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Quo vadis, Euro?

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Danke beast, ich hab bewusst die Grafik genommen, weil sie sehr aussagekräftig ist, man sieht sofort die Ungleichgewichte, erschreckend insbesondere im Euroraum einen bunten Farbenteppich. Deine Zahlen sind aktueller, aber man muss sich einlesen.

Armut und Reichtum berührt das Euro-Thema insofern, dass man beim Euro eben arme und reiche Länder unter einem Hut bringen muss. Das erfordert Solidarität, die es ja gibt im Falle Griechenlands. Dass Hilfen nicht in einem Fass ohne Boden versickern, muss es strenge Auflagen geben.
 

beast

Moderator
Teammitglied
23. Februar 2009
5.806
AW: Quo vadis, Euro?

Danke beast, [...]

Das war, wie hier gewohnt, ein Kostenfreier Service der Redaktion..[...]

Und ja, es erfordert einen gewissen Einatz von persönlicher Lebenszeit...

Aber soviel Zeit sollte sein, odre?

Die Wahrheit klebt iwo dort draussen... :lol:
 
Zuletzt bearbeitet:

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Schon klar beast, aber es ist die Frage, ob sich der Aufwand lohnt. d.h. die Grafik wirklich veraltet ist und die Wahrheit auf der Strecke bleibt. Ich meine: nein.

Meine Grafik zeigt ein geglättetes Ergebnis, Zahlen werden über fast 30 Jahre aufsummiert. Nimmt man etwa 2 oder 3 Jahre noch dazu, verändert sich das qualitative Ergebnis nicht. Bedingt durch den mathematischen Glättungseffekt. Dieses Vorgehen ist sogar notwendig, um längerfristige Aussagen über Volkswirtschaften zu erzielen. Darum ging es mir.

Zudem wird der Beitrag durch eine "Zuviel an Zahlen" schlechter lesbar (wie eine wissenschaftliche Arbeit) und ich obwohl ich Zahle liebe und auch wissenschaftliche Artikel ...
Die Wikipedia-Grafik spiegelt die jetzige Wirklichkeit hinreichend genau wieder. China und Deutschland haben z.B. immer noch eine positive Leistungsbilanz, ebenso wie die USA eine negative.

Naja und dein Link zum innerdeutschen Armutsbericht (Einkommensspirale) tangiert das Thema Euro auch nur peripher ...Aber egal, bevor wir OT werden ...
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.871
AW: Quo vadis, Euro?

Man darf nicht vergessen, die Gemeinschaftswährung Euro sichert der deutschen Wirtschaft einen festen Währungskurs im Euroraum. [...] Eine enormer wirtschaftlicher Vorteil, für die der deutsche Staat zahlen muss.

Auf deutsch: "Die anderen" sollen weiterhin über ihre Verhältnisse leben dürfen, und wenn sich das nicht mehr so organisieren läßt, daß sie in unregelmäßigen Abständen abwerten und ihre Gläubiger betrügen, dann muß Deutschland ihnen das auf andere Weise ermöglichen.
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Auf deutsch: "Die anderen" sollen weiterhin über ihre Verhältnisse leben dürfen,
Nein, man braucht strenge Auflagen, die nicht aufgeweicht werden dürfen. Leider sitzt der deutsche Staat ja auch mit im Boot der Verschuldungssünder, im Vergleich zu anderen natürlich weniger.

Es ist überhaupt der Knackpunkt, wie Solidargemeinschaften funktionieren. Andere Solidargemeinschaften sind der Länderfinanzausgleich oder auch die Krankenkassen. Auch hier kann fragen: Schmarotzt Berlin zulasten Bayern (die Belastungen-Vergünstigungen sind ja von der Höher her vergleichbar.) Schmarotzt der Faule, der keinerlei Sport macht zulasten derjenigen, die sich nicht "gehen lassen"?

Es gibt immer schwache Partner, wie mit diesen umgehen? Beim Euro heißt unterstützen, Unterschiede zwischen Ländern ausgleichen. So haben die Gründungsväter des Euro gedacht, wohl zu idealistisch. Der Ansatz war zumindest teilweise zu einfach gedacht.

Ich sehe auch zwei Effekte: a) Der schwache Partner wird durch eine zu starke Kooperation (Währungsunion) mit den starken Partner weiter geschwächt (DDR-Volkswirtschaft mit der starken Westmark, 1990). b) Der schwache Partner nutzt den starken aus und spart im Falle des Euro nicht genug. Beides ist im Falle Griechenlands gegeben. Aber auch der starke Partner schreit, weil er zu viel zahlen muss.
Beide, der starke und der schwache Partner sind faktisch gefangen in einem System und müssen miteinander klar kommen. Notfalls muss aber auch die Scheidung möglich sein. Auf Teufel komm raus Griechenland im Euro halten zu wollen, ist falsch. Das gilt auch für größere Länder übrigens, wovor alle Angst haben. Das ist falsch. Man versucht erst eine Gesundheitskur und wenn diese nicht gelingt mus man eben kranke Organe entfernen (aus dem Euro).
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Quo vadis, Euro?

Man versucht erst eine Gesundheitskur und wenn diese nicht gelingt mus man eben kranke Organe entfernen (aus dem Euro).
Aber natürlich wartet man damit lange genug, bis die finanzielle und intellektuelle Elite
sich abgesetzt hat.
Griechische Vermögen sind transferiert, der Brain Drain ist so gut wie abgeschlossen.
Spanien steht da noch etwas zurück....
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Aber natürlich wartet man damit lange genug, bis die finanzielle und intellektuelle Elite
sich abgesetzt hat.
Griechische Vermögen sind transferiert, der Brain Drain ist so gut wie abgeschlossen.
Spanien steht da noch etwas zurück....
Ich habe ja bewusst hart formuliert. Die Politik eiert beim Problem Griechenland herum, was das schlimmste ist.
Man verliert Zeit und Zeit ist Geld. Man hätte Griechenland 2010 aus dem Euro entlassen sollen. Das wäre die beste Lösung für alle gewesen und die billigste.

Diese Geldabflüsse sind nur ein Problem unter vielen. Dieser Abfluss von Privatvermögen heißt ja nicht, dass der Bürger unsolidarisch mit dem griechischen Staat ist, er schützt sich nur selber, hat Vertrauen in den heimischen Banken verloren. Die griechischen Staatsschulden bleibt davon unberührt. Man hätte dass mit dem isländischen Ansatz (Verbot) verhindern können, wir sprachen ja schon mal drüber. So druckt die griechische Zentralbank eben Geld, um die Geldabflüsse auszugleichen. Auch eine Lösung.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.871
AW: Quo vadis, Euro?

Was würde es Griechenland denn nützen, aus dem Euro auszutreten - wenn das möglich wäre? Die Lücke zwischen Produktion und Konsum und die ungerechte Verteilung des Erwirtschafteten (Spezlwirtschaft) bleiben bestehen.

Strenge Auflagen, an die sich alle halten, werden mehr und mehr zur Utopie. Wer glaubt daran noch? Ich möchte noch einmal mein altbekanntes Gleichnis bemühen: Man kann ein Elektrogerät mit Sicherung betreiben, oder man kann die Sicherung überbrücken und einen Aufpasser danebenstellen, der den Stecker zieht, wenn es verbrannt zu riechen beginnt. Wir haben uns für überbrücken und aufpassen entschieden, und es geht andauernd schief. Erstens steht der Aufpasser unter der Beobachtung derjenigen, die die Maschine unbedingt laufen haben wollen, und zwotens hat der Aufpasser keine Anzeigen und Instrumente, sondern ist auf den Brandgeruch angewiesen.

Wir haben eine Weltwirtschaft. Wie soll sich denn ein Land daraus ausklinken, ohne die allerschlimmsten Folgen? Die DDR-Wirtschaft ist doch nicht wegen der starken Währung untergegangen, sondern wegen der Diskrepanz zwischen Produktion und Konsum, wegen der plötzlich in echtem Geld auszuzahlenden Löhne. Die Güterpreise wurden der Realität angepaßt, die Löhne nicht - aber wie lange hätte man denn die Anpassung der Güterpreise an die Realität noch aufschieben können? Wer hätte für Löhne arbeiten wollen, wie sie der Produktivität entsprachen?

Daß der Lebensstandard eines schwachen Landes höher wäre, wenn es seine Währung regelmäßig abwerten könnte, ist doch Augenwischerei. Die Volkswirtschaft kann nur mehr verbrauchen, als sie erzeugt, wenn das auf Kosten anderer geschehen kann.
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Strenge Auflagen, an die sich alle halten, werden mehr und mehr zur Utopie. Wer glaubt daran noch? Ich möchte noch einmal mein altbekanntes Gleichnis bemühen: Man kann ein Elektrogerät mit Sicherung betreiben, oder man kann die Sicherung überbrücken und einen Aufpasser danebenstellen, der den Stecker zieht, wenn es verbrannt zu riechen beginnt. Wir haben uns für überbrücken und aufpassen entschieden, und es geht andauernd schief. Erstens steht der Aufpasser unter der Beobachtung derjenigen, die die Maschine unbedingt laufen haben wollen, und zwotens hat der Aufpasser keine Anzeigen und Instrumente, sondern ist auf den Brandgeruch angewiesen.
Das Beispiel ist schön. Man braucht als Sicherung einen Automatismus, der im Fall des Euro (Verletzung des Maastrich-Kriterien) nicht gegeben ist. Im Falle einer Währungsabwertung aber schon, das machen die Märkte automatisch: schwache Wirtschaft -> Währungsabwertung -> höhere Konkurrenzfähigkeit im Ausland -> Wirtschaft erholt sich, mehr Steuereinahmen auch für den Staat. Deshalb poche ich ja so auf diesen automatischen Korrekturmechanismus. Thailand hat sich nach der Abkoppelung vom US-Dollar wieder gut erholt, es war ein erdrückendes Korsett gewesen.
Die DDR-Wirtschaft ist doch nicht wegen der starken Währung untergegangen, sondern wegen der Diskrepanz zwischen Produktion und Konsum,
Stimmt so nicht. Die Ursachen für das Siechtum lagen natürlich im System. Ich würde aber nicht sagen, "in der Diskrepanz zwischen Produktion und Konsum": der Konsum würde ja nicht hemmungslos ausgelebt. Eher aufgrund geringer Arbeitsproduktivität, dadurch gab es einen verminderten Lebensstandard gegenüber dem Westen.
Man muss das Problem betriebswirtschaftlich sehen. Die ostdeutschen Produkte waren mit den osteuropäischen durchaus konkurrenzfähig, sogar begehrt. Die osteuropäischen Märkte sind dann über Nacht weggebrochen, weil die Produkte mit der Währungsumstellung über Nacht zu teuer würden, alle Kosten (Löhne, Vorprodukte) wurden ja 1:1 umgestellt. Man kaufte dann gleich die Westprodukte. Die Währungsumstellung hat der angeschlagenen DDR-Wirtschaft den Todesstoss versetzt. Anders als in anderen osteuropäischen Transformationsländern wie Polen, die Betriebe gingen dort nicht unter.​
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Was würde es Griechenland denn nützen, aus dem Euro auszutreten - wenn das möglich wäre? Die Lücke zwischen Produktion und Konsum und die ungerechte Verteilung des Erwirtschafteten (Spezlwirtschaft) bleiben bestehen.
Die Wirtschaft würde international konkurrenzfähiger, damit auch mehr staatliche Steuereinnahmen. Es gäbe nicht diesen Druck, die Konvergenz mit der Bundesrepublik anzustreben. Ein Bsp.: die wichtige Tourismusindustie. Griechenland gilt mittlerweile als teuer, wird gemieden. Vielleicht 20 % teuer als früher, Ursache ist die harte Währung.​
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Die Volkswirtschaft kann nur mehr verbrauchen, als sie erzeugt, wenn das auf Kosten anderer geschehen kann.
Das stimmt, man muss dann Kredite aufnehmen, insbesondere der griechische Staat. Aber es gab ja "dumme" Gläubiger, die sich beim Zeitpunkt der Kreditgewährung einen Vorteil versprachen. Daher sind diese Gläubiger auch nicht in der reinen Opferrolle zu sehen (und der Staat auch nicht nur Nutznießer auf Kosten anderer).​
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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

dtrainer

Wiedergänger
17. Dezember 2008
10.562
AW: Quo vadis, Euro?

@ rola,
Wenn das Haus meines Nachbarn brennt, helfe ich löschen. Über Brandlöcher im Kittel oder Wasserkosten reden wir, wenn der Brand gelöscht ist.
Meinen Nachbarn abbrennen zu lassen, steht nicht zur Debatte.

Um mal über den Gartenzaun zu gucken: Griechenland ist ein kleines Problem. Wie wollen denn wirkliche Probleme (Sudan, Somalia, Kongo...) angehen wenn wir schon vor Kleinigkeiten zurückschrecken?
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.871
AW: Quo vadis, Euro?

So, dummer, dummer Fehler. Ich habe auf rola antworten wollen, und statt auf "Mit Zitat antworten" habe ich auf "Beitrag bearbeiten" geklickt. Scheibenkleister.

Die Folge: Beitrag # 129 war meine Antwort auf rola, und rolas ursprünglicher Beitrag fand sich nur noch in den Zitaten.

Ich habe versucht, den Beitrag wiederherzustellen und hoffe, daß nichts verloren gegangen ist. Sorry...

- - - Aktualisiert - - -

Das Beispiel ist schön. Man braucht als Sicherung einen Automatismus, der im Fall des Euro (Verletzung des Maastrich-Kriterien) nicht gegeben ist. Im Falle einer Währungsabwertung aber schon, das machen die Märkte automatisch: schwache Wirtschaft -> Währungsabwertung -> höhere Konkurrenzfähigkeit im Ausland -> Wirtschaft erholt sich, mehr Steuereinahmen auch für den Staat. Deshalb poche ich ja so auf diesen automatischen Korrekturmechanismus.
Wir sind uns einig. Auch die hohen Zinsen der Schuldenstaaten sind so ein Automatismus, daß er nach der Euroeinführung zehn Jahre aus dem Gleichgewicht war, hat erheblich zur Krise beigetragen. Produktivitätssteigerung und/oder Lohnsenkung funktionieren dagegen nicht automatisch, bzw. es stemmen sich starke gesellschaftliche Kräfte dagegen. Eigentlich müßten die Mittelmeerstaaten aufholen, um sich dem Währungsraum anzupassen, aber es ist nie eine vernünftige Wachstumspolitik betrieben worden.


Die Ursachen für das Siechtum [der DDR-Wirtschaft] lagen natürlich im System. Ich würde aber nicht sagen, "in der Diskrepanz zwischen Produktion und Konsum": der Konsum würde ja nicht hemmungslos ausgelebt. Eher aufgrund geringer Arbeitsproduktivität, dadurch gab es einen verminderten Lebensstandard gegenüber dem Westen.


Wenn ich sage: Das Verhältnis hat nicht gestimmt, ist das eigentlich neutral formuliert. Gerade in den letzten Jahren, unter Honecker, wurde versucht, den Lebensstandard zu erhöhen, aber dafür fehlte einfach die Grundlage. Obwohl sonst Unterkonsum und Überinvestition ein Kennzeichen des Sozialismus ist, unterblieben nötige Investitionen (Industrie, Wohnraum, Infrastruktur) in einem unglaublichen Ausmaß. Natürlich war der Lebensstandard immer noch niedrig, aber doch höher, als es die Produktivität hergab. Es wurde von der Substanz gelebt.


Man muss das Problem betriebswirtschaftlich sehen. Die ostdeutschen Produkte waren mit den osteuropäischen durchaus konkurrenzfähig, sogar begehrt. Die osteuropäischen Märkte sind dann über Nacht weggebrochen, weil die Produkte mit der Währungsumstellung über Nacht zu teuer würden, alle Kosten (Löhne, Vorprodukte) wurden ja 1:1 umgestellt.


Meine Rede. Es gab keinen Absatzmarkt mehr, weil die Kosten, und insbesondere die Löhne wesentlich zu hoch waren für die Produktqualität, und weil der Anstieg natürlich auch viel zu schnell, nämlich von heute auf morgen erfolgte. Diskrepanz zwischen Konsum (=Lohn) eines Sachsenringarbeiters und seiner Wertschöpfung! Nur wäre der ja mit dem Klammerbeutel gepudert gewesen, für einen dem Produkt angemessenen Lohn weiterzuarbeiten, davon hätte er ja nicht leben können.

Das Produkt an sich war ja gut, und hätte mit ein paar Verbesserungen nach Indien oder China verkauft werden können, aber Löhne auf westdeutschem Niveau waren damit nicht zu erwirtschaften, und außerdem waren die Märkte gar nicht erschlossen. Völlig richtig, wenn Du schreibst:


Die Währungsumstellung hat der angeschlagenen DDR-Wirtschaft den Todesstoss versetzt.


Aber doch nur, weil die bestehenden Ungleichgewichte endlich wirksam wurden, und zwar von jetzt auf gleich. Wir ahben Rußland damals ja große Summen gezahlt. Es wäre vielleicht eine Idee gewesen, den Russen kein Bargeld, sondern DDR-Produkte in entsprechendem Wert zu liefern...


Die Wirtschaft würde international konkurrenzfähiger, damit auch mehr staatliche Steuereinnahmen. Es gäbe nicht diesen Druck, die Konvergenz mit der Bundesrepublik anzustreben. Ein Bsp.: die wichtige Tourismusindustie. Griechenland gilt mittlerweile als teuer, wird gemieden. Vielleicht 20 % teuer als früher, Ursache ist die harte Währung.


Die Effekte sind bekannt, das ändert aber imho nichts daran, daß die griechische Wirtschaft auf Lowtech, oder Lowesttech-Standard ist. Landwirtschaft und Tourismus - ganz geringe Wertschöpfung. Du sagst, die Griechen müssen billiger werden, ich sage das auch. Abwertung ist natürlich einfacher als Lohnsenkung, klar. Lohnsenkung ist aber ehrlicher, ist nicht dieses süße, einschläfernde Gift, das es möglich macht, die Probleme zu ignorieren.

Langfristig braucht Griechenland ohnehin Wachstum, und Wachstum bedingt Strukturwandel, bedingt Hightech, bedingt ein Aufschließen zur deutschen, französischen, holländischen Wirtschaft.


Das stimmt, man muss dann Kredite aufnehmen, insbesondere der griechische Staat. Aber es gab ja "dumme" Gläubiger, die sich beim Zeitpunkt der Kreditgewährung einen Vorteil versprachen. Daher sind diese Gläubiger auch nicht in der reinen Opferrolle zu sehen (und der Staat auch nicht nur Nutznießer auf Kosten anderer).


Gelackmeiert sind zur Zeit vor allem diejenigen, die Griechenland nach der Euroeinführung Kredite zu europäisch niedrigen Zinsen gewährt haben, die das Risiko gerade nicht angemessen abbildeten, und nicht die Geldhaie. Besonders gerecht ist das auch nicht.

Aber natürlich müssen die Gläubiger zahlen. Erst muß Griechenland rausrücken, was es hat, nationales Kulturgut ausgenommen (was es natürlich nicht tut), und dann müssen eben die Gläubiger bluten, das ist Marktwirtschaft.
 
Zuletzt bearbeitet:

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Danke für die Wiederherstellung!
EinwilderJäger schrieb:
Lohnsenkung ist aber ehrlicher, ist nicht dieses süße, einschläfernde Gift, das es möglich macht, die Probleme zu ignorieren.
Das ist ein sehr brutaler Weg, den ist man im Falle der DDR nicht gegangen ist. Deshalb ist so eine Währungsabwertung weniger brutal und wäre - ich bleibe dabei - der bessere Weg gewesen, sozialverträglicher, aber auch angenehmer für die Wirtschaft, weil man automatisch konkurrenzfähiger wird. Natürlich muss das trotzdem mit Strukturreformen einhergehen, das macht man ja auch in Griechenland. Massenproteste sind immer die Folge. Man muss wegen des sozialen Friedens wegens aber schon Kompromisse eingehen.
Eine schnelle Roßkur macht manchmal mehr Schaden als Nutzen (Bsp.), wenn der Patient angeschlagen ist, er stirbt. Wie im Fall der meisten DDR-Betriebe.
Langfristig braucht Griechenland ohnehin Wachstum, und Wachstum bedingt Strukturwandel, bedingt Hightech, bedingt ein Aufschließen zur deutschen, französischen, holländischen Wirtschaft.
Es wird letztlich von Griechenland verlangt, irgendwann einmal aufs deutsche Niveau aufzuschließen. Konvergenz. Wird das je gelingen?
Manchmal muss man anerkennen, dass der schwächere Partner (Griechenland, auch andere) den Aufschluss zum stärkeren (Deutschland) nicht schafft, er muss dann ein langsameres Tempo wählen. Es ist wie beim Laufen, man könnte auch Laufgruppen mit Partnern vergleichbarer Stärke schaffen. Man könnte das Europa der 2 Geschwindigkeiten nennen.

@dtrainer Griechenland ist stemmbar. Die Politik hatte wegen Griechenland Angst vor einer Kettenreaktion, hat alle möglichen Drohgespenster eines "Untergang des Euro" gezeichnet. Und man hat so "alternativlos" Griechenland geholfen. Bei großen Ländern (Italien, Spanien) für die der Euro eigentlich auch zu hart ist, bauen sich auch Probleme auf.
Helfen ja, aber nur zu einer gewissen Grenze. Ein Euro-Ausstieg ist immer auch eine Alternative, wenn es nicht anders geht.
 

Ein wilder Jäger

Barbarisches Relikt
Teammitglied
18. November 2007
21.871
AW: Quo vadis, Euro?

Lohnsenkung war mit der DDR nicht zu machen, weil man nicht zwei derart unterschiedliche Lohnniveaus innerhalb eines Landes, und erst recht nicht innerhalb einer Region haben kann - und mit Regionen meine ich sowohl die grenzübergreifenden Regionen längs der ehemaligen Zonengrenze, als auch die fünf neuen Länder selbst, innerhalb derer ja zumindest die Bundesbeamten nach Westtarif hätten bezahlt werden müssen. Den mitteleuropäischen Reformstaaten fehlte zwar der Geldgeber, ihnen blieb aber auch die sofortige desaströse Lohnanpassung weitgehend erspart - wie immer ein zweischneidiges Schwert.

Die Experten scheinen sich weitgehend einig zu sein, daß eine Neue Drachme innerhalb kürzester Zeit um die Hälfte abwerten würde. Das würde für die Griechen halbierte Reallöhne, also genau diese unerträgliche Roßkur bedeuten.

Konvergenz. Wird das je gelingen?

Möglicherweise nicht. In Mecklenburg scheitert der Strukturwandel seit zwanzig Jahren, und ein kleines Land mit eigener (überbordender, ineffizienter) Bürokratie, eigener Sprache und unglücklicherweise auch noch eigener Schrift hat noch zusätzliche gravierende Nachteile in der auf Skaleneffekte und Clusterbildung beruhenden Weltwirtschaft. (Eine eigene Währung wäre nur noch ein Hemmnis mehr.)
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Die Experten scheinen sich weitgehend einig zu sein, daß eine Neue Drachme innerhalb kürzester Zeit um die Hälfte abwerten würde. Das würde für die Griechen halbierte Reallöhne, also genau diese unerträgliche Roßkur bedeuten.
Ja, die Realöhne wären halbiert, aber auch die Preise, was es für den Griechen dann doch erträglich machen würde. Für eine gewisse Arbeitszeitmenge bekäme man weiterhin die gleiche Menge Grundnahrungsmittel.

]Den mitteleuropäischen Reformstaaten fehlte zwar der Geldgeber, ihnen blieb aber auch die sofortige desaströse Lohnanpassung weitgehend erspart - wie immer ein zweischneidiges Schwert.
Das stimmt, doch hatten die Reformstaaten zugleich eine gravierende Hyperinflation im eigenen Lande, was die Bevölkerung hart traf. Hier also doch der Effekt der Minderung des relativen Lohn- und Lebensnivaus. Währungsabwertung und Inflation sind aber immer zwei Paar Schuhe.

In Mecklenburg scheitert der Strukturwandel seit zwanzig Jahren, und ein kleines Land mit eigener (überbordender, ineffizienter) Bürokratie, eigener Sprache und unglücklicherweise auch noch eigener Schrift hat noch zusätzliche gravierende Nachteile in der auf Skaleneffekte und Clusterbildung beruhenden Weltwirtschaft.
Deine Aussage liest sich sogar ein wenig witzig, wie ein Kuturschock. Mecklenburg-Vorpommern war immer ein dünnbesiedeltes Agrarland. Hier kommt aber auch die Merkel her.
Anders: Mitteldeutschland (Sachsen, Sachsen-Anhalt, am meisten Sachsen), das war vor dem Krieg eines der industriell hochentwickeltsten Gebiete Deutschlands (Maschinen- und Fahrzeugbau, Textilindustrie, Chemie), im Gegensatz zu Bayern. Die Zeiten wandeln sich, auch die Industriegebiete. Mitteldeutschland ist mittlerweile wieder auf gutem Wege, von der Wertschöpfung her aus dem "Verein der Kellerkinder" auszubrechen.

Aber um wieder auf Griechenland zurückzukommen. Wenn ich auch hinkende Vergleiche innerhalb Deutschlands wagen darf. In Deutschland brachtest du MeckPom für mangelnde Reformen ins Spiel. Vom Verschuldensgrad her ist Meckpom aber unbedeutet, hier schluckt Berlin mit seinen 3,4 Millionen Einwohnern über 50 % der Mittel aus dem Länderfinanzausgleich. Berlin hat den schwarzen Peter, nicht Meckpom.
Das heisst: Man muss keinem Bundesland einen Weg aufzwingen, es darf nur nicht schmarotzen. Griechenland muss gar nicht wie Deutschland werden. Ein geruhsames Land der Schafhirten und des Tourismus ist doch möglich, wenn es so gewollt ist. Allerdings ob das mit dem Euro kompatibel ist, ist fraglich.
Den Fehler schneller Industrialisierung haben viele Staaten vor 50,40 Jahren gemacht , insbesondere in Afrika und Südamerika. Man bezahlte Industrieprogramme mit Schulden und diese mit Erlösen aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Als die Preise auf dem Weltmarkt dann fielen, war die Überschuldenskrise da.

Übrigens muss man Schulden aufnehmen von Überschulden unterscheiden. Jeder Häuslebauer nimmt Kredite auf, temporär. Davon kann er sich ein schöneres Leben früher leisten, auch die Bank verdient aufgrund der Zinsen. Eine win-win-Situation. Es geht nur dann schief, wenn die Einkommensseite sich verschlechtert.
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Quo vadis, Euro?

Ja, die Realöhne wären halbiert, aber auch die Preise, was es für den Griechen dann doch erträglich machen würde. Für eine gewisse Arbeitszeitmenge bekäme man weiterhin die gleiche Menge Grundnahrungsmittel.
:shock:
Nein, rola, das glaubst du doch selbst nicht, oder?
Wo sind denn bei Inflation jemals die Preise stabil geblieben?
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Al' Azrad :k_schuettel: Du hast falsch gelesen, es ging nicht um Inflation!! Es wäre sonst ein ganz dümmlicher Fehler von mir bei einem einfachen Sachverhalt. Ich nahm Bezug auf eine Währungsabwertung gegenüber Fremdwährungen, etwa: Drachme -Euro.

Unterstellen wir mal Griechenland hätte wieder die Drachme. Angenommen ein Brot kostet in Griechenland erst x Drachmen und eine Arbeitsstunde y Drachmen. Dann hat man nach einer eventuellen Abwertung für das Brot x/2 Drachmen und eine Arbeitsstunde y/2 Drachmen. Für eine Arbeitsstunde kann man weiterhin im Inland die gleiche Menge Brote kaufen. Der Grieche spürt von der Abwertung nichts. Der Nichtgriechische kann aber in Griechenland billiger einkaufen.

Inflation heißt Geldentwertung und führt zu steigernden Preisen, natürlich, schon per Definition.
Ich schrieb ja auch in #134: Währungsabwertung und Inflation (Geldentwertung) sind was verschiedenes. Inflation ist fatal für die Bevölkerung und führt zur Verarmung. Eine Währungsabwertung ist im betroffenen Land als neutral anzusehen, es führt nicht zur Inlandsverarmung. (Natürlich ist die betroffene Währung im Ausland weniger wert.)
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Quo vadis, Euro?

Nenn mir bitte ein Beispiel in der Geschichte, in der es so gekommen ist.

Nehmen wir dein Brotbeispiel:
Jedes Mitglied der Produktions- und Vertriebskette muss jetzt wesentlich mehr Drachmen
als früher € für solche Dinge wie Benzin, Dünger, Maschinen, zahlen.
Und das gibt er nicht weiter?
Natürlich wird es weitergegeben.
Daraufhin versucht die Regierung, Brot- und andere wichtige Preise zu regulieren.
Was zum Zusammenbruch des Binnenmarktes führt.
Also ich habe Beispiele für diese Verkettungen.
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Offenbar bist du ein Gegner von Abwertungsszenarien.

Nenn mir bitte ein Beispiel in der Geschichte, in der es so gekommen ist.
Nehmen wir Thailand. Die Bindung des Baht an den zu harten Dollar war extrem wirtschaftsschädlich, eine der Ursachen der Asienkrise. Spekulanten haben gegen den Baht spekuliert, trotz riesiger Interventionen der Zentralbanken war die Bindung nicht zu halten. Spekulanten greifen immer ungesunde Entwicklungen an, auf lange Sicht haben sie immer Erfolg. Nach der Freigabe des Baht war völliges Chaos im Land. Erst nach einigen Jahren hat sich alles stabilisiert, insbesondere die Wirtschaft. Aber nachhaltig, gesund, nicht durch Interventionen anderer gestützt.

Jedes Mitglied der Produktions- und Vertriebskette muss jetzt wesentlich mehr Drachmen
als früher € für solche Dinge wie Benzin, Dünger, Maschinen, zahlen.
Nur dann, wenn neue Maschinen, Dünger aus dem Ausland erworben werden. Sonst nicht, es gibt natürlich Preiserhöhungseffekte beim Benzin.
Thema Binnenmarkt: Ich streite Störeffekte beim Binnenmarkt nicht ab. Aber die gibt es immer, die andere Alternative wäre die Löhne zu reduzieren, was die Kaufkraft auch schwächt. All diese Kürzungen bei Renten und Gehältern ... das findet momentan bei Griechenland statt, weil es den Euro hat. Und dies trotz Unterstützung durch Deutschland u.a.
Die dritte Lösung, eine weitere gewaltige Schuldenaufnahme, entfällt, die hat ja Griechenland beschritten.
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Quo vadis, Euro?

Nein, ich bin kein Gegner von Abwertung.
Wie kann man überhaupt Gegner einer logischen Folge sein?
Was mich irritiert, ist deine Behauptung, daß es keine nennenswerten Folgen
für die Griechen geben würde.
Das gilt doch nur, wenn IMF und andere Institutionen massiv helfen.
Ohne diese Hilfe.......
 

rola

Meister vom Königlichen Gewölbe
2. September 2011
1.462
AW: Quo vadis, Euro?

Al' Azrad schrieb:
Nein, ich bin kein Gegner von Abwertung.

Schön. Ich hätte den Euroausstieg und die Abwertung 2010 für die weitaus beste Lösung gehalten.
Dann wäre die Krise nicht so dramatisch geworden. Und für alle so teuer.

Was mich irritiert, ist deine Behauptung, daß es keine nennenswerten Folgen
für die Griechen geben würde.
Für den Bürger weitaus weniger als bei der jetzigen Lösung. Mein Beispiel war ja auch nur idealtypisch. Irgendwie müssen sich ja die Effekte abbauen, wenn ein Land über seine Verhältnisse lebt.

Das gilt doch nur, wenn IMF und andere Institutionen massiv helfen.
Ohne diese Hilfe.......
IWF & Co. machen doch in der Regel Umschuldungsprogramme und erlassen Schulden, um den Gläubigern einen Teil der Verbindlichkeiten zu retten. Das ist nur Feuerwehr spielen. Man muss neue Brände verhindern, ich behaupte eben, der starke Euro schafft ständig neue Brandherde.
 

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