet, Buchdruck, alles kein Fortschritt?

Der englische Mönch Roger Bacon gilt als der Erfinder der Lupe, aber mutmaßlich hat er Alhazens (965-1040) "Schatz der Optik" gelesen, welches mit den Kreuzzügen nach Europa kam und hier ins Lateinische übersetzt wurde. In diesem Werk findet Alhazen die Linsenkörper in Tieraugen und auch die richtige Theorie des Sehens (und widerlegt die überlieferte und falsche Sehstrahlen-Theorie des Aristoteles).
Hochseetaugliche Schiffe, Kompass, Globus, kopernikanisches Weltbild und nicht zuletzt die Uhr: Alles notwendige Entwicklungen, um den Orienthandel zu ermöglichen, und um den ging es. Ein Zahlenwerk wie das Tycho Brahes, 10x genauer als alles andere zuvor und im Zeitraum von 20 Jahren entwickelt, wäre nicht möglich gewesen ohne einen adligen Investor, der das alles finanziert. Und finanziert wurde es nur, um die Seefahrt zu verbessern.
 

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.320
@Ein wilder Jäger ,@Malakim , @Giacomo_S

Hm. Ich denke, im Kern geht es um die Frage, welche Rolle der christliche Glaube, Religion und Kirche auf dem Weg Europas in die Moderne gespielt hat. Haben Glaube und Kirche auf diesen Weg gebremst oder beschleunigt oder hat die Kirche da womöglich gar keinen Einfluss gehabt?

Dass unsere Moralvorstellungen christlich geprägt sind, steht dabei außer Frage.

Es bleibt trotzdem übrig, dass die ersten rund 1500 Jahre des Christentums von einem relativen Stillstand geprägt sind, und es dann begann, erst im Gebälk zu knistern und dann etwas immer schneller ins Rollen kam. Reformation, Rennaissance, Aufklärung, industrielle Revolution usw. Und, gemessen an den 1500 Jahren vorher, in einem atemberaubenden Tempo. Und einherging mit der Verdrängung der Kirche von den weltlichen Machtpositionen.

Wenn man sich gleichzeitig vor Augen hält, dass bereits die ollen Griechen und Römer den einen oder anderen Ansatz gezeigt haben, der in die Moderne weist, kommt man ja eigentlich nicht umhin anzunehmen, dass die - ich fasse es mal mit „Kirche“ zusammen - ganz ordentlich auf der Bremse gestanden haben muss.
 
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