Giacomo_S
Prinz der Gnade
- 13. August 2003
- 4.322
China hat auf längere Sicht die "dicksten Eier". Sie haben unsere Technologien, und die Rohstoffe die wir gerne hätten.
China durchlebt gerade eine schwere Wirtschaftskrise, eine Deflation. Erst haben sie einen völlig überhitzten Immobilienmarkt zugelassen und mehr als 50 Geisterstädte aus Bauruinen - jeweils ganze Städte aus Wohnhaus-Wolkenkratzern - fabriziert. Die Immobilienblase ist geplatzt und der größte Immobilienentwickler Evergrande ist insolvent. Das trifft China hart, denn rund 23% des BIP wird aus der Immobilienbranche errwirtschaftet.
Millionen von Kleinanlegern zahlen noch immer weiter für Bauruinen, an denen schon längst nicht mehr gebaut wird und in denen nie jemand wohnen wird.
Das ist vllt. auch besser so, denn viele dieser Bauwerke sind von derartig schlechter Qualität, dass es lebensgefährlich sein kann, in diesen zu leben. Die Korruption der Baufirmen und der Aufsichtsbehörden (oder zumindest deren Fahr- und Nachässigkeit) hat solche Ausmaße angenommen, dass es sogar bereits einen eigenen Begriff für diese Bauten gibt, die "Tofu-Buildings". Nicht erst Stürme bringen sie zum Einsturz, mit oder ohne Bewohner darin.
In der Folge ist die Binnennachfrage zusammengebrochen und hat weitere Kreise des produzierenden Gewerbes und des Handels mit in den Abgrund gerissen. Arbeitslosigkeit sowie Wohnungslosigkeit, stagnierende und sinkende Reallöhne verschärfen die Krise. Wer noch produziert und handelt, versinkt in der sog. Involution: Weil sich alle gegenseitig mit den Preisen fertig machen, um überhaupt noch etwas zu verkaufen, wird die Qualität der Produkte immer weiter reduziert, bis von den Produkten überhaupt nichts mehr übrig bleibt.
Der Ruf der Marke "Made in China" war ohnehin nicht immer der beste oder zumindest ambivaltent. Aktuell ist man vllt. besser beraten, vorerst keine Produkte aus China zu kaufen.
Ein Billiglohnland ist China schon lange nicht mehr, und so haben ausländische Investoren ihr Kapital abgezogen und/oder investieren nicht mehr neu. Produktionen werden in andere Länder (Indien, Pakistan, Bangladesch und Vietnam) verlagert oder sogar nach Europa und in die USA. Letzteres ist natürlich teurer, bietet aber mehr Stabilität und Produktsicherheit, außerdem hat nicht zuletzt Corona gezeigt, wie anfällig solche Lieferketten sein können.
"Unsere" Technologien und Rohstoffe in China: Dies trifft keineswegs auf alle zu. Rund 80% aller Mikrochips weltweit werden ausschließlich mit Optiken der Carl Zeiss AG hergestellt, die jeweils neuesten und hochwertigsten sowieso. Ohne Zeiss geht da also überhaupt nichts, weltweit nicht, denn andere bekommen die Linsen offenbar nicht auf die Reihe. Und beim Rohstoff Silizium sieht es nicht anders aus, der drittgrößte Hersteller für Polysilizium ist die deutsche Wacker Chemie GmbH. Schon möglich, dass woanders auf der Welt Mikrochips produziert werden, aber die dafür notwendigen Betriebsmittel, die kommen von hier. Und wenn ein ausländischer Hersteller über keine ausreichenden Devisen mehr verfügt, dann kann da auch ganz schnell Zapfenstreich sein mit der Halbleiterproduktion.